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Freundschaftliche Beziehungen
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Es ist interessant festzustellen, dass durchschnittlich jeder Österreicher fast 1.000 Euro
in Rumänien investiert hat. Wenig ist das nicht! Doch was zieht die Österreicher
so in Rumänien an? Weshalb sind hier – bis März 2006 – nicht weniger als 3.500
Gesellschaften mit österreichischem Kapital entstanden, in
denen über 150.000 Rumänen arbeiten?

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V
on Dan Roman
(01. 05. 2007)

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Dr. Dan Roman
dan.roman@snt.ro

Senior Vice President of
S&T, joined the company in
2001, as Regional General
Manager and Managing Director
of S&T Romania. In this position
he had a significant contribution
in growing the company
business results and enlarging
S&T operations in South East
Europe.
Dan Roman is a
graduate of the Polytechnic
Institute of Bucharest and has
a PhD in Computer Networks.

Homepage
www.snt-world.com

 

 

 

 Buchtipp
 

Fräss-Ehrfeld Clarisse.
Wirtschaftsentwicklung und
Wirtschaftsförderung in
Rumänien, Bulgarien,
Kroatien und Serbien-
Montenegro. Mit einem
ausführlichen Ausblick auf
die EU-Regionalpolitik
2007-2013.
Linde Verlag, 2005. 194 S.
ISBN: 9783714300659

 

 

 

 

 

Die "Erfolgsgeschichten"
österreichischer Firmen in
Rumänien sind zahlreich:
OMV, Raiffeisen, Erste Bank
und viele andere.

 

 

 

 

 

 

Die Einführung einer Flat
Tax von 16% hatte eine
bedeutende Steigerung
des Konsums zur Folge.

 

 

 

 

 

 

Neben Siebenbürgen und
Bukarest gehören auch Iaşi
und Suceava – zu den
von den Österreichern
bevorzugten Investitions-
standorten.

 

 

 

 

 

 

2005 standen dem Import
aus Österreich im Wert von
1,1 Milliarden Euro ein
rumänischer Export im
Wert von 637 Millionen
Euro gegenüber.

 

 

 

 

 

 

Rumänien ist für sein
großes
Potenzial auf dem
Gebiet des Weinanbaus
bekannt.

 

 

 

 

 

 

 

Auch jenseits des
wirtschaftlichen Sektors
hat Rumänien viele
Schnittpunkte mit Österreich,
zum Beispiel in der Kultur
oder im Sport.

 

 

 

 

 

 

 

 

Österreich war für all
jene
Rumänen, die in den
kommunistischen Jahren mit
dem Zug oder mit dem Auto
nach Westen reisten, das
Tor, durch das sie in die
"freie Welt" gelangten.

   "Es war schon immer mein Traum, dass diese große Region – Bayern, Österreich, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien und Bulgarien – sich zu einer gemeinsamen wirtschaftlichen und politischen Region entwickelt". Von wem stammt dieser Satz? Nein, nicht von einem rumänischen, bulgarischen oder ungarischen Staatspräsidenten, die sonst immer gern nach Westen schauen. Er stammt vom früheren österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Noch interessanter klingt dessen Nachsatz: "... und dies fängt an, sich zu bewahrheiten. Ich habe es immer als eine Investition in unsere Zukunft betrachtet." Österreich hat also erklärtermaßen Interessen an der Region der Unteren Donau.

Die Geschichte kommt Österreichern entgegen

   Die Rumänen betrachten solche Aussagen mit Freude. Sie wissen, dass Siebenbürgen (Transsilvanien) – jener Teil Rumäniens, der über viele Jahre in die Einflusssphäre Wiens fiel – eine der am besten entwickelten Regionen des Landes darstellt. Dort verbindet man mit den Österreichern die Idee von Ordnung und Disziplin und jedermann wünscht sich heute, mit "Deutschen" (die populäre rumänische Vorstellung bringt Deutsche und Österreicher unter demselben Oberbegriff zusammen) zusammenzuarbeiten. Der Begriff der "Deutschen" ist zu einer Entsprechung für seriöse, gut ausgeführte und langfristig haltbare Arbeit geworden. Vielleicht ist das der Grund, warum in Hermannstadt (Sibiu) – das 2007 gemeinsam mit Luxemburg "europäische Kulturhauptstadt" ist – Bürgermeister Klaus Johannis, Vertreter des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, 2004 schon in der ersten Wahlrunde mit dem höchsten jemals in Rumänien erreichten Stimmenanteil gewählt wurde. Und das, obwohl es – selbst in Hermannstadt – nur noch wenige Deutsche gibt.

Die Investoren kommen!

   Tatsächlich haben die österreichischen Investoren nicht auf das politische Signal ihres Kanzlers gewartet, sondern sind gleich in den ersten Jahren nach dem Fall des Kommunismus, im Dezember 1989, nach Rumänien gekommen. Und es sind sehr viele gekommen! Sie investierten zunächst in die Zuckerindustrie (heute beherrscht die Agrana Gruppe 25% des Marktes). Danach kamen die bevorzugten Sektoren der Banken, Versicherungen und Erdöl. Die nächsten Zielobjekte scheinen die Holzindustrie und die Landwirtschaft zu sein.

Auch das Unternehmen, in dem ich arbeite, S&T, die größte österreichische IT-Firma, kam vor vielen Jahren – 1994 – nach Rumänien, angezogen vom Potenzial des lokalen Marktes und dem Professionalismus der Experten hier. S&T hat seinen Standort über die Jahre aber nicht nur beibehalten, das Unternehmen entschied sich, auch, außerhalb Bukarests zu expandieren. Es hat ein bedeutendes Software-Team entwickelt und wurde zu einem der Marktführer im IT- und professionellen Dienstleistungssektor.

Es ist interessant festzustellen, dass durchschnittlich jeder Österreicher fast 1.000 Euro in Rumänien investiert hat. Investitionen im Wert von 8 Milliarden Euro für eine Bevölkerung, wie die von Österreich, von 8 Millionen Einwohnern. Wenig ist das nicht! Diese Ziffer stellt Österreich an die Spitze der ausländischen Investoren in Rumänien. Die "Erfolgsgeschichten" sind zahlreich: unter den österreichischen Firmen in Rumänien zählen gewichtige Namen der Bank- und Finanzbranche aus Österreich wie OMV, Raiffeisen, Erste Bank und viele andere.

Warum ist Rumänien attraktiv?

   Jenseits der Botschaft des ehemaligen Bundeskanzlers Schüssel können wir uns die Frage stellen, was die Österreicher in Rumänien anzieht? Weshalb sind hier – bis März 2006 – nicht weniger als 3.500 Gesellschaften mit österreichischem Kapital entstanden, in denen über 150.000 Rumänen arbeiten? Der erste Grund, der jedem einfällt, sind die niedrigen Arbeitskosten. Es ist aber nicht die einzige Erklärung. Noch wichtiger sind die Dimensionen des rumänischen Marktes: 22 Millionen Einwohner (fast dreimal soviel wie die österreichische Bevölkerung; dies entspricht dem zweitgrößten Markt in der Region nach dem polnischen), deren durchschnittliches Einkommen in den letzten Jahren bedeutend angestiegen ist, und das nicht zuletzt wegen der Einführung des Pauschalbesteuerungssatzes (flat rate) von 16%. Dies hatte auch eine bedeutende Steigerung des Konsums zur Folge, und ein gestiegener Konsum ist ein unwiderstehlicher Magnet für jeden Investor! In einem Bericht der Österreichischen Kontrollbank (OeKB) wird die weitere Steigerung der österreichischen Investitionen in Mittel- und Südeuropa vorausgesagt; mehr als ein Fünftel davon wird nach Rumänien gehen.

Wohin gehen die Österreicher?

   In welche Gebiete Rumäniens sind die Österreicher gegangen? Man könnte vermuten, nachdem wir Siebenbürgen als ehemalige österreichische Provinz erwähnt haben, dass sich die österreichischen Firmen hauptsächlich dort angesiedelt haben. Keineswegs! Iaşi und Suceava – beides Städte in der Region Moldau, im nordöstlichen Teil Rumäniens sind weitere von den Österreichern bevorzugte Standorte (wie z. B. der Unternehmen Egger und Schweighofer). Bisher nicht vorgewagt haben sich die Österreicher in den Südosten, in die Dobrudscha (Dobrogea) am Schwarzen Meer, da Österreich als Binnenstaat nicht über eine Tradition im Bereich Schifffahrt und Hafenbetrieb verfügt (zumindest nicht seit dem Ende der k.k. Monarchie). Da aber die Donau gerade in der Dobrudscha (Dobrogea) ins Meer mündet, würde eine Wiederbelebung der Donauschifffahrt den Österreichern den heiß begehrten Meeresausgang schenken. In den 90er Jahren aufgrund des jugoslawischen Konflikts in Verzug geraten, stellt diese Verbindung heute eine noch nicht genutzte Gelegenheit dar.

Zu erwähnen wäre auch noch die Tatsache, dass die rumänisch-österreichischen Handelsbeziehungen eine doppelte Laufrichtung aufweisen: 2005 standen dem Import aus Österreich im Wert von 1,1 Milliarden Euro ein rumänischer Export im Wert von 637 Millionen Euro gegenüber. Dies bedeutet selbstverständlich noch immer ein Ungleichgewicht, aber ein viel kleineres als jenes, das die rumänische Wirtschaft mit anderen Ländern hat.

Obwohl die Österreichische Außenhandelsstelle sehr viel für die Förderung mancher Wirtschaftszweige in Österreich getan hat, gibt es noch viel zu tun!

Rumänien ist für sein großes Potenzial auf dem Gebiet des Weinanbaus bekannt. Eine Annäherung zwischen Geschäftsleuten aus beiden Ländern wäre, meiner Ansicht nach, von gegenseitigem Vorteil, vor allem was die Qualitätserzeugnisse, die aus kleinen Flächen stammen, betrifft. Man könnte hervorragende Resultate erwarten, würden Pichler, Tement, Knoll, Tribaumer, Sabathi, Hirzberger und viele andere gewichtige Namen des österreichischen Weinbaus rumänischen Winzern näher kommen. Auch haben der österreichische und der rumänische Tourismus gemeinsam viel zu tun.

Jenseits der Wirtschaft

   Wir haben bis jetzt nur über Investitionen und ökonomische Faktoren gesprochen. Doch auch jenseits des wirtschaftlichen Sektors hat Rumänien viele Schnittpunkte mit Österreich, zum Beispiel in der Kultur oder im Sport. Sehr oft erweisen sich diese Beziehungen als ausgesprochen ergiebig, sogar für die Entwicklung wirtschaftlicher Beziehungen. Ich kann nicht abschätzen, wie viele österreichische Investoren die langjährige Anwesenheit des Rumänen Ioan Holender an der Spitze der Wiener Oper nach Rumänien gebracht hat. Aber ich bin überzeugt davon, dass das Beispiel dieses Rumänen, dem es gelungen ist, sich in Wien durchzusetzen, den Investoren Rumänien näherbringen kann. Und er ist nicht der Einzige!

So ließe sich noch Professor Michael Radulescu vom Wiener Konservatorium erwähnen, ein hervorragender Organist und Komponist. Und die Beispiele lassen sich fortsetzen, etwa mit zahlreichen Musikern der Wiener Oper oder der Wiener Philharmonie, aber auch mit jenen Rumäninnen, die in der Handball-Mannschaft der Hypobank – führend in der österreichischen Hauptstadt sind oder waren.

Rumänien, als eine Insel der Latinität, die von Völkern umringt ist, deren große Mehrheit slawischen Ursprungs ist, hat seinen besonderen Reiz. Mit offenen und gastfreundlichen Menschen, mit den einmaligen Klöstern im Norden von Moldau, mit dem Vögel- und Fischparadies des Donaudeltas, mit seiner urigen Folklore, ist Rumänien ein anziehendes Land.

Wenige wissen, dass bei der Verzierung des Peles-Schlosses aus Sinaia, der Sommerresidenz der rumänischen Könige, Gustav Klimt und Franz Matsch mitgewirkt und dabei bedeutungsvolle Werke hinterlassen haben, und dass in Rumänien Mozart und Strauß im höchsten Maß geschätzt werden.

Wien, das Tor Rumäniens nach Westen

   Österreich war für all jene Rumänen, die in den kommunistischen Jahren mit dem Zug oder mit dem Auto nach Westen reisten, das Tor, durch das sie in die "freie Welt" gelangten. Die erste westliche Stadt, die sie glücklich, dass es endlich gelungen war, "drüben" anzukommen betraten, war keine andere als Wien. Und manchmal (eigentlich immer öfter gegen Ende der 80er Jahre) beantragten sie dort auch politisches Asyl. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, weshalb die rumänisch-österreichischen Beziehungen einen besonderen Charakter haben.

Heute hat Rumänien ein zusätzliches Motiv, warum es sich mit Österreich verbunden fühlt: Anfang 2006 hat sich Österreich für die Ratifizierung des Beitrittsabkommens von Rumänien in die EU entschieden, ohne erst noch länger auf den Bericht des Europäischen Ausschusses zu warten. Es gibt Dinge, die man nie vergisst. In der Tat, es stimmt: "A friend in need is a friend indeed"!


Übersetzung: Ioana Grafenhorst-Dinescu

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