Archiv für die Kategorie 'Literaturlinks'

DER ERSTE WELTKRIEG IM INTERNET

Mittwoch, 19. Februar 2014

Eine Zusammenstellung von online zugänglichen Themenportalen und Sites über den Ersten Weltkrieg: Nachschlagwerke, Zeitungen, Filme, Fotos, Tagebücher, Literatur, Veranstaltungen und vieles mehr.

Den einleitenden Text überspringen und direkt zu den weiterführenden Links über den Ersten Weltkrieg gelangen.

SEITENINHALT

Themenportale und Sites über den Ersten Weltkrieg

Der Weg in den Ersten Weltkrieg

Am 28. Juni 1914 werden Erzherzog Franz Ferdinand, der österreichisch-ungarische Thronfolger, und seine Frau, die Gräfin Sophie von Chotek, Herzogin von Hohenberg, von Gavrilo Princip in Sarajevo erschossen.

Das Attentat zu Sarajewo

Das Attentat zu Sarajewo

Der „Blankoscheck“: Anfang Juli 1914 berichtet Botschafter Ladislaus de Szögyény-Marich Folgendes aus Berlin nach Wien:

„Nach dem Déjeuner, als ich nochmals Ernst [sic!] der Situation mit großem Nachdruck betonte, ermächtigte mich Seine Majestät, unserem allergnädigsten Herrn zu melden, dass wir in diesem Falle auf die volle Unterstützung Deutschlands rechnen können. Wie gesagt, müsse er vorerst die Meinung des Reichskanzlers hören, doch er zweifle nicht im geringsten daran, dass Herr von Bethmann Hollweg vollkommen seiner Meinung zustimmen werde. Insbesondere gelte dies betreffend eine Aktion unsererseits gegenüber Serbien.“ Telegramm 237. Berlin, den 5. Juli 1914. Chiffre – Streng geheim.

„Unser Verhältnis zu Serbien betreffend stehe deutsche Regierung auf dem Standpunkt, dass wir beurteilen müssten, was zu geschehen hätte, um dieses Verhältnis zu klären; wir könnten hierbei – wie auch immer unsere Entscheidung ausfallen möge – mit Sicherheit darauf rechnen, dass Deutschland als Bundesgenosse und Freund der Monarchie hinter ihr stehe.

Im weiteren Verlaufe der Konversation habe ich festgestellt, dass auch Reichskanzler, ebenso wie sein kaiserlicher Herr ein sofortiges Einschreiten unsererseits gegen Serbien als radikalste und beste Lösung unserer Schwierigkeiten am Balkan ansieht. Vom internationalen Standpunkt hält er den jetzigen Augenblick für günstiger als einen späteren; …“ Telegramm 239. Berlin den 6. Juli 19914. Chiffre – Streng geheim.

Am 23. Juli stellt Österreich-Ungarn der Regierung in Belgrad ein Ultimatum. Nachdem dieses durch Serbien nicht vollinhaltlich akzeptiert wird, erfolgt am 28. Juli 1914 die Kriegserklärung von Österreich-Ungarn an Serbien.

„An Meine Völker!“

Bereits einen Tag später erlässt Kaiser Franz Joseph unter dem Titel „An Meine Völker!“ ein Manifest, in dem er um Verständnis für die Kriegserklärung wirbt.

„Es war Mein sehnlichster Wunsch, die Jahre, die Mir durch Gottes Gnade noch beschieden sind, Werken des Friedens zu weihen und Meine Völker vor den schweren Opfern und Lasten des Krieges zu bewahren.

Im Rate der Vorsehung ward es anders beschlossen.

Die Umtriebe eines haßerfüllten Gegners zwingen Mich, zur Wahrung der Ehre Meiner Monarchie, zum Schutze ihres Ansehens und ihrer Machtstellung, zur Sicherung ihres Besitzstandes nach langen Jahren des Friedens zum Schwerte zu greifen. (…)“

Die Opfer des Ersten Weltkrieges

In weiterer Folge eskaliert die Auseinandersetzung zwischen Österreich-Ungarn und Serbien zum Ersten Weltkrieg. Insgesamt sind circa vierzig Staaten in der einen oder anderen Form in diesem blutigen Gemetzel involviert. Die Kämpfe in Europa, dem Nahen Osten, in Afrika und Ostasien verursachen Millionen Tote und Verwundete. Die meisten Schätzungen gehen von an die zehn Millionen Todesopfern und etwa zwanzig Millionen Verwundeten unter den SoldatInnen und weiteren sieben Millionen toten ZivilistInnen aus.

Die vergessene Ostfront

In der Wahrnehmung der Jahre von 1914 bis 1918 dominieren bis heute die Kämpfe an der Westfront. Die Erinnerung an den Krieg im Osten ist vergleichsweise nicht so präsent.

Plakat von Richard Sarrin (1869-1939)

Plakat von Richard Sarrin (1869-1939)

Insbesondere über die Geiselerschießungen und Kriegsverbrechen in Serbien und Ostgalizien bzw. die drakonischen Strafen gegenüber den eigenen Soldaten breitete die österreichische Erinnerungskultur lange Zeit den Mantel des Vergessens.

Anton Holzer: Das Lächeln der Henker. Der unbekannte Krieg gegen die Zivilbevölkerung 1914 – 1918. Mit zahlreichen bisher unveröffentlichten Fotografien. Primus Verlag, 2. Aufl. 2014.

Karl Kraus und Joseph Roth über den Krieg

Dabei ist all dies bereits in „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus, sie beruhen auf authentischen Quellen und entstanden zwischen 1915 und 1922 als Reaktion auf den Ersten Weltkrieg, nachzulesen.

Anton Holzer (Hg.): Die letzten Tage der Menschheit. Der Erste Weltkrieg in Bildern. Mit Texten von Karl Kraus. Primus Verlag, 2013.

Und auch in Joseph Roths 1932 veröffentlichten Roman „Radetzkymarsch“ kann man über die Grausamkeiten und Kriegsverbrechen an der Ostfront lesen:

„Vor dem großen, grauen, weitgeöffneten Tor des Friedhofs hingen drei Leichen, in der Mitte ein bärtiger Priester, zu beiden Seiten zwei junge Bauern in sandgelben Joppen, grobgeflochtene Bastschuhe an den reglosen Füßen. Die schwarze Kutte des Priesters, der in der Mitte hing, reichte bis zu seinen Schuhen. Und manchmal bewegte der Nachtwind die Füße des Priesters so, daß sie wie stumme Klöppel einer taubstummen Glocke an das Rund des Priestergewandes schlugen und, ohne einen Klang hervorzurufen, dennoch zu läuten schienen. Leutnant Trotta ging näher an die Gehenkten heran. Er sah in ihre aufgedunsenen Gesichter. Und er glaubte in den dreien den und jenen seiner Soldaten zu erkennen. Das waren die Gesichter des Volkes, mit dem er jeden Tag exerziert hatte.“ Via literaturdownload.at

Das Team des „Duftenden Doppelpunktes“ freut sich auf Ihre Ergänzungen und Anregungen!

THEMENPORTALE UND SITES ÜBER DEN ERSTEN WELTKRIEG

Erster Weltkrieg: Bücher, Bibliotheken, Archive, Ausstellungen

Auf der Seite „DER ERSTE WELTKRIEG IN DER LITERATUR“, ebenfalls im „Duftenden Doppelpunkt“ veröffentlicht, finden Sie eine kommentierte Literaturliste mit über fünfzig Romanen und Kurzgeschichten über den Ersten Weltkrieg, die zwischen 1915 und 1959 veröffentlicht wurden.
Zusätzlich bietet der „Duftende Doppelpunkt“ Infos zu Ausstellungen in Österreich, Belgien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien anlässlich „100 JAHRE ERSTER WELTKRIEG“.

„Im Krieg sind die Gesetze der Menschheit aufgehoben, in den Urzustand ist sie zurückversetzt. In einem ungeheuren Irrtum waren wir befangen. Wir glaubten an die innere Kultur der europäischen Völker. Wir müssen umlernen. Es war nur Firnis, Tünche.“ Hedwig Dohm (1831–1919)

Auf der Site „Digitale Landesbibliothek Oberösterreich“ werden seit drei Jahren urheberrechtsfreie Werke zugänglich gemacht. Einen der aktuellen Schwerpunkte bei der Digitalisierung bildet der Erste Weltkrieg: Werke der Sammlung: Weltkrieg I.
Die Bücher sind alle im Volltext erfasst. Das Inhaltsverzeichnis ist mit dem Text verlinkt. Gleichzeitig ist es möglich, einzelne Teile eines Werkes als PDF herunterzuladen. Die Recherche kann über Trunkierungen, Phrasensuche und Trefferliste eingeschränkt werden. Auch kann nur in den Volltexten oder optional nur in den Metadaten bzw. in beiden Bereichen gesucht werden.
Mittels Uniform Resource Name (URN) erhält jede Textseite einen eindeutigen und dauerhaft gültigen Namen, sodass bis auf Seitenebene genau zitiert werden kann.

„Es gibt kein Volk und kann keins geben, das zivilisiert genug wäre, um zivilisiert Kriege zu führen. Denn der Krieg selbst ist etwas Unzivilisiertes …“ Erich Mühsam (1878 – 1934)

Der Online-Hauptkatalog der Österreichischen Nationalbibliothek umfasst einen Bestand von über 44.000 Büchern, Broschüren, Dokumenten, Fotografien, Plakaten und Flugblättern, die sich mit dem Thema Erster Weltkrieg beschäftigen.

„Statt den Militarismus, der das Land ins Unglück gestürzt hat, zu entfernen, päppeln sie ihn wiederum hoch und werden ihm bald die Möglichkeit geben, das Land in noch größeres Unglück zu stürzen“. Siegfried Jacobsohn (1881–1926)

Das Webportal „Kriegssammlungen in Deutschland 1914-1918″ weist 235 Sammlungen über den Ersten Weltkrieg nach.

„Der Sammeleifer bezog sich nicht nur auf die über den Buchhandel verfügbare Kriegsliteratur, sondern auch auf Feld- und Schützengrabenzeitungen aus Frontgebieten, auf Drucksachen aus Lazaretten und Gefangenenlagern und auf Zeitungen der besetzten Gebiete. Gesammelt wurden Landkarten, Maueranschläge und Flugblätter, Fotos, Feldpostbriefe und Soldatentagebücher. Militaria und Uniformen wurden gesammelt, Material der Kriegswirtschaft wie Notgeld, Lebensmittelkarten und Kriegsersatzstoffe wurde aufgehoben, aber auch Gegenstände mit Andenkencharakter wurden zusammengetragen wie Vivatbänder, Postkarten, Gedenkmünzen und Porzellangegenstände mit Kriegsmotiven.“ Via Kriegssammlungen in Deutschland

Die Weltgeschichte ist auch die Summe dessen, was vermeidbar gewesen wäre. Bertrand Russell (1872 – 1970).

Eine interessante Bestandsübersicht zum Thema Erster Weltkrieg bietet auch die Arbeitsgemeinschaft Archive in Nordhessen im Netz. Unter dem Titel „Geschichte des Ersten Weltkriegs“ bietet sie eine Auswahl an relevanten Beständen von bisher teilweise wenig bekannten Nachlässen und Sammlungen.

Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg, bis ich herausfand, daß es welche gibt, die nicht hingehen müssen. Erich Maria Remarque (1898 – 1970)

Internationale Sites über den Ersten Weltkrieg

Die „Europeana Collections 1914 – 1918“ führt Material aus drei Projekten zusammen. Neben persönlichen Geschichten von Privatpersonen finden sich auch Bibliotheksbestände sowie Filme aus europäischen Filmarchiven. Sie ist die umfassendste europäische Sammlung von Originaldokumenten zum Ersten Weltkrieg.

„Es wird solange Kriege geben, solange es noch einen Menschen gibt, der daran verdient.“ Bertolt Brecht (1898–1956)

Plakat  aus dem Jahr 1917 von H. R. Hopps (1869–1937)

Plakat aus dem Jahr 1917 von H. R. Hopps (1869–1937)

Ab April 2014 werden rund 75.000 digitalisierte Objekte aus den verschiedenen Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek über die europäische digitale Bibliothek „Europeana“ abrufbar sein. Gleichzeitig werden für das Web@rchiv Austria alle Netz-Aktivitäten zum Gedenkjahr für die Nachwelt gesichert.

„Die Presse und die Waffenfabrikanten sind der Bazillus der Kriegserregung.“ Alfred Hermann Fried (1864–1921)

Die Website „The Heritage of the Great War“ zeigt unter anderem mit ihrer Sammlung früher Farbfotografien ungewöhnliche Perspektiven auf die Alltagsgeschichte des Ersten Weltkrieges.

„Erst wenn auch die große Mehrheit der Frauen aus tiefster Überzeugung hinter die Losung tritt: Krieg dem Kriege, erst dann kann den Völkern der Friede gesichert werden.“ Clara Zetkin (1857–1933)

„1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War“. An der Freien Universität Berlin entsteht ein von internationalen ExpertInnen geschriebenes, englischsprachiges Referenzwerk zum Ersten Weltkrieg.

„Man muss immerfort aufpassen und handeln. Wer bloß zusieht, wartet vergebens, dass Frieden wird: es wird nur Krieg. Der Krieg kommt schon, wenn man einfach nichts gegen ihn tut.“ Heinrich Mann (1871–1950)

European Film Gateway: Die europäischen Filmarchive haben große Teile ihrer Sammlungen (Wochenschauen, Dokumentar- und Spielfilme) zum Ersten Weltkrieg digitalisiert und zugänglich gemacht.

„Im Übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.“ Kurt Tucholsky in einem Brief an Herbert Ihering vom 10. August 1922.

Unter dem Titel „La Grande Guerre“ hat das Deutsche Historische Institut Paris ein Blog ins Netz gestellt. Es widmet sich dem Forschungsschwerpunkt „Erster Weltkrieg“ und berichtet über Initiativen zum 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs.

„Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge, die sie schon hundertmal gehört haben, als eine Wahrheit, die ihnen völlig neu ist.“ Alfred Polgar (1873–1955)

Clio online – Fachportal für Geschichtswissenschaften: Themenportal Erster Weltkrieg: Rezensionen, Tagungsberichte und Ressourcen zur Quellen- und Materialrecherche.

„Aber wenn der Krieg da ist, richtet man sich in ihm ein, und man melkt seine Euter. Das Blut fließt, das Geld fließt, und man hat keine Eile, den Strom zum Versiegen zu bringen.“ Romain Rolland (1866 1944)

Erster Weltkrieg – nationale und regionale Projekte: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Russland

BELGIEN

„100 Jahre Erster Weltkrieg in Flandern 2014–2018“. In der Broschüre (pdf) findet sich ein Überblick über das Veranstaltungsprogramm, Gedenkstätten und historische Schauplätze.

„Jeder Krieg wird unter den nichtigsten Vorwänden begonnen, aus guten Gründen weitergeführt und mit den verlogensten Argumenten beschlossen.“ Arthur Schnitzler (1862–1931)

DEUTSCHLAND

„100 Jahre Erster Weltkrieg“ – die Site des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge bietet einen Überblick über Veranstaltungen, Gedenkprojekte und Ausstellungen in Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg.

„Alle Kriegsgeschichte wird erst verständlich, wenn man sie auf ihre ökonomischen Grundlagen zurück führt. Sie verflüchtigen sich dagegen in einen historischen Roman, wenn man das größere oder geringere „Genie“ der Feldherren zu ihrem bewegenden Hebel machen will.“ Franz Mehring (1846 1919) Weiterlesen »

Schnipsel aus Literatur, Wissenschaft und Politik – Teil 6

Sonntag, 12. Januar 2014

Kurze Infos aus den Bereichen der Literatur, Wissensschaft und Politik, die von den „Duftenden Doppelpunkten“ bisher ausschließlich auf Facebook, Google+ und Twitter veröffentlicht wurden, sind nun auch direkt im Literaturblog nachzulesen.

Gedenken an Rosa Luxemburg. „Es gab eine reale Alternative“. An diesem Wochenende wird Rosa Luxemburgs gedacht. Deren Politik erhalte durch den Kapitalismus der Gegenwart neue Aktualität, sagt die Soziologin Frigga Haug.

„LOL My Thesis“: Schluss mit geschwollenen Formulierungen und inhaltsleeren aber wortreichen Ausführungen. Eine amerikanische Internetseite präsentiert wissenschaftliche Abschlussarbeiten in einem Satz.

„Mein Kampf“: Das Münchner Institut für Zeitgeschichte will Adolf Hitlers „Mein Kampf“ nach dem Auslaufen der Urheberrechte 2015 in einer kommentierten Fassung drucken – trotz des Kurswechsels der bayerischen Regierung im Umgang mit der Hetzschrift.

Bücherautomaten in China: „In der Hauptstadt Peking, in zentralchinesischen Chengdu, in Shanghai und in anderen Großstädten des Landes wurden in den letzten etwa zwei Jahren mehr und mehr Bücherautomaten installiert. Diese sind etwa so groß wie ein hiesiger Verkaufskiosk für Zeitschriften und Zeitungen und beinhalten jeweils um die 400 Bücher. Via „Zum Lesen“ Nr. 3/2013, Seite 24.

Victoria Wolff: „Ich fordere, dass die Welt blau ist, auch wenn sie grau scheint, muss sie blau sein.“ (Victoria Wolff). Pünktlich zu deren 110. Geburtstag hat Doris Hermanns die deutsch-jüdische Schriftstellerin porträtiert.

Demokratie im digitalen Zeitalter: Die Demokratie verteitigen im digitalen Zeitalter: 5 NobelpreisträgerInnen, 560 SchriftstellerInnen: Gegen Massenüberwachung – ein Aufruf an die Welt.

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Online-Adventkalender

Donnerstag, 28. November 2013

Am 1. Dezember geht es los! Der Online-Adventkalender des „Duftenden Doppelpunktes“ möchte Sie heuer mit Literarischem aus drei Bereichen überraschen.

Hinter den Fenstern an den vier Adventsonntagen finden Sie jeweils eine E-Card mit weihnachtlichem Motiv und einem Tweet; einem Gedankensplitter mit maximal 140 Zeichen, den Sie an FreundInnen und Bekannte via Mail versenden können.

Die verbleibenden zwanzig Fenster teilen sich Gedichte von AutorInnen, die Nachdenkliches, Humorvolles und Kritisches über Weihnachten schreiben. Darunter befinden sich auch DichterInnen, deren Bücher im Deutschen Reich 1933 verbrannt wurden, die im KZ ermordet wurden oder ins Exil gehen mussten.

Viele wundervolle weihnachtliche Gedichte konnten leider 2013 nicht in den Adventkalender aufgenommen werden. Sie sind durch das Urheberrecht als persönliche geistige Schöpfungen geschützt. Die Gemeinfreiheit beginnt mit dem 1. Jänner des Jahres, das auf das 70. Todesjahr des Urhebers, der Urheberin folgt. Daher können wir beispielsweise die Lyrik von ExilliteratInnen wie Rose Ausländer („New Yorker Weihnachten“), Erich Fried („Weihnachtslied“), Paul Zech („Weihnacht über den Gräben“), Hans Carossa („Barbaratag“), Carl Zuckmayer („Ein nie vorher gesehener Stern“) und Erich Kästner („Weihnachtslied, chemisch gereinigt“ oder „Der Weihnachtsabend des Kellners“) nicht veröffentlichen.

Wenn Sie gemeinfreie weihnachtliche Lyrik von ExilautorInnen bzw. AutorInnen, deren Werke im nationalsozialistischen Deutschland verbrannt wurden, kennen, informieren Sie uns bitte. Vielleicht können wir mit Ihrer Unterstützung im kommenden Jahr bereits einen Online-Adventkalender gestalten, der sich ausschließlich dem Thema Weihnachten aus der Sicht der Exilliteratur widmet.

Nähere Infos zum Thema Bücherverbrennung und Exilliteratur finden Sie in der Bibliothek von Petra Öllingers virtueller Wohnung: biografische Daten zu über 200 AutorInnen, Titellisten der verbrannten Bücher, Hinweise auf Sekundärliteratur und weiterführende Links.

Bis zum Dienstag, 17. Dezember 2013 haben Sie auch noch die Möglichkeit, am dreiundzwanzigteiligen literarischen Rätsel des Duftenden Doppelpunktes zum Thema Bücherverbrennung und Exilliteratur teilzunehmen. Sie erfahren viel über die gesuchten AutorInnen und können Bücher und CDs für die Weihnachtsferien gewinnen.

Das Team des „Duftenden Doppelpunktes“ wünscht Ihnen eine ruhige und friedvolle Adventzeit.

Kunst und Menschenrechte – Sarajewo

Mittwoch, 27. November 2013

Vor 65 Jahren, am 10. Dezember 1948, hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 217 A (III) die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet. Die Gesellschaft zur Verbreitung von Ton-, Bild- und Denkkunst, webbrain hat deshalb im August zur Einreichung von neuen Kurztexten aufgerufen, die den Zusammenhang von Kunst und Menschenrechten thematisieren. Aus den bis 15. September eingelangten Einreichungen hat eine Jury fünf ausgewählt, die während der Abschlussveranstaltung Menschenrechte Heute – und weiter? am 23. Oktober 2013 vorgestellt wurden.

Einen dieser Texte, Döllersheim – das unbekannte Mysterium, konnten Sie im „Duftenden Doppelpunkt“ bereits nachlesen.
Heute veröffentlichen wir einen weiteren Beitrag.

Sarajewo – von Sonja Henisch

Ordentlich aufgeräumt hat man sie wieder,
die Stadt.
Grüne Wege säumen die Miljacka,
fast bis dorthin,
wo die alte Burg einst thronte.
Hinter Baumkronen versteckt
lugen die Ruinen hervor.
Malerisch fast -
man kann doch in alles
Ästhetik hinein projizieren.
Aufgeräumt ist das Bazarviertel,
voll mit Touristen,
die fein verzierte Granathüllen kaufen,
als ließe sich das, was geschah,
je transformieren.
Aufgeräumt ist sie, die Stadt,
die während des Krieges durch einen Tunnel
versorgt wurde,
um die Bewohner nicht verhungern zu lassen.
Sauber und aufgeräumt
und schön zum Flanieren
ist Sarajewo,
wäre es nicht rundum
von Tausenden weißen Gräbern
geziert.

Sonja Henisch ist Mitglied der IG Autorinnne Autoren, Pressereferentin des Kulturvereins Klopfzeichen und Mitglied bei Kunst:Projekte.

Menschenrechte und Kunst

Mittwoch, 13. November 2013

Vor 65 Jahren, am 10. Dezember 1948, hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 217 A (III) die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet.

Der Verein webbrain widmete die Veranstaltungsreihe denkkunst/schreibkunst 2013 in Kooperation mit mel-art dieser Tatsache.

Im August 2013 wurde ein Aufruf zur Einreichung von Kurztexten jeglichen Genres veröffentlicht, die den Zusammenhang zwischen Kunst und Menschenrechten zum Thema haben.

Ein Text von Elisabeth Schöffl-Pöll ist in diesem Beitrag nachzulesen. Er wurden während der Abschlussveranstaltung am 23. Oktober 2013 von SchauspielerInnen vorgelesen.

Döllersheim - das unbekannte Mysterium

BesucherInnen des Festes der Menschenrrechte

Fest der Menschenrechte

Gegen alle Menschenrechte mussten im Jahr 1938 7500 Menschen aus 42 Ortschaften im Waldviertler "Döllersheimer Ländchen" Haus, Hof, Wald und Gut verlassen, um einem Truppenübungsplatz unter Adolf Hitler zu weichen. Später erforschte man, dass Hitler damit seine fragwürdige Ahnengeschichte ausräumen wollte. Sogar die reife Ernte musste zurückgelassen werden! Das ganze Gelände wurde dem Erdboden gleichgemacht. Die Aussiedler mussten sich neue Bleiben suchen.

Ich selbst, als viertes Kind meiner Eltern, nahm das unsägliche Leid, das meine Eltern durch die Aussiedlung und Wiederansiedlung erlitten – meine Mutter war im sechsten Monat schwanger – auf meine kindlichen Schultern.

Das damalige Fahrzeug für die Suche nach einem neuen Bauernhaus war damals der
Pferdewagen. Mit ihm fuhr mein Vater nun – meine Mutter war ja, wie gesagt, schwanger – alleine, um Erkundigungen über Ersatzbauernhöfe einzuholen. Aus Mitleid trat schließlich eine Verwandte vom Kauf zurück und überließ ihr Haus meinem Vater und unserer Familie, weitab der ehemaligen Heimat und im Weinviertel gelegen.

Fest der Menschenrechte

Fest der Menschenrechte. Elisabeth Schöffl-Pöll (dritte von rechts)

Nun war die Frist für die Aussiedlung bereits im Ablaufen. Die schönen alten Stilmöbel wurden auf Lastwagen gepackt und die Habseligkeiten dazu. So ging es Wagen um Wagen auf holprigen Straßen, die so manchem schönen Möbelstück zusetzten, dem 80 km entfernten neuen „Heimatort“ zu. Dort hatten sich meine Waldviertler Eltern erst mühsam in die Wein- und Kellerarbeit einzuschulen.

Jahre später mussten meine Eltern durch einen Rückstellungsantrag – es hieß fälschlicherweise, das Haus wäre ein Zwangsverkauf gewesen, da der Besitzer Halbjude war – ein zweites Mal die Geldmittel für den Hof aufbringen. Mein Vater und mein Onkel, der bei uns lebte und für die Pferde zuständig war, erkrankten an den Sorgen, die die Aussiedlung mit sich brachten, und starben relativ jung, ein Schicksalsschlag jagte den anderen.

Meine Mutter war völlig mit ihren Nerven am Ende. Ich selbst hatte auf Kosten einer weiteren Ausbildung bei der Pflege des mittlerweile schwer behinderten Vaters mithelfen müssen. Die Krankheiten der beiden Männer waren eine Folge des traurigen Heimatverlustes.

Ich konnte nur durch Literatur diese Schicksalsgeschichte einigermaßen aufarbeiten…

Elisabeth Schöffl-Pöll

Schnipsel aus Literatur, Wissenschaft und Politik – Teil 3

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Kurze Infos aus den Bereichen der Literatur, Wissensschaft und Politik, die von den „Duftenden Doppelpunkten“ bisher ausschließlich auf Facebook, Google+ und Twitter veröffentlicht wurden, sind nun auch direkt im Literaturblog nachzulesen.

Schreibworkshop mit den „Duftenden Doppelpunkten“ – der Countdown läuft. Noch vier Plätze frei. Anmeldeschluss Montag, 07. Oktober.

LITERADIO – Programmvorschau: Frankfurter Buchmesse 2013. Gespräche und Interviews mit AutorInnen, VerlegerInnen, HerausgeberInnen.

NSA-Kritiker Ilija Trojanow: Deutscher Schriftsteller darf nicht in die USA einreisen.

Rezension des soeben im Aviva Verlag erschienenen Berlin-Romans „Mädchen mit drei Namen“ von Maria Leitner im Tagesspiegel! Die Bio von Maria Leitner ist im 5. Teil unseres Literaturquizes nachzulesen.

Casanovas Memoiren als kostenloses Hörbuch zum Download.

Gedenkveranstaltung im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim. Am 1. Oktober 2013 findet der jaehrliche Hoehepunkt des Gedenkens, an die vielen Opfer der NS-Euthanasie, in Hartheim statt.

Irmgard Litten: Trotz der Tränen: Mit allen Mitteln den Menschen das Rückrat brechen, das war zur Zeit des Nazi-Regimes vorherrschendes Ziel in den Gefängnissen und Konzentrationslagern. Je nach Kommandeur nahmen die Gräueltaten unvorstellbare Ausmaße an. Marterungen und schwere Misshandlungen, die auch der Rechtsanwalt Hans Litten ertragen musste. Seine Mutter Irmgard Litten, geborene Wüst, berichtet in „Trotz der Tränen“ von seinem bewegenden Schicksal und ihrem fünfjährigen Kampf um das Leben ihres Sohnes.

Der Narrenturm und das darin befindliche „Pathologisch-anatomische Bundesmuseum“ werden generalsaniert.

Die diesjährige „ORF-Lange Nacht der Museen“ findet in ganz Österreich statt. Bereits zum 14. Mal initiiert der ORF die Kulturveranstaltung – an die 700 Museen und Galerien sind heuer daran beteiligt und öffnen ihre Türen für kulturinteressierte Nachtschwärmer.

Jede zweite wissenschaftliche Veröffentlichung frei zugänglich: Der kostenlose Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen hat sich weltweit durchgesetzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie, die in Brüssel vorgestellt wurde.

Die aktuelle Ausgabe von interjuli befasst sich mit dem Körper in der Kinder- und Jugendliteratur. Die Artikel behandeln unter anderem die Konstruktion von Fremdsein anhand von Körperlichkeit in Persepolis, Sexualität und Geschlecht in Twilight und Vampire Diaries, Identitätskonstruktionen und ethische Probleme des Klonens in Lost Girl und den Körper als Objekt der Inszenierung in Grenzland. Mehr Infos finden Sie auf der Homepage von interjuli.

Mira Lobe: Eigentlich kam sie im deutschen Görlitz zur Welt, doch sie wurde später als eine der größten Kinderbuchautorinnen Österreichs gefeiert: Mira Lobe wäre am 17. September 100 Jahre alt.

Schnipsel aus Literatur, Wissenschaft und Politik – Teil 2

Mittwoch, 11. September 2013

Kurze Infos aus den Bereichen der Literatur, Wissensschaft und Politik, die von den „Duftenden Doppelpunkten“ bisher ausschließlich auf Facebook, Google+ und Twitter veröffentlicht wurden, sind nun auch direkt im Literaturblog nachzulesen.

Sibylle Berg über den Deutschen Buchpreis: S.P.O.N. – Fragen Sie Frau Sibylle: It’s a book! Eine Kolumne von Sibylle Berg. Ein Wirbel wie um das Royal Baby: Der Deutsche Buchpreis steht für die Boulevardisierung des Literaturbetriebs. Doch der beste Roman des Jahres lässt sich nicht nach dem Castingshow-Prinzip ermitteln.

Deutschlandradio – Pinochets Putsch gegen Allende: Vor 40 Jahren stürzte das Militär in Chile Präsident SalvadorAllende.

Die Arbeitslosen von Marienthal
„… man lebt von Tag zu Tag dahin und weiß nicht, warum“

Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit, Protestbewegungen – Europa erlebt gerade ein Déjà-vu. Welche Folgen lang andauernde Arbeitslosigkeit hat, wurde erstmals vor 80 Jahren wissenschaftlich erforscht: in der Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“.

„Das Rote Wien im Waschsalon Karl-Marx-Hof“ widmet der Studie eine Sonderausstellung.

Ort: Waschsalon Nr.2, Karl-Marx-Hof 19., Halteraugasse 7
Zeit: 12.9.2013 – 1.5.2014, Donnerstag 13 – 18 Uhr, Sonntag 12 – 16 Uhr. Eintritt: 3 € (Erwachsene)

Luftschlag: Es werden also mal wieder „Luftschläge“ geplant? Ungefährliche Hiebe in die Luft? Nein, leider nicht.

1914 – 2014 Grundlagenpapier österreichischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Anlass des Gedenkens des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs voR 100 Jahren.

Bernhard Jenny: In Notaufnahme von Mutter getrennt – Schubhaft?

80 Jahre Bücherverbrennung – Literaturquiz Teil 17

Mittwoch, 11. September 2013

Die Quizfragen

  • Unter welchem Pseudonym wird die Autorin bekannt?
  • Wie lautet der Titel ihres Debütromanes?
  • Wie heißt der Autor, der ihr langjähriger Freund und Förderer ist?
  • Wer unterstützt ihn im Pariser Exil finanziell?

Antworten bitte zum 24. September 2013 um 12:00 Uhr an: Literaturblog Duftender Doppelpunkt

Unter allen richtigen Einsendungen werden einige Bücher verlost.

Erinnerung: Wenn Sie an die jeweils aktuelle Quizrunde erinnert werden möchten, senden Sie bitte einfach ein leeres Mail mit dem Betreff „Literaturquiz Erinnerung“ an das Literaturblog Duftenden Doppelpunkt.

Einen Gesamtüberblick über alle bisher veröffentlichten literarischen Rätsel können sie sich auf der Seite „Literaturquiz zur Bücherverbrennung 1933″ verschaffen.

***

Das literarische Rätsel

Kaum zwei Jahrzehnte währt die Spanne, in der die musisch hoch begabte Frau ihre Spuren in der Welt des Theaters und der Literatur hinterlässt. Spuren, die nach ihrem frühen Tod, sie stirbt einen Tag vor ihrem 42. Geburtstag, fast vollständig verwischt werden. Was bleibt sind zwei Romane, ein paar Briefe, die Schilderungen einiger bekannter Persönlichkeiten sowie ihres Freundes und die Erinnerungen ihrer Schwester Katja.

Sie wird 1894 in Jena geboren. 1912 beginnt sie auf Wunsch ihres Vaters eine Lehre als Buchbinderin. Johanna Bleschke, so ihr Name, will allerdings Tänzerin werden. Bereits ein Jahr später lebt sie in Berlin und arbeitet im Loesdau-Verlag. Dort lernt sie 1913 einen aus Brünn stammenden Autor kennen, zwischen den beiden entwickelt sich eine langjährige enge Beziehung.

Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges arbeitet sie als Krankenschwester, beginnt aber bald, von ihrem Gefährten finanziell unterstützt, mit einer Tanzausbildung bei Rita Sacchetto. Der jeweils erste Buchstabe des von ihr gewählten Künstlerinnennamens erweist sich ident mit den Initialen des Namens ihrer Lehrerin. Während der Vorname eine Verneigung vor ihren jüdischen FreundInnen darstellt, wählt sie den Familienname aus der Sprache der indischen Brahmanen, dem Sanskrit. Er steht für den Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt.

1918 nimmt sie bei Otto Falckenberg in München Schauspielunterricht. Bereits 1919 feiert sie im Prager Ständetheater im Drama „Tanja“, sie spielt die Titelrolle, die ihr von ihrem Freund auf den Leib geschrieben ist, einen fulminanten Erfolg.

Ihre tänzerische und schauspielerische Karriere umfasst die Bereiche Tanz und Tanzpantomime, Kino und Theater. Nachdem sie ihren ursprünglichen Erfolg als Tanja im Berlin des Jahres 1924 nicht wiederholen kann, sondern sich vielmehr einer vernichtenden Kritik gegenübersieht, zieht sie sich von der Bühne zurück und beginnt zu schreiben.

Über ihren 1926 veröffentlichten Roman „Das verlorene Kind“ äußert sich Carl Zuckmayer folgendermaßen: „Das ist ein Buch von der Art, daß man vergißt, es gelesen zu haben, daß man glauben muß, man habe es geträumt oder wachend erlebt. Man schmeckt seine Luft ganz und gar, man hat sie geatmet in dieser Landschaft und mit diesen Menschen.“ und Albert Ehrenstein meinte: „‚Das verlorene Kind‘ scheint mir das beste Prosawerk zu sein, das von einer deutschen Dichterin während der letzten Jahrhunderte geschrieben wurde. (…) Das Buch ist nämlich, auf der ethischen Höhe eines Tolstois, eine sprachlich vollkommene Meisterleistung, das jedem deutschen Klassiker oder Romantiker Ehre machen würde.“

Neben hymnischem Lob sieht sie sich, da die Grundlage des Romans dem „Neuen Pitaval“, einer Sammlung authentischer Kriminalfälle aus mehreren Jahrhunderten entstammt, Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. Gottfried Benn springt ihr in dieser Situation in der „Vossischen Zeitung“ bei, er schreibt unter anderem: „Der Erfolg des Roman ‚Das verlorene Kind‘ (…) wird jetzt durch die possierliche Anklage bestätigt, dass die Dichterin ihr Kunstwerk dem ‚Neuen Pitaval‘ also einer allen Schaffenden offenstehenden, von Schaffenden oft benutzten Fundgrube des Rohstoffes entlehnt habe.“
Sie befindet sich jedenfalls in bester Gesellschaft, hat doch schon Heinrich von Kleist für seinen „Michael Kohlhaas“ auf die Sammlung zurückgegriffen.

Die Unterstellungen gipfeln in dem Vorwurf, das Buch stamme nicht aus ihrer Feder, sondern sei von ihrem Freund verfasst. Dieser weiß über die Entstehungsgeschichte des Romans und dessen Autorin Folgendes zu berichten. Er vergleicht Letztere mit einer Membrane „… die Schwingungen aufnahm“. Und weiter schreibt er: „Etwas fing an, in ihr zu brennen. Ich konnte nichts anderes tun, als sie unter Arbeitsdruck zu halten. Regiearbeit, wenn Sie so wollen. Bis sie, fast ohne eine Korrektur, bei der letzten Seite angelangt war und plötzlich wie ein ausgewrungener Lappen in sich zusammenfiel. (…) Ich habe das Manuskript erst kennengelernt, als es abgeschrieben vor mir lag, und ich versichere, ich habe weder ein Wort noch eine Komma daran geändert.“

Das Werk fällt der Bücherverbrennung 1933 zum Opfer, weil die NationalsozialistInnen in dessen Autorin fälschlicherweise eine Jüdin vermuten. Unabhängig davon ist wohl in ihrer Ideologie kein Platz für eine Frau, die sich literarisch mit einem Kindsmord und dessen Folgen auseinandersetzt.
1928 heiratet sie den Börsenmakler Walter Davidsohn. Mit dem Brünner Autor bleibt sie auch nach ihrer Eheschließung in freundschaftlichem (Brief-)Kontakt.

Wenige Jahre später emigriert ihr Mann nach Frankreich, sie bleibt in Berlin und lässt sich scheiden. Wobei sie in diesem Bestreben von ihrem Mann unterstützt wird: „Was ist in solchen Fällen die Praxis der Gerichte? (…) Was ist für ein Grund zu wählen? Rassenfrage? (Wohl das Sicherste) oder die berühmte gegenseitige Abneigung?“

Ihr de facto Publikationsverbot ab 1933, zu ihren Lebzeiten erscheint nur mehr „Die glückliche Hand“ als Fortsetzungsroman in der „Vossischen Zeitung“, kommentiert sie sarkastisch: „Leider kann ich nicht ’sportgebräunte‘ Literatur fabrizieren.“

Sie stirbt am 8. Februar 1936 in Berlin. „Die glückliche Hand“ wird posthum im schweizer Humanitas Verlag veröffentlicht und bleibt ohne Resonanz. Ein weiterer Roman, „Die Hochzeit der Armen“, gilt als verloren.

Ihr langjähriger Freund und Förderer wird 1882 als Sohn eines Tuchhändlers in der mährischen Hauptstadt Brünn geboren und wächst in einer bildungsbürgerlich geprägten Atmosphäre auf. Seine Mutter, eine geborene Weinberg, ermöglicht trotz des frühen Todes ihres Mannes allen vier Kindern eine universitäre Ausbildung. Er studiert in Prag und Wien Medizin und arbeitet ab 1908 als Chirurg. Um seine Lungentuberkulose auszukurieren, geht er 1912 als Schiffsarzt an Bord des Dampfers „Austria“ und besucht Indien und Japan.

1913 lernt er nicht nur Johanna Bleschke, sondern auch Franz Kafka kennen. Der „Chronist“ Max Brod wird ihn später rückblickend dem „weiteren Prager Kreis“ zuordnen. Er debütiert noch in diesem Jahr mit dem Roman „Die Galeere“. In einem Brief an Grete Bloch schreibt Kafka über den Roman: „Man muß durch das Konstruktive, welches den Roman wie ein Gitter umgibt, den Kopf einmal durchgesteckt haben, dann aber sieht man das Lebendige wirklich bis zum geblendet werden.“

Im Ersten Weltkrieg dient er als Regimentsarzt in der Österreichisch-Ungarische Armee. Wenige Jahre nach Kriegsende lässt er sich als freier Schriftsteller in Berlin nieder. Weiterlesen »