Archiv für November 2013

Blogstöckchen – Literaturstöckchen – #Buchstöckchen

Freitag, 29. November 2013

Dieses Blogstöckchen wurde von Wibke Ladwig von Sinn und Verstand in die Welt gesetzt. Zugeworfen wurde es mir, Petra Öllinger, von Heike Baller von der Kölner Leselust.

Einige von Ihnen werden sich vielleicht fragen, was ein Blogstöckchen ist. Ein Blogstöckchen besteht aus vorgegebenen Fragen und hat kein Ablaufdatum. Das heißt, jede/r kann das Stöckchen aufgreifen und beantworten, heute, morgen oder in einem halben Jahr. Darüber hinaus wirft man das Stöckchen nach Beantwortung der Fragen üblicherweise anderen BloggerInnen zu. Diese werden, wenn sie Zeit und Lust haben, die Fragen beantworten und die „Stafette“ an andere weitergeben. Wenn man das zugeworfene Stöckchen als langweilig oder gar nervend empfindet, dann lässt man es einfach liegen und beantwortet die Fragen nicht.

Warum ein Blogstöckchen?
Als LeserIn erfahren Sie etwas über die Autorin, den Autor des jeweiligen Blogs und Sie können, indem Sie sich von Stöckchen zu Stöckchen weiterhanteln eine Reihe weiterer einschlägiger Blogs kennenlernen.
Für den Blogger, die Bloggerin, bietet das richtige Stöckchen den freudigen Anlass einen Beitrag zu schreiben und eine gute Gelegenheit sich mit anderen BloggerInnen zu vernetzen.

PS: Immer mehr Menschen nutzen Facebook bzw. Google+ als Blogersatz und schreiben auf diesen Plattformen regelmäßig längere Beiträge. Ich möchte auch diesen Personenkreis einladen mein Literaturstöckchen aufzunehmen, zu beantworten und weiterzuwerfen.

Und hier die Fragen und meine Antworten

Welches Buch liest Du momentan?
„Wir müssen leider draußen bleiben. Die Armut in der Konsumgesellschaft“ von Kathrin Hartmann.

Warum liest Du das Buch? Was magst Du daran?
Um weitere Argumente zu finden, die ich den Leuten, die ständig von „Hängemattengesellschaft“, „SchmarotzerInnen“, „man sollte die zur Arbeit zwingen“, „wer arbeiten will, der findet auch Arbeit“ etc. schwafeln, vorlegen kann – oder um es etwas drastischer auszudrücken: ihnen um die Ohren hauen kann.

Zu mögen gibt’s da nicht viel – die Situationen/Fakten (nicht die Darstellung bzw. die Formulierungen!) sind zum Haareraufen. Nach circa zehn Seiten muss ich das Buch regelmäßig weglegen, weil ich mich so aufrege. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich die knapp 400 Seiten schaffen werden.
Angesprochen hat mich das Buch erstens wegen des Titels. „Wir müssen leider draußen bleiben“ steht ja sonst bei den Hundeparkplätzen (Haken) vor Supermärkten und Co. Dass nun Menschen damit gemeint sind, fand ich sehr verwegen, auch wenn die Assoziation mit den Vierbeinern auf den ersten Blick zynisch ist.
Zweitens fand ich es interessant ein Buch in Händen zu halten, das den Vermerk trägt: Ihr persönliches Leseexemplar. Unkorrigierte, unverkäufliche Fassung.
Und drittens fand ich es in einem Antiquariat (1. Auflage 2012!) – wo es um 1,80 Euro verkauft wurde …

Wurde Dir als Kind vorgelesen? Kannst Du Dich an eine der Geschichten erinnern?
Ja. Zum Beispiel von Ernst Meister (ein österreichischer Schauspieler) oder von Margot Trooger (eine deutsche Schauspielerin). Aber „nur“ auf einer MC (für die junge Generation: Musikkassette :-). Mit seiner unverwechselbaren, sonoren Stimme las Ernst Meister u. a. „Schneewittchen“, und „Eisenhans“, gesprochen von Margot Trooger, habe ich auch im Ohr. Die Kassetten befinden sich immer noch in meinem Fundus. Meine Begeisterung für das „gesprochene Wort“ ist ungebrochen.

Gibt es einen Protagonisten oder eine Protagonistin, in den / die die Du mal regelrecht verliebt warst?
Nun, verliebt wäre übertrieben, geschwärmt trifft besser zu. Und es waren gleich vier Protagonisten – „Die Vier Musketiere“.
Ausgelöst wurde meine jugendliche Neugierde damals durch die komödiantischen Verfilmungen der Abenteuer durch Richard Lester in den 1970ern – „Die drei Musketiere“ und „Die vier Musketiere“ (Faye Dunaway als Lady de Winter, Rachel Welch als Constance Bonancieux u.v.a., das hatte schon was).

Im Buch treten Mut und Verwegenheit, aber auch Witz und Eleganz der vier Musketiere ja noch viel stärker in den Vordergrund. Ich fand es schlichtweg „cool“, wie D‘Artagnan, Athos, Portos und Aramis für die Königin kämpften.

Übrigens: Warum Athos (Oliver Reed) im Film jedes Mal seinen Hut mit weitausholendem Schwung von sich wirft, bevor er sich selbst in den Zweikampf wirft, blieb mir bis heute allerdings ein Rätsel – bei Dumas macht er das nicht :-).

In welchem Buch würdest Du gern leben wollen?
In den Scheibenwelt-Romanen von Terry Pratchett. Genau genommen in der wichtigsten Stadt der Scheibenwelt: Ankh-Morpork. Genau genommen: Mir würde dort eine Stippvisite ausreichen, leben müsste ich da nicht unbedingt.
Gerne würde ich erleben, ob der Fluss Ankh tatsächlich so eine stinkige Brühe ist, in der alles mögliche – also, wirklich ALLES MÖGLICHE – schwimmt. Und ich würde wirklich zu gerne versuchen, auf dem Ankh zu laufen. Das soll nämlich möglich sein.
Gerne würde ich die HauptakteurInnen der Scheibenwelt treffen. Zum Beispiel den Kommandeur der Stadtwache von Ankh-Morpork, Samuel Mumm. Oder Angua, eine Werwölfin, ebenfalls im Dienst der Stadtwache …

Welche drei Bücher würdest Du nicht mehr hergeben wollen?
„Sternkinder“ von Clara Asscher-Pinkhof. Das Buch bzw. die Schicksale der Sternkinder (sie heißen so, weil sie den sogenannten Judenstern tragen müssen) begleiten mich seit meiner Kindheit.
„Der kleine Nick und seine Bande“ von René Goscinny und Jean-Jaques Sempé. Diese „Lizenzausgabe mit Genehmigung des Diogenes Verlages“ bekam ich zu meinem 10. Geburtstag geschenkt. Und ich finde Nicks Geschichten immer noch „prima“.
„Biological Psychology“ von James W. Kalat. Das beste Lehrbuch zu diesem Thema, das ich nach wie vor als Nachschlagewerk verwende.

Ein Lieblingssatz aus einem Buch?
„Er findet Kartenspiele sogar noch langweiliger, noch weniger unterhaltsam, als von einer Brücke zu spucken oder mit einem Spazierstock an den Stiefeln einen Ton anzuschlagen.“
Aus: „Fast keine Erinnerung“ von Lydia Davis.

Und nun werfe ich das Blogstöckchen Angelika Aliti zu – viel Spaß!

Online-Adventkalender

Donnerstag, 28. November 2013

Am 1. Dezember geht es los! Der Online-Adventkalender des „Duftenden Doppelpunktes“ möchte Sie heuer mit Literarischem aus drei Bereichen überraschen.

Hinter den Fenstern an den vier Adventsonntagen finden Sie jeweils eine E-Card mit weihnachtlichem Motiv und einem Tweet; einem Gedankensplitter mit maximal 140 Zeichen, den Sie an FreundInnen und Bekannte via Mail versenden können.

Die verbleibenden zwanzig Fenster teilen sich Gedichte von AutorInnen, die Nachdenkliches, Humorvolles und Kritisches über Weihnachten schreiben. Darunter befinden sich auch DichterInnen, deren Bücher im Deutschen Reich 1933 verbrannt wurden, die im KZ ermordet wurden oder ins Exil gehen mussten.

Viele wundervolle weihnachtliche Gedichte konnten leider 2013 nicht in den Adventkalender aufgenommen werden. Sie sind durch das Urheberrecht als persönliche geistige Schöpfungen geschützt. Die Gemeinfreiheit beginnt mit dem 1. Jänner des Jahres, das auf das 70. Todesjahr des Urhebers, der Urheberin folgt. Daher können wir beispielsweise die Lyrik von ExilliteratInnen wie Rose Ausländer („New Yorker Weihnachten“), Erich Fried („Weihnachtslied“), Paul Zech („Weihnacht über den Gräben“), Hans Carossa („Barbaratag“), Carl Zuckmayer („Ein nie vorher gesehener Stern“) und Erich Kästner („Weihnachtslied, chemisch gereinigt“ oder „Der Weihnachtsabend des Kellners“) nicht veröffentlichen.

Wenn Sie gemeinfreie weihnachtliche Lyrik von ExilautorInnen bzw. AutorInnen, deren Werke im nationalsozialistischen Deutschland verbrannt wurden, kennen, informieren Sie uns bitte. Vielleicht können wir mit Ihrer Unterstützung im kommenden Jahr bereits einen Online-Adventkalender gestalten, der sich ausschließlich dem Thema Weihnachten aus der Sicht der Exilliteratur widmet.

Nähere Infos zum Thema Bücherverbrennung und Exilliteratur finden Sie in der Bibliothek von Petra Öllingers virtueller Wohnung: biografische Daten zu über 200 AutorInnen, Titellisten der verbrannten Bücher, Hinweise auf Sekundärliteratur und weiterführende Links.

Bis zum Dienstag, 17. Dezember 2013 haben Sie auch noch die Möglichkeit, am dreiundzwanzigteiligen literarischen Rätsel des Duftenden Doppelpunktes zum Thema Bücherverbrennung und Exilliteratur teilzunehmen. Sie erfahren viel über die gesuchten AutorInnen und können Bücher und CDs für die Weihnachtsferien gewinnen.

Das Team des „Duftenden Doppelpunktes“ wünscht Ihnen eine ruhige und friedvolle Adventzeit.

Kunst und Menschenrechte – Sarajewo

Mittwoch, 27. November 2013

Vor 65 Jahren, am 10. Dezember 1948, hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 217 A (III) die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Die Gesellschaft zur Verbreitung von Ton-, Bild- und Denkkunst, webbrain hat deshalb im August zur Einreichung von neuen Kurztexten aufgerufen, die den Zusammenhang von Kunst und Menschenrechten thematisieren. Aus den bis 15. September eingelangten Einreichungen hat eine Jury fünf ausgewählt, die während der Abschlussveranstaltung Menschenrechte Heute – und weiter? am 23. Oktober 2013 vorgestellt wurden.

Einen dieser Texte, Döllersheim – das unbekannte Mysterium, konnten Sie im „Duftenden Doppelpunkt“ bereits nachlesen.
Heute veröffentlichen wir einen weiteren Beitrag.

Sarajewo – von Sonja Henisch

Ordentlich aufgeräumt hat man sie wieder,
die Stadt.
Grüne Wege säumen die Miljacka,
fast bis dorthin,
wo die alte Burg einst thronte.
Hinter Baumkronen versteckt
lugen die Ruinen hervor.
Malerisch fast -
man kann doch in alles
Ästhetik hinein projizieren.
Aufgeräumt ist das Bazarviertel,
voll mit Touristen,
die fein verzierte Granathüllen kaufen,
als ließe sich das, was geschah,
je transformieren.
Aufgeräumt ist sie, die Stadt,
die während des Krieges durch einen Tunnel
versorgt wurde,
um die Bewohner nicht verhungern zu lassen.
Sauber und aufgeräumt
und schön zum Flanieren
ist Sarajewo,
wäre es nicht rundum
von Tausenden weißen Gräbern
geziert.

Sonja Henisch ist Mitglied der IG Autorinnne Autoren, Pressereferentin des Kulturvereins Klopfzeichen und Mitglied bei Kunst:Projekte.

Brillis Wort zum Montag

Montag, 25. November 2013

Ein Hund ein Wort

Redaktionshund Brilli mit grauer Baskenmütze

Wuckerl – Teil 1

Die Jagdsaison ist eröffnet. Die Hauskaspars blasen zum wöchentlichen Halali. Auf der Abschussliste stehen: Wollmaus, Wuckerl und Lurch.
„Staub zu Staub“, ächzt Hauskaspar I. Mit dem Mob in der Hand, auf dem Bauch liegend, ist er bis zum Schulterblatt unter dem Buchregal verschwunden. „Wenn das zutrifft, dann haben wir hier einen riesigen Friedhof.“
Im Vorzimmer sieht es aus wie in einer Wild-West-Geisterstadt-Filmkulisse: mannshohe! Flusenbälle treiben über die Fliesen; wenn man den Worten von Hauskaspar I Glauben schenkt.
„Zieh!“, ruft er. In Sekundenschnelle greift er nach dem Staubtuch im Hosenbund und wachelt damit vor Hauskaspar II herum.
Dieser pariert mit einem Ausfallsschritt – und mit dem Staubwedel: „En garde!“
„Nehmt dies!“ Schon schlägt Hauskaspar I seinem Widerpart das Staubtuch fehdehandschuhgleich auf die linke, dann auf die rechte Wange.
„Und Ihr, teure Brilli“, Hauskaspar II beliebt in diesen Momenten, ein höfliches Personalpronomen vor meinen Namen zu stellen, „was vernehmt Ihr da auf dem Boden, unter dem Tisch, hinter dem Stuhlbein?“
Nun, wir vernehmen – ich beliebe in diesen Momenten den Pluralis Majestatis vor meinen Namen zu stellen: Haare, mittellang, dreifärbig, zu runden Gebilden verknäuelt. Eindeutig nicht von den Hauskaspars.
Dann zeigt er auf Zwetschke. „Und Ihr?“ Und Zwetschke vernimmt: Haare, sehr kurz, fuchsrotbraun, zu unförmigen Büscheln verwurschtelt. Eindeutig nicht von den Hauskaspars.
Zu den Haaren gesellen sich Sandkörner („Dünen!“), Erdbrocken („Aushubarbeitsreste!“), Grashalme („Wiesen!“). Gut, das ist alles von uns.
Aber! Letztens fand sich mitten in den Wuckerln ein grünes eckiges Etwas (ein Hustenzuckerl?). Nicht von uns.
Und beim vorletzten Halali machte es „Krchch“ im Staubsaugerschlauch. Was dann ans Tageslicht kam, war nicht von uns.

Fortsetzung folgt …

Ein herzliches Wuff,
Ihre Brilli Paralia

Brillis Elektro Post

80 Jahre Bücherverbrennung – Literaturquiz Teil 22

Mittwoch, 20. November 2013

Aktueller Quizschwerpunkt: „Die Novemberpogrome im Spiegel der Literatur“

Durch die Unterstützung von insgesamt 61 Verlagen, gibt es auch in den letzten beiden Quizrunden zahlreiche Buchpreise zu gewinnen.

Zusätzlich verlosen wir ein Buchpaket unter all jenen TeilnehmerInnen des Literaturquizes, die bis zum 17. Dezember einen Kommentar (Meinungen, Erfahrung, Eindrücke in Zusammenhang mit dem Quiz) unterhalb dieses Beitrags hinterlassen.
Wer seinen Klarnamen im Netz nicht verwenden möchte, kann auch mit einem Nicknamen unterzeichnen.

Darüber hinaus haben wir eine Überraschung für die fleißigsten unter den LiteraturquizteilnehmerInnen in petto. Nähe Infos hier im „Duftenden Doppelpunkt“ bei der Veröffentlichung der dreiundzwanzigsten und vorerst letzten Quizrunde.

Die Quizfragen

  • Wie heißt der Autor?
  • Welcher Schriftsteller und zweimaliger Burgtheaterdirektor unterstützte seine literarischen Ambitionen?
  • Wie heißt sein autobiografischer Roman, in dem Peter Kucku(ck), Exil und Verfolgung er- und überlebt?

Antworten bitte bis zum 3. Dezember 2013 um 12:00 Uhr an: Literaturblog Duftender Doppelpunkt oder über das Kontaktformular.

Einen Gesamtüberblick über alle bisher veröffentlichten literarischen Rätsel können Sie sich auf der Seite „Literaturquiz zur Bücherverbrennung 1933″ verschaffen.

***

Das literarische Rätsel

In der Erzählung „Lunz“ wird sich der Autor 1981 an die Bergung einer Wasserleiche und deren Wirkung auf ihn, den damals fünfjährigen Knaben, erinnern:

„Das Gesicht des Toten war übermäßig dick, die Nase fehlte, und auch an den Lippen waren Stücke angeblich von Karpfen abgefressen. In den Augenhöhlen schien überdies keine Pupille mehr zu stecken. (…) Als die Leute, die ihn auf den Leiterwagen geworfen hatten, bemerkten, daß ein Kind, nämlich ich, den Vorgang gesehen, schleuderten sie einen Jutesack über das wenig anziehende Gesicht des ertrunkenen Betrunkenen. Ich aber hatte genug gesehen, um nicht mehr sterben zu wollen.“

Auf seiner Suche nach Unsterblichkeit wird er beim Vater fündig. Dieser lässt ihn wissen, dass Helden und Künstler Unsterblichkeit erlangen.

Da er sich weder zum Feldherrn noch zum Maler oder Komponisten berufen fühlt, entscheidet er sich zwecks Erreichung der Unsterblichkeit für eine Zukunft als Schriftsteller.

Der kleine, aber feine Unterschied zwischen physischem Überleben und der Nachwelt unvergessen bleiben ist ihm noch nicht erklärlich und so empfindet er das Unsterblichkeitsversprechen des Vaters als Täuschung, „da wollte ich wenigstens das Ende meines Daseins möglichst lang hinauszögern und wenn ich Gefahren aufsuchte, was ich häufig tat, die Probe darauf einsetzen, daß ich sie immerhin bestand und daß, wenn ich überhaupt zu etwas talentiert war, dieses Talent darin bestand, unter allen Gegebenheiten mit dem Leben davon zu kommen“.

Der Vater unterstützt die frühen Schreibversuche des Sohnes und ermöglicht 1919 mit einer finanziellen Zuwendung die Veröffentlichung des Gedichtbandes „Kinder der Träume“ bei Amalthea. Nur einen Satz aus diesem Frühwerk wird der Sohn bis zu seinem Lebensende gelten lassen: „Ich will das Himmlische sehen, mit meinen irdischen Augen.“

Nach der Matura entschließt er sich zum Studium der Rechtswissenschaften und promoviert 1926. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit führt er eine Anwaltskanzlei in Mödling bei Wien.

Trotz des wachsenden Antisemitismus und dem ab März 1938 auch in Österreich geltenden Berufsverbotes für jüdische Anwälte will er nicht emigrieren. Da er in Mödling Repressalien ausgesetzt ist, zieht er nach Wien. Seiner Halbschwester Alma kann ihn letztlich doch von der Notwendigkeit der Emigration überzeugen. Ende Oktober 1938 verlässt er Wien und reist mit dem Zug nach Jugoslawien.

So entkommt er den Novemberpogromen, wird zuvor allerdings Zeuge der Pogrome im Anschluss an die Annexion Österreichs ab März 1938. In seinem stark autobiografisch gefärbten Roman „‘Z. Z.‘ das ist die Zwischenzeit. Ein Protokoll“ schreibt er:

„Während nun der Sohn unter weiblichem, nicht aber männlichem Widerspruch, ja ohne den eigenen, leitertragend vor dem auf der anderen Straßenseite liegenden jüdischen Geschäft für Lederwaren angelangt war, wurde ihm sowohl von dem Schlossergesellen als auch von dem Schneidergehilfen die Anweisung gegeben, nunmehr vor dem hochgelegenen Schild das Sprossenholz anzulegen und auf die Ladenankündigungstafel eine Inschrift des Inhalts anzubringen, daß nur ein Schwein bei Juden einkaufe.(…) Ein Pelzhändler, welcher bis dahin als geachteter Bürger gegolten und dessen jüdische Abstammung niemand vermutet hatte, war zwar nur genötigt worden, ähnliche Arbeiten in Kopfhöhe und ohne Leiterverwendung auszuführen, erhängte sich aber gleich danach wegen vermeintlicher Schande, und zwar etwas höher an einem Dachbodenbalken. (…) Nach Bemalung aller jüdischen Geschäftstafeln wurden besonders häßliche Geschäftsinhaber semitischer Zugehörigkeit in die Auslagen gesetzt und daselbst von einem noch häßlicheren, nunmehr nationalsozialitischen Ladenschwengel photographiert, der später der angesehenste Mann im Ort wurde, nachdem er die reichste Geschäftsinhaberin geheiratet hatte.“ Weiterlesen »

Veza Canetti

Dienstag, 19. November 2013

Im 21. Teil des Literaturquizes wurde nach Veza Canetti gesucht. Im Rahmen dieses literarischen Rätsels finden Sie ausführliche Infos über die Autorin.

Die Fragen und Antworten

  • Welchen Namen trägt die Autorin vor ihrer Heirat? Veza Canetti, geb. Venetiana Taubner-Calderon
  • Nennen Sie zwei ihrer Pseudonyme: Veza Magd, Martha Murner, Veronika Knecht, …
  • Wie heißt ihr 1992 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführtes Stück? Der Oger
  • Wie lautet der Titel des 2. Bandes der Biografie ihres Mannes? Die Fackel im Ohr

Falls die Informationen, die wir für Sie über Veza Canetti im „Duftenden Doppelpunkt“ zusammengetragen haben, nicht ausreichen, sind Sie eingeladen, in folgenden Sites zu blättern:

Alle bisherigen literarischen Rätsel und die das Quiz begleitenden Beiträge können Sie auf der Seite „Literaturquiz zur Bücherverbrennung 1933“ nachlesen.

Das nächste Quiz veröffentlichen wir am Mittwoch, dem 20. November 2013. Zur Beantwortung der Fragen haben Sie bis Dienstag, dem 03. Dezember 2013 um 12:00 Uhr Zeit.

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Die Preise und ihre GewinnerInnen

Veza Canetti: Der Oger aus dem Fischer Taschenbuch Verlag geht an Karin Z. in Chur.

Buchcover Veza Canetti Der Oger „Das Drama einer Ehehölle: Erst raubt Iger seiner jungen Frau ihr Vermögen, dann treibt er sie in den Wahnsinn. Aus dem angesehenen Bürger wird ein Menschenfresser, ein ‚Oger‘.
Veza Canettis Stück ist, ähnlich wie Ödön von Horvaths ‚Geschichten aus dem Wienerwald‘, eine bitterböse Milieustudie aus dem Wiener Kleinbürgertum. Über die Urauffühung am Zürcher Schauspielhaus fast sechzig Jahre nach seiner Niederschrift schrieb ‚Die Zeit‘: ‚Unmöglich, die vielen Gehässigkeiten, Sarkasmen, witzigen Dialoge zu beschreiben, die Veza Canetti auf knappem Raum entfaltet.‘“

Via Fischer Taschenbuch Verlag

Barbara Weidle und Ursula Seeber (Hg.): Anna Mahler. Ich bin in mir selbst zu Hause aus dem Weidle Verlag geht an Gaby Sch. in Coburg.

Buchcover Anna Mahler. Ich bin in mir selbst zu Hause Anna Mahler war eine äußerst starke Persönlichkeit, sie faszinierte ihre Zeitgenossen durch ihre Schönheit und ihre Klugheit: Elias Canetti hat ihr im ‚Augenspiel‘ ein eindrucksvolles literarisches Denkmal gesetzt.

Das Buch, das anläßlich ihres 100. Geburtstags im Juni 2004 in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Wien erscheint, basiert auf internationalen Recherchen und stellt bisher unveröffentlichtes Bild- und Textmaterial vor. Es präsentiert die Grenzgängerin zwischen Kunst, Musik und Literatur in wichtigen Facetten.

Via Weidle Verlag

Christoph W. Bauer: Die zweite Fremde. 10 jüdische Lebensbilder aus dem Haymon Verlag geht an Claudia W. in Wattens

Buchcover Christoph Bauer Die zweite Fremde „Zehn Menschen, die in den Märztagen 1938 aus Innsbruck und Wien fliehen mussten, die aus ihrer Kindheit vertrieben wurden, aus einem Leben, für das sie Träume und Pläne hatten. Um in ihren Fluchtländern England und Israel Fuß zu fassen, galt es, ihre Muttersprache zu verdrängen, auch zu verheimlichen, denn Deutsch war die Sprache der Täter. So wurde ihnen die Fremde zur neuen Heimat, die alte Heimat zur zweiten Fremde.

Christoph W. Bauer ist ihren Lebenswegen bis in die Gegenwart herauf nachgegangen. Ausgehend von seinen Begegnungen und Gesprächen in England und Israel sind zehn Porträts entstanden, die zu einer Geschichte über Heimat, Entfremdung und Erinnerung zusammenfinden. In bewegenden Bildern erzählen sie von Abschied und Flucht, aber auch vom Leben danach und dem Blick aus der Ferne auf die ehemalige Heimat. Dabei lässt Bauer die Vertriebenen selbst zu Wort kommen, authentisch, ganz im Jetzt verwurzelt – so ist es eine Reise nicht nur in die Vergangenheit, sondern vor allem auch durch die Gegenwart.“

Via Haymon Verlag

Götz Wienold: Planet Grynszpan. Mit einem Essay Herschel Grynszpan – eine andere Sicht aus dem Passagen Verlag geht an Heidi W. in Bozen.

Buchcover Goetz Wienold Planet Grynszpan „Herschel Grynszpan, Attentäter von Paris, den Nazis willkommener Vorwand für die Pogrome an deutschen Juden im November 1938 als zentrale Figur eines zeitgeschichtlichen Stücks. Statt einer geschlossenen Sicht von Ereignissen bietet es drei unterschiedliche Versionen: Tötete Grynszpan, um die Welt aufzurütteln? Stand das Opfer, ein deutscher Diplomat, in homosexuellen Beziehungen zu ihm und zahlte nicht? Oder – eine wenig verfolgte, doch nicht unwahrscheinliche Hypothese – wurde Grynszpan von Heydrich und dem SD angestiftet, damit der lange vorausgedachte Terror gegen die Juden in Gang gesetzt werden konnte? Die dramatische Figur Grynszpan erscheint weder als „Guter“, noch als „Böser“, noch in tragischem Zwiespalt. Unbestimmt und unbestimmbar steht er zwischen den drei Blicken auf Attentat und Folgen. Herschel Grynszpan, ein anstößiger Planet mit historischer Wirkung – eine große Rolle.“

Via Passagen Verlag

Peter Berczeller: Der kleine weisse Mantel aus dem Metro Verlag geht an Jürgen C.

Buchcover Peter Berczeller Der kleine weisse Mantel „Seine Liebesaffäre mit der Medizin begann im Alter von drei Jahren, als der in Wien geborene Peter Berczeller seinen Vater bei Hausbesuchen auf dem Land begleiten durfte. Der Arzt-Beruf des Vaters sollte auch seine Berufung sein. Aber nicht in seiner Heimat, sondern erzwungenermaßen in den USA … Peter Berczeller ist es gelungen, die beiden Erzählstränge – Geschichte der Emigration und Geschichte einer beruflichen Entwicklung – auf wunderbare Weise zu verflechten. Im Vordergrund steht über allem die Frage: Der Holocaust ist durch die intensive Bearbeitung des Themas für uns alle „verstehbar“ geworden – was aber ist mit den Leuten passiert, die nicht umgekommen sind? Peter Berczeller rettete und rettet Leben und schrieb darüber dieses Buch.“

Via Metro Verlag

Leontina Arditti: An meinem Ende steht mein Anfang. Ein jüdisches Leben in Bulgarien aus dem Milena Verlag geht an Joachim S. in Kiel.

Buchcover Leontina Arditti An meinem Ende steht mein Anfang „Leontina Arditti wurde 1929 in Sofia geboren. Ihre Autobiographie, die hiermit in deutscher Sprache vorliegt, erschien erstmals 1995 in dem bulgarischen Verlag Schalom.
Es ist die Geschichte ihrer Mädchenzeit und Jugend in der Zeit des Holocaust, die sie – aus der Perspektive des Mädchens – ausgesprochen plastisch, farbenreich und gefühlvoll erzählt.

Die Geschehnisse dieser Zeit und das Schicksal ihrer sowie vieler anderer jüdischer Familien in Bulgarien ist mittel- und westeuropäischen LeserInnen bislang noch weitgehend unbekannt. Eindrucksvoll schildert Arditti aus ihren Erinnerungen, wie die Rettung von 50.000 Jüdinnen und Juden während des 2. Weltkrieges möglich war.“

Via Milena Verlag

Veza Canetti: Geduld bringt Rosen. Erzählungen und Stücke aus dem Fischer Taschenbuch Verlag geht an Christine P.

Veza Canetti: Geduld bringt Rosen „Wie in ihrem Roman ‚Die gelbe Straße‘ sind es auch hier wieder die namenlosen und übersehenen Menschen, denen Veza Canettis genaue und zärtliche Aufmerksamkeit gilt. In ihren lakonischen Erzählungen und Stücken, darunter die letzten Manuskriptfunde aus dem Nachlass, schildert sie die Schicksale dieser Menschen im Wien der 30er Jahre – einfühlsam, witzig und unsentimental.

Der Band vereinigt zwei im Hanser Verlag ursprünglich einzeln erschienene Titel, den Erzählungsband ‚Geduld bringt Rosen« und den Band ‚Der Fund‘, der Erzählungen und kurze Theaterstücke versammelt.“

Via Fischer Taschenbuch Verlag

Veza Canetti: Die Schildkröten aus dem Fischer Taschenbuch Verlag geht an Susanne M. in Wien

Buchcover Veza Canetti Die Schildkroeten. Fischer Tasschenbuch „Dr. Andreas Kain, ein stiller jüdischer Gelehrter, lebt mit seiner Frau in einer Villa am Rande von Wien. Als die Nazis Österreich besetzen, planen die Eheleute, mit einem heimlich gekauften Flugzeug zu fliehen.

Veza Canettis Roman entstand kurz nach ihrer Flucht mit Elias Canetti nach England im Jahr 1938 – ein schockierendes und berührendes Zeugnis menschlicher Würde in einer Zeit allgegenwärtiger Niedertracht.“

Via Fischer Taschenbuch Verlag

Alfred Hirschenberger – Buchpräsentation

Dienstag, 19. November 2013

In Anwesenheit des Autors Alfred Hirschenberger liest Alfred Rupprecht; einführende Worte: Reinhold Sturm.

Wann: Dienstag, 26. November 2013, 19:00 Uhr
Wo: Institut für Wissenschaft und Kunst, Berggasse 17, 1090 Wien

Alfred Hirschenberger: gelernter Werkzeugmacher, Arbeit als Betriebsleiter. Veröffentlichungen: „Spiegelung. Geschichten und Erzähllungen“ (1983), „Liesing, Lainz, Langenzersdorf. Erzählung“ (1989), „Die Welt, ein System von Annahmen. Eine lustvolle Hinterfragung des Systems ‚Kapitalismus‘“ (2008).
Heuer veröffentlichte Alfred Hirschenberger „Eruption und Erosion. Ein Österreich-Roman“ im trafo Verlag und „Das Feigenblatt und andere Abwegigkeiten“ im Gefco Verlag.

Alfred Rupprecht: Schauspieler und Regisseur, ab 1974 Ensemblemitglied des Volkstheaters.

Reinhold Sturm: Studium der Betriebswirtschaft und Wirtschaftspädagogik, Lehrer und betriebswirtschaftlicher Consultant, Galerist und Autor.

Das Literaturblog „Duftender Doppelpunkt“ dankt Reinhold Sturm für den folgenden Beitrag.

Alfred Hirschenberger, ein klassenbewusster Arbeiter, der seinen beruflichen Weg erfolgreich absolviert hat, hat auch die Bildungs- und Reflexionsideale der Arbeiterbewegung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verwirklicht. Im Roman „Eruption und Erosion“ schildert und reflektiert er in der Form einer fiktiven ins Autobiografische gehende Roman-Erzählung die Geschichte der Ersten Republik aus der Sicht eines Arbeiterkindes und Arbeiterjugendlichen, der in einem Gemeindebau des Roten Wien groß wird.

Sprachgewandt, realistisch, aufklärend, mit einer modellhaften Kritik der politischen Ökonomie dieser und unserer Zeit und einer konstruktivistischen Behandlung des Mediums Sprache zur Literaturgestaltung. Weiterlesen »

Brillis Wort zum Montag

Montag, 18. November 2013

Ein Hund ein Wort

Redaktionshund Brilli mit grauer Baskenmütze

Schaumig

Es fing ganz harmlos an. Zwetschke und ich stoben durch morgenbereiftes Grün, trabten vorbei an noch bunt belaubten oder schon von Laub befreiten Bäumen.
Da lag es. Es war unwiderstehlich. Da überkam es mich. Es war schlammbraunpopelgrauschleimgelbalgengrün. Es war nass. Und es roch verführerisch. „Es stank wie ein Gemisch aus Eiterbeulen, faulen Eiern und sehr altem, irgendwo vergessenem und liegengelassenem Kohl.“ So lautete der Bericht später zu Hause von Hauskaspar I. „Es war einfach herrlich!“ So der einstimmige Bericht von Zwetschke und mir. Noch immer klingt mir der verzweifelte Ruf von Hauskaspar I – „Neeeein!!!“ – in den Ohren. Zu spät, ich lag schon bis zu den Schultern im Gatschloch. Auf dem Heimweg begann mein Fell, eine betonartige Konsistenz anzunehmen. .
Zuhause angekommen wurde ich in die Badwanne gesteckt. Dann passierte es – elf Jahre bin ich davongekommen: Hauskaspar I zückte die 500ml Flasche mit dem Spezial-Shampoo für strohiges Haar und kippte mir gefühlte 250ml aufsFell. Vergessen waren seine Bedenken ob der Empfindlichkeit von Hundehaut gegenüber chemischen Waschsubstanzen. Mit energischen Bewegungen rieb er mich einem alten Topfschwamm ab. „Den wollte ich zwar noch zum Kloputzen verwenden, aber jetzt ist‘s auch schon wurscht.“
Ich sah aus wie ein Wollball. Das Duschen dauerte eine Ewigkeit. Schaumkugerl hüpften von meinem Fell auf den Boden. Würden mir Schwimmhäute zwischen den Zehen wachsen? Meine Angst war nicht unberechtigt.
Beim Versuch, mich aus der Wanne zu hieven, ist Hauskaspar I ausgerutscht. Auf den schaumig-rutschigen Fliesen.
Die nächsten elf Jahre habe ich wohl keine Shampoo-Attacke zu erwarten.

Ein herzliches Wuff,
Ihre Brilli Paralia

Brillis Elektro Post

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