Über die Aurora

Aktuelle Ausgabe

Frühere Ausgaben

Suche

   Schwerpunkte    Theater     Kulturphilosophie     Belletristik      Literatur     Film     Forschung    Atelier     Musik  

......
Westöstliche Stärken
...

Aurora-Interview mit Christian Rosner, Geschäftsführer von S&T AG
...
"Es gibt keine spezifische Mentalität oder Geschäftskultur in Rumänien verglichen mit
anderen Ländern in Osteuropa, aber auch vielen westeuropäischen Ländern. Das Land entwickelt
sich rasend schnell, die Unterschiede werden nivelliert. Für seriöse Geschäfte gelten in
Rumänien fast dieselben Regeln wie in Österreich."

...
Das Interview führte Franz Wagner

(01. 04. 2007)

...




(c) S&T

Christian Rosner
snt@snt-world.com

leitet seit Jänner 2006 als
Chief Executive Officer die
S&T AG-Unternehmensgruppe.
Davor fungierte er seit Jänner
2004 als Chief Operating
Officer der S&T.
Der IT- und
Telekommunikationsexperte
startete seine Karriere 1977
bei Philips Data und hatte
leitende Positionen bei Nixdorf
Computer, Digital Equipment
und Hewlett Packard inne.
In der Funktion des CEO
verantwortete er unter anderem
die Führung der Unternehmen
EMTS Technologie AG, der
eTel Austria AG und als
Geschäftsführer für Österreich
und Zentral- und Osteuropa
der CWS sowie Commodore
Computer.
 

Homepage
www.snt-world.com


 

 

 

 

 

 

 

 

 

AM: Die österreichische Wirtschaft hat seit 1990 über 8 Mrd. Euro in Rumänien investiert und nimmt damit im Ranking der Direktinvestitionen den ersten Platz ein; mehr als 3.500 Firmen mit österreichischer Kapitalbeteiligung sind in Rumänien registriert. Was macht dieses Land für Österreichs Unternehmen so interessant?

Rosner: Rumänien ist ein Land mit sehr großem Potenzial und hohen Wachstumsraten. Die österreichischen Unternehmen haben dieses Potenzial frühzeitig erkannt und genutzt. Der IT-Markt in Rumänien etwa verzeichnet jährlich zweistellige Wachstumsraten. Mehrere Faktoren treiben die rasante Entwicklung der rumänischen Wirtschaft an: Zum einen setzt Rumänien die Privatisierung der staatlichen Betriebe unvermindert fort. Rund um den EU-Beitritt sind außerdem hohe Investitionen getätigt worden, und auch weiterhin wird viel investiert, um die Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung EU-konform und global wettbewerbsfähig zu machen. Darüber hinaus bietet Rumänien Personal zu niedrigen Kosten und vor allem in den Universitätsstädten hervorragend ausgebildete Fachkräfte. Nicht zuletzt sind die kulturellen Unterschiede zwischen Rumänien und westeuropäischen Ländern gering, was das Verständnis und die Zusammenarbeit erleichtert. Das ist auch einer der wesentlichen Gründe neben den guten Sprachkenntnissen , warum Nearshoring-Projekte in Rumänien erfolgreich funktionieren.

AM: Wie konnte S&T zum Marktführer in Rumänien werden, noch vor Schwergewichten wie IBM oder HP?

Rosner: S&T Rumänien wurde 1994 gegründet, ist also bereits lange Jahre erfolgreich am Markt. 2001 haben wir unsere Aktivitäten in Rumänien durch die Übernahme der Netway Computer Systems verstärkt und das Geschäft auch in den Folgejahren konsequent weiter ausgebaut. 2006 erfolgte eine weitere Verstärkung durch die Eröffnung unseres Nearshoring Software Centers in Bukarest sowie durch den Start des ersten S&T Competence Centers. Im Mai 2007 wird ein weiteres Competence Center in Rumänien eröffnet. Das Erfolgskriterium in Rumänien ist, wie in anderen S&T Ländern auch, die starke lokale Präsenz gekoppelt mit der internationalen Ausrichtung der Gruppe. Unsere Mitarbeiter und ein ausgezeichnetes Managementteam vor Ort verfügen über hervorragende Kontakte zu lokalen Kunden und Behörden und können auf eine Vielzahl von erfolgreichen Projekten verweisen. Westeuropäische bzw. österreichische Kunden, die S&T bei ihrer Expansion nach Rumänien unterstützt, werden in Österreich und Rumänien auf höchstem Niveau betreut.

AM: "Kulturschock Rumänien" lautet der Titel eines populären Reiseführers von Joscha Remus. Auf welche Besonderheiten sollte jemand achten, der ein unternehmerisches Engagement in diesem Land plant. Gibt es eine spezifisch rumänische Mentalität resp. "Geschäftskultur"?

Rosner: Meines Erachtens gibt es keine spezifische Mentalität oder Geschäftskultur in Rumänien verglichen mit anderen Ländern in Osteuropa, aber auch vielen westeuropäischen Ländern. Das Land entwickelt sich rasend schnell, die Unterschiede werden nivelliert. Für seriöse Geschäfte gelten in Rumänien fast dieselben Regeln wie in Österreich. S&T setzt bewusst auf eine starke lokale Niederlassung mit heimischen Mitarbeitern, die das Geschäft vor Ort bestens kennen und daher auch am besten entwickeln können.

AM: S&T beschäftigt weltweit rund 3.000 Mitarbeiter, darunter 200 in Rumänien. Wie zufrieden sind Sie mit dem Ausbildungsstand der einheimischen Fachkräfte? Entsprechen Forschung und Lehre an den rumänischen Hochschulen den westeuropäischen Standards?

Rosner: Wir sind sehr zufrieden mit den rumänischen Fachkräften. Sie verfügen über eine ausgezeichnete Ausbildung und was wohl noch wichtiger ist: über sehr hohe Motivation. Die Aufbruchstimmung, die das Land erfasst hat, zeigt sich am Engagement der Mitarbeiter, die etwas bewegen und erreichen wollen. Speziell die Universitätsstädte bieten, im Vergleich zu westlichen Ländern, auch genügend Fachkräfte, auf die die Unternehmen zugreifen können. Das ist vor allem für international agierende Unternehmen, die im Westen den Fachkräftemangel spüren, von großem Vorteil. Von Vorteil sind selbstverständlich auch die niedrigen Personalkosten, auch wenn sich Bulgarien oder die Ukraine in diesem Bereich bereits zur Konkurrenz entwickeln.

AM: Gerhard Glanz, Geschäftsführer des Maschinenbauers Emco, ließ jüngst mit der Bemerkung aufhorchen, dass Produktionen, die ein hohes Maß an Handarbeit erfordern, in den osteuropäischen Billiglohnländern gerade richtig seien; der hochkomplexe Maschinenbau habe dort aber nichts verloren. Auf Grund von Qualitäts- und Imagemängeln sowie Reklamationen und kostenintensiven Nacharbeiten könne ein Technologieunternehmen trotz der geringen Arbeitskosten in den neuen EU-Mitgliedsstaaten langfristig nicht überleben. Legt man diese Aussagen auf S&T um – der IT-Bereich ist dem Maschinenbau an Komplexität ja mindestens ebenbürtig – denken Sie selbst manchmal daran, dem Osten Europas den Rücken zu kehren und wieder an die alten "Hochleistungsstandorte" in Österreich oder Deutschland zurückzukehren?

Rosner: Nein, dies trifft keineswegs im IT-Geschäft zu. Im Gegenteil, wir verstärken unsere Aktivitäten in Osteuropa mit den Kompetenz- und Entwicklungszentren als auch verstärktem "lokalen Go-to-Market". Ich denke, erfolgreich ist, wer die Stärken des Westens mit denen des Ostens ideal kombiniert.

AM: Was tun Sie selbst, um das Qualitätsniveau in Ihren osteuropäischen Niederlassungen konstant zu halten bzw. zu verbessern? Gibt es betriebliche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten?

Rosner: Die S&T Unternehmensgruppe investiert jährlich rund 3% der Gesamtlohnsumme bzw. zwei Millionen Euro in die betriebliche Aus- und Weiterbildung. Die Niederlassungen in den Ländern organisieren Weiterbildungsmaßnahmen, außerdem gibt es zahlreiche länderübergreifende Initiativen. Besonders wichtig sind uns dabei Technologie-Zertifizierungen, Sprachtrainings, aber auch Talent-Förderungsprogramme, die lokale Zusammenarbeit mit Universitäten und länderübergreifender Know-How-Transfer.

AM: Welche Erfahrungen haben Sie mit der Korruption in Rumänien gemacht? Erwarten Sie in nächster Zeit Verbesserungen in dieser Hinsicht? Gibt es – Stichwort "Antikorruptionsagentur" – bereits sichtbare Erfolge?

Rosner: Der EU-Beitritt und die sukzessive Ausrichtung des Landes auf den globalen Wettbewerb fördern die positive Entwicklung auch in diesem Bereich.

AM: Was halten Sie von der oft geäußerten Befürchtung, dass der Westen nach dem Auslaufen der Zugangsbeschränkungen mit billigen Arbeitskräften aus den neuen EU-Ländern überschwemmt wird? Sind diese Ängste berechtigt?

Rosner: Ich denke, je schneller sich der Lebensstandard in den östlichen Ländern westlichem Niveau annähert, desto weniger besteht die Gefahr einer Überschwemmung mit billigen Arbeitskräften. Menschen, die in ihrer Heimat Arbeit finden, die ihnen das Leben sichert, haben normalerweise wenig Interesse daran, ins Ausland zu gehen. Es geht aber auch darum, im Westen einen Schwerpunkt auf die Qualifikation der Arbeitskräfte zu legen und gezielt in die Aus- und Weiterbildung zu investieren.

AM: Umgekehrt gefragt: Kommen Ihnen – Stichwort Arbeitsmigration – in Rumänien die gut ausgebildeten Fachkräfte abhanden? Es gibt ja Berichte, wonach vor allem im Westen Rumäniens bereits akuter Arbeitskräftemangel herrschen soll.

Rosner: Nein, uns kommen sie nicht abhanden. Wir bieten unseren rumänischen Mitarbeitern ja herausfordernde Positionen und interessante Entwicklungswege im Land an. Hier muss man wohl unterscheiden zwischen Fachkräften und geringer ausgebildetem Personal.

AM: Könnten Sie abschließend einen kurzen Einblick in die zentralen Aktivitäten von S&T in Rumänien geben? Welche größeren Vorhaben wollen Sie in nächster Zeit dort realisieren?

Rosner: S&T Rumänien ist der führende IT-Dienstleister am Markt und zählt die namhaften rumänischen Unternehmen, z. B. Petrom, Romgaz, National Bank of Romania, Romtelecom, zu seinen Kunden. Diese starke Marktposition wollen wir weiter ausbauen. Gleichzeitig bringt sich Rumänien intensiv in unser internationales Netzwerk ein. In Rumänien betreiben wir zwei unserer fünf Kompetenzzentren und das für die gesamte Gruppe arbeitende Nearshoring Center ist in Rumänien beheimatet. S&T Rumänien gehört also zu unseren erfolgreichsten Niederlassungen, auf die wir auch in Zukunft setzen.

AM: Herr Rosner, vielen Dank für das Interview.

Ausdrucken?

....



Zurück zur Übersicht