Literaturgefluester

2015-10-12

Deutsche Buchpreisvergabe zum Messeauftakt

Um sechs wurde in Frankfurt der diesjährige dBp feierlich bekanntgegeben, eine Veranstaltung, die man per Livestream mitverfolgen kann, was ich noch nie, beziehungsweise nie zu Gänze getan habe, weil ich am Abend meistens auf einer Veranstaltung bin und mir nur nachher das Kurzvideo mit der Siegerrede, die es dann noch zu sehen gibt, anschaute.

Aber heuer ist ja alles anders, heuer habe ich ja „Buchpreisgebloggt“, beziehungsweise mich durch die Longlist gelesen. Und wenn ich mit dem Clemens J. Setz, auch erst bei Buch fünfzehn bin, habe ich mir doch überlegt, wie ich das dann mit den Veranstaltungen und dem Bloggen mache.

Denn zum Glück gibt es in Wien ja immer eine große Auswahl und in der „Alten Schmiede“ wieder eine „Stunde der  literarischen Erleuchtung“, die auch um sechs begann, da wäre dann alles verplant gewesen.

Im Vorjahr war ich, glaube ich, beim „DichtFest“ in der „AS“ und habe dort die Leute munkeln gehört, daß der Lutz Sailer gewinnt und vor zwei Jahren, habe ich halb in die Veranstaltung hineingehört und bin dann in den „Republikanischen Club“ und zu Judith Gruber Rizy gegangen.

Im Literaturhaus fand ich  heraus, präsentierte Andrea Grill, um sieben ihren neuen Roman und die „Wilden Worte“ beginnen um acht, ist  mir eingefallen, da könnte sich die Übertragung ausgehen, aber da war Marlen Schachinger mit Daniel Zipfel und die beiden habe ich ja schon gehört.

Aber um acht in der „Alten Schmiede“, wie mir der Lehrer aus Retz, glaube ich, bei der Setz Lesung sagte, der Jan Koneffke mit seinem neuen Roman, der zwar nicht auf der LL steht, aber durchaus mal ein Buchpreisträger werden könnte und wenn ich beides verbinde, habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Nur kurz zur Wiederholung, ich habe mich ja heuer das erste Mal entschloßen die LL zu lesen, was mir bis jetzt zwar noch nicht gelungen ist, aber ich liege mit meinen fünzehn Büchern bei den Bloggern an der Spitze, die sogenannten offiziellen, haben ja eher angelesen und die „Zeilensprünge“ sind mit dem Setz, glaube ich, beim neunzehnten, sind aber,  wie ich ebenfalls glaube, zu zweit und ansonsten ist der Versuch, die Bücher alle zu bekommen, ein Erfolg geworden.

Aufmerksamkeit habe ich in der Bloggerszene zwar nicht viel erregt, eher im Gegenteil, aber elf oder zwölf Bücher sind von den Verlagen zu mir gekommen, eines hatte ich schon, vier habe ich mir vom Alfred schenken lassen, den „Fuchs und Dr. Schimamura“ in zwei Stunden beim „Kuppitsch“ gelesen und zwei Bücher hat mir der liebe Otto geborgt, der sich zwar alle Bücher besorgt und auch schon einiges gelesen hat, mir aber heuer leider nicht kommentierte, so daß mein Bloggen eher unkommentiert geblieben ist, das habe ich aber sehr intensiv gemacht und so  war es auch sicher gut, um sechs zu Hause zu sein, mir ein Glas Wein zu richten und den Livestream anzuklicken.

Das war gar nicht so einfach, weil er immer hängen blieb,  es kamen aber die Eröffnungsreden, die von der großen Aufmerksamkeit berichteten, die dieser Preis hat.

Zwei Monate reden, schreiben und bloggen alle darüber, ich habe es getan und gelesen und gelesen, wenn da zwar auch manches andere ungelesen dabei bleibt, aber zwei Buchdebuts habe ich dazwischen geschoben, eine Neuerscheinung eines türkischen Autors und den „Susan Effekt“, den ich bei „Hanser“ gewonnen habe.

Dann wurde die Jury vorgestellt, die ja zu manch Großkritiker Bedauern diesmal aus Markus Hinterhäuser, einigen Buchhändlern und zwei Literaturwissenschaftlern bestand und dann ging es schon an die Shortlist, ich habe ja inzwischen eine eigene, die aus den gelesenen fünfzehn Büchern besteht und sich nicht mit der wirklichen deckt, da ich da ja drei Bücher noch nicht gelesen habe.

Da gibt es aber schon seit einigen Tagen, je ein Portrait der sechs Finalisten, auf der dBp Seite, jetzt kam eine Schauspielerin, las je eine oder zwei Seiten, ein Stückchen des Films oder war es der ganze, wurde gezeigt und je ein Juror sagte dazu ein paar Sätze.

Dazwischen konnte man immer wieder ins Publikum sehen, wo sich unter anderen auch Alice Schwarzer befand und dann kam wieder der Präsident oder Vorstand des Börsevereins und verkündete den Sieger, nämlich Frank Witzel mit „Die Erfindung der roten Armee Fraktion durch einen manisch depressiven Teenager im Sommer 1969“, ein Buch, das mich von Anfang an interessierte, ich aber leider nicht zugeschickt bekam, so daß ich, als mich die Trude vorige Woche fragte, welches Buch, sie mir zum Geburtstag mitbringen soll, darauf tippte, weil auch sehr dick und für das Buchhandlungslesen vielleicht nicht so geeignet. So wird es spannend bleiben, weil ich das Buch, wenn überhaupt, erst im November tippen kann.

Alfred hat mir übrigens gesagt, daß Clemens J. Setz, der ja leider nicht auf der Shortlist stand, es, als seinen Tip für den dBp bekanntgegeben hat und auch bei den Bücherbloggern, die mit ihrer Shortlist ja keinen Treffer landeten, ist einer dabei, der sich von Anfang an, dafür aussprach, während die meisten anderen auf den Rolf Lappert tippten, der zusammen mit dem Ulrich Peltzer ja in meinem Badezimmer liegt.

Ich bin ja immer eher schlecht mit den Prognosen, ganz am Anfang, als ich die Schwitters und die Erpenbeck schon gelesen hatte, habe ich auf Erpenbeck oder Witzel getippt. Der Otto tippte auf Peltzer oder Witzel. Die Blogger ließen sich vom Peltzer ja eher abschrecken und ich wurde auf den Rolf Lappert aufmerksam gemacht, so daß ich am Ende eine eher lange Favoritenliste hatte.

Aber so soll es ja auch sein, denke ich, denn es gibt  nicht das eine gute Buch, sondern lauter solche und ich habe ja jetzt noch einiges zu lesen, bevor es an meine „reguläre Leseliste“, beziehungsweise ab Mittwoch zum Frankfurt-Surfen geht, wo dann ja die Bücherberge liegen, die neunzig oder so tausend, die jedes Jahr erscheinen, da sind dann auch die Krimis, die Chicklits, die Sachbücher und die Phantasies dabei und die Bücher, die die Promis, die Politiker, etcetera schreiben und ehe ich es vergesse, von meiner ganz persönlichen Schreibefront gibt es auch etwas zu vermelden.

„Im Namen des Vaters“ ist an die Druckerei gegangen, das Dummie durchgesehen und der Druckauftrag erteilt, wer bei meinem Gewinnspiel also noch mitmachen will, muß sich beeilen und die „Prekären Sommererlebnisse“ sind vorläufig korrigiert und sind jetzt beim Alfred, der das PDF setzen wird.

2015-10-11

Facts and Fiction und Erich Fried Preis

Das internationale Erich Fried Symposium wurde heuer um einen Monat vorverlegt und findet, glaube ich, ab heuer  jedes Jahr im Literaturhaus statt, thematisch knüpft es an die Lyrik und die Short Stories an und widmet sich heuer der literarischen Reportage.

Joseph Roth und Egon Erwin Kisch könnte man meinen, aber das ist wahrscheinlich eine andere Liga und ein anderer Zeitrahmen, bietet doch das Symposium lauter Österreich- oder sogar Europapremieren und einige Nobelpreisträger an, am Dienstag beispielsweise die Eröffnung im Akademietheater mit V. S. Naipaul und Christoph Ransmayr für achtzehn oder zwölf Euro Eintritt, aber da war gleichzeitig  die Kriminacht und ich in der Hauptbücherei bei Philiph Kerr und am Mittwoch als es um Polen ging, wurde im MUSA der Veza Canetti Preis vergeben.

Am Donnerstag hat dann Swetlana Alexjewitsch, die, glaube ich, auch  literarische Reportagen schreibt, den Nobelpreis gewonnen.

Robert Huez und die anderen Veranstalter wird das gefreut haben, ich war da im Cafe Industrie und habe Ernst Hinterberger gelesen, der vielleicht auch nicht ganz unpassend wäre und bin erst am Freitag ins Literaturhaus gekommen.

Da gab es wieder Thomas Ballhausen und den Film, es gibt inzwischen auch viele Fanartikels, wie T-Shirts und Schals zu kaufen, so trug er einen solchen und kündigte zwei Vorträge mit Beispielen des filmischen Reportagenschaffens von der 1980 geborenen Judith Zdesar und der Amerikanerin Hope Tucker an.

Der Open Lecture von Judith Zdesar war total interessant, sprach sie doch von Entblößung und zur Schaustellung ihrer Person, wenn sie ihre Filme zeigt und von ihren Reisen, die sie in ihren Zwanzigerjahren alleine machte, um Leute kennenzulernen und Großes zu erleben, so war sie in Grönland und beim Nordkap ist sie zwanzig Kilometer vorher zurückgefahren und hat sich anschließend in Psychoanalyse begeben.

Sie gab auch drei Beispiele, einen Film über das Thema Einsamkeit, wo sie die Soldaten die die öerreich-ngarische Grenze bewachen sollten, sich filmen ließ, dann filmte sie zum thema Trauer ihren Großvater nach dem Tod der Großmutter und zur Angst ging es dann um Grönland.

Für das vierte Beispiel war dann leider keine Zeit und auch für die anschließend geplante Diskkussion nicht mehr und Hope Tucker, die 1974 in Memphis geboren wurde, zeigte Beispiele aus einem Film über Atomkraftwerke, wo es auch über Zwentendorf ging.

Dann kam eine Europapremiere, nämlich der 1959 in Kalifornien geborene William B. Vollmann, von dem man am Büchertisch eine Unzahl meist sehr dicke Bücher bewundern oder kaufen konnte. Ein paar davon gibt es auf Deutsch und die hat er dann eine Stunde lang präsentiert.

„Huren für Gloria“und „Hobo Blues von Thomas Melle übersetzt, beispielsweise oder „Europe Central“, wo es um den zweiten Weltkrieg ging.

Es gab dann noch eine Lesung aus einem nur auf Englsch erschienenen Buches. Sebastian Fasthuber, den ich schon am Dienstag in der Hauptbücherei hörte, moderierte und erzählte von einem Zyklus von Amerikaromanen, die der vielschreibene und in Österreich offenbar noch nicht so bekannte Autor schon geschrieben hat.

Am Samstag ging es  weiter mit zwei gezeichneten Reportagen, nämlich zuerst mit den Skizzenbüchern des 1985 in Paris geborenen und in München aufgewachsenen Sebastian Lörscher, der mit seinem Skizzenbuch zuerst nach Bangladesch, dann nach Haiti und zuletzt durch das „Wilde Österreich“ gezogen ist und den Leuten, die eines seiner Bücher kaufte, dann noch lang daraufzeichnete, der zweite Bildvortrag ging von Kroatien nach Italien und wieder zurück und zwar ist die Mutter, der 1991 in Florenz geborenen  Fotografin Caterina Sansone von Fiume dorthin deportiert worden.

In dem Buch „Palatschinken“ hat sie diesen Weg mit ihrem Mann Alessandro Tota, einem Comiczeichner nachverfolgt, die Mutter dabei interviewt und auch Leute befragt, die die Wohnorte der Mutter von früher gekannt haben.

Dann ging es nach Spanien oder auch nach Tschernobyl, denn der 1962 in Saragossa geborene Javier Sebastian, hat ohne dort gewesen zu sein, den Ficton-Fact-Roman „Der Radfahrer von Tschernobyl“ geschrieben, der mir in der Diskussion um das neue LL-Buch der Alina Bronsky, als die bessere Tschernobyl Beschreibung empfohlen wurde. Es gibt auch ein zweites Buch, das auf Deutsch gerade erst erschien, in Spanien aber vor dem  „Ciclista“ dran war, nämlich „Thallium“, wo es um Spaniens Afrika Kolonisierung und um mit Thalium vergiftete Trüffel geht.

Das „Radfahrerbuch“ würde ich gerne einmal finden, es ist, wie der Autor, glaube ich, erwähnte, der neuen Nobelpreisträgerin gewidmet, die  auch über Tschernobyl schrieb.

Dann ging es wieder nach Amerika oder in den Irakkrieg, denn der 1983 geborene Phil Klay, ist Veterarn des US Marine Corps und war von 2007-2007 Presseoffizier in der irakischen Provinz Al-Anbar.

Dann schloß er seinen Master of Art ab, war Assistent bei Richard Ford und hat für  „Redeployment“ auf Deutsch „Wir schossen auch Hunde“, Erzählungen aus dem Irak-Krieg, den National Book Award bekommen.

Daraus hat er sehr lebhaft drei Szenen gelesen, wurde von Florian Höllerer, der glaube ich, das Berliner Colloquium leitet und vorige Woche mit Richard Ford, der Klay sehr talentiert nannte, gesprochen hat, interviewt und am Sonntag wurde, um elf der Erich Fried Preis an Dorothee Elmiger verliehen, die einmal in Klagenfurt gewonnen hat und die ich schon in der Hauptbücherei  und in Leipzig hörte.

Da traten wieder die üblichen Prominenten und ein paar der Stammesucher auf und die die Politiker, die die Eröffnungsreden hielten.

Minister Ostermayer mußte zu einer Matinee ins Burgtheater, schaffte aber vorher noch ein paar Verknüpfungen.

Anne Zauner gab eine Zusammenfassung des bisherigen Geschehens und Robert Huez eröffnete. Dann wurde der alleinige Juror von Beatrice van Matt vorgestellt, der sich sehr viel mit James Joyce  beschäftigt zu haben schien.

„Blums Schatten“ heißt so eines seiner Bücher und Dorothea Elminger hatte von den Veranstaltern den Auftrag bekommen, eine literarische Reportage zu schreiben.

„Ich bin keine Reporterin!“, begann sie ihre Ausführungen.

Natürlich, denn die gilt bei den Sprachkünstlern ja nicht für literarisch gut genug, ist aber trotzdem deshalb im Sommer nach Athen gefahren und ist dort dann im Fieber in einem Hotelzimmer gelegen.

Nachher gab es Sekt zum Anstoßen und Nachlesen kann man dieses internationales Festival, in dem man wirklich, glaube ich, sehr viel Neues erfahren konnte, in den Blogs von Robert Prosser und Judith Nika Pfeifer, wie Anne Zauner bekanntgab und natürlich, wenn auch nur zum Teil im“ Literaturgeflüster“.

Und ich möchte ich noch anmerken bin sehr interessiert an dem literarischen Reportieren und glaube, daß auch einiges, was ich schreibe, darunter einzureihen ist.

2015-10-10

Die Stunde zwischen Frau und Gitarre

„Es beginnt mit einer Verfolgungsjagd eines Heißluftballons!“, hat Angelika Reitzer vorige Woche bei der Präsentation von Clemens J. Setz tausendseitigen, leider nur Longlist-Buchs gesagt und das ist nicht ganz richtig, denn der Taxifahrer, von dem Natalie will, daß er  das tun soll, weigert sich, diesen unmöglichen Auftrag anzunehmen.

„Ich bringe Sie gerne an das Ende der Stadt oder wohin Sie wollen, aber das kann ich nicht!“

Das ist wahrscheinlich auch eine Charakterisierung des tausend Seiten Wälzers, in der sehr wohl Unmögliches und noch viel mehr geschieht und wenn ich mich nicht irre, habe ich auch irgendwo gelesen, daß das einer der beeindruckensten Buchanfänge ist.

„Folgen Sie diesem Heißluftballon!“

Egal, Natalie Reinegger ist jedenfalls einundzwanzig, ehemalige Epileptikerin, die immer noch die „aurigen Gefühle“ verfolgt, die einen Grand Mal ankündigen. Sie lebt in Graz, der Heimatstadt des 1982 geborenen  Shootingstars und literarischen Wunderkinds Setz und sie hat ihre einjährige Ausbildung zur Behindertenbetreuerin erfolgreich abgeschloßen.

Deshalb gibt „Red Bull“ oder sonst wer eine Heißluftballonparty für die Absolventen. Natalie hat blöderweise in der Nacht davor zuviel Beruhigungspillen genommen und verschlafen, so versäumt sie diesen Beginn.

Sie hat aber schon eine Stelle in einem privaten betreuten Wohnheim, dort hat sie eine zweiwöchige Probezeit absolviert, ja wir leben in Zeiten, wo wir sparen und alles schnell gehen muß und so teilt sie sich alsbald mit drei Betreuerinnen zwei Stellen.

Sie bekommt auch zwei Bezugsklienten, einer heißt Mike und  hat ein Schädelhirntrauma, seither ist er von seiner Frau getrennt und malt schreckliche Sachen in sein Zimmer, die die Betreuer dann wegwischen müßen.

Der zweite heißt Alexander Dorm und sitzt im Rollstuhl, warum habe ich nicht herausgekommen. Es scheint aber auch nicht wichtig zu sein. Er ist jedenfalls homosexuell, haßt die Frauen und ist ein Stalker und hat die Frau seines Opfers Dr. Hollberg in den Selbstmord getrieben.

So weit realistisch und gut nachzuvollziehen. Dorm wird aber jede Woche von Hollberg besucht und Natalie, die Bezugsklientin oder Bezugerin, wie sie Dorm beschimpft, der mit ihrer knabenhaften Figur nicht viel anfangen kann, muß mitgehen und seine sadomasochistischen Versuche Dorm aus seiner Hand tote Mäuse fressen zu lassen, mitverfolgen.

Es passiert noch viel viel mehr Surrealistisches und Reales, denn Hollberg tritt ihr mit Billigung oder auch ausdrücklicher Duldung der Heimleitung, bezahlt vielleicht er den Betreuungsplatz, zu nahe, zeigt ihr Fotos, steht in ihrem Garten, verlangt von ihr Gespräche etcetera, die bei Natalie zu Haßgefühlen, Panikattacken und auch dazu führen, daß sie selber ihn verfolgt und man weiß nicht recht, wird sie jetzt wahnsinnig oder ist man in einem trivialen Krimi, beziehungsweise Science Fiction Roman, denn, das habe ich jetzt, wie noch tausend anderes vergessen, Natalie ist ein Stephen King Fan.

Sie folgt ihm jedenfalls auf den Friedhof, Hollberg geht nach jedem seiner Besuche dorthin und heuert auch einen seltsamen Obdachlosen, den sie im „Openspace“, einem Lokal, in dem sie ihre Freizeit verbringt, an, ihn zu verfolgen.

Bis zur Lesung vor einer Woche, war ich bei Seite hundert. Bis dahin habe ich das Buch total realistisch gelesen, denn ich bin ja Psychologin und Psychotherapeutin vom Brotberuf und habe mich auch schon literarisch öfter mit überforderten Jugendlichen, Borderliners, etcetera, beschäftigt und Natalie ist eine Borderlinerin, na klar, obwohl nicht sie sich schneidet, sondern die andere Betreuerin B.

Ich bin auch sicher, daß man viele solcher Betreuerinnen in betreuten Wohnheimen finden kann und  bin auch die Mutter einer Behindertenbetreuerin, die mir wahrscheinlich bis zu achtzig Prozent ähnliche Geschichten erzählen könnte, die Sci Fi Bezüge ausgenommen natürlich, wie ich hoffen würde.

Dann gibt es aber auch die Vergleiche zu James Joyce und seinem „Ullysses“ und die Tatsache, das Natalie auch Synäthesistin ist, sie sieht Farben zu den Worten, das ist Clemens J. Setz, wie ich hörte und las, auch und beide sind wahrscheinlich hochintelligent.

Natalie wird das von den Kritikern bescheinigt und Clemens J. Setz wurde in einem Interview gefragt, ob er ein Außenseiter ist, was er erfolgreich abwehrte.

„Wie kommen Sie darauf, nur weil ich mit mir selber spreche, das tun doch viele!“

Ja, die zweite Ebene sind die übersprudelnden Phanatasien von denen Clemens J. Setz bei der Lesung einige Beispiel gab.

Da setzt Nataie zum Beispiel Phantasiemäuse auf ihre Schultern, um sich dadurch zu entspannen. Setz tut das auch, ich würde meinen, daß ich mich mehr anspanne, wenn ich  den ganzen Tag aufpassen muß, daß die Maus nicht herunterfällt.

Sie führt mit ihrem Ex-Freund Markus auch „Non sequitur“ Gespräche und ihr Bruder Karl der in Dänemark lebt, führte gerne „karleske Redewendungen“ mit denen macht Natalie dann in der Freizeit, in denen sie „streunen“ geht, die Männer fertig von denen sie sich vorher oral befriedigen läß.

Es gibt auch endlos absurd scheinende Einfälle in dem Buch, manche sind ziemlich beklemmend, zum Beispiel, wenn sie sich vorstellt, was mit Mikes Hirnmasse geschah, die bei seinem Unfall austrat oder auch die, wo sie ein Spielzeugauto, das Hollberg Dorm zum Geburtstag schenkte, klaut, mit nach Hause nimmt und in der Wohnung einen Stock unter ihr, wo Kinder wohnen, aussetzt. Die Fernbedienung nimmt sie mit und macht sie an. Das Auto rast dann in der Wohnung unten herum und in einer anderen Nachbarwohnung läutet öfter ein altes Telefon und irgendwann spaziert dann der Nachbar mit dem Telefon die Stufen herunter.

Wir leben ja auch in einer hochexplosiven Zeit, so muß in Natalies Wonung immer der Fernseher laufen und sie stellt sich vor, wie das ist, wenn alle Radios auf einmal an sind?

Schöne neue überforderte Welt, in der wir und wahrscheinlich noch mehr Leute, die dreißig Jahre jünger sind als ich, schon drin sind. Natalie macht ständig Aufnahmen mit ihrem Handy, nimmt Gespräche, aber auch ihre Schmatzgeräusche auf und stellt sie wahrschein ins Internet, etc.

Im Epilog sind wir überhaupt schon in der Zukunft, wo man von seinen Peers ständig überwacht wird und es kein Echtgeld mehr gibt und das Buch endet, um nicht zuviel zu verraten, es ist ja ein Rezensionsexemplar, wofür ich „Suhrkamp“ herzlich danke mir mein LL-Lesen zu ermöglichen, irgendwie so ähnlich, wie John Katzenbach „Der Professor“.

Natalie ist jedenfalls nicht mehr im Wohnheim, sondern studiert Medizin und nein, sie bringt niemanden um, weder aus Mitleid noch sonstwie.

Sechs bis acht Wochen hat mir der „Suhrkamp-Verlag“ Lesezeit gegeben. Ich habe es in einer konzentrierten Woche, immer hundert Seiten in der Badewanne geschafft und es war lange nicht so schwer zu lesen, wie der Zaimoglu und ich bin auch eine geübte Leserin.

Wenn man aber auf die „Amazon-Seite“ geht, kann man merken, daß sich die Leser schwer tun mit dem Monsterwerk, von dem sie beispielsweise behaupten, daß man es nicht nacherzählen könne und, daß es keine Handlung hat.

Es ist Setz linearstes Buch, habe ich dagegen irgendwoanders gelesen.

Die „Amazon Leser“ waren aber meistens bei Seite hundert, dreihundert etc und mit den tausend Seiten wahrscheinlich überfordert, allerdings gab es bei den Kommentaren immer einen, der das dann rügte und wenn man zu den Experten des Schweizer Literaturclubs geht, merkt man, daß die in den Klischees steckenbleiben.

„Wir sind in der Klapsmühle, Natalie ist die irrste Protagonistin, der ich je begegnet bin, das Buch setzt uns den Spiegel vor und man fragt sich wer sind die Verrückten?“

Nicht wir, sondern die Gesellschaft, würde ich hier antworten und Richard Kämmerling hat, als der Roman nicht auf die Shortlist kam, zu einem Jurorenrundumschlag ausgeholt.

Die soll zurücktreten, hat er gefordert, wenn sie nicht die Qualität des Buchs begreift und nach mehr Kritikern statt Buchhändlern und Musikern verlangt.

Dem würde ich ich mich nicht anschließen, obwohl das Buch auch auf meine Shortlist kommt und ich die Anna fragen werde, ob sie es zu Weihnachten haben will? Weil ja interessant ist, wie das  eine dreißigjährige Behindertenbetreuerin, die sicher auch öfter von ihrem Beruf überfordert ist, empfindet.

Daß es nicht auf die Shortlist und daher auch nicht zum dBp kommt, würde ich mir durch die oben beschriebene Überforderung der Leserschaft oder der Angst davor erklären.

Denn wer liest in Zeiten wie diesen, wo das Lesen ja schon bald zu einem Luxusgut wird, wirklich noch tausend Seiten, obwohl es, wie ich wiederholen möchte, leicht und auch spannend zu lesen ist.

Einiges davon ist wahrscheinlich wirklich so Einzigartig und Ungewöhnlich, wie es „Ullysses“ zu seinen Entstehunszeiten war, für die Leute wahrscheinlich, für die eine Psychiatrie oder ein betreutes Wohnheim noch immer eine „Klapsmühle“ ist und eine F60 Person, wie die Natalie, die ärgste Irre aller Zeiten.

Es gibt auch zur Unterstützung und als Lesehilfe das „Betreute Lesen“, wenn das wahrscheinlich auch mehr als ein Projekt des Social Readings oder des E-Books Lesen zu verstehen ist.

Ich hab da schon mehrmals kommentiert und auch Antworten bekommen.

2015-10-09

Tribut für Ernst Hinterberger

Harald Pesata

Harald Pesata

GästInnen

GästInnen

Der 2012 verstorbene „Mundl-Autor“, der des „Kaisermühlenblues“ und mehrerer Kriminalromane Ernst Hinterberger, lebte seit 1954 in einem Gemeindebau am Wiener Margaretengürtel, der jetzt seinen Namen trägt und soll sich in dem sich dort befindenden Cafe Industrie  oft aufgehalten und geschrieben haben.

So daß die Szene Margareten, diese rührende Kulturoffensive, wo ich mehrmals gelesen habe und einmal schlechte Erfahrungen machte, dort jedes zweite Jahr eine Ernst Hinterberger Lesung aus seinem 1989 erschienenen Roman „Kleine Leute“, der laut Harald Pesata, dem Veranstalter zu den fünfzigst wichtigsten Bücher der österreichischen Nachkriegsliteratur zählt, veranstaltet.

Und ich kann mich auch erinnern, daß ich einmal, lang lang ist her, bei der Präsentationen dieses Romanes in der „Alten Schmiede war“

Nicht in der Grundbuchreihe, sondern Ernst Hinterberger, mit dem ich auch mehrmals am Volksstimmefest gelesen habe, hat das Buch präsentiert und jetzt hat mich Harald Pesata eingeladen, gemeinsam mit vier anderen Frauen aus dem Buch zu lesen.

Sandra Frauenberger

Sandra Frauenberger

Susanne Schaefer-Wiery

Susanne Schaefer-Wiery

Karin Daym

Karin Daym

Die erste war die Bezirksvorsteherin Susanne Schaefer-Wiery, die, wie sie immer betont, auch Germanistin ist und es war wahrscheinlich, weil am Sonntag Wiener Gemeinderatswahl, sowas wie eine verdeckte Wahlveranstaltung und dazu fällt mir ein, daß ich das erste Mal, ein paar Tage, nachdem ich in der Rahlgasse eingelanden von Alexandra Millner gelesen habe, bei einem Fest vor der Bücherei Pannaschgasse meine „Verwechslung“ gelesen habe,  das war auch eine Wahlveranstaltung zu einer EU Wahl und Hannes Swoboda hat mir das Mikrophon gehalten.

Das ist auch lang her und dazwischen liegen einige Jahre Margaretner Literaturgeschichte, irgendwie ist der Bezirk ja rührig mit seinen Festen und Messen für Kunst und Kultur und ich habe heuer auch mehrmals in diesem Rahmen gelesen.

Harald Pesata eröffnete also die Veranstaltung, dann folgte die Stadträtin Sandra Frauenberger mit einer Aufforderung am Sonntag zur Wahl zu gehen.

Karin Daym gab dazwischen Liebeslieder, Blues und einen Song von Biron und Knapp zum Besten und die Bezirksvorsteherin begann den Roman der kleinen Leute, die Geschichte des Schneidermeisters Carl Schuberts, der irgendwann zu Beginn des vorigen Jahrhunderts mit seiner Frau Julie vom zehnten Bezirk in den fünften, in die Anzengrubergasse gezogen ist.

Andrea Pesata

Andrea Pesata

Eva Jancak

Eva Jancak

Dann folgte Andrea Pesata mit einer Stelle einer Delogierung, wenn man den Zins nicht zahlen konnte, wurde man hinausgeworfen, auch wenn die Sozialdemokraten Protest einlegten und am ersten Mai ging man demonstrieren oder zog mit hocherhobener Fahne über den Ring.

Ich hatte zwei an sich interessante Stellen zu lesen, die erste wo es um den ersten Weltkrieg ging, die zweite handelte vom Tod des Kaisers Franz Josef, der allerdings von der Frau Klapacek als „Hurenbock und Schneebrunzer“ beschimpft wurde, was mir ein bißchen unangenehm war.

Dann folgte Gabriele Vasak, die für die vorgesehene Dagmar Fischer eingesprungen ist mit zwei Stellen über die Krankheit und den Tod des Carl Schuberts, da sind wir schon im Jahr 1931,  Engelbert Dollfuß tritt auf und 1934 kommt es dann zum Bürgerkrieg und dem Verbot der Sozialdemokratie. Dese Stelle hätte Hinterbergers zweite Frau Karla lesen sollen, die aber ebenfalls erkrankt ist, so daß Andrea Sturm eingesprungen ist.

Nachher gab es ein Buffet, Schnitzel und Schweinsbraten und angeregte Gespräche mit Susanna Wouk, die nicht nur interessante Kulturveranstaltungen organisiert, sondern sich auch sehr für die Wahl engagiert und zu Mittag um Punkt eins wurde bekanntgegeben, daß dieses Jahr, fast wie erwartet, Swetlana Alexijewitsch den Nobelpreis bekommen wird, die vor ein paar Jahren den Friedenspreis des deutschen Buchhandels in Frankfurt erhielt.

Gabriele Vasak

Gabriele Vasak

Die 6 Frauen

Die 6 Frauen

Andrea Sturm

Andrea Sturm

2015-10-08

Veza Canetti-Preis an Sabine Gruber

Filed under: Veranstaltungen — jancak @ 00:22
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Das „Musa“ eröffnete am Mittwoch die dritte Saison mit der zweiten Vergabe des „Veza Canetti-Preises“, den letzten hat Olga Flor gewonnen, diesmal ging der Preis an die 1963 in Meran geborene  Sabine Gruber, die ich, glaube ich, kennenlernte, als sie GAV-Sekretärin war und die GAV ihre Vollversammlung am Mondsee abhielt.

Dann habe ich, glaube ich, einmal neben ihr in Klagenfurt beim „Tag der Freiheit des Wortes“ gelesen, das wird vielleicht 1995 oder so gewesen sein.

Den „Priessnitz-Preis“ hat sie gewonnen, das war, glaube ich, das erste Mal, daß ich zu dieser Veranstaltung ins Literaturhaus gegangen bin und den „Wildgans-Preis“ auch, da habe ich in einem Radio Feature gehört, daß sie sich von dem Geld ein Mofa oder Motorrad kaufte, daß sie „Wildgans“ nannte. So gesehen ist es wahrscheinlich spannend zu erfahren, was sie diesmal mit dem Priesgeld macht?

Vier Romane hat sie geschrieben, wie sowohl Julia Danielczyk, als auch Birgit Peter, die die Laudatio hielt, erwähnte, der ersten „Aushäusige“, ist 1996 bei „Wieser“ erschienen, da ging es, glaube ich, um das Aufwachsen in Südtirol, dann 2003 schon bei „Beck“ die „Zumutung“, da ging es  um die Nierenerkrankung, die, glaube ich, autobiografisch ist.

Die Krankheit als Zumutung, hat Birgit Peter sehr schön dargestellt, dann „Über Nacht“ 2007, erschienen, da ging es um die Nierentransplatation.

Von beiden Romanen habe ich, glaube ich, Leseproben im Radio gehört und 2011 erschien der bislang letzte Roman „Stillbach oder die Sehnsucht“, den habe ich  im vorigen Sommer beim „Morawa-Flohmarkt“ um zwei oder drei Euro gekauft, liegt jetzt auf meinem Lesestoß im Schlafzimmer und wartet auf das Lesen und Sabine Gruber schreibt jetzt an einem Roman, wo es um einen kriegstraumatisierten Fotografen und Bildberichterstatter geht.

Daraus hat sie nach der Preisvergabe drei Stellen gelesen, vorher mußte sie wahrscheinlich ein paar Worte zu ihrer Beziehung zu Veza-Canetti sagen und  erwähnte, daß sie vor einundzwanzig Jahren in die Wiener Leopoldstadt, einen Steinwurf von der Ferdinandstraße entfernt zog und da schon die „Gelbe Straße“ gelesen hatte.

Sehr viel Prominenz im Publikum für die sich Sabine Gruber  zweimal bedankte, Robert Schindel, Daniel Striegl, Alexandra Millner, Daniel Wisser, Olga Flor, Gabriele Petricek, Gerhard Jaschke und und und

Ich habe mich mit einer Dame unterhalten, die ich einmal beim „Leo Perutz Preis“ kennengelernt habe und die mir erzählte, daß sie nach Frankfurt fährt, ja, das ist ja nächste Woche und morgen wird wahrscheinlich der Nobelpreis wieder nicht an Philip Roth vergeben und Sabine Gruber hat ja, glaube ich, auch einmal in Frankfurt aus „Stillbach oder die Sehnsucht“ auf dem blauen Sofa wahrscheinlich oder anderswo gelesen.

Nachher gab es wieder Brot und Wein, Gespräche und mein „Literaturgeflüster-Kärtchen“ habe ich an Daniela Strigl und Alexandra Millner ausgeteilt.

2015-10-07

Wiener Kriminacht

Die Wiener Kaffeehäuser veranstalten ja seit einigen Jahren die „Kriminacht“, wo  an vielen Orten gleichzeitig Krimis gelesen werden und manchmal ist es dabei sehr voll.

Vor dem Cafe Museum bin ich vor ein paar Jahren solange gestanden, bis mir dann einer der Secruities, die Türe vor der Nase zugemacht hat, im Radiokulturcafe stand ich einmal bei der Türe als Thomas Raab gelesen hat und seine Leser fragte, wer kein Handy hat?

Beim „Morawa“ bin ich einmal gewesen und in der Wien Bibliothek bei Edith Kneifl, weil ich nicht so gerne in Cafehäuser gehe und wahrscheinlich auch nicht so gerne zu der Kriminacht, eben wegen des Andrangs, obwohl ich mich für Krimis interessiere.

Sie zwar nicht schreibe, aber gerne selber lese und diese Kriminacht hätte ich fast übersehen, obwohl das Programm an der Pinwand hing, dann habe ich aber nachgeschaut, was es für ein Programm heute in der Hauptbibliothek gibt und habe gesehen, Philip Kerr liest und erst etwas später, daß das im Rahmen der Kriminacht standfindet.

Und von Philip Kerr, den 1956 in Edinburgh geborenen und in London lebenden Autor, habe ich das „Wittgensteinprogramm“ gelesen, wofür er den Deutschen Krimipreis bekommen hat. Es hat mir aber, glaube ich, nicht so gefallen.

Der Name hat sich aber eingeprägt, klingt interessant, habe ich gedacht und wahrscheinlich, die einmalige Gelegenheit den Autor live zu erleben und weil ich ja nicht so gerne in die Kaffeehäuser gehe, wo die üblichen österreichischen Verdächtigen Andreas Pittler, Alfred Komarek, Claudia Rossbacher, Beate Maxian etcetera lasen und im Hotel Imperial Cafe welch Überraschung Marijana Gaponeko, aus „Wer ist Martha“, höchstwahrscheinlich, was zwar kein Krimi ist, aber dort die Handlung hat und in der Hauptbücherei war es dann gar nicht so voll, wie befürchtet, also gut einen Platz bekommen, mich mit  Christian Jahl über den „Alpha-Literaturpreis“ und ob den Valerie Fritsch gewinnt, was er mir natürlich nicht verraten hat, unterhalten und dann ging es los mit der Lesung, beziehungsweise einem Gespräch über Fußball, denn Christian Jahl hat mir verraten, daß es in „Der Wintertransfer“ darum geht, ein Thema das mich bekannterweise nicht so sehr, aber gut, ein Krimi, der auf einem Fußballplatz spielt oder über eine Fußballmannschaft handelt und Sebastian Fasthuber vom „Falter“ moderierte auf Englisch,  der Autor entschuldigte sich nicht so gut  Deutsch zu können, während die Deutschen und die Österreicher so gut Englisch könnten, daß sie ihm nie seine Sätze probieren lassen.

Das kann ich mir vorstellen, habe es in der „Dora Faust“ auch bei der Suzie Holland so beschrieben und in Griechenland einmal erlebt, als ich meine, bei einem Wochenendkurs erworbenen Griechischkenntnisse ausprobieren wollte und so erzählte der sehr gesrpächige Autor sehr viel über Fußball, Hitler und Obersalzberg, was eigentlich nicht zum Thema passt und auch über seine Schreibbessenheit, was wiederum  zur „Dora Faust“ passt.

Seltsamerweise hat er nicht auf Englisch gelesen, nur Robert Reinagl drei Passagen auf Deutsch und da geht es um einen von einem Russen subventionierten Fußballclub und seine Trainer.

Der Co Trainer, ein Weihnachtshasser, ist der Erzähler und der hasst Weihnachten, weil er da einmal ins Gefängnis mußte und die Mannschaft offenbar zu dieser Zeit sehr viel spielen muß, das tut sie so schlecht, daß der Hauptrainer einen Spieler provoziert, dann wird er ermordet, auf dem Fußballfeld wird ein Grab ausgebrachen und der Co Trainer muß die Sache offenbar unter Zeitdruck aufklären.

So weit so what und wenn man sich für Fußball interessiert sicher interessant, man konnte sich das Buch natürlich  kaufen und signieren lassen, aber wenn mich nicht alles täuscht, habe ich jetzt einen türkischen Krimi zugeschickt bekommen, den ich zwischen dem Setz und meinen vier anderen Long– und Shortlistbüchern, die ich noch nicht gelesen habe, einschieben muß und Christian Jahl hat sich ohnehin gewundert, daß ich mich für Krimis interessiere, ich war aber schon in der Hauptbücherei bei einigen Krimiveranstaltungen.

2015-10-06

Ernst Jandl Sprachenkünstler

Zum neunzigsten Geburtstag  von Ernst Jandl, der am ersten August neunzig geworden wäre, gab es im Literaturmuseum ein Archivgespräch „Ich sein Sprachenkünstler“ mit Michael Lentz, Ferdinand Schmatz und Yoko Tawada, moderiert von Ronald Pohl vom „Standard“.

Bernhard Fetz leitete ein und erzählte etwas von dem großen Meister, den er schon durch seinen Vorlaß kannte, jetzt ist der Nachlaß aufgearbeitet, ein Fest, beziehungsweise Ausstellung hat es vor fünf Jahren in der „Wien Bibliothek“ auch gegeben und im Literaturmuseum, das man diesmal von sechs bis neun bei freiem Eintritt besuchen konnte, gibt es  das Video wo Ernst Jandl laut „Napoleon“ schreit, dieses Lautgedicht, hat der Bachmannpreisträger Michael Lentz, später auch gelesen.

Zuerst gab Ronald Pohl, ebenfalls Dichter und zeitgleich mit mir in die GAV aufgenommen, eine Einleitung und erzählte, welche Arten von Gedichten es geben würde, dann leitete er zu der in Tokyo geborenen Yoko Tawada über, die ich 1996 in Klagenfurt kennenlernte, als sie dort beim „Bachmannpreis“ gelesen hat.

Da habe ich sie, glaube ich, zuerst am Klo getroffen und mich gewundert, daß sie einen Sitzpolster mit sich führte und später hat mir ihr Text, der glaube ich, von einer Fahrradfahrt durch Hamburg, sie lebt oder lebte auch dort, handelte, sehr gefallen und ich hätte ihr, glaube ich, den Preis gegeben, mir nur gedacht, sie wird die Konkurrenz von Josef Winkler nicht aushalten, der auch und zwar glaube ich ein Stück aus „Dohmra“ gelesen hat Gewonnen hat dann ein Herr Bremer und das hat mich sehr erstaunt.

Inzwischen habe ich einiges von ihr gehört, sie ist, glaube ich, auch im „Wohnzimmerkreis“ aufgetreten und scheint, Kunststück, eine experimentelle Dichterin zu sein und die Aufgabe der Eingeladenen war auch, wie Bernhard Fetz vorher noch erklärte, Jandl Gedichte und auch Eigenes zu lesen.

Das tat Yoko Tawada, in dem sie von der „Jandlbrotfabrik“ erzählte, in der sie literarisch backen lernte und dann ein diesbezügliches Plakat hochhob, später erzählte sie noch auf die Frage, wo und wie sie Jandl kennengelernt hätte, daß das dadurch geschehen sei, daß man sie immer wieder darauf angesprochen habe, daß sie so wie Jandl schreibe, dann hat sie begonnen sich für ihn zu interessieren.

Dann kam Michael Lentz, der Bachmannpreisträger von 2001, sein „Muttersterben“ habe ich gelesen, weil ich es bei „Thalia“ mal um einen oder zwei Euro bekommen habe. er war auch in Wien, als in der „Alten Schmiede“, das Jandl Grundbuch „Laut und Luise“ vorgestellt wurde und er sagte, daß in dem früh erschienenen Werk, das „Suhrkamp“, glaube ich, nicht verlegen wollte, schon der ganze Jandl enthalten sei, eine Andeutung, daß die Spätwerke, in denen sich Jandl mit seinem Körper beschäftigte, dieser Qualität nicht mehr standhalten konnte und es wurde  auch diskutiert, ob Jandl so ein guter Jazzinterpret, Jazzdichter oder Jazzkenner gewesen sei. Er hat sich jedenfalls sehr dafür interessiert und das war auch bei dem „Fest für Ernst Jandl“, zu hören, dem ich in den Neunzigerjahren in Mürzuschlag beiwohnen konnte.

Michael Lentz interpretierte dann die Lautgedichte, wie das berühmte „Napoleon“ und als es  an seine eigenen Gedichte ging, sagte er, daß in seinen Werken, soviel Jandl enthalten sei, daß er gar nichts extra herauspicken müsse und las dann sehr schnell einigevor.

Dann kam Ferdinand Schmatz, 1953 in Konrneuburg geboren, Jandl-Preisträger,  Direktor des Instituts für Sprachkunst und ebenfalls experimenteller Dichter, der dann die Gedichte Jandls interpretierte, in denen er sich Rilke lustig machte, beziehungsweise über ihn schrieb.

In der Diskussion wurde über Jandl und dem Jazz gesprochen, jeder konnte sagen, wie er durch ihn beeinflußt wurde und Ronald Pohl wollte  noch wissen, was von Jandl überbleiben würde?

Eine Frage, die mich einigermaßen erstaunte, weil ich dachte, daß man das gar nicht in Frage stellen kann, aber die Ute hat das Buch, das ihr der Alfred einmal mitbrachte, auf dem Flohmarkt verkauft, weil er ihr zu derb und zu fäikal war und ich bin eigentlich auch kein besonderer Jandl-Fan und keiner der experimentellen Dichtung.

Aber die „Humanisten“ werden bleiben, hörte ich, ein Stück, das ich 2000 im Theater in der Gumpendorferstraüe, als Prostest gegen schwarz blau, gesehen habe, „Laut und Luise“ natürlich und noch einiges anderes mehr.

Ich war ja einmal mit dem Alfred und der Anna, als sie zwischen drei und fünf Jahre alt war, am Nationalfeiertag im „Neunzigerhaus“, da hat er gelesen, die kleine Anna ist herumgerannt und hat ihn wahrscheinlich gestört, da hat er auf den Tisch gekloppft und sie laut nachgeahmt, so daß der Ordner auf uns zugekommen ist, um sie zu entfernen.

Jetzt hat Bernhard Fetz einen Brief vorgelesen, den Jandl in den späten Neunzehnneunzigerjahren an eine Schulklasse geschrieben hat, wo er von „Wortspargedichten“ geschrieben und sie ermuntert hat, zu dichten, um ihre Mütter zu erfreuen, wie er auch wegen seiner Mutter zu schreiben angefangen hat.

Neben mir ist der pensionierte Lehrer gesessen, der ein bißchen den Jandl oder Schmid-Dengler Nachlaß aufgearbeitet hat, die Frau Schmid-Dengler war da.

Friederike Mayröcker nicht, was mich ein wenig wunderte und ich hoffe, daß sie nicht krank ist.

Christel Fallenstein, die auch fehlte, hat ja, wie ich vor einem  Monat von ihrem Mann erfuhr einen Schlaganfall gehabt und jetzt kommen noch die Todesmeldungen, ist doch Helmut Karasek, wenige Tage bevor das „Literarische Quartett“ wieder aufgelebt wurde, in Hamburg gestorben und heute kam zu Mittag die Nachricht, daß auch Hennig Mankell mit siebenundsechzig Jahren seinem Krebs erlegen ist.

Und am Schluß etwas Erfreuliches bezüglich der Buchpreiszone, ich habe jetzt alle Bücher. Fünf muß ich ja noch lesen, den Lappert und den Helle hat mir der Alfred vor einer Woche beim „Thalia“ in St. Pölten gekauft, den Witzel habe ich mir von der Trude Kloiber gewünscht und den Vladimir Vertlib und den Ulrich Peltzer hat mir der liebe Otto zum Literaturmuseum gebracht.

Er hat schon elf Bücher gelesen, liest gerade den Witzel, will bis nächste Woche noch alle Shortlistbücher schaffen, tippt auf den Peltzer oder den Witzel als neuen Buchpreisträger und meint, daß der Peltzer gar nicht so schwer zu lesen ist, wie ich im Netz öfter hörte und jetzt noch einmal zu Ernst Jandls „Wortspargedichten“ und seinen Brief an die Schüler, denen er riet mit den Worten zu sparen, denn Goethe, Schiller, Heine haben auch solche Gedichte geschrieben. Man kann natürlich auch einen Roman mit tausend Seiten schreiben, aber das sollte man sich überlegen,  hat er gemeint. Clemens Setz hat sich dafür entschieden und ich bin schon auf Seite siebenhundert und kann jetzt alle Longlistbücher lesen, auch wenn ich bis November dazu brauche.

2015-10-05

Longlistentagebuch, Wochenbericht und weitere Planung

In der vorigen Woche habe ich, obwohl am Montag der Setz gekommen ist, mit dem Longlistenlesen vorübergehend aufgehört und die beiden Buchdebuts von „Kremayr und Scheriau“ gelesen, außerdem scheine ich in meiner Longlistenleseeuphorie, die ja immer noch habe, ein bißchen zu viel zu kommentieren oder zu verlinken, was zu nerven oder zu ermüden scheint und mit dem Lesen bin ich, seit ich mit dem Setz, meinem fünfnzehnten Longlistenbuch, auch ein bißchen im Rückstand, denn das hat ja über tausend Seiten und wenn ich da auch jeden Tag mindestens hundert Seiten lese, brauche ich wahrscheinlich bis am Freitag, bis ich fertig bin und dann warten zwar der Lappert und der Helle auf mich, aber möglicherweise habe ich dazwischen wieder ein bis zwei Rezensionsexemplare einzuschieben, das Nein sagen, fällt mir da ja bekanntlich eher schwer und nächsten Montag, am zwölften wird ja schon der dBp vergeben, so daß ich dann die beiden Long-bzw. Shortlist oder vielleicht das Siegerbuch, während meines Frankfurt-Surfings lesen werde, ich fahre ja nicht auf die Messe und dann kann ich mich auf die Jagd nach dem Witzel, dem Vertlib und den angeblich so unlesbaren Peltzer machen.

Da habe ich aber schon ein wenig vorgeplant, denn am neunten November habe ich ja Geburtstag und da gibt es am Freitag davor, das literarische Geburtstagsfest und da habe ich jetzt die Einladungen ausgeschickt, also dem Otto avisiert, was ich von ihm brauche und mir nächste oder übernächste Woche gerne holen will und die liebe Trude, meine Schulkollegin von der Straßergasse, die ganz in meiner Nähe wohnt, bringt mir immer Bücher mit und hat schon zweimal eines erwischt, das ich mir schon vom Alfred habe schenken lassen.

Jetzt hat sie vorher angefragt, was ich haben will und ich habe „Die Erfindung der roten Armee Fraktion durch einen mansich-depressiven Teenager im Sommer 1969“, geantwortet, weil ich „Lucia Binar und die russische Seele“ notfalls auch in einer Buchhandlung lesen kann, wenn es mit einem schnellen Treffen mit dem Otto vielleicht nichts wird, aber dann kann ich damit erst im November zu lesen anfangen und was lese ich dazwischen? Meine Leselistenbücher  selbstverständlich und  den Ulrich Peltzer, für den ich wahrscheinlich auch länger brauche.

Luxussorgen oder die Erkenntnis, daß sich die zwanzig Longlistbücher wahrscheinlich in einem oder zwei Monaten lesen lassen, lese ich ja etwa zwölf bis vierzehn Bücher im Monat, aber das muß man wahrscheinlich planen, daß man die Bücher rechtzeitig zur Verfügung hat und da gab es bei meinem Erstversuch einige Anlaufschwierigkeiten und es sind bei den zwanzig auch einige sehr dicke  dabei.

Nun gut bis zur Buchpreisverleihung, die ich mir, wenn man das wieder kann, heuer auch per Livestream ansehen und erst in die zwanzig Uhr Veranstaltung in die „Alte Schmiede“ gehen und die „Stunde der literarischen Erleuchtung“ auslassen werde, wird sich der Setz noch ausgehen und für das andere habe ich dann den Rest des Oktobers oder im November Zeit

So gesehen, war die vergangene Woche auch recht intensiv, neben meiner Praxis habe ich mein Geburtstagsfest organisiert, was auch nicht so einfach war, weil ich nicht alle Lesende erreichen konnte, es gab auch einige Veranstaltungen, eine Verlagsparty und am Donnerstag bin ich wieder zum Longlistenlesen zurückgegekommen, habe nicht nur die ersten hundert Seiten „Der Stunde zwischen Frau und Gitarre“, was ein wirklich „irres Buch“ zu sein scheint, das ich wahrscheinlich auf meine persönliche Shortliste, die inzwischen aus den Büchern der Monique Schwitters, dem Feridun Zaimoglu, der Jenny Erpenbeck,  dem Kay Weyand und der Alina Bronsky besteht, setzten werde, sondern bin auch zu der Lesung von Clemens J. Setz in die „Alte Schmiede“ gegangen.

Am Freitag war dann wieder Schreibgruppe und am Samstag gab es am Heldenplatz das Konzert „Voices for Refugees“ mit vielen Bands, wie die „Toten Hosen“, „Conchita Wurst“, etcetera,  einigen Darstellungen der praktischen Flüchtlingsarbeit und hundert- oder hundertzwanzigtausend Zuschauer, die gekommen sind und mich vom Setz-Lesen ein wenig abgtehalten haben, aber das Flüchtlingsthema ist eines das bewegt und uns derzeit wahrscheinlich ein wenig durcheinanderbringt und außerem gibt es in Wien ja nächste Woche eine Wahl, wo vielleicht auch einiges passiert.

Ansonsten ist der Oktober  ein intensives Monat, wo es außer der Buchpreisvergabe und der Frankfurter Buchmesse, am Donnerstag wahrscheinlich auch die Nobelpreisverkündung gibt und da gibt es im Cafe Industrie in Margareten auch eine Lesung aus Ernst Hinterbers „Kleine Leute“, wo ich auch ein Stück lesen werde und am 28. Oktober wird dann im 7* die neue „Volksstimme-Anthologie“ mit meinem Text „Die gesprengten Gräber kehren zurück“ zurück, wo ich auch lesen werde.

Es werden auch noch ein paar  andere Preise vergeben, der „Veza-Caneti Preis“ an Sabine Gruber, der „Priessnitz-Preis“ an Anna-Elisabeth Mayer beispielsweise und bezüglich des „Ohrensschmauses – dem Literaturpreis für Menschen für und mit Lernschwierigkeiten“ gibt es am 29. Oktober die Jurysitzung.

Da sind die Texte schon im September gekommen, über hundert Stück,  ich habe sie  auch schon durchgesehen und mir  meine Vorschläge überlegt.

Ansonsten korrigiere ich immer noch an den „Ereignisreichen Sommererlebnissen“ und hoffe noch im Oktober damit fertig zu werden, denn im November will ich ja wieder beim „Nanowrimo“ mitmachen und die „Nika-Weihnachtsfrau“, beziehungsweise, eine Adventgeschichte schreiben und dafür wären ein paar Recheretage auf der Mariahilferstraße beispielsweise, wo die Nika ja ihre Zuckerln verteilen wird, ganz gut.

Dafür habe ich im auch schon für eine Lesung im „Read!!!ingroom“ für den 17. Dezember angemeldet und da wird es dann, wenn alles gut geht, schon mein letzten „Nanowrimo-Buch“ geben, wo wir schon das Dummie bestellt haben.

2015-10-04

Wir zerschneiden die Schwerkraft

Die 1984 in Salzburg geborene Irmgard Fuchs, die ich von den „Studentenlesungen“ kenne, dann im „MUSA“, weil sie für ihren Erzählband ja Stadt-Wien Stipendiatin war und bei Christine Hubers „DichtFest“ hörte, war für mich eine Überraschung.

Denn die über Dreißigjährige, die auch einen sehr freundlichen sympathischen Eindruck macht, bringt es zusammen, einen ohne làrt pour l`art Sprachräusche und Flucht in das vorige Jahrhundert einen neuen frischen Ton in die Literatur zu bringen, erzählt von Einsamkeit, prekären Verhältnissen und löst mit einer neuen frischen Sprachen durchaus Beklemmung und Räsel aus.

So soll Literatur sein, denke ich und so würde ich es auch gern können, ein bißchen poetischer in meinem Realismus sein. Irmgard Fuchs macht es mir vor und ich habe ihren bei „Kremayr und Scheriau“ erschinenen Debutband „Wir zerschneiden die Schwerkraft“ gelesen

Neun Erzählungen, für die sie, wie sie bei der Präsentation in der „Gesellschaft der Literatur“ erzählte, eine Menge Titel hatte, dieser ist finde ich, ein durchaus passender, denn er drückt genau aus um was es da geht und was ich mir auch manchmal denke, das Elend des Menschen und wie es dem Durchschnittsmenschen geht, wenn er nicht zu den Celbrities gehört, aber durchaus einen bekömmlichen Lebenstandard hat.

Oder auch nicht, so ganz sicher ist das nicht und da gibt schon die erste Geschichte, die ich, glaube ich auch damals im „Musa“ hörte, einige Fragen auf. Denn da ist eine zulangsam für den Arbeitsmarkt. So schraubt sie Kugelschreiber zusammen und weil man ihren Freund an das andere Ende der Welt versetzte, ist sie sehr allein. Sie hat zwar eine Katze, aber sonst nicht viel Kontakt zur Umwelt, so zählt sie Ameisen und legt manchmal Kugelschreiber auf die Straße, um zu beobachten, wer sich darum bückt und sie kommt auch auf die Idee einen Brief mit einer Rakete in die Luft zu schicken, um denen von oben von der Welt unten zu erzählen.

Damit geht es gleich weiter, mit dem Leben einer Kartenabreißerin, die sich während sich das Publikum im Kozertsaal berauscht, Katstrophen ausdenkt.

„Was ist schlimmer Feuer oder Wasser?“

Das fragt sie ihren Ex.Mann, der paradoxerweise zu ihrem Geburtstagsfest kommt, dafür bäckt sie einen Kuchen und kauft auch Schlagobers, das ihr aber blöderweise vor der Kassa aus der Hand fällt.

Dann geht es in den Zirkus, dahin nimmt ein paar zwei „Attrappenkinder“ mit, denen sie dafür soviel Süßigkeiten bis sie speiben versprechen, denn man geht ja nicht ohne Kind dorthin. Der Mann will aber keine Kinder, weil in Zeiten, wie diesen….

Er ist auch sehr umweltbewußt, sammelt die Schnecken aus dem Schrebergärtchen ein und trägt sie in den Wald. An diesem Abend nach der Zirkusvorstellung tut es die Frau und kommt wahrscheinlich nicht mehr zurück.

Danach wacht eine auf, hat Zahnschmerzen, hat vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf geträumt, geht am Sonntag durch die Stadt spazieren, lernt einen entlassenen Mörder kennen und in der Mülltone liegen die toten Goldfische.

That ist live,  im wirklichen Leben ist es wahrscheinlich noch trivialer, Irmgard Fuchs schmückt es als Sprachkunststudentin natürlich entsprechend aus, sie tut es aber auf eine Art un Weise, wie ich es noch nicht gelesen habe.

Surrealer wird es dann in den „Einhundersechzehn interstellaren Abbildungen“ und man könnte sich fragen, wird hier eine Psychose oder der ganz normale Wahnsinn des alltäglichen Lebens beschrieben?

Aber das trifft für alle Geschichten zu, Irmgard Fuchs hat nur den realen Ton in dem sie prekäres Leben schildert, das sie vielleicht selbst erlebte.

Wenn das Ich dann hungrig durch die Fastfoodtempeln einer Kleinstadt geht, nach dem sie von  Mc Donald Säcken der Sitznachbarn im Zug dorthin fuhr und dann noch verwechselt wird, ist vielleicht nur mehr die Irrealität zu spüren und ich frage mich auch, ob der Richard, der dann aus dem Entspannungsprobetraining, wie einige andere Prototagnosten der Erzählungen auch, nicht mehr zurückkehrt jetzt ein „Burn out“- oder ein „Bourn out  Verhinderungstraining“ machte?

Die akkurate Psychologin fragt sich das. Irmgard Fuchs wird hier wohl wieder listig mit der Ironie gespielt haben. Dann soll ein alter Mann in ein Altersheim, weil seine Frau schon längst tot am Küchentisch sitzt, so habe ich es mir jedenfalls gedeutet. Er putzt wie wild die Wohnung und verschwindet dann mit einem Koffer ins All.

Ja, ja das ist Surreale, mit dem ich doch so wenig anfangen kann oder ist es nur ein Abwehrmechanismus oder eine poetischere Beschreibung für den Tod?

Am Schluß kommen die „Bewerbungsschreiben“, die ich schon  in der „Gesellschaft“ hörte. Auch hier verschwindet schließlich die, die vorher in Zeiten wie diesen verzweifelt einen Job suchte, ins Nichts oder auf eine Insel und auf dem Klappentext steht „Die Figuren zweifeln an sich selbst, an der Wirklichkeit und an der Welt im Allgemeinen. Sie haben ihre Schwerkraft verloren, gewinnen dadurch allerdings eine Freiheit, die es ihnen erlaubt, anders zu sein.“

Das würde ich nun bezweifeln, beziehungsweise habe ich die Geschichten anders gelesen.

„Poetische und schräge Geschichten vom Zweifel an der Welt und an der eigenen Daseinsberechtigung“, bleiben es allemal.

Irmgard Fuchs, wie weiter im Klappentext steht „beeindruckt durch ihren genauen Blick und ihren eigenwilligen Ton, der poetisch, leicht, verträumt und ironisch zugleich ist.“

Lesen würde ich raten, weil die Releaseparty im „Siebenstern“ ja schon vorüber ist.

2015-10-03

Das Tortenprotokoll

„Ein Roman über das österreichische Rezept, sich die Vergangenheit und deren Schmerz mit Torten und Tascherln vom Leib“ zu halten“, steht am Buchrücken von Marianne Jungmaiers bei „Kremayr und Scheriau“ erschienenen Debutroman „Das Tortenprotokoll“, in dem die Ich-Erzählerin Friederike von ihren Eltern aus Berlin in das heimatliche Dorf geholt wird, weil die Großmutter gestorben ist.

Und die 1985 in Linz geborene Marianne Jungmaier, eine sich in einem Polstersessel räkelnde junge Frau mit rot geschminken Lippen, schwarzen Pulli, schwarzen Stiefelchen und Leggings im Leopardenmuster, die digitales Fernsehen, Filmwissenschaften und Journalismus studierte, seit 2011 freischaffende Autorin ist, lebt auch in Berlin und anderswo, wie am Klappentext zu ersehen ist.

Ich habe sie einmal bei einer Lesung in der „Alten Schmiede“ gehört, werde sie wahrscheinlich auch bei ihrer GAV-Antrittslesung am 23. Oktober hören und war vor einigen Tagen bei der Vorstellung des jungen Literaturprogramms, das es jetzt bei „Kremayr und Scheriau“ gibt.

Sie sei auf Marianne Jungmayr bei einer Lesung im Salzburger Literaturhaus aufmerksam geworden, erklärte dort, glaube ich, die Lektorin Ursula Eibel und das Buch ist, wie wahrscheinlich viele Debutromane in einer schönen, vielleicht ein wenig widersprüchigen Sprache geschrieben „Ich habe noch nie jemanden verloren, jedenfalls nicht absichtslos“ oder „Tobi, mit dem ich aufgewachsen war, der mir mehr Bruder war als meine Schwester“, wahrscheinlich hat sie auch an der „Leondinger Akademie“ studiert, auf jedenfalls wird Gustav Ernst am Schluß gedankt und beschrieben wird, wie wahrscheinlich auch in vielen Debutroman, die Kindheit und das Aufwachsen in der Provinz.

Trotzdem ist das Dorf, in dem Friederike, sie heißt so, wie ihre Großmutter, eigentlich keines aus den Achtziger und Neunzigerjahren, zumindest erinnert es mich stark an die, die ich aus den Fünfziger-und Sechzigerjahren kenne.

Da stehen die Marmeladegläster in den Kellern auf den Regalen und die Großmutter, die wieder einerseits als strenge Frau geschildert wird, die Fliegen tötete, andererseits aber der Sehnsuchtsort der kleinen Friederike war, denn bei ihren Eltern ist es noch gefühlloser zugegangen, denn die haben ihr in Friederikes Empfinden immer signalisiert, nicht erwünscht zu sein, stand den ganzen Tage in der Küche, buk Torten, kochte ein, versorgte die Hendln und das Gemüse und sie versorgte auch noch einen anderen Haushalt. Wohnte sie doch in einem Ausziehhäuschen, zwischen dem Haus von Friederikes Eltern und denen von Tobi und der war Friederikes Jugendfreund und Spielkamerad und  dessen Großvater Emil, seine Mutter war depressiv, der Vater sonst irgenwie unbrauchbar, die Großmutter versorgte. Der ist dann gestorben, als die Kinder sechs und sieben  waren und jetzt kommt Friederike heim, um am Begräbnis der Großmutter teilzunehmen, das ihre Eltern und ihre Schwester schon eifrig vorbereiten. Sich darum kümmern, wer eingeladen wird, was es zum Essen gibt. Sonst wird über Gefühle nicht geredet. So geht Friederike in das Haus der Großmutter und sucht nach dem „Tortenprotokoll“, das ist die Rezeptsammlung der Großmutter, in der sie alle Zutaten für die Apfel-und die Eierlikörtorten aufnotierte und in dem findet sie  einen Liebesbrief, in dem ein Mann in schönen Worten von seinen Gefühlen zu der Großmutter schreibt, von Gefühlen für die in der Familie nie Zeit war oder die immer über  das Essen von Torten, Mehlspeisen, Keksen ausgetragen wurden.

Vom Übergewicht ist in dem Buch eigentlich nie die Rede, immer nur von der Gefühls-und Lieblosigkeit und so beliben auch die Gefühle Friederikes zu Tobi, dem Jungenfreund irgendwie vage.

Nach dem Bebgräbnis verläßt sie jedenfalls den Ort mit Gegenständen aus ihrem Jungendzimmer, das sie in der Nacht ausräumte und dem Tortenprotokoll, das inzwischen von anderen Verwandten gesucht und nicht gefunden wurde, um nach Berlin zurück zu kehren, wo sie zwar keine Familie, aber offenbar eher eine Heimat hat und man weiß nicht recht, ob sie ihm böse ist, weil er von dem Geheimnis der Großmutter zu seinem Großvater wußte, es aber niemanden in der Familie verraten wollte und auch den Vater kann sie nicht verstehen, der nicht reagiert, als sie ihm einen der Liebesbriefe vorliest.

Denn das kann es doch nicht geben, eine Liebe zwischen einer alten Frau und einem alten Mann, die Großmutter sollte nach dem Krebstod des Großvaters gefälligst mit den drei Kindern allein zurückbleiben und deshalb hat sie sich in dieser Sprach- und Gefühllosigkeit wahrscheinlich auch für die Heimlichkeit entschieden und darauf verzichtet, mit Emil Reisen auf Reisen zu gehen und ist stattdessen jeden Tag in sein Haus hinübergegangen, um ihm und wahrscheinlich auch Tobi und seinen Eltern, die schönsten Torten, Strudeln, Kuchen zu backen.

Ja Liebe geht durch den Magen und Linz  ist nicht so weit von dem Ort entfernt, wo Thomas Bernhard seine  Schimpftiraden auf dieses böse Österreich und dessen Gefühlskälte schrieb.

Ein Roman in dessen Tradition wahrscheinlich, der mir in seiner österreichischen Art gefallen hat, obwohl es  nicht wirklich etwas Neues ist, was diese junge Frau erlebte. Man kann es wahrscheinlich in vielen Debutromanen lesen und, ob man die zwei Tortenrezepte, die in dem Buch enthalten sind, nachbacken kann, müßte  ich erst ausprobieren.

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