Jahrelang hat er bei den
besten österreichischen Volleyball-Klubs gespielt. Marian Pascariuc aus dem
rumänischen Constanţa, hat in seiner Heimat alles
durchgemacht, was man durchmachen musste auf dem Weg in eine bessere
Zukunft. Der ruhige, sympathische Rumäne kam nach Bukarest, spielte bei
Dynamo und Steaua, kam dann, 1997, nach Österreich,
nach Salzburg und für eine Saison auch nach Innsbruck. 2003 wurde er
eingebürgert und verstärkte eine ohnehin schwache Nationalmannschaft. Heute
ist der 34-jährige zweifache Familienvater nicht mehr aktiv, doch auf einem
anderen Parkett soll er weiter tätig bleiben: indem er Kontakte aufbaut und
fördert zwischen dem Bürgermeister seiner Vaterstadt und österreichischen
oder deutschen Politikern.
Der
Weltstar – Nadia Comaneci
Marian Pascariuc ist einer
von wenigen Rumänen, die den Weg in den österreichischen Sport gefunden
haben, und er gehört sicherlich nicht zu den Aushängeschildern seines
Landes. Andere Namen, andere Kaliber standen und stehen in den Schlagzeilen,
wenn es um sportliche Meriten des neuen EU-Mitgliedslandes ging. Ein Name
macht immer wieder die Runde, und er macht sie zurecht. Nadia Comăneci gilt
heute noch als eine der besten Turnerinnen aller Zeiten. Fünfmal gewann sie
bei Olympischen Sommerspielen (1976, 1980) Gold, in Montreal gelang ihr bei
ihrem ersten Auftritt auch Einzigartiges. Das damals 14-jährige Mädchen
realisierte am Stufenbarren als erste Turnerin überhaupt die Idealnote 10,0.
Diese Bewertung wurde allerdings als 1,00 angezeigt. Mitarbeiter der Firma
Longines hatte mit der Jury zwar Rücksprache gehalten und auf den Umstand
aufmerksam gemacht, keine zwei Zahlen vor dem Komma anzeigen zu können.
Egal, antworteten die Turn-Experten, die Idealnote würde ohnehin nicht
zustande kommen. Eine weitere Olympia-Goldmedaille wurde ihr durch strittige
Kampfrichter-Entscheidungen in Moskau verwehrt.
1989 übersiedelte Comăneci
in die USA, wo sie heute noch lebt. Doch die Trainer Bela Karoly und
Octavian Belu brachten nicht nur eine Lichtgestalt wie Comăneci hervor,
sondern sorgten für eine hohe rumänische Schule in dieser Sportart. Als die
Olympischen Sommerspiele 1984 in Los Angeles vom Ostblock fast komplett
boykottiert wurden, setzte sich Rumänien über die
politischen Anweisungen aus Moskau hinweg und feierte in den USA Erfolge
über Erfolge – mit Simona Pauca, Mihaela Stanulet, Laura Cutina, Cristina
Elena Grigoras, Lavinia Agache und Ecaterina Szabo, dreifache
Goldmedaillengewinner in Einzel-Disziplinen, unter anderem auch im
Kunstturn-Mehrkampfbewerb der Damen.
Heute zählen Cătălina
Ponor, wie Pascariuc aus
Constanţa,
zweifache Goldmedaillengewinnerin in Athen 2004, oder Marian Drăgulescu,
Weltmeister 2006 am Boden, zu den erfolgreichsten rumänischen Turnern. Der
Handstützüberschlag mit anschließendem Doppelsalto
vorwärts gehockt mit halber Längsachsendrehung beim Pferdsprung wurde
nach ihm benannt, da er der erste Turner war, der dieses Element auf einem
internationalen Wettkampf zeigte.
Die rumänische Schule des
Kunstturnens basierte auf rigiden vorgegebenen
Strukturen des Kommunismus. Wie in der UdSSR oder der DDR wurde der Sport
dazu verwendet, international die eigene Überlegenheit zu demonstrieren. So
wurde auch am Schwarzen Meer selektiert, und so
wurden auch in Rumänien Methoden verwendet, die in Westeuropa kaum anwendbar
gewesen wären. Dass Trainer ihre Schützlinge züchtigten, war nicht
ungewöhnlich, hohe Trainingsbelastungen standen an der Tagesordnung. Einmal
erklärte Octavian Belu, seine Sportlerinnen trainierten im Leistungszentrum
Deva sieben Stunden am Tag – bei sechs Trainingstagen also 42 Wochenstunden!
Vierfache
Weltmeister – Die Handballer
Doch nicht nur im
Kunstturnen war (und ist) Rumänien weltweit führend, sondern auch in anderen
Sportarten. So errangen die Handballer des Landes vier Mal den WM-Titel,
1961, 1964, 1970 und 1974, bei den Olympischen Sommerspielen 1976 verloren
die Osteuropäer erst im Finale. Diese große Zeit ist nunmehr vorbei. Für die
Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland konnte sich Rumänien nicht
qualifizieren und scheiterte mit einem Tor Differenz an Norwegen. Doch Liviu
Ianos, Eremia Paraianu und Adrian Petrea sind Namen, die aus der
internationalen Handballszene – aber eben auch nur dort – nicht wegzudenken
sind.
Gheorghe
Hagi – Der "Karpaten-Maradona"
Einer der besten Fußballer
der Welt kommt aus Rumänien. Gheorghe Hagi, dem der Übername
"Karpaten-Maradona" verliehen wurde, kam am 5. Februar 1965 in Sacele
im Bezirk Constanţa
zur Welt. Mit ihm feierte die Nationalmannschaft ihre
größten Erfolge. Mit Steaua Bukarest gewann er dreimal die nationale
Meisterschaft und zog 1989 in das Finale des Europapokals der Landesmeister
ein. In der Folge spielte er für Real Madrid oder Barcelona in Spanien, oder
Brescia in Italien. Seine größten Erfolge mit einer Vereinsmannschaft
feierte er mit Galatasaray Istanbul, mit dem er vier Mal türkischer Meister
wurde und 2000 den UEFA-Pokal holte.
Die größten Erfolge
feierte Hagi allerdings mit der rumänischen Nationalmannschaft. Bei der WM
1994 in den USA führte er sein Team überraschend bis ins Viertelfinale und
schlug dabei u. a. auch Vizeweltmeister Argentinien. Nach seinem Rücktritt
als Spieler versucht sich Hagi als Trainer, war auch schon (für vier Spiele)
Teamchef Rumäniens. Mit Galatasaray eroberte er am 11. Mai 2005 mit einem
5:1-Finalsieg über Erzrivale Fenerbahce den türkischen Pokal, trat aber dann
aufgrund der verpassten Champions-League-Qualifikation zu Saisonende zurück.
Hagi gewann die Wahl zu
Rumäniens Fußballer des Jahrhunderts und wurde sieben Mal (zwischen 1985 und
2000) zu Rumäniens Fußballer des Jahres gewählt. Das Stadion des FC Farul
Constanţa
wurde nach ihm benannt.
Tennisstar,
Star-Manager, Businessman
– Ion Tiriac
Eine der schillerndsten
Persönlichkeiten im rumänischen Sport ist allerdings nicht ein Athlet,
sondern ein Manager. Ion Tiriac, selbst Eishockey- und Tennisspieler und in
den 80-er und 90-er Jahren Manager des Deutschen Boris Becker, ist einer der
einflussreichsten Rumänen der Welt. Als Nationalspieler nahm er 1964 an den
Olympischen Winterspielen teil, gewann 40 Tennisturniere, darunter auch den
Doppel-Titel von Paris mit Landsmann Ilie Nastase. Als "Clown
und Dracula" bezeichneten die Medien das Paar, und es war nicht schwer zu
erraten, wer von den beiden Dracula war: der immer grimmig dreinblickende,
mit großem Schnurrbart und langer Mähne behaftete Tiriac. Dem Sport verdanke
er alles, hatte Tiriac einmal gemeint, und aus ihm gelernt: wenn man
gewinne, sei man der Held. Wenn man verliere, das letzte Schwein. Für sein
Leben zog er den Schluss, sich immer treu zu sein. Seit 1998 war er mehrmals
Präsident des Nationalen Olympischen Komitees von Rumänien. Der 1939 in
Kronstadt geborene Tiriac gründete 1990 mit der "Banca
Tiriac" die erste rumänische Privatbank und ist seit 2006 mit einem
geschätzten Privatvermögen von einer Milliarde Dollar der reichste Rumäne.
Die Tiriac unterstellte Schlitzohrigkeit mag nicht falsch sein, genauso
geschätzt wird aber auch seine Geradlinigkeit und
Handschlagqualität – und seine Einladungen zur Jagd oder Golf. Bei diesen
Gelegenheiten, sagt Businessman Tiriac, mache man die besten Geschäfte.
Der
Meistermacher – Stelian Moculescu
Wie Ion Tiriac kommt auch
Stelian Moculescu aus Kronstadt, und dieser hat vor wenigen Wochen seinen
vorläufigen Karrierehöhepunkt als Trainer erreicht.
Als Coach des deutschen Meisters VfB Friedrichshafen holte er sich in Moskau
gegen die favorisierten Franzosen aus Tours die Champions League der
Volleyballer. Moculescu hatte sich während der Olympischen Spiele 1972 in
München von seiner Delegation abgesetzt und war in Deutschland geblieben. In
der Folge gewann er zwischen 1978 und 2006 zwölf deutsche Meisterschaften,
wurde 1987 das erste und 1999 das zweite Mal auch Trainer der
Nationalmannschaft. Mit ihm erreichte Deutschland die EM-Finalrunde 2001 in
Tschechien und 2003 in Deutschland sowie die WM 2006 in Japan.
Vom deutsch-rumänischen
Volleyball zurück zum österreichisch-rumänischen. "Es
freut mich, dass Rumänien nunmehr zur EU gehört. Das Land hat es sich
verdient", sagte Marian Pascariuc in einem Interview mit den
"Salzburger Nachrichten". Seine größte Hoffnung ist, dass sich das
Bild seines Heimatlandes im Ausland, das immer noch von Misswirtschaft und
Kriminalität geprägt ist, ändert. Pascariuc will das Seine dazu beitragen.
Noch mehr kann der Sport, dem seit jeher Völker verbindende Kraft
zugeschrieben wird, erreichen. Leichtathletin Gabriela Szabo hat in
der Vergangenheit den Namen Rumäniens bekannt
gemacht, Florettistin Laura Badea tut es dieser Tage. Breitensport gibt es
derzeit wenig, Fitnesscenter schießen erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts
aus dem Boden. Der Skisport hat seine Hochburg in Kronstadt, und dort sieht
es aus wie im Salzburger Land, sagt Marian Pascariuc, es gäbe auch im
Sportbereich viel zu tun in diesem Land. An fehlenden Vorbildern oder der
Tradition im Spitzensport wird zukünftiges Engagement nicht scheitern.
Immerhin wurde das Nationale Olympische Komitee Rumäniens als weltweit eines
der ersten 1914 gegründet. |