Es ist Anfang Sommer, irgendein Montag. Schon seit ein paar Wochen habe ich keine Schule mehr und der Pruefungsstress ist auch vorbei. Heute heisst es, die Sau raus lassen und unseren Abschluss feiern. Endlich Abitur, endlich 13 Jahre Schule rum. Es ist abends gegen fuenf und wir haben bestimmt schoene 28 Grad. Schwer bepackt strampeln ein Freund und ich uns zur Gesamtschule Pritzwalk durch. Dort angekommen gibt es erst einmal ein kuehles Blondes vom Fass. Die Lehrer trudeln langsam ein und unser ehemaliger Raucherhof fuellt sich mit mehr und mehr Leben. Um Mitternacht machen wir uns dann auf zur Turnhalle, wo wir “uebernachten”. weiterlesen »
Wir lieben die Globalisierung. Doch kaum einer gibt es zu. Nach Jahrtausenden in Steinhoehlen und auf Wanderschaft ist der Mensch muede geworden und macht es sich in seinen Widerspruechen gemuetlich. Geld als globaler Konsens von Wert erspart den Weg zum Erzeuger. Geld und Kapital- anhaeufungen machen Waren und Dienstleistungen erhaeltlich oder gar erst moeglich, wie Technologie und medizinische Versorgung. Ohne Kapitalsystem muessten wir Holz hacken, Tiere schlachten und in ewiger Provinz leben. Ohne Geld keine Staedte, kein Kino, keine Fernreisen, nichts waere cool, alles nur Ueberlebenskampf. Und mit 35 waeren wir tot. weiterlesen »
“Hereinspaziert, Pussy-Freunde! Die beste Auswahl an Pussies jenseits des Urals! Wir haben stinkende Pussies, haarige Pussies, blutige Pussies, bissige Pussies?” Gab es im Titty Twister auch Oeko-Pussies? Im Goerlitzer Park jedenfalls findet man diese Variante an lauen Sommerabenden. Ein Maedchen, Anfang 20, unbeschuht mit Fusskettchen, Rastas und einem kurzen Fetzen von Sommerkleid, setzte sich an einem solchen in meine unmittelbare Naehe. Was dann kam, war ueberraschend: breitbeinig auf dem Boden hockend, zeigte sie mir und anderen im Park offenherzig und ohne Scham ihre unbeslipte Pussy. weiterlesen »
Alle sind sich einig: Bilder dominieren unsere Realitaet. Seit letzter Woche auch Bilder von Demonstranten, die durch die Felder ziehen. Naturverbunden, impressionistisch, geradzu romantisch verklaert. Protest – geht da doch was? 5, 27, 956. Ich habe sie gezaehlt. Mehr Demonstranten sind auf einem Bild nicht unterzubringen. Mehr muessten also auch nicht Schauflaufen, um (das naechste Mal) der Gegenmacht ein Gesicht zu verleihen. Wenn es nur um Bilder ginge. weiterlesen »
Nicht anders kann man bezeichnen, was Donnerstag und Freitag letzter Woche spaetabends noch an Kurzbericht- erstattung ueber den G8-Gipfel, die Staatsmacht und den Protest der Gipfelstuermer ueber den Bildschirm lief. Es waren nicht bloss die eingefangenen Bilder ueber Merkel, Bush und Co., sondern auch die heiter-ironischen bis witzig-lakonischen Kommentare Ingo Zamperonis: “Der Tag auf dem Gipfel beginnt frueh, die Versorgung ist ausgezeichnet, mit Nahrungsmitteln, nicht mit harten Fakten”. weiterlesen »
Sprache schafft Realitaet, sagt man und hoert man noch oefter. Die Realitaet der letzten Woche wurde aber wieder einmal mehr ueber Bilder gepraegt, vor allem ueber die des G8-Gipfels. Ich meine hier nicht die Aufnahmen ach so netter Politiker in ganz netten Anzuegen, die sich hin zu nett gemeinten Kompromissen dinieren. Ich denke an die Proteste gegen all diese berechneten Nettigkeiten. Bunt waren sie, unuebersehbar, unberechenbar, heterogen. weiterlesen »
Beschleunigungen bestimmen zweifellos in wichtigem Masse die gesellschaftlichen Prozesse in den letzten Jahren. Sie sind unvermeidlich und unumkehrbar. Grundlage und Ursache ist die technologisch bedingte enorme Beschleunigung der Informationsvermittlung, der Zuwachs an Informations- kontakten und an Informationsmengen. Wenn, wie in vielen Bereichen, die informationellen Kontakte problemlos alle lokalen, regionalen, nationalen und gar kontinentalen Grenzen ueberschreiten, also Information und Kommunikation nicht mehr verortet
ist, wird die Anforderung an die Schnelligkeit der Informationsverarbeitung hoeher, der individuelle Produktionsdruck steigt. Oder: Wer schnell kommuniziert, aber die erhaltenen Informationen nicht ebenso schnell zu Erkenntnissen oder Produkten verarbeiten kann, kommt in Konflikt mit aeusseren Anforderungen und dem eigenen Selbstbewusstsein. weiterlesen »
Seid lebendig, sagt der Strassenrand und fragt: Was ist Euch wichtig? Keinen Plan. Aus dem Autoradio knistert Musik. Aus einer anderen Zeit. Mit ganz anderen Wuenschen. Er sieht die Welt durch’s Autofenster, vom Ruecksitz aus, eingequetscht zwischen den Gedanken seiner Nachbarn: Polizisten in ihren Polizisten-Posen, Doener essend, lachend. Die Hitze im Wagen raubt ihm den Verstand: Dreh doch mal die Neubauten auf! Er schunkelt sich in Protestlaune. Die Welt verbessern? Er will seine Haut retten! weiterlesen »
Zur Sache Schaetzchen: Ich will Dich; I want you. Waschmaschinen, Parteien und Armeen wenden sich mit diesen Worten an uns. Meistens jedoch auch mit Bildern, die uns gewinnen wollen. Ja, rekrutieren wollen. Fuer ihre Sache, was sonst. Kaufe, waehle, werde Soldat. Argumente helfen nicht immer weiter. Egal, weil nur Ergebnisse zaehlen. Wo hoert Ueberzeugungsarbeit auf, wo beginnt Gehirnwaesche? Die Frage ist virulent. Mir jedoch wichtiger: Kann es sein, dass man sich kaum mehr Muehe gibt, mich zu ueberzeugen? Ich meine: Werde ich denn ueberhaupt nicht mehr ernst genommen? weiterlesen »
Was ist eigentlich ein Volkspark und wer ist der Held?
fragt Carol Lu, Kunstkritikerin und Kuratorin aus Beijing. People’s Park
ist der Titel eines Konzeptes, das Transformations- prozesse in China mehrdimensional und interdisziplinaer am Beispiel des Volksparks
und seiner Geschichte aufzeigt. Carol Lu kuratiert People’s Park
und beschaeftigt sich seit 2005 mit diesem Thema in Ausstellungen, Vortraegen und Publikationen. Ein Plastikboot in Form eines Schwanes schippert romantisch mit einem jungen Paerchen ueber einen grossen Teich inmitten eines grossen Parks in einer x-beliebigen chinesischen Grossstadt. weiterlesen »
Patrick Swayze in adretter Konfoederationsuniform, Rhett Butler und Scarlett O’Hara auf der Flucht aus dem brennenden Atlanta, Jude Law als Deserteur aus Liebe. Derartige Bilder konstituieren unsere Vorstellung vom amerikanischen Buergerkrieg. weiterlesen »
Kurzurlaub in eine andere Welt. Wir sind fuenf in einem Auto und wir wollen nach Heiligendamm. Zwischenstop in Rostock. Wir erwarten Ueberfuellung und finden Gemuetlichkeit und Kunst. Videos proklamieren bessere Welten, nur einen kleinen Schritt entfernt von unserer rauen Wirklichkeit. Haeufchen aus Reis versinnbildlichen die in und um Heiligendamm involvierten Menschenmengen. Nur auf die 6000000000 Menschen, die es ausser Polizei und Demonstranz noch angeht, wurde verzichtet. Vielleicht wollte man die zwanzig Kubikmeter Reis nicht auf den Boden schuetten, die das -kurz ueberschlagen- gebraucht haette. Weiter ins Zeltlager der G8-Blockierer. Die Leute sind jung und links. Sehr jung und sehr links. Zu jung und zu links? weiterlesen »