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Das ist die Geschichte des Herrn Thoma aus dem vierten Stock. Sein Horizont hat sich erheblich erweitert seit dem Tag, an dem er begann, die BBC-Sendungen in rumänischer Sprache zu verfolgen. Auch bis dahin war seine Lage nicht besonders rosig. Seine offene und direkte Art hatte ihm schon immer genügend Ärger bereitet. Ganz zu schweigen von seiner etwas übertriebenen Neigung, an die Ehrlichkeit anderer zu glauben, aus der allmählich, nach unzähligen Enttäuschungen, ein großes Misstrauen in alles und jeden wurde. Jahrelang hatte er wie ein Idiot in der Überzeugung ferngesehen, dass alles, was er dort sah, die nackte Wahrheit sei (der gewählte Ausdruck könnte zu krass erscheinen, man muss jedoch wissen, dass er Herrn Thoma selbst gehört und im Allgemeinen sehr treffend seine Denkweise charakterisiert). Wenn Herr Thoma sich jetzt an diese Zeiten erinnert, schüttelt er den Kopf mit einem skeptischen Lächeln und ist fast gerührt. Man könnte nicht behaupten, dass er gar nicht mehr fernsieht, ganz im Gegenteil, aber jetzt kann ihn niemand mehr hinters Licht führen. Sein kritischer Geist ist erbarmungslos. Die berühmten Talk-Shows, die andere nicht selten zu vehementen verbalen Äußerungen provozieren, lassen ihn kalt. Wenn manche Minister oder Parlamentarier etwas Erschütterndendes über die Verbreitung der Korruption oder über den mafiösen Zigarettenhandel aufdecken, schnaubt Herr Thoma mit bitterer Miene. Erstens, er selbst raucht nicht. Besser gesagt, zweitens. Denn erstens, sind ihm diese sogenannten Neuigkeiten und sensationellen Aufdeckungen schon lange durch die BBC bekannt. Wenn die Leute verstehen würden, wie wichtig es ist, sich nicht manipulieren zu lassen! Aber sie wollen es nicht verstehen, sie sagen laut und mit Nachdruck, wie sie mit ihren eigenen Augen gesehen und mit ihren eigenen Ohren gehört haben, dass beispielsweise die Renten erhöht werden sollen. Großzügig wie er ist, würde Herr Thoma sie alle gern um sich versammeln und ihnen sagen: Ihr Idioten, warum hört ihr nicht was die BBC gemeldet hat, dass nämlich die Haushaltskasse leer ist? Wie sollen sie die Renten erhöhen, wenn der Haushalt so winzig ist? Herr Thoma teilt die Menschen in zwei Kategorien: die, die BBC hören und die, die keine BBC hören. Für die, die nur danach gehen, was bei Actualitati gesagt wird, hat er nur Verachtung übrig. Von einem intellektuellen Standpunkt aus gesehen, hält er sie für völlig unbedeutend. Ihre Meinungen sind falsch, denn sie basieren auf manipulierten Informationen. Um ihren Standpunkt zu untermauern, können sie nur sagen: Ich habe es im Fernsehen gesehen. Aber hast du auch BBC gehört? fragt sie Herr Thoma. Nein, aber es kam im Radio Actualitati. Was soll man da noch sagen, wie kann man sie überzeugen, wenn sie stur auf dem ihrigen bestehen? Später zeigt sich, dass er Recht behalten hat, die Renten sind doch niedrig geblieben – aber was nützt das, wenn beim nächsten Mal genau das Gleiche geschieht? Das Vertrauen des Volkes in alle Lügen, die ihm durch die Medien eingeredet werden, ist schwer zu erschüttern, weil das Volk seine Mentalität einfach nicht ändern will. Über die Art und Weise wie man dieses Wort verstehen soll, war sich Herr Thoma nicht ganz schlüssig, aber ein großer englischer Gelehrter hatte in einer BBC-Sendung gezeigt, dass die Mentalitäten sich schwerer verändern als man glaubt. Es ist also klar, mit solchen Menschen werden wir niemals das Lichtlein am Ende des Tunnels sehen, weil ihre behagliche und konformistische Denkweise sich in traurigster Erinnerung an die alten Mentalitäten aus der Zeit des kommunistischen Regimes klammert. In diesem Punkt findet jedoch bei Herrn Thoma ein kleiner Konflikt zwischen Überzeugungen und Gefühlen statt, denn er hat zahlreiche Erinnerungen aus der kommunistischen Zeit, die keineswegs traurig sind, und obwohl er nicht möchte, kann er manchmal nicht vermeiden, dass sie ihm immer wieder einfallen. Das ist nicht die einzige Inkonsequenz in Herrn Thomas Denkweise. Oft stellt er selbst fest, dass der für ihn typische Skeptizismus sich nicht so konsequent, wie er es gerne hätte, manifestiert. In den Momenten, wenn er nicht aufmerksam ist, wird er das Opfer seiner Hauptschwäche – der Gutmütigkeit. Da er ein mildes Gemüt hat, muss er zugeben, dass seine moralisch-voluntative Standfestigkeit gegenüber den Herausforderungen der Marktwirtschaft viel zu wünschen übrig lässt. An einem Nachmittag, als er allein zu Hause war, klingelte jemand an der Tür. Jedes Mal, wenn es an der Tür klingelt oder das Telefon läutet, erscheint irgenwo in Herrn Thomas Seele der Strahl einer unbestimmten Hoffnung, und er zittert leicht vor Freude, als ob man ihm einen Kuchen versprechen würde. Das ist natürlich nur ein Vergleich, denn normalerweise vermeidet Herr Thoma Süßigkeiten wegen der Karies, aber, wenn er wieder ein Kind wäre und seine Zähne noch intakt, würde er sich mit Sicherheit genauso sehr, wie in der Zeit des Verhassten, freuen, als ihm seine Eltern für gewöhnlich zwei Lei gaben, damit er sich einen Sahnekuchen kaufen konnte. Psychologisch gesehen bedeutet dies, dass er über eine soziale und kommunikative Natur verfügt. Und so ist es auch. Er blickte also voller Hoffnung durch den Türspion. Meistens sind seine Hoffnungen vergeblich, denn es ist die Putzfrau, die klingelt und ihn darum bittet, ihr den Eimer mit Wasser zu füllen, damit sie das Treppenhaus wischen kann. Oder, noch schlimmer, Herr Ion-der-Hauswart mit irgendeiner Beitragsliste für die Entrattung des Kellers oder um die Bewohner dafür zu mobilisieren, die Umgebung des Wohnblocks zu pflegen. Aber dieses Mal konnte man im Halbdunkel hinter der Tür das Profil einer jungen Person sehen, die, so weit man durch das Loch sehen konnte, d.h. nur die obere Hälfte, recht gutwillig zu sein schien. Sie war anständig gekleidet und auf ihrem Kopf hatte sie einen kleinen lustigen roten Hut. Folglich gab Herr Thoma seine übliche Zurückhaltung auf – die in Übergangszeiten umso nötiger ist, wenn die Menschen noch nicht die alten Angewohnheiten überwunden haben und versuchen, sich gegenseitig übers Ohr zu hauen, sodass man immer das Schlimmste erwarten kann – öffnete die Tür in ganzer Breite und lud sie ein. Aber das Fräulein lehnte die Einladung mit einem höflichen, reizenden Lächeln ab und wollte lieber vor der Tür im Treppenhaus bleiben. Sie hielt ein nicht allzu großes Paket in der Hand, welches sie Herrn Thoma mit folgenden Worten anbot:
So lange die junge Person sprach – mit dem sicheren Auftreten typisch in ihrem Alter – und Herrn Thoma dabei sehr aufdringlich anschaute, verstand er eigentlich kein Wort, denn sein Blick blieb an ihrer kleinen zarten Brust hängen, die sich hoch und runter in dem Rhythmus ihrer Sätze bewegte. Als sie "Diesen Kaffeefilter im Wert von 350000 Lei, das heißt 20 Dollar, den unsere Firma Ihnen kostenlos anbietet" sagte, streckte Herr Thoma mechanisch seine Arme, ohne überhaupt an die Folgen seiner Geste zu denken, und tat ebenfalls das Gleiche nach dem sie "Unsere Firma bietet es Ihnen kostenlos an. Ich bitte Sie, es unverbindlich anzunehmen" oder "dass sie einen respektablen Bart tragen. Dieses ebenfalls aufladbare Gerät könnte Ihnen helfen, ihn auf ideale Weise zu pflegen" gesprochen hatte. Eigentlich trug Herr Thoma gar keinen Bart, aber das entdeckte er erst viel später, nachdem er allein mit all den Geschenken blieb und die nötige Provision bezahlt hatte. Denn als sie sah, dass Herr Thoma zögerte, ihre Frage zu beantworten, begann sie wieder zu sprechen:
Duch einen wundervollen Zufall hatte die Person genau die Summe Geldes erraten, die Herr Thoma in diesem Moment im Hause hatte. Für eine Sekunde nur fand in seinem Inneren ein erbitterter Kampf statt. Schließlich war das bis zum nächsten Lohn sein letztes Geld! Aber er konnte diese feine Person doch auch nicht mit leeren Händen gehen lassen, nachdem sie ihm so viele Geschenke, im Wert von über 2400000 Lei mitgebracht hatte, ohne ihr zumindest dafür die Provision und die Transportkosten zu zahlen. Eine völlig andere Meinung dazu hatte Frau Filofteia. Als sie etwa anderthalb Stunden später – nach der Arbeit in dem Laden, in dem sie als Verkäuferin angestellt war – nach Hause kam und ihren Mann in einem leichten Verwirrungszustand vorfand, inmitten all dieser Plastikgegenstände, die er kostenlos bekommen hatte, und obwohl sie sehr verschwitzt war, nahm sie sofort einen Kugelschreiber und fing an zu rechnen. Das Ergebnis ihrer Berechnung, so unerwartet wie auch unangenehm, könnte man in einem Wort ausdrücken. Sie benutzte jedoch viele.
Bei dieser Gelegenheit zeigte sich, dass man den Kaffeefilter von den "Russen" für nur 50000 kaufen konnte – aber nicht mal das ist er wert, denn der türkische Kaffee, im Ibrik gekocht, schmeckt viel besser, wie Frau Filofteia versicherte. Herr Thoma protestierte leicht bei diesem letzten Argument, aber nicht überzeugend genug. In der Zwischenzeit hatte er einen Filterkaffee gemacht – als Experiment – aber über das Ergebnis seines Experiments wollte er in diesem Moment lieber nicht reden. Das Gerät zur Heilung des Stresses und der Migräne ging während der ersten ernsthaften Probe kaputt, aber das nur, weil Frau Filofteia es ungeduldig und mit einer gewissen boshaften Agressivität bediente. Und was den Epilator betraf, entdeckte Herr Thoma selbst – mit gewisser Verspätung, wie wir erwähnten –, dass er keinen Bart trug. Er hätte gerade in diesem Moment entscheiden können, sich für den Rest seines Lebens einen wachsen zu lassen, aber die Art, wie seine Frau auf eine solche Möglichkeit reagierte, demütigte ihn und brachte ihn dazu, die Idee aufzugeben. Auch das Set von Lockenwicklern, obwohl mit einer Sonderwidmung von Herrn Thoma, hatte keinen großen Erfolg, aus dem Grund, dass es einige noch billigere, sogar in dem Laden, in dem Frau Filofteia arbeitete, gab. Aber sie schätzte überraschenderweise die Schürze mit den Handschuhen und dem kleinen Kissen, und versprach, die letzten zwei zu benutzen, wenn sie den kleinen Waschkessel ins Bad trägt oder für andere Bedürfnisse. Wir haben versucht, die wichtigsten Argumente und Gegenargumente aus dem Gespräch von Herrn Thoma mit seiner Frau in einem ruhigen und zivilisierten Ton auszudrücken, aber jetzt sehen wir uns gezwungen zu präzisieren, dass die erwähnte Diskussion keineswegs einen freundlichen Charakter hatte, sondern, ganz im Gegenteil, voller Schimpfwörter und Drohungen war, insbesondere von Frau Filofteia, die sich auf heldenhafte Weise der Gewohnheit, die sie in letzter Zeit entwickelt hatte, nämlich plötzlich ohnmächtig zu werden, ihrem Mann zum Trotz widersetzte, denn sie war dafür viel zu wütend. Um sie zu beruhigen, entschied sich Herr Thoma, sie eine Weile allein zu lassen. In ähnlichen Situationen konnte er feststellen, dass, wenn ihr niemand widersprach, das Risiko, dass sie ohnmächtig wurde, erheblich sank, und Frau Filofteia viel versöhnlicher zu werden pflegte, indem sie nur noch ein bisschen allein vor sich hin murrte und dann schwieg. Infolgedessen nutzte Herr Thoma die Chance zu einem Besuch seines alten Freundes, des Biologielehrers vom siebten Stock, mit dem er zumindest die Angewohnheit, dass sie beide BBC hörten, teilte. Die Idee tröstete ihn ein wenig. In der ganzen Wohnung des Herrn Lehrer Eftimie duftete es nach Kaffee und kaum war Herr Thoma vom Korridor ins Gästezimmer getreten, da fragte ihn sein Freund schon:
Herr Thoma brauchte keine weiteren Details, um die traurige Wahrheit zu entdecken: Herrn Eftimie war dasselbe zugestoßen! Auch er hatte kostenlos und unverbindlich die gleichen Geschenke bekommen. Im Unterschied zu ihm selbst aber trug der Lehrer einen Bart und war zudem noch Junggeselle. Diese zwei Dinge hinderten ihn offenbar daran zu begreifen, dass er das Opfer einer Infamie geworden war. Diejenigen, die kein BBC hörten, sprachen es falsch aus.
Er nahm das Gerät vom Tisch und drückte einen Knopf, sodass es anfing zu summen, dann hielt er es ganz nah an seine Nase, und deutete damit an, wie er es bei Bedarf benutzen wird. Danach machte er es aus und stellte es aufmerksam auf den Tisch. Er hatte offenbar Angst davor, dass es kaputtgehen könnte. Plötzlich fing er zu erklären an, sprach und gestikulierte etwas aufgeregt, als ob er dabei auch sich selbst übersetzen wollte:
Herr Thoma billigte in voller Überzeugung die Ideen seines Freundes, weil er ihre Autorität anerkannte. Er war irgendwie stolz darauf, dass er sie trotz ihres sehr abstrakten Charakters und ohne sich besonders anstrengen zu müssen, verstehen konnte. Plötzlich tauchte aber ein unerwartetes Element auf, das die Behaglichkeit seines Verstandes störte. Um seine Ideen allgemeinen Charakters zu exemplifizieren, verwendete der Lehrer ein neues Wort, oder sogar mehrere Wörter: MLM.
Erst später begriff er den tieferen Sinn der Sache. Letztendlich versuchte Herr Eftimie ihm zu erklären, warum er sich hatte betrügen lassen, nämlich um der nationalen Wirtschaft aus der Krise zu helfen. Dabei kam auf deutliche Weise heraus, dass der Lehrer, als er diese Geschenke kostenlos angenommen und dafür nur die Provision und die Transportkosten bezahlt hatte, bewusst als ein Progressfaktor agierte, worüber Herr Thoma aber ernsthafte Zweifel hegte, als er sich daran erinnerte, wie er selber in die Falle getappt war. Er widersprach ihm jedoch nicht, denn prinzipiell gesehen hatte sein Freund recht. Alle wollen von den Vorteilen der Marktwirtschaft profitieren, aber keiner will dafür etwas opfern. Die ersten positiven Wirkungen des MLMs waren am gleichen Nachmittag zu spüren. Er war sicher, dass außer ihm und dem Lehrer kein Bewohner des Blocks jemals von dieser Methode gehört hatte, und er beeilte sich unter irgendeinem Vorwand nach Hause zu kommen, um sie als Argument in den Gespächen mit Frau Filofteia zu verwenden. Jetzt hatte er sozusagen eine Geheimkarte. Jetzt wollte er nur noch ihre Wirkungskraft testen, und das nach einer gut durchdachten Strategie. Der alten Bemerkung, dass sie sich nie bemühte, in der Zeitung mehr als das Horoskop oder manche Artikel über irgendeinen Mord oder eine Vergewaltigung zu lesen, fügte er hinzu, dass sie einer einzigen Zeitung, Desteptarea, die jeder Maßnahme der Regierung zur Restrukturierung und Privatisierung mit Agressivität begegnete, vollkommen vertraute. Wenn er ihr einfach gesagt hätte, dass er in der BBC von der Multi-Level-Method gehört hatte, hätte Frau Filofteia gleichgültig mit den Schultern gezuckt, denn sie befand sich ja in der großen Gruppe derer, die lieber eine süd-amerikanische Seifenoper im Fernsehen verfolgen, und das zu jenem Zeitpunkt, an dem die wichtigsten Tagesnachrichten in der BBC laufen. Aber wenn er, während er so getan hätte, als ob er diese, der Frau Thoma so vertraute Zeitung, lesen würde, plötzlich gesagt hätte: Du, schau mal, was diese Amerikaner entdeckt haben, ein sehr modernes und effektives Marketingsystem, in dem der Käufer gleichzeitig auch zum Verkäufer des jeweiligen Produktes wird! Dann hätte sie ihm mit Sicherheit zugestimmt, ohne selber die Glaubwürdigkeit der Information zu prüfen und infolgedessen, ohne zu bemerken, dass sie in eine Falle gelockt wurde. Kurz gesagt: sie hätte die Pille geschluckt! Zum Mangel an Neugier gegenüber allem, was in den Zeitungen stand, mit den oben erwähnten Ausnahmen, kam eine fast vollkommene Ignoranz gegenüber den Problemen der Marktwirtschaft hinzu. Später, wenn er dieses Bündel von Faktoren intelligent genutzt hätte, hätte es Herr Thoma geschafft, den Ausdruck Multi-Level-Method einzufügen und dadurch einen moralischen Erfolg in der Auseinandersetzung über den Kauf des Kaffefilters und der anderen Haushaltobjekte gewonnen. Bis zu diesem Punkt lief alles wie geplant. Er fand seine Frau viel ruhiger oder vielleicht auch nur resignierter, als er sie verlassen hatte. Jedenfalls schien sie, in seiner Abwesenheit, einen Teil des alltäglichen Frustes an der Wäsche, die sie auf dem Balkon aufhing, abreagiert zu haben. Während sie die Wäsche bearbeitete, für gewöhnlich am Samstag Nachmittag, erfand Frau Thoma Lösungen für all die Probleme, die unter der Woche auftauchten, in Form heuristischer Dialoge zwischen Gut und Böse. Den tatsächlichen Inhalt dieser Dialoge konnte niemand erfahren, denn sie sprach nur manche zusammenhanglose Gedankenfetzen aus, sodass, hätte man ihr zugehört, man nur einige sinnlose Worte mitbekommen hätte, unterbrochen von Seufzern und vom Stöhnen, wenn sie die Waschschüssel hochheben, die Wäsche aus der Waschmaschine holen oder sie über den Waschbecken auswringen musste. Auf Grund von systematischen Beobachtungen kam Herr Thoma dennoch zu dem Schluss, dass, ihrer Meinung nach, das Gute von Frau Filofteia selbst repräsentiert wurde, während die Vertreter des Bösen waren: der Ladenbesitzer für den sie arbeitete; manche Käufer mit übertriebenen Ansprüchen; Menschen, die ohne Fahrkarte mit dem Bus fuhren; ein Pfarrer, der ihr die Kommunion nicht erteilt hatte; die Nachbarn mit ihren frechen Kindern; der Hausverwalter u.s.w. – also alle anderen. Diesmal trug sie die Schürze, die Herr Thoma im Rahmen einer Werbekampagne von einer ausländischen Firma, die moderne Marketingstrategien anwendete, kostenlos bekommen hatte (wie Herr Eftimie betonte) und, weil sie die Tür, als er eintrat, nicht hörte, glaubte sie allein zu sein und wiederholte mit Nachdruck eine Frage, für die sie offensichtlich noch keine Antwort gefunden hatte:
Er lief an der Badezimmertür vorbei, als ob er nichts gehört hätte, ging ins Wohnzimmer, setzte sich auf einen Sessel und öffnete zufällig eine Zeitung, auf deren erster Seite die letzten Maßnahmen der Regierung zur Privatisierung verlustreicher staatlicher Unternehmen vehement angegriffen wurden. Im Folgenden ging er mit einer hinterlistigen Taktik vor, in dem er sie ein paar Mal mit der Wäscheschüssel hin und her an ihm vorbei gehen ließ, als sie Wäsche auf den Balkon trug oder von dort zurückkam, und so tat, als ob er sehr vertieft in die Lektüre eines Artikels wäre. Wenn er nur noch ein paar Sekunden gewartet hätte, nachdem Frau Filofteia mit dem Aufhängen der Wäsche fertig geworden und ins Wohnzimmer zurückgekehrt war, wo sie sich mit den Makramees auf der Kommode beschäftigte, die sie in unterschiedlichen Positionen arrangierte, hätte sie ihn sicherlich selbst gefragt, was er denn so aufmerksam lese. Aber bevor es dazu kam, brach er ab, schlug die Zeitung mit der oberen Handfläche und drückte sich mit dem Rücken tief in den Sessel:
Er sprach eigentlich mit sich selbst, aber Frau Filofteia konnte sich nicht zurückhalten und die Promptheit, mit der sie antwortete, zeigte, dass sie in der Zwischenzeit über das Gleiche nachgedacht hatte:
Wir sollten noch präzisieren, dass Herrn Thomas’
Einweihung in die Geheimnisse der Multi-Level-Method am Samstag Nachmittag
des 3. Oktober stattgefunden hat. Lektorat: Andreas Korpás |