• Best of internationale Zeitschrift

    Wollte man eine Enzyklopaedie der Sehnsuechte fuer das Jahrhundert der Intellektuellen zusammenstellen, so duerfte der Eintrag internationale Zeitschrift darin nicht fehlen. Schon die Protagonisten der Arbeiter-Internationalen haben sie versucht zu gruenden, den Provinzialismus der Bewegung fuerchtend, die nur auf dem Papier kein Vaterland mehr kannte. weiterlesen »

  • Der suesse Duft deiner Stimme

    Sie summt einen Sommerhit. Ihre Tasche packt sie, nur weg, nur raus. Wie ein sanfter Traum rieseln Bilder vor ihrem inneren Auge entlang. Der Kater putzt sich, er macht komische Geraeusche. Sie muss laecheln. Sommer, Sonne, Aufbruch. Nach diesem Telefonat kann sie nicht anders, sie muss ihn sehen. Ihn. Alles. Mag der Alltag auch noch so grau sein. Sie zweifelt andauernd an sich und der Welt und dem Leben. Hoert sie diese Stimme, dann gibt es wieder einen Schimmer. Er weiss es nicht einmal. Das ist das Schoene, das ist das Schreckliche. Nun wird sie fahren. Einfach los. weiterlesen »

  • Medienkunst erledigt? Antwort #9

    “There is an acknowledged danger that technology is advancing much faster than the culture’s ability to make sense of it. The arts have traditionally been a place where understanding, integration, and preparation for future developments takes place. There are several competing visions of how artists can most fruitfully work with emerging technologies: treat them as new media, deconstruct their cultural implications, or participate in the processes of invention and extension.” weiterlesen »

  • Medienkunst erledigt? Antwort #8

    Ich kenne Herrn Broeckmann nicht. Ich kenne auch die Transmediale nicht. Meine Ignoranz ruehrt wahrscheinlich daher, dass ich auf Globalisierung schon seit Jahren mit einer strikten Lokalisierung reagiere. Bezueglich Medienkunst sieht es damit aber hier in Frankfurt nicht sonderlich gut aus. Im Zuge der Medieneuphorie Ende der 80er wurde zwar ein Institut fuer Neue Medien gegruendet, als Anhaengsel an die lokale Kunsthochschule. Nach gerade vier Jahren Betrieb wurde es auch wieder 1994 folgenlos geschlossen. Seitdem ist hier wieder Niemandsland. weiterlesen »

  • Boredoms: Ruf der Wildnis

    Nach dem gestrigen Konzert der Boredoms konnte man sich nicht so schnell einig werden: “Das ist Musik, die in den Kopf geht. Man koennte sich anschnallen und die Rakete vor seinem geistigen Auge einfach durchstarten lassen.” Mal wieder waren alle Besucher der Volksbuehne sitzen geblieben als die Kultband aus Japan mit der Teufelsaustreibung begann. weiterlesen »

  • Unter den Eingeborenen Deutschlands

    Das Schlimmste, was einem Autoren passieren kann? Sein Buch wird weder hochgelobt, noch total verrissen. Ersteres tat zwar der Medienpartner (Le monde diplomatique) bei Amartya Sens “Die Identitaetsfalle”, Letzteres ist auch nicht angemessen, denn er hat durchaus viele kluge, wenn auch nicht gerade neue, Gedanken niedergeschrieben. weiterlesen »

  • Wild Campen #2

    Indien war der Anfang vom Ende, sagt die Frau vom Landwehrkanal und legt die Haekelnadeln beiseite. Ohne Geld und Krankenversicherung in Indien mit einem Neugeborenen. weiterlesen »

  • Gegenwart als Politikum

    In epochaler Abgrenzung zur modernen Kunst benennt das Fach Kunstgeschichte mit dem Label zeitgenoessische Kunst meist die Kunstproduktion ab etwa 1960, weil sich fortan ihre Medien und Gattungen verschraenkt haben und weil seitdem an breiter Front – nicht mehr nur ausnahmsweise – die Grenzen zwischen Kunst und Leben, freier und angewandter Kunst erodieren. Eine gegenwartsnaehere Epoche ist bislang nicht ausgerufen worden. Das wird mittelfristig wohl auch nicht mehr passieren, denn die Vielstimmigkeit der Kunst ist einfach zu gross geworden und moeglicherweise loest sich das Fach durch seinen Trend zur Bildwissenschaft demnaechst sowieso auf. weiterlesen »

  • Volksfest, Kampftag oder Feiertag

    Ganz tief unten in meinem Gedaechtnis vergraben, liegen ein paar Erinnerungen an meine Kindheit. So kann ich mich etwa an die Paraden zum Ersten Mai entsinnen: Die Hauptstrasse war huebsch geschmueckt, der Spielmannzug spielte auf und ueberall wehten bunte Faehnchen – das Wetter war an diesem Tag immer herrlich. Nach der Wende nahm dann die SPD bei uns im Ort die Maifeierlichkeiten in die Hand. weiterlesen »

  • Postkarte aus Sapporo

    In Sapporo faengt langsam die Schneeschmelze an, und die Krokusse kommen raus, Maedchen laufen in kurzen Hosen and Overknees rum, mit kleinen, in Fleece gekleideten Hunden. Nachts friert es noch, aber gestern haben wir es auch probiert: Fahrradfahren ohne Parka. Wir trennen den Muell jetzt anders: Burnable und Non Burnable und sagen morgens im Fahrstuhl beim Muellrunterbringen mindestens sieben Mal Ohio Gozaimas (= guten Morgen), weil in fast jeder Etage jemand zusteigt. Meistens junge Japaner und Japanerinnen in Anzuegen mit Aktentaschen auf dem Weg zur Arbeit. Auch wir gehen manchmal zur Arbeit, aber derzeit noch unregelmaessig.

    Wir unterrichten hier am Design-Department. Die Studenten sind alle ganz lustig, und lachen die ganze Zeit, einige sprechen auch etwas English. Sapporo boomt. Creative City, Nothern Light, aus Tokio gibt es eine gewaltige Zuzugswelle, lauter Freshmans, wie wir, die in den Ausstattungshaeusern alle Schreibtischlampen und Futons wegkaufen. Es gibt auch eine Biowelle, eine Loha Bewegung, und eine deutsche Baeckerei, die Sauerteigbrot backt, ganz kleine Miniatur-Brote allerdings. In Sapporo gibt es wie in Tokyo eine wahnsinnige Shoppingkultur mit einer zu 80 Prozent untertunnelten Innenstadt und Departementstores bis zum Abwinken.

    Die Shoppenden werden von hunderten von Restaurants bekoestigt, und es gibt natuerlich Sushi ohne Ende, mit riesigen roten haarigen Schneekrabben in der Misosuppe, Heringsrogen, Seeigelfleisch, Tintenfischtentakeln und Muscheln aller Couleur auf dem Teller. Schmeckt eigentlich immer totemo oishi, auch wenn es manchmal nicht so aussieht. Japanisch lernen wir auch schon. Wir machen einen Kurs bei vier alten japanischen Ladies, die alles auf Japanisch erklaeren, was niemand so recht verstehen mag, aber man lernt viele Akzente, da die Schueler aus mindestens 10 Laendern kommen. Gambate kudasai, Strengt euch an! –Hai! -Ja! Machen wir!

  • Medienkunst erledigt? Antwort#7

    Die gesteigerte Aufmerksamkeit in den Wissenschaften und Kuensten fuer jedwede Medialisierung wird im Echo ihres Ausklingens erkennbar als ein Neuigkeitseffekt der zweiten Haelfte des XX. Jahrhunderts. Die Wucht und Vielfalt der neu auftretenden elektrischen und elektronischen Uebertragungs- praktiken und -machinationen hat das Denken, Gestalten und alles Tun dick mit der Nase darauf gestossen: Nicht nur die reinen Essenzen der Bedeutungen und Aussagen werden in eine etwelche Form gegossen; sondern es gibt Umgebungs- und Entstehungsbedingungen des Handelns, Aussagens und Empfindens, die nicht nur rahmende, sondern praeformierende und disponierende Gegebenheiten darstellen.

    Bild: Norbert Bayer

    Vor fuenfzig Jahren eine Entdeckung – in fuenfzig Jahren eine Vorschulweisheit. Vielleicht ist es gegenwaertig an der Zeit, einen immer noch altjuengferlich auftretenden Fetischismus der technischen Medien – der immer noch viel zu oft als Merkmal fuer Medienkunst missverstanden wird – als das zu begraben, was er ist: eine Begeisterung fuer das bloss neue gedanklich- technische Spielzeug. Vielleicht waere es hilfreich, das taegliche Leben mit technischen Medien in den Mittelpunkt zu ruecken. Die Gewoehnlichkeit, das Ephemere der umstuerz- lerischen Irritationen und Subversionen – eine Ethnologie der technischen Medien: Wie wir wurden, was wir sind.

    [Kleine Leseanregung: Die Mediologie von Regis Debray bietet hierzu einen durchaus anregenden gedanklichen Rahmen, der ueberzogenen Technizismus auf den Stand historisch anthropologischer Ueberlegungen bringt.] Eine Medienkunst, die sich kuenftig nicht nur schamvoll mit dem Feigenblatt bedecken lassen will, dass eh’ doch alle Kuenste schon immer mit Medien arbeiten taeten, eine solche Kunst waere wohl dort zu suchen, wo sie ausdruecklich die gesamte Bandbreite zwischen basalen Programmierungen und der schieren Nutzung taeglicher Massenmedien bespielt: das Coding in den Praktiken und umgekehrt. Sonst? Muss Medienkunst wohl wieder Indie werden. Kann Sie aber nicht viel eher New Wave sein?

  • Medienkunst erledigt? Antwort#6

    Um es gleich am Anfang zu sagen: die Vorstellung, dass sich das mit der Medienkunst erledigt haben soll, finde ich absurd. Kunst soll und muss die Freiheit haben, sich mit Themen beschaeftigen zu koennen, wie es ihr richtig erscheint. Sie kann sich mit der Liebe, der Landschaft am Niederrhein, sweat shops in New York oder der Schlaflosigkeit von Louise Bourgeois beschaeftigen. Warum dann nicht auch mit so einem wichtigen Faktor in der globalen Gesellschaft wie den neuen Medien? Dass der Medienkunst die Themen ausgehen wuerden, kann man nun wirklich nicht behaupten: Wikis, Blogs, Google Earth, Second Life, Killerspiele sind nur einige der Felder, die nach kuenstlerischer Intervention und Bearbeitung verlangen.

    Bild: Norbert Bayer

    Dass Missfallen, das die letzte Transmediale offenbar bei vielen ihrer Besucher ausgeloest hat, zeigt allerdings, dass die diversen Festivals fuer Medienkunst ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. Ich glaube sogar, dass diese Festivals Teil der Misere sind. Meine – zugegebenermassen polemische – Forderung lautet daher: Schafft die Medienkunst-Festivals ab! Wenn man in die fruehen Kataloge der Ars Electronica sieht, wird man feststellen, dass zu den Teilnehmern bekannte Kuenstler und Komponisten wie Nam June Paik, Otto Piene, Wendy Carlos, Rhys Chatham, Christina Kubisch oder Charlotte Moorman gehoerten. Heute finden sich dort Namen, die zwar in der Medienkunstszene, die diese Festivals mit hervorgebracht haben, bekannt sind. Aber es sagt etwas ueber die Festivals, dass die Kuenstler, die bei dort gezeigt werden, so gut wie nie den Sprung in dem normalen Kunstbetrieb schaffen.

    Dass hat nicht zuletzt mit diesem Betrieb selbst zu tun, der 1. natuerlich nicht das Mass aller Dinge ist und der 2. technischer und Medienkunst stets mit grossem Misstrauen begegnet ist. Aber es liegt auch daran, dass die Festivals und die diversen anderen Medienkunstinstitution ein Biotop geschaffen haben, in dem man sich praechtig und ohne stoerenden Kontakt mit dem Rest der Welt mit sich selbst beschaeftigen kann. Die Funktion, Medienkunst einem breiteren Publikum und der Kunstwelt zu konfrontieren, haben diese Festivals in der Regel nicht erfuellt.

    Ich verstehe, dass Medienkunst aus technischen und logistischen Gruenden besondere Anforderungen an ihre Praesentation stellen, die normale Museen und Ausstellungen oft nicht aufzubringen koennen, und dass derartige Veranstaltungen daher notwendig sein koennen. Es ist aber auch festzustellen, dass die Medienkunst nach mehr als zwei Jahrzehnten Sonderzuwendungen in Form von Festivals, Labs, Akademien etc isolierter als vorher da steht und dass es den Festivals in den letzten Jahren nicht gelungen ist, diskursbildend zu funktionieren oder den Diskurs der Medienkunst und -theorie in eine breitere Oeffentlichkeit zu uebertragen. (Es ist im uebrigen auch signifikant, dass die Festivals die Netzkunst, die wohl nicht nur ich fuer die wichtigste und anschlussfaehigste Bewegung innerhalb der Medienkunst der letzten Jahre gehalten habe, erst ignoriert und dann mit Trostpreisen abgespeist haben und sich statt dessen bis heute an den ewigen interaktiven Installationen erbaut.)

    Natuerlich geht es mir nicht wirklich darum, die Festivals (und die ganzen anderen vergnueglichen Institutionen zur Pflege der Medienkunst, fuer welche die Festivals hier stellvertretend die Pruegel abbekommen) abzuschaffen. Aber sie muessen es hinkriegen, aus der bequemen Isolation und der Betriebsblindheit des Medienkunsteinerleis herauskommen. Ich weiss, dass viele der LeiterInnen dieser Institutionen genau das versuchen. Aber wer die Programme der einschlaegigen Festivals der letzten Jahre studiert, stoesst dort auf eine Fantasie- und Perspektivlosigkeit, die schon etwas traurig ist. Dabei sind die Rahmenbedingungen von Medienkunstfestivals eigentlich sehr locker und verlangen geradezu danach, sie zu einen froehlichen Tohuwabohu umzufunktionieren – statt sich dort Jahr fuer Jahr zaeh am Status Quo abzuarbeiten.

    Es spricht zum Beispiel fuer sich, dass in den letzten Jahren niemand David Byrne zu einem der einschlaegigen Festivals eingeladen hat. Der ehemalige Saenger der Talking Heads hat vor drei Jahren Kunst mit Powerpoint produziert, die der Software Art dieser Zeit im Geiste (wenn auch nicht in ihrer Form) sehr aehnlich war. Eine Begegnung zwischen jemandem wie ihm und den Software- und Game Art-Frickler haette sicher interessant sein koennen und haette mal eine Person in so ein Festival einbezogen, die vielleicht auch jenseits der Medienkunstszene noch ein paar Menschen kennen. So lange die Festivals solche offensichtlichen Geistesverwandte nicht zur Kenntnis nehmen, weil sie nicht aus dem eigenen Mikrokosmos stammen, so lange wird auch die Medienkunst weiter in ihrem Paralleluniversum vor sich hin wursteln.