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SF-Writer on Crime Teil INicola Griffith gehörte mit ihren beiden Romanen Untiefen und Ammonit zu den ganz großen Hoffnungen der weiblichen britischen Science Fiction Autoren. Interessante stimmige Plots und vor allem überzeugende Protagonisten, geradlinig Handlungsführung und exotische fremde Welten vereinten sich in den beiden bei Heyne vor Jahren veröffentlichten Büchern. Für beide Bücher ist sie mit dem James Tiptree Jr. Award, dem Nebula und World Fantasy Award ausgezeichnet worden. Ende der achtziger Jahre ist sie in die Staaten umgezogen. Die 1960 geborene Griffith verlor 1988 und 2001 zwei ihre fünf Schwestern unter anderem während eines Polizeieinsatzes. Diese persönlichen Verluste haben ihre literarischen Arbeiten geprägt. Sie lebt seit vielen Jahren mit Kelley Eskridge, ebenfalls einer Science Fiction Autorin zusammen. Als Herausgeberin hat sie eine Reihe von Anthologien mit schwulen und lesbischen Themen editiert. 1995 wandte sie sich vom Genre ab und begann eine Trilogie von Hardboiled Kriminalromanen. Der erste Band Kalt wie Eis um die norwegische Freischärlerin/ Detektivin Aud Torvingen ist auf Deutsch erschienen. Die vier Jahre später veröffentlichte Fortsetzung Stay ist bislang nicht geplant, ein abschließender Band Always ist 2007 als gebundene Ausgabe in den Staaten erschienen. Es ist unmöglich, das tragische Ende von Kalt wie Eis bei der Betrachtung der Fortsetzung auszuklammern. Auch der Klappentext von Stay offenbart dieses. Es ist nicht unbedingt notwendig, den ersten Band zu kennen, aber es hilft. Nicola Griffith ist eine Autorin, die komplexe und komplizierte Charaktere durch schwierige bis unmögliche Phasen ihres jeweiligen Lebens begleitet. Mit Aud Torvingen hat die Autorin wahrscheinlich ihr persönliches Alter Ego erschaffen, zu sehr decken sich die jeweils chaotischen Lebensgeschichten und ihre Liebe zum gleichen Geschlecht. Schon in Kalt wie Eis ist Nicola Griffith überraschend souverän für ihren ersten Krimi zwischen Reiseroman und Detektivgeschichte hin- und hergesprungen. Dazu kommt die Charakterstudie eines in sich zerrissenen Menschen, welcher nicht zuletzt aufgrund seines nicht einfachen bisherigen Lebens seine Emotionen nicht beherrschen kann. In den wenigen klassischen Thrillerszenen spürt der Leser förmlich Aud Torvingens Wut und Verzweifelung, den ständigen Druck, dem sie sich als empfindliche, aber nach außen und kalt erscheinende Frau aussetzt. Die Liebesgeschichte ist vielleicht ein wenig zu klischeehaft, zu sanft geschrieben worden, aber zumindest glaubwürdig. Mit der Ermordung Julias, dem einzige Menschen, den sie nach langer Zeit lieben und vertrauen konnte, bricht für Aud Torvingens eine Welt zusammen. Auch die Rache an den Tätern hinterlässt in ihr nur Leere. Die Fortsetzung Stay setzt sich auf den ersten Blick mit der unbeschreiblichen Trauer auseinander. Torvingen hat sich in die Einsamkeit der Wälder zurückgezogen. Sie lebt in einer Umgebung, die sie kontrollieren kann. Sie will kein Mitleid oder gar Sympathie von den wenigen verbliebenen Freunden, sie will den Schmerz des Verlustes weiterhin spüren. Auch wenn Aud Torvingen gegen ihre Überzeugung einen Freundschaftsdienst übernimmt und eine gemeinsame Bekannte aus der Hand eines charismatischen Sadisten befreit, beherrscht den Roman Aud Torvingens charakterlicher Entwicklung. Überzeugend und ergreifend ohne pathetisch zu wirken durchleben/ durchleiden der Leser und sie zusammen verschiedene Stadien der Trauer und schließlich der Akzeptant des Verlustes. Im Vergleich zu Kalt wie Eis ist Stay eine reine Charakterstudie. Der eigentliche Kriminalfall so dunkel Sadismus und Kindesmissbrauch auch sein mögen ist reines Beiwerk. Der Fall zwingt sie, mit dem Leben fortzufahren und ihre zukünftige Position zu bestimmen. Das sie finanziell unabhängig ist, macht einige spätere Entscheidungen sehr viel leichter und nimmt dem Buch einen Teil seiner emotionalen Wucht. Es wäre interessanter, wenn Aud ein sehr komplexes Problem nicht mit dem Scheckbuch lösen könnte. Ihre gewalttätigen Ausbrüche dienen oft als Ventil ihrer Schuldgefühle. In dem sie einen Menschen aus dem Nichts heraus tötet, der eine Strafe verdient hat, versucht sie sich für einen Moment aus dem eigenen Gefängnis zu befreien. Das Gegenteil tritt aber einen Augenblick später ein, sie wird immer tiefer in die Geschichte verwickelt. Im Vergleich zu vielen anderen Krimis zeigt Nicola Griffith sehr konsequent auf, dass jede Tat Folgen nach sich zieht. Das Leben ist keine einfache geradlinige Angelegenheit, sondern ein stetiger Kampf, dem sich die Protagonistin mehr oder minder erfolgreich zu stellen hat. Durch die Ich-Erzählerebene wird dem Leser Aud Torvingen vertrauter als er es möchte. Sie ist keine geduldige Person, sie liebt es nicht, ihre Wunden vor anderen Menschen zu entblößen und doch erkennt man ihre Verletzlichkeit, ihre Empfindlichkeit. Mehr noch als in ihren anderen Büchern gelingt es Nicola Griffith, einen interessanten, dreidimensionalen und überzeugenden Charakter zu gestalten und die innere Katharsis mit einem dunklen, aber nicht unwahrscheinlichen Plot zu verbinden. Ein ungewöhnlich reifes, emotionales Buch ohne Kitsch. Weniger ein Krimi als eine Studie und vielleicht deswegen als Mittler zwischen Verlust im Auftaktroman- und Wiederauferstehung im dritten Band so lesenswert. Mit seinen Chroniken um Thomas Covenant den Zweifler, seiner voluminösen GAP Science Fiction Serie und schließlich seinen beiden Mordant-Büchern hat Stephen R. Donaldson gezeigt, dass er zu den großen, aber schwierigen Erzählern der Phantastik gehört. In den Jahren 1981 bis 2001 hat Donaldson unter dem Pseudonym Reed Stephens insgesamt vier hardboild Mystery Romane geschrieben. Die ersten drei Fälle des Detektiv Duos Mick Brew Axbrewder und Giny Fistoulari sind in einem Sampler neu veröffentlicht worden, der Vierte ist als Hardcover und Taschenbuch erschienen. Der Bastei-Verlag hat nur den Serienauftakt in Deutschland als Taschenbuch publiziert. Darum bietet die Paperbackneuausgabe eine ideale Chance, die wirklich dunkle Seite Donaldsons kennen zulernen. Insbesondere das Vorwort zum Sammelband von Stephen R. Donaldson ist sehr aussagekräftig. Er charakterisiert die Entstehung der Mystery-Bände als Entspannung nach seinen großen Epen und gleichzeitig als Herausforderung, etwas zu schreiben, mit dem er nicht von Beginn an vertraut ist. Weiterhin gibt er zu, sowohl in Punkto Beziehungen als auch Alkohol zumindest ähnliche Erfahrungen wie Mick Axbrewder gemacht zu haben. Was insbesondere den ersten Band The Man who killed his brother auszeichnet, ist das schonungslose Portrait eines Alkoholikers, der von Schuldgefühlen und Selbstzweifeln zerfressen wird. Wie sehr Donaldson in sich zerrissene Charaktere im Grunde bis zum Exzess beschreiben kann, hat er mit dem Leprakranken Thomas Covenant unterstrichen, der plötzlich im Land gesundete und als erstes ein junges, im emotional zugetanes Mädchen vergewaltigte. Vergewaltigungen und sexuelle Versklavung spielen in den vorliegenden Krimis über ein gesundes Maß hinaus eine Rolle und der Leser beginnt sich die Frage zu stellen, ob Donaldson nicht mit seinen Kriminalromanen seinen heimlichen Phantasien freien Lauf gelassen hat. Axbrewder wird zu Beginn des Buches aus seinem Alkoholdämmer geweckt. Seine dreizehnjährige Nichte ist verschwunden. Vor fünf Wochen in der wahrscheinlich in New Mexiko gelegenen Stadt hat Axbrewder im Suff aus Versehen seinen Bruder einen Polizisten erschossen. Das hat ihn seine Lizenz und fast seinen Verstand gekostet. Nur wenn seine ehemalige Partnerin und Privatdetektivin Giny Fistoulari ihn bei einem Fall braucht, wacht er kurzzeitig an seinem Delirium auf. Wie auch jetzt. Das er mit seinen Ermittlungen versucht, seine Schuldgefühle gegenüber seiner Schwägerin in den Griff zu bekommen, steht außer Frage. Die Privatdetektive finden schnell heraus, dass in der Stadt im Laufe der letzten fünfzehn Monate viele dreizehnjährige Mädchen verschwunden sind. Alle haben einen fast gleich klingenden Abschiedsbrief geschrieben. Wenige Wochen später sind sie mit Heroin voll gepumpt und sexuell missbraucht/ oder zur Prostitution gezwungen tot aufgefunden worden. Die Polizei unternimmt natürlich in einem solchen Fall nichts. Das die beiden Privatdetektive mit ihrer Ermittlungen insbesondere die Behörden aufscheuchen, steht außer Frage. In einem nicht relevanten Nebenplot rettet Axbrewder eine sehr junge Mexikanerin vor einer Vergewaltigung. Diese Tat hilft ihm dann später bei Ermittlungen insbesondere in den mexikanischen Ghettos, allerdings nicht unbedingt im ersten Band der Serie. Als Krimi selbst ist The Man who killed his brother eine Enttäuschung. Der Leser ist deutlich weiter als die Charaktere und im Grunde kommen nur zwei Antagonisten als Täter in Frage. Und wer Donaldsons Gap Serie kennt, weiß sofort, wer der Täter ist. Obwohl sich der Autor in seinem etwas arrogant klingenden Vorwort rühmt, unterschiedliche Stile zu beherrschen und damit neue Genres für sich zu erschließen, nutzt er weidlich Ideen, welche er in seinen anderen Büchern explizierter dargestellt hat. Weiterhin lösen die beiden Detektive im Grunde nicht den Fall, die Nichte befreit sich schließlich selbst. Die abschließende Szene, in welcher der Täter auf dümmliche Weise die Spuren verwischen will und Giny die losen Fäden zusammenhalten sucht, könnte aus einer Krimiparodie stammen. Aber sie ist wie der ganze Roman ernst gemeint. Eine abschließende Beurteilung wird schon bei den Hauptcharakteren schwierig, welche den Weltschmerz wie einen Schild vor sich her tragen: Brew ist zwischen seinen Alkoholexzessen auf der Suche nach Vergebung, seine Partnerin Giny eine starke Frau mit vielen Schwächen. Später wird sie auch typisch für einen Donaldson Roman körperlich gezeichnet. Beide Figuren sind sehr unsympathisch, sehr dunkel, manchmal eindimensional gezeichnet worden. Durch ihre pathologischen Neurosen muss sich der Leser quälen, insbesondere Brews im Alkohol ertränktes Selbstmitleid macht den Charakter unzugänglich. Die Nebenfiguren sind alle ein im Grunde Chiffren und Klischees. Das beginnt bei dem Untergrundchef, der Brew auf einfachste Weise in eine Falle lockt und ihn mit Alkohol abfüllen lässt bis zum mexikanischen Orakel, das seine Weisheiten aus einer Kneipe gegen flüssige Bezahlung offeriert. Der Leser verliert schnell das Interesse an den einzelnen Figuren. Kindesentführung und Missbrauch sind Verbrechen, die man hart bestrafen muss. Da gibt es nichts zu beschönigen. Insbesondere Andrew Vacchs zeigt in seinen nihilistischen Burke-Romanen eine dunkle Unterseite New Yorks, welcher der Leser niemals nahe kommen möchte und vermeidet jegliche Sensationsgier. Es ist sicherlich keine leichte Aufgabe, zwischen der bloßen Schilderung der Taten und einer literarischen Selbstkontrolle zu differenzieren. Vacchs schockiert, der Autor Donaldson verliert auf diesem schmalen Grad insbesondere gegenüber seinem brüchigen Handlungsfaden ein wenig zu sehr die Kontrolle. Wenn sich der Täter vor einem Vater mit seinen Taten brüstet, ist es in dieser Konstellation schlechter Geschmack. Seine Schurken sind anscheinend böse geboren und der Autor gibt sich keine Mühe, den eindimensionalen, oft verwandten Plot aufzuhellen oder gar mit originellen Ideen zu versehen. Als Parodie kann eine solche Vorgehensweise überzeugen, als ernste Geschichte wirkt The Man who killed his brother zu schmierig, zu schmutzig und vor allem zu dunkel kopiert. Die Fortsetzung The Man who risked his partner spielt wenige Monate später. Brew und Ginny leben nicht zuletzt aufgrund ihrer Behinderung zusammen. Am Ende des ersten Buches hat der Leser das Gefühl, als könnte aus den beiden (wieder?) ein Paar werden. Zu Beginn der Fortsetzung offenbart der Autor, dass Brew inzwischen seit einigen Monaten trocken nur aus Schuldgefühlen mit ihr zusammenwohnt. Ginny dagegen sieht in ihm nur einen willigen, aber auch notwendigen Helfer. Die beiden übernehmen widerwillig den Fall eines Buchhalters Reg Haskell in einer örtlichen Bank, der angeblich wegen Spielschulden vom organisierten Verbrechen bedroht wird. Seine Frau dagegen hat Ginny vorher angerufen, weil sie der Meinung ist, dass ihr Mann sie betrügt. Der Erstaunliche am vorliegenden Roman ist die Naivität, mit welcher die beiden erfahrenen Detektive an den Fall herangehen. Auf den ersten einhundert Seiten verändert sich die Geschichte mehrmals und schon beim ersten Besuch in Haskells Haus weiß der Leser, dass hier mehr als seine dürftige Version der Ereignisse nicht stimmen kann. Weiterhin handelt die Geschichte in einer relativ kleinen Stadt, in welcher der örtliche Mafia-Boss weithin bekannt ist. Als Haskells Leben anscheinend durch eine Bombe im Kofferraum bedroht wird, argumentieren Brew und Ginny, dass die diversen Helfershelfer ja unterschiedliche Methoden haben, lästige Zeugen zu beseitigen! Das mit ihrem Mandanten mehr als etwas nicht stimmen kann, fällt ihnen nicht auf. Im Gegensatz zum Leser werden sie von den bruchstückhaft und sich nicht selten widersprechenden Geständnissen immer wieder neu überrascht, bis schließlich die Wahrheit weniger zur Überraschung der Leser als der Detektive ans Licht kommt. Die einzige mögliche Erklärung sind Brews Entzugserscheinungen und Ginnys Schmerzen. Wie sehr Donaldson eine sadistische Freude empfindet, seine Figuren zu quälen und zu verstümmeln, ist hinlänglich bekannt. Im vorliegenden Buch wird Brew in den Bauch geschossen, nachdem sich seine Partnerin unglaublich dumm verhalten hat. Ausgleichende Gerechtigkeit für die Bombenexplosion im ersten Band? Wie im Auftaktroman fehlt dem Plot aber ein charismatischer Antagonist. Auch Dan Simmons hat in seinen Hardboiled Krimis den Bogen mehrfach überspannt, aber immer gelang es ihm, überdimensionale, wenn auch nicht unbedingt überzeugende Antagonisten zu zeichnen, vor denen der Leser wie die Charaktere Angst haben. Diese Angst muss insbesondere Simmons Ex-Cop jedes Mal auf eine andere Art und Weise überwinden, um überleben zu können. Donaldson versucht Reg Haskells ohne Begründung als erst langweiligen Buchhalter, dann Frauenschwarm zu charakterisieren. Angeblich hat niemand diese Veränderung außer seiner Frau wirklich bemerkt. Keinen Augenblick hat der Leser wirklich den Eindruck, als sei ernst seine Gesundheit, dann sein Leben bedroht. Auf die Anschläge reagiert er lachend wie ein kleiner Junge und spätestens nach der zweiten Korrektur seiner bisherigen Beichten müssen die Detektive erkennen, dass sie an der Nase herumgeführt werden. Auch reagiert Haskells Vorgesetzter wenig überraschend, wenn ihm von der Bedrohung seines Buchhalters und der Möglichkeit der Geldwäsche in seiner Bank berichtet wird. Der Geldwäscheplot ist zu durchsichtig und zu einfach angelegt. Innerhalb der Bank soll das Geld durch mehrere Transaktionen unter anderem auch ein umfangreiches Wertpapierkonto gewaschen werden. Solche Transaktionen können nur erfolgreich sein, wenn unterschiedliche Banken in verschiedenen Ländern eingeschaltet werden. In der Mitte des Plots hat Donaldson anscheinend gemerkt, dass er keinen ganzen Roman füllen kann und führt ohne Not eine von Haskells Ex-Freundinnen und gleichzeitig die Ex-Verlobte seines rückradlosen Vorgesetzten ein, die inzwischen in einem Vorstadtslum mit einem neuen Freund lebt. Dieser ist ein überdrehter bewaffneter Söldner, dem nur der Autor die Raffinesse eines Profikillers zugestehen kann. Schon sein erster Auftritt ist charakteristisch als klassische Ablenkung vom dürftigen, geradlinigen und selten wirklich überzeugenden Plot. The man who risked his partner ist der mit Abstand schwächste Band der Reed Stephens Bücher. Wäre er zumindest als überdrehte Parodie angelegt, hätte man an einigen Stellen schmunzeln, vielleicht sogar lachen können. Wie sehr Donaldson den Plot ernst nimmt, erkennt der Leser am stellenweise überdreht gestelzten Stil, der sich bewusst an die Melancholie und den Zynismus der Hardboiled Romane anlehnt. Viel schlimmer ist, dass sich seine Protagonisten nicht weiterentwickeln, sondern in ihrer Entwicklung einen deutlichen Sprung zurück machen. Mit dem dritten Band der Serie The Man who tried to get away kommt Donaldson endgültig im Mystery-Bereich an. Die beiden Detektive sollen eine Detektivspielgruppe beschützen, die in einem abgelegenen Haus ein Rollenspiel durchführen. Sie sollen den Teilnehmern einen besonderen Kick geben und für die Sicherheit verantwortlich sein. Das zumindest Brew sich vor der heimischen Mafia verstecken kann, ist ein weiterer Vorteil. Natürlich wird schnell aus dem Spiel tödlicher Ernst, als eine junge Frau niedergeschossen wird. Ganz bewusst versucht Donaldson die locked room puzzle zu parodieren und wenn die Gruppe durch Schneefälle isoliert ist, ist das Agatha Christie Szenario perfekt. Leider konzentriert sich Donaldson dann im Verlaufe der Handlung zu sehr auf seine hardboiled Komponenten und kann den Leser nicht lange wirklich mit seinem komplizierten Plot fesseln. An mehr als einer Stelle folgen schließlich eher lakonisch, aber dialogtechnisch intelligent von den Protagonistin über viele Seiten herausgearbeitet eine Reihe von Erkenntnissen, welche der aufmerksame Leser schon lange vor den Beteiligten herausgearbeitet hat. Theoretisch wäre das Buch zu Ende, wenn sich alle Charaktere in einem der großzügigen Räume versammeln und dort gemeinsam auf Rettung warten. Immerhin ist das Spiel nach einer Woche abgeschlossen. Lebensmittel gibt es ausreichend. Natürlich bilden sich schnelle Gruppen, die einzelne Aufgaben erledigen und die Aufspaltung ermöglicht es dem professionellen Killer Donaldson betont es mehrmals, damit der Leser es auch glaubt -, sich die Opfer auszusuchen. Vor allem gefährden die beiden Detektive ihre Klienten. Früh erfahren sie, dass sie für diesen Job ganz speziell und unter fadenscheinigen Argumenten ausgesucht worden sind. Anstatt sich zurückzuziehen und damit die Gefährdung von den unschuldigen Menschen auf sich selbst zu lenken, agiert Brew immer noch trocken, aber nicht klar im wahrsten Sinne des Wortes dumm. Es ist nicht das erste Mal in diesen Büchern und der Leser hat das Gefühl, als verfolge Donaldson immer wieder die gleichen Grundschemata in seinen Romanen. Als Erklärung bietet Brew schließlich Eifersucht an. Ihm wäre es so suggeriert Donaldson lieber seine Partnerin töten zu lassen als seine Erkenntnisse rechtzeitig mit ihr zu teilen. Diese Äußerungen wirken genau wie Ginnys Reaktion so unglaubwürdig. Donaldson bemüht sich stetig, Spannung zu erzeugen und notdürftig die Logikbrüche in seinem Plot mit allen Mitteln zu stopfen. Das Ausgangszenario mit zwei Schauspielern und zwei Detektiven ist brüchig, vor allem als Ginny ihre wahren Namen gleich zu Beginn Preis gibt. Weiterhin gibt sich Donaldson nicht die Mühe, die einzelnen Protagonisten wirklich überzeugend und dreidimensional zu charakterisieren. Nachdem im ersten Band ein Börsenhändler schlecht weggekommen ist, im zweiten Buch der Buchhalter eine Bank ist dieses Mal das Opfer ein Venturekapitalspezialist. Donaldson macht seine Abneigung gegenüber dem großen Geld an der Wall Street mehr als deutlich. Was allerdings den Roman zu einer zweifelhaften Angelegenheit macht, ist das Verhalten zwischen Brew und Ginny. Es ist sicherlich eine interessante Prämisse, Eifersucht in ihre Beziehung einzufügen. Dazu müsste diese allerdings erst bestehen und insbesondere zu Beginn des Buches gibt sich der Autor wenig Mühe, die Ansätze am Ende des zweiten Bandes logisch und konsequent weiter zu extrapolieren. Beide machen sich gegenseitig Mut, aber die Dialoge wirken wie Floskeln. Dazu kommt, dass wie im ersten Buch Brew wieder der Masochist ist. Er hat Angst vor den Schergen der Mafia. Als Ginny ihn aus dem Krankenhaus holt und ihm einen Auftrag weit weg von der Stadt gibt, erweist er sich weiterhin als notorischer Nörgler. In einer Szene schlägt Ginny Brew nach verbaler Provokation sogar in den Magen. Und das Tage nachdem man ihm eine Kugel aus dem Magenbereich operiert hat. Das wirkt aufgesetzt und inkonsequent. Auch die Liebeleien der Beiden mit den Gästen wirken statisch und haben eher den Zweck, die Seiten zwischen den Morden zu füllen als die Charaktere komplexer erscheinen zu lassen. Das Buch ist plottechnisch trotz der angemerkten Schwächen konsequenter und zielstrebiger. Legt man seine Antipathie gegen das Gejammer insbesondere der beiden Hauptfiguren ab, ist die erste Hälfte des Textes stimmungsvoll und bietet vor allem vom Szenario eine Abwechselung gegenüber den ersten beiden Bänden. Donaldson fehlt der Mut, seine Figuren noch weiter zu grotesken Karikaturen der Agatha Christie Romane zu überzeichnen. Obwohl die Detektive die Spieler mit Abscheu behandeln, sind sie sich ihrer Extravakanzen durchaus bewusst und kokettieren mit ihrem Sein oder Schein. Der Autor selbst geht die Sache zu bemüht ernsthaft an und verkrampft nach der ersten Hälfte. Die Auflösung des Plots ist wie auch bei den ersten beiden Büchern nicht unbedingt konsequent und schlüssig und Donaldson greift unnötigerweise auf zu viele dumme Klischees zurück. Der bislang letzte Band der Serie The Man wo fought alone ist zum ersten Mal direkt unter Stephen Donaldsons Namen und nicht mehr unter seinem Pseudonym Reed Stephens veröffentlicht worden. Der Plot beginnt keine drei Wochen nach dem Ende des letzten Buches. Die beiden Protagonisten haben aufgrund ihrer Konflikte mit dem örtlichen Paten die Stadt verlassen und versuchen es in einer anderen Stadt aufs Neues. Ginny bekommt einen Job bei einem ehemaligen Jugendfreund, der ebenfalls eine erfolgreiche Detektei führt. Sie läßt Brew in einer der unwahrscheinlichsten Szenen des Buches eiskalt fallen. Brew soll am besten aus dem gemeinsamen Apartment ausziehen - später ist davon keine Rede mehr - und sich um einen eigenen Job kümmern. Keine leichte Aufgabe als lizenzloser Detektiv mit einer Bauchwunde, die gerade am Heilen ist. Auf Umwegen schleicht er sich bei Ginnys Chef ein und wird zu einem örtlichen Hotel vermittelt, wo ein Karateturnier stattfindet. Er soll dort für die Sicherheit sorgen. Natürlich geht schnell alles schief: sein Vorgesetzter wird bei der Jagd auf Taschendiebe ermordet und Brew ist der Meinung, dass diese Tat nicht aus dem Affekt heraus begangen worden ist, sondern viel mehr dahinter steht. Unter anderem werden während der Kämpfe wertvolle japanische Artefakte ausgestellt, die einige der teilnehmenden Schulen in den Händen der Ungläubigen beleidigen. Die größte Überraschung des Buches ist die Trennung des Instinktivduos Brew und Ginny. Was in den ersten drei Bänden der Serie trotz aller an den Haaren herbei gezogenen Prämissen am Überzeugten funktionierte, wird hier im Übermaß vermisst. Um latente Spannung zwischen den Kollegen, Freunden und Teilzeitliebhabern aufzubauen, führt Donaldson eine alte Jugendliebe ein - anscheinend hat es bei Ginny nicht gefunkt und die Beziehung blieb auf einer geschäftlichen Ebene - und eine sexuell aggressive hübsche junge Frau ein. Obwohl sie Brew mehrmals erläutert, dass sie normalerweise nicht so schnell mit einem Mann ins Bett geht, auf der anderen Seite aber Spaß am Sex hat, verdreht sie ihm sofort den Kopf, ohne dass diese Handlungsebene plottechnisch von Donaldson im Positiven genutzt wird. Während Brew von Beginn auf Ginnys Eigenleben wie ein kleines Kind reagiert, dass mehrmals mit der Hand in der Keksdose erwischt worden ist, verhält sich Ginny gegenüber Brews neu aufkommenden Sexualleben erleichtert. Trotzdem leidet Brew und seine innere Katharsis will sich bis zum Ende des Buches nicht einstellen. Donaldson trennt zu Beginn des Buches seine Figuren voneinander, um sie über die nächsten vierhundert Seiten natürlich wieder zusammenkommen zu lassen. Natürlich kann am Ende des Romans allerdings nur das Team Ginny/ Brew den Fall lösen. Da der Leser deutlich vor Brew die Zusammenhänge erahnt, wirkt der Roman teilweise fahrlässig oberflächlich aufgebaut und zu simpel geschrieben. Alle Versuche, vom eigentlichen Plot abzulenken und mit Ginnys erstem Fall eine zweite, auf den ersten Blick unabhängige Handlungsebene aufzubauen, erweisen sich am Ende des Buches als hilflose Ablenkungsmanöver Mit fast fünfhundert Seiten ist das Buch auch doppelt so lang wie der erste Teil der Serie. Das liegt an Donaldsons Kampfsportfaszination. Eine Martial Arts Schule nach der anderen wird ausführlichste vorgestellt und die einzelnen Kämpfe sehr detailliert beschrieben. Nach einer kurzen Zeit langweilt sich nicht nur Brew als Alter Ego des Lesers, der Plot bricht unter diesem Ballast zusammen. Mit etwas mehr Ironie und satirischen Übertreibung hätte Donaldson den Fanatismus dieses Kampfjünger als Farce und Oberflächlichkeit entlarven können. Die Ansätze sind an einigen Stellen vorhanden, aber nachdem Brew während des Turniers im Hotel die ersten Meister kennen gelernt, verliert sich dessen Sarkasmus zugunsten einer angeblich so komplexen Handlung. Auch wenn Brew ein ehemaliger Alkoholiker und Ex- Polizist ist, charakterisiert Donaldson ihn in Bezug auf den Kampfsport als derartig dummen Jungen, der angeblich in einem Niemandsland aufgewachsen ist, dass weder von Bruce Lee noch David Kung Fu Carradine gehört hat. Nachdem Brew die ersten Schlänge am eigenen Leib gespürt hat, wacht er urplötzlich auf. Dieser vollständige Sinneswandel macht die wenigen guten Ansätze des Buches zunichte. Die Nebenfiguren sind eindimensional und nur selten wirklich überzeugend gezeichnet worden. Hier liegt die größte Schwäche aller Brew Mysteries. Donaldson neigt derartig zur Extremen, dass er schon kleine Anstecker mit Täter und Opfer verteilen könnte. Nur ein einziges Mal in dieser Reihe nimmt der Tod einer Nebenfigur den Leser mit: im vierten Band wird der Sicherheitschef des Hotels auf einer Toilette ermordet. Auch wenn er Brew eher wie Dreck behandelt hat, ist es Donaldson gelungen, ihm einige wenige charakteristische Züge zu geben. Betrachtet der Leser alle vier Bände, ist es teilweise unglaublich, dass der Autor der Thomas Covenant Bände auch die Mystery um Brew geschrieben hat. Auch wenn Donaldson in seinem Vorwort zum ersten Sammelband von entspannender Ablenkung beim Schreiben der Krimis gesprochen hat, zeigen sich in diesen Büchern die gleichen schriftstellerischen Schwächen, die auch sein phantastisches Werk trotz allem Ideenreichtum begleiten. Donaldson will seine Figuren über alle Maße leiden sehen und freut sich, wenn insbesondere der Stärkere den Schwächeren unterdrückt. Vergewaltigungsphantasien kommen im Verlaufe der Mystery-Roman seltener vor, doch körperliche Versehrtheit regt den Autoren zumindest an. Die Plots sind durchgehend sehr vorhersehbar und nur selten gelingt es Donaldson, den Leser wirklich gut und dann auf erstaunlich soliden Niveau zu unterhalten. Sind die Krimis ein kompletter Fehlschlag? Eine Frage, die man getrost mit einem Jein beantworten kann. Wer einfach nur oberflächlich von einem bekannten SF Autoren unterhalten werden will, findet einige gute Szenen, wer einen guten Krimi lesen möchte, wird überrascht sein, mit welchen altbackenen Plots Donaldson seine Leser zu unterhalten sucht. ![]() TRASH & TREASURY
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