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Der Sport in Rumänien
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International anerkannt, aber meistens unbekannt.
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V
on Egon Theiner
(01. 05. 2007)

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Egon Theiner
egon.theiner@egoth.at

arbeitete als Redakteur bei der Südtiroler Sonntagszeitung "Zett" (Athesia), bei den "Salzburger Nachrichten", verfasste über zehn Bücher und gründete den "egoth"-Verlag. In diesem schrieb er mit Henk Diepbrink "Create your life", lieferte Beiträge über Egon Zimmermann und Fritz Strobl im Werk "Die Goldenen 6" und verfasste mit Extremradsportler Wolfgang Fasching den Ratgeber "Erfolgsfaktor Kopf".

 

Buchtipp

Der nebenstehende Artikel
ist auch erschienen in:

Kristina Werndl (Hg.).
Rumänien nach der Revolution. Eine kul-
turelle Gegenwarts-
bestimmung.

Braumüller, 2007, 210 S.
ISBN: 9783700316183
 

 



Nadia Comăneci

schaffte 1976 bei den Olympischen Sommerspielen
in Montreal als erste Turnerin
eine 10,0 am Stufenbarren.
 

 

 

 

Marian Drăgulescu

Der "Handstützüberschlag
mit anschließendem Doppel-
salto vorwärts gehockt mit
halber Längsachsendrehung"
beim Pferdsprung wurde nach
ihm benannt, da er der erste
Turner war, der dieses Element
 auf einem internationalen
Wettkampf zeigte.

 

 

 

Gheorghe Hagi

gilt als der beste rumänische
Fußballspieler aller Zeiten.
Seinen größten Erfolg als
Spieler feierte Hagi mit der
rumänischen National-
mannschaft. Bei der WM
1994 in den USA führte er
sein Team überraschend bis
ins Viertelfinale und schlug
dabei u. a. auch Vizewelt-
meister Argentinien.

 

 

 

Ion Tiriac

gewann 40 Tennisturniere,
darunter auch den Doppel-Titel
von Paris mit Landsmann Ilie
Nastase. Seit 1998 war er
mehrmals Präsident des
Nationalen Olympischen Komitees von Rumänien.
Seit 2006 ist er mit einem
geschätzten Privatvermögen
von einer Milliarde Dollar der
reichste Rumäne.

 

 

 

 

   Jahrelang hat er bei den besten österreichischen Volleyball-Klubs gespielt. Marian Pascariuc aus dem rumänischen Constanţa, hat in seiner Heimat alles durchgemacht, was man durchmachen musste auf dem Weg in eine bessere Zukunft. Der ruhige, sympathische Rumäne kam nach Bukarest, spielte bei Dynamo und Steaua, kam dann, 1997, nach Österreich, nach Salzburg und für eine Saison auch nach Innsbruck. 2003 wurde er eingebürgert und verstärkte eine ohnehin schwache Nationalmannschaft. Heute ist der 34-jährige zweifache Familienvater nicht mehr aktiv, doch auf einem anderen Parkett soll er weiter tätig bleiben: indem er Kontakte aufbaut und fördert zwischen dem Bürgermeister seiner Vaterstadt und österreichischen oder deutschen Politikern.

Der WeltstarNadia Comaneci

   Marian Pascariuc ist einer von wenigen Rumänen, die den Weg in den österreichischen Sport gefunden haben, und er gehört sicherlich nicht zu den Aushängeschildern seines Landes. Andere Namen, andere Kaliber standen und stehen in den Schlagzeilen, wenn es um sportliche Meriten des neuen EU-Mitgliedslandes ging. Ein Name macht immer wieder die Runde, und er macht sie zurecht. Nadia Comăneci gilt heute noch als eine der besten Turnerinnen aller Zeiten. Fünfmal gewann sie bei Olympischen Sommerspielen (1976, 1980) Gold, in Montreal gelang ihr bei ihrem ersten Auftritt auch Einzigartiges. Das damals 14-jährige Mädchen realisierte am Stufenbarren als erste Turnerin überhaupt die Idealnote 10,0. Diese Bewertung wurde allerdings als 1,00 angezeigt. Mitarbeiter der Firma Longines hatte mit der Jury zwar Rücksprache gehalten und auf den Umstand aufmerksam gemacht, keine zwei Zahlen vor dem Komma anzeigen zu können. Egal, antworteten die Turn-Experten, die Idealnote würde ohnehin nicht zustande kommen. Eine weitere Olympia-Goldmedaille wurde ihr durch strittige Kampfrichter-Entscheidungen in Moskau verwehrt.

1989 übersiedelte Comăneci in die USA, wo sie heute noch lebt. Doch die Trainer Bela Karoly und Octavian Belu brachten nicht nur eine Lichtgestalt wie Comăneci hervor, sondern sorgten für eine hohe rumänische Schule in dieser Sportart. Als die Olympischen Sommerspiele 1984 in Los Angeles vom Ostblock fast komplett boykottiert wurden, setzte sich Rumänien über die politischen Anweisungen aus Moskau hinweg und feierte in den USA Erfolge über Erfolge – mit Simona Pauca, Mihaela Stanulet, Laura Cutina, Cristina Elena Grigoras, Lavinia Agache und Ecaterina Szabo, dreifache Goldmedaillengewinner in Einzel-Disziplinen, unter anderem auch im Kunstturn-Mehrkampfbewerb der Damen.

   Heute zählen Cătălina Ponor, wie Pascariuc aus Constanţa, zweifache Goldmedaillengewinnerin in Athen 2004, oder Marian Drăgulescu, Weltmeister 2006 am Boden, zu den erfolgreichsten rumänischen Turnern. Der Handstützüberschlag mit anschließendem Doppelsalto vorwärts gehockt mit halber Längsachsendrehung beim Pferdsprung wurde nach ihm benannt, da er der erste Turner war, der dieses Element auf einem internationalen Wettkampf zeigte.

Die rumänische Schule des Kunstturnens basierte auf rigiden vorgegebenen Strukturen des Kommunismus. Wie in der UdSSR oder der DDR wurde der Sport dazu verwendet, international die eigene Überlegenheit zu demonstrieren. So wurde auch am Schwarzen Meer selektiert, und so wurden auch in Rumänien Methoden verwendet, die in Westeuropa kaum anwendbar gewesen wären. Dass Trainer ihre Schützlinge züchtigten, war nicht ungewöhnlich, hohe Trainingsbelastungen standen an der Tagesordnung. Einmal erklärte Octavian Belu, seine Sportlerinnen trainierten im Leistungszentrum Deva sieben Stunden am Tag – bei sechs Trainingstagen also 42 Wochenstunden!

Vierfache WeltmeisterDie Handballer

   Doch nicht nur im Kunstturnen war (und ist) Rumänien weltweit führend, sondern auch in anderen Sportarten. So errangen die Handballer des Landes vier Mal den WM-Titel, 1961, 1964, 1970 und 1974, bei den Olympischen Sommerspielen 1976 verloren die Osteuropäer erst im Finale. Diese große Zeit ist nunmehr vorbei. Für die Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland konnte sich Rumänien nicht qualifizieren und scheiterte mit einem Tor Differenz an Norwegen. Doch Liviu Ianos, Eremia Paraianu und Adrian Petrea sind Namen, die aus der internationalen Handballszene – aber eben auch nur dort – nicht wegzudenken sind.

Gheorghe Hagi – Der "Karpaten-Maradona"

   Einer der besten Fußballer der Welt kommt aus Rumänien. Gheorghe Hagi, dem der Übername "Karpaten-Maradona" verliehen wurde, kam am 5. Februar 1965 in Sacele im Bezirk Constanţa zur Welt. Mit ihm feierte die Nationalmannschaft ihre größten Erfolge. Mit Steaua Bukarest gewann er dreimal die nationale Meisterschaft und zog 1989 in das Finale des Europapokals der Landesmeister ein. In der Folge spielte er für Real Madrid oder Barcelona in Spanien, oder Brescia in Italien. Seine größten Erfolge mit einer Vereinsmannschaft feierte er mit Galatasaray Istanbul, mit dem er vier Mal türkischer Meister wurde und 2000 den UEFA-Pokal holte.

Die größten Erfolge feierte Hagi allerdings mit der rumänischen Nationalmannschaft. Bei der WM 1994 in den USA führte er sein Team überraschend bis ins Viertelfinale und schlug dabei u. a. auch Vizeweltmeister Argentinien. Nach seinem Rücktritt als Spieler versucht sich Hagi als Trainer, war auch schon (für vier Spiele) Teamchef Rumäniens. Mit Galatasaray eroberte er am 11. Mai 2005 mit einem 5:1-Finalsieg über Erzrivale Fenerbahce den türkischen Pokal, trat aber dann aufgrund der verpassten Champions-League-Qualifikation zu Saisonende zurück.

Hagi gewann die Wahl zu Rumäniens Fußballer des Jahrhunderts und wurde sieben Mal (zwischen 1985 und 2000) zu Rumäniens Fußballer des Jahres gewählt. Das Stadion des FC Farul Constanţa wurde nach ihm benannt.

Tennisstar, Star-Manager, Businessman – Ion Tiriac

   Eine der schillerndsten Persönlichkeiten im rumänischen Sport ist allerdings nicht ein Athlet, sondern ein Manager. Ion Tiriac, selbst Eishockey- und Tennisspieler und in den 80-er und 90-er Jahren Manager des Deutschen Boris Becker, ist einer der einflussreichsten Rumänen der Welt. Als Nationalspieler nahm er 1964 an den Olympischen Winterspielen teil, gewann 40 Tennisturniere, darunter auch den Doppel-Titel von Paris mit Landsmann Ilie Nastase. Als "Clown und Dracula" bezeichneten die Medien das Paar, und es war nicht schwer zu erraten, wer von den beiden Dracula war: der immer grimmig dreinblickende, mit großem Schnurrbart und langer Mähne behaftete Tiriac. Dem Sport verdanke er alles, hatte Tiriac einmal gemeint, und aus ihm gelernt: wenn man gewinne, sei man der Held. Wenn man verliere, das letzte Schwein. Für sein Leben zog er den Schluss, sich immer treu zu sein. Seit 1998 war er mehrmals Präsident des Nationalen Olympischen Komitees von Rumänien. Der 1939 in Kronstadt geborene Tiriac gründete 1990 mit der "Banca Tiriac" die erste rumänische Privatbank und ist seit 2006 mit einem geschätzten Privatvermögen von einer Milliarde Dollar der reichste Rumäne. Die Tiriac unterstellte Schlitzohrigkeit mag nicht falsch sein, genauso geschätzt wird aber auch seine Geradlinigkeit und Handschlagqualität – und seine Einladungen zur Jagd oder Golf. Bei diesen Gelegenheiten, sagt Businessman Tiriac, mache man die besten Geschäfte.

Der Meistermacher – Stelian Moculescu

   Wie Ion Tiriac kommt auch Stelian Moculescu aus Kronstadt, und dieser hat vor wenigen Wochen seinen vorläufigen Karrierehöhepunkt als Trainer erreicht. Als Coach des deutschen Meisters VfB Friedrichshafen holte er sich in Moskau gegen die favorisierten Franzosen aus Tours die Champions League der Volleyballer. Moculescu hatte sich während der Olympischen Spiele 1972 in München von seiner Delegation abgesetzt und war in Deutschland geblieben. In der Folge gewann er zwischen 1978 und 2006 zwölf deutsche Meisterschaften, wurde 1987 das erste und 1999 das zweite Mal auch Trainer der Nationalmannschaft. Mit ihm erreichte Deutschland die EM-Finalrunde 2001 in Tschechien und 2003 in Deutschland sowie die WM 2006 in Japan.

Vom deutsch-rumänischen Volleyball zurück zum österreichisch-rumänischen. "Es freut mich, dass Rumänien nunmehr zur EU gehört. Das Land hat es sich verdient", sagte Marian Pascariuc in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten". Seine größte Hoffnung ist, dass sich das Bild seines Heimatlandes im Ausland, das immer noch von Misswirtschaft und Kriminalität geprägt ist, ändert. Pascariuc will das Seine dazu beitragen. Noch mehr kann der Sport, dem seit jeher Völker verbindende Kraft zugeschrieben wird, erreichen. Leichtathletin Gabriela Szabo hat in der Vergangenheit den Namen Rumäniens bekannt gemacht, Florettistin Laura Badea tut es dieser Tage. Breitensport gibt es derzeit wenig, Fitnesscenter schießen erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts aus dem Boden. Der Skisport hat seine Hochburg in Kronstadt, und dort sieht es aus wie im Salzburger Land, sagt Marian Pascariuc, es gäbe auch im Sportbereich viel zu tun in diesem Land. An fehlenden Vorbildern oder der Tradition im Spitzensport wird zukünftiges Engagement nicht scheitern. Immerhin wurde das Nationale Olympische Komitee Rumäniens als weltweit eines der ersten 1914 gegründet.

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