Sieg der Inkompetenz

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Sieg der Inkompetenz

Von Stephan Wehowsky, 02.08.2021

Die drei deutschen Kanzlerkandidaten bieten reichlich Anlass zur Heiterkeit. Aber das Lachen kann einem schnell vergehen.

Mit Hängen und Würgen hat es Armin Laschet geschafft, von der CDU aufgestellt zu werden. Er war alles andere als ein Favorit. Und jetzt lahmt und patzt er. «Kandidat ohne Eigenschaften» nennt ihn der Forsa-Chef Manfred Güllner. In der vergangenen Woche verlor Laschet im ZDF-Politbarometer auf einen Schlag 8 Punkte.

Damit zog SPD-Kandidat Olaf Scholz an ihm vorbei, aber Scholz ist eben so wenig wie Laschet ein Favorit seiner Partei. Als SPD-Parteivorsitzenden im Duo wollte ihn die Basis im letzten Jahr nicht, also wählte sie zwei andere Vorsitzende – als Triumph des unteren Mittelmasses. Zähneknirschend wurde dann doch Scholz als Kanzlerkandidat akzeptiert.

Bei den Grünen kam Annalena Baerbock zum Zuge, auch wenn klar war, dass Robert Habeck der bessere Kandidat gewesen wäre. Aber er und seine Mitstreiter gaben klein bei, weil sie wussten, dass bei einer Aufstellung Habecks jeden Tag das Klagelied von der Benachteiligung der Frauen angestimmt worden wäre. Dann lieber gleich Baerbock.

Alle drei Kanzlerkandidaten haben schwarze Flecken auf ihren Westen: korrekturbedürftige Angaben zur Person, Plagiatsvorwürfe, Lacher an der falschen Stelle und bei Scholz Gedächtnisschwund in einer für den Staat sehr teuren Affäre.

Laut einer Forsa-Umfrage von dieser Woche gibt es einen eindeutigen Sieger unter den Kanzlerkandidaten. Der heisst: Keiner. 45 Prozent der Befragten sprachen sich für ihn aus.

Mit Recht fragen Beobachter und Kommentatoren, was eigentlich mit Deutschland los ist, dass es sich einen derartigen Gespensterwahlkampf leistet. Die Antwort ist beunruhigend und weist über Deutschland hinaus. Denn die Parteien haben sich zu politischen Maschinen entwickelt, die nur noch Mittelmass produzieren. Das hat zwei Gründe:

Bei der Aufstellung von Kandidaten müssen derartig viele Ansprüche unterschiedlicher Gruppen berücksichtigt werden, dass am Ende immer nur Kompromisse stehen können. Ein Kandidat muss den jeweiligen Ansprüchen und Gremien genügen und nicht zuletzt in die Quoten passen. Die Qualifikation eines Kandidaten ist dabei nur ein Faktor unter vielen. Entsprechend bleibt sie leicht auf der Strecke.

Weil das inzwischen allgemein bekannt ist beziehungsweise jeder, der einmal in eine Partei hineinschnuppert, sofort merkt, wieviel Leerlauf und vergeudete Energie in diesen Organisationen stecken, werden sich gerade besonders qualifizierte und motivierte Interessenten mit Schaudern abwenden. Inkompetenz schafft es nun ganz nach oben. Es ist eine negative Auslese.

Kommentare

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Dem Kommentar von Herrn Wehowsky kann ich nur zustimmen. Bei derart viel Inkompetenz könnte einem das Lachen vergehen oder vielleicht besser für die Psychohygiene: Man lacht - wenn auch nicht von Herzen, sondern etwas verächtlich. Ohne Sarkasmus: Es stimmt einen schon nachdenklich, wenn man sieht und hört, in welche Fettnäpfchen die drei Kandidaten treten. Klar ist, dass die fähigsten Politiker passen, ob so viel Anpassungsdruck, um allen möglichen und unmöglichen Anliegen gerecht zu werden. Dass damit dem Land Deutschland nicht gedient ist, sollte auch allen klar sein.

...ist ja bei uns nicht anders, wenn man die Auswahl an KandidatInnen für den Bundesrat und die Kantonsregierungen ansieht. Und gerade jeztzt in der Pandemie hat man beseonders deutlich gesehen, was für unbedarfte SchönwetterkapitänInnen wir in unseren Regierungen haben. Aber ich kenne das Rezept leider auch nicht, wie man aus dieser Mittelmass-Falle wieder herauskommen könnte, tut mir leid...

Die können die/den beste/n Kandidatin/en sicher auch mit einem Computer- Algorhythmus heraus finden und haben noch ein paar Asse im Ärmel, jede Wette. So dumm sind sie nicht, das ist doch alles erst mal nur Show, meine ich.

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