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Baby shaking

Ich habe einmal in einer Doku über medizinische Experimente in KZs gesehen,
wie ein KZ-Arzt ein kleines Kind "pendeln" ließ. Und mich daran erinnert, dass
ein Klavierlehrer, als ich sieben bzw. dann acht Jahre alt war, etwas
Ähnliches mit mir anstellte ...

Von Peter Hodina
(16. 06. 2009)

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(c) Reinhard Winkler

Peter Hodina
peterhodina [at] hotmail.com

geboren 1963 in Salzburg.
Studium der Theologie, Philo-
sophie, Politikwissenschaft
und Publizistik in Salzburg.
Lebt und arbeitet als freier
Autor in Gallneukirchen
(Österreich) und Berlin.

Preise
Harder Literaturpreis
(2000). Förderpreis der
Rauriser Literaturtage (2004).

Veröffentlichungen
Die Meuterei der Lemminge
,
Essay (Hecht-Druck, 2001).

Homepage
Peter Hodina

 

 

 

 

 

 Zwar war ich kein "Baby"
mehr, aber trotzdem ... Ich
schrie jedenfalls: "Aufhören!
Bitte aufhören!", und dieser
Salzburger Sadist hörte
nicht auf damit. 

 

 

 

 

 

 

 

Man denkt, bei Apple
würden die allerintel-
ligentesten Menschen die
Konzepte entwickeln, doch
wieso verfällt man auf
solch menschenverach-
tende Späße?

 

 

 

 

 

 

 

 

Ja, ich argwöhne Kreise
dahinter, die uns allmäh-
lich wieder barbarisieren
möchten, um uns so weit
zu verdummen, dass wir
zu jeder Unmenschlichkeit,
die uns befohlen wird,
bereit werden.

   Im Teletext (bei n-tv) las ich neulich: "Apple stoppt 'Babyschütteln' Der Computerhersteller Apple hat den Verkauf einer umstrittenen Spiele-Software für sein iPhone-Handy nach Protesten gestoppt. Bei dem Spiel namens 'Babyschütteln' konnten Nutzer ihr Mobiltelefon schütteln, um das Weinen eines virtuellen Säuglings zu beenden. Nach ausreichendem Schütteln hörte das Computerbaby auf zu weinen und zwei rote Kreuze erschienen über seinen Augen. Ein Schütteltrauma entsteht, wenn Säuglinge oder Kleinkinder heftig geschüttelt werden. Das kann zum Tod oder bleibenden Schäden führen".

Ich habe einmal in einer Doku über medizinische Experimente in KZs gesehen, wie ein KZ-Arzt ein kleines Kind "pendeln" ließ. Und mich daran erinnert, dass ein Klavierlehrer, als ich sieben bzw. dann acht Jahre alt war, etwas Ähnliches mit mir anstellte: (angeblich als "Lockerungsübung"): mich an den Füßen packte und kopfunter hin und her pendelte, dass mein Kopf gegen die Schulbank-Kanten stieß. Er hatte dabei einen Steifen in der Hose.

Zwar war ich kein "Baby" mehr, aber trotzdem ... Ich schrie jedenfalls: "Aufhören! Bitte aufhören!", und dieser Salzburger Sadist hörte nicht auf damit. 

Bis heute bereitet es mir Übelkeit, zu schaukeln. Und auch das Wort vom "Verschaukelt-Werden" weckt in mir Assoziationen an jenen Missbrauch.

   Wie es der Zufall haben wollte, schlug ich gleich unmittelbar darauf, nach langer Zeit wieder einmal, ein Buch mit Vorträgen des Anthroposophen Rudolf Steiner auf, dessen Anhänger ich KEINESWEGS bin doch manchmal finde ich darin bedenkenswerte Körner. Über die Entwicklung des Gleichgewichtssinnes beim Kind schreibt er folgende Sätze, die voller Einfühlung sind: "Wir sehen das Kind. Wir sehen es in seinem physischen Leibe vor uns. Es entwickelt sich. Es ist ja das Wunderbarste, was wir sehen können in der physischen Welt, diese Entwicklung des Kindes. Wir sehen, wie es zuerst kriecht, wie es sich in die Gleichgewichtslage gegenüber der Welt versetzt. Wir nehmen das Gehenlernen wahr. Es ist ungeheuer viel mit diesem Gehenlernen verknüpft. Es ist ein ganzes Sich-Hineinbegeben in die Gleichgewichtslage der Welt. Es ist ein wirkliches Sich-Hineinversetzen des ganzen Kosmos in die drei Raumesrichtungen der Welt. Wie da das Kind eben erst die richtige Gleichgewichtslage innerhalb der Welt findet, das ist das erste Wunderbare". (Das Leben nach dem Tod und sein Zusammenhang mit der Welt der Lebenden. Dreizehn Vorträge ausgewählt und herausgegeben von Frank Teichmann, Stuttgart 2006, S. 108)

Steiner als Theosoph glaubte allerdings an Wiedergeburt, an geistige Präexistenz ein esoterischer Standpunkt, hinter den ich ein dickes Fragezeichen setzen möchte. Gleichwohl zitiere ich noch die folgende Passage: "Da bekommt man eine große Ehrfurcht vor der Welt, wenn man die Welt so betrachtet, dass man das Kind sieht, wie es zuerst ungeschickt mit den Gliedern in aller Welt herumfuchtelt, wie das nach und nach verständig wird. Ja, das ist die Nachwirkung der Bewegungen, die wir als Geistwesen unter Geistwesen durch Jahrhunderte ausgeführt haben. Es ist wirklich etwas Wunderbares, in den einzelnen Bewegungen des Kindes, in dem Aufsuchen der Gleichgewichtslage die irdischen Nachwirkungen der himmlischen Bewegungen, die rein geistig ausgeführt werden als Geist unter Geistern, wieder zu sehen. So geschieht es ja regelmäßig beim Kind. Wenn es anders geschieht, ist es etwas abnorm. Es kann auch eintreten, aber eigentlich sollte das Kind zuerst gehen lernen, zuerst sich ins Gleichgewicht bringen lernen und dann sprechen". (ebd., S. 109)

   Man denkt, bei Apple würden die allerintelligentesten Menschen die Konzepte entwickeln, doch wieso verfällt man auf solch menschenverachtende Späße? Wir leben ja nicht in einer Welt, in der es keinerlei Gewalt an Kindern gäbe im Gegenteil. Diesen Hautgout, mit dem Leiden der Wehrlosesten der Wehrlosen und sei es auch nur symbolisch "zum Spaß" zu spielen, betrachte ich mit entschiedenstem Dégout. Ja, ich argwöhne Kreise dahinter, die uns allmählich wieder barbarisieren möchten, um uns so weit zu verdummen, dass wir zu jeder Unmenschlichkeit, die uns befohlen wird, bereit werden und dass wir die Unmenschlichkeiten, deren Zeugen oder deren Opfer wir werden, als uns eingebläute "Selbstverständlichkeiten" des "Lebenskampfes" hinnehmen statt sie zu bekämpfen. Ich vermute die Machenschaften des militärisch-industriellen Komplexes dahinter und den Übermut nihilistischer Eliten.

Lassen wir uns von ihnen nicht weiter verschaukeln!

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