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Kräftiges Lebenszeichen der deutschsprachigen Dramatik
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.Schottenberg sei Dank! Er hat mit dem Hundsturm 2005 eine Stätte für
junges Theater und Publikum geschaffen. Im Oktober waren dort die teilweise
famosen Ergebnisse eines Theater-Workshops zu sehen.

Von Kristina Werndl
(03. 11. 2006)

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Kristina Werndl
.
kristina.werndl [at] gmail.com

ist Redakteurin des
Aurora-Magazins.

 

Web-Tipps



Volkstheater / Hundsturm
www.volkstheater.at



Ukrainische Literaturtage
bzw. Kulturwochen

www.kulturkontakt.or.at




(c) Diogenes
Andrej Kurkov

www.kunsthallewien.at




(c) Droschl
Oksana
Sabuschko

www.droschl.com





wiener wortstaetten

www.wienerwortstaetten.at


 

 

 

Lesen Sie weitere
Theaterbesprechungen
in der Aurora

   In Wien kommt man nicht umhin zu bemerken, dass es in Österreich mehrere nebeneinander existierende Literaturen bzw. Literaturszenen gibt. Vom 19. bis 21. Oktober liefen in der Kunsthalle am Karlsplatz die Ukrainischen Literaturtage: Sieben ukrainische SchriftstellerInnen lasen aus ihren Werken, darunter Speerspitzen wie der auf Russisch schreibende Kiewer Autor Andrej Kurkow und Oksana Sabuschko, deren unlängst bei Droschl erschienene "Feldstudien über Ukrainischen Sex" auch hierzulande große Beachtung gefunden haben.

Im Hundsturm, einer Nebenspielstätte des Volkstheaters mit Berliner-Alternativszene-Schick, waren am 21. und 22. Oktober die wiener wortstaetten zu Gast. Dieses interkulturelle Autorentheaterprojekt wurde 2005 von Hans Escher und Bernhard Studlar ins Leben gerufen, um die Auseinandersetzung und Vernetzung zwischen Autoren und Autorinnen zu fördern. Ausgehend von in Wien lebenden, aus Osteuropa stammenden Autoren soll sich im Lauf der Jahre ein internationales Netzwerk bilden, um so einen Austausch zwischen den Kulturen herzustellen und ein Zentrum für zeitgenössische europäische Dramatik in Wien zu etablieren.

Unter Anleitung von Hans Escher und Bernhard Studlar schrieben die unterschiedlich bekannten AutorInnen ihr jeweils erstes Theaterstück – auf Deutsch. Die Ergebnisse wurden in szenischen Lesungen präsentiert.

    Der 1982 geborene Anwar Kashlan ließ mit der Adoleszenz-Posse "Tausche Herkunft" aufhorchen, wo der arabisch-israelische Konflikt den Frieden in einem Tiroler Bergdorf zu vergiften droht. Das Stück ist angenehm direkt, nennt Dinge und Personen beim Namen und flüchtet sich nicht in jenes metaphysische Dunkel, das in einigen Stücken der jungen Erfolgsdramatiker Bärfuss und Schimmelpfennig dominiert. Hervorragend Sebastian Wendelin als Herr Kalauwi, der erst nach einem persönlichen Unglücksfall über den Schatten seiner Vorurteile springen kann. Das Stück hat volksstückhafte Züge, Sprache und Handlung sind holzschnittartig, innerhalb des Bekannten, was in Kombination mit dem comic- und tarantinoinspirierten Ende einen ganz eigenen Reiz entfaltet. Ingesamt profitiert es ungemein vom Provisorischen der Inszenierung (Einrichtung: Katrin Hiller).

Weniger ergiebig "Das Stück" der Bosnierin Alma Hadzibeganovic, die das Machotum und Frauenbild halbseidener Männer und die "freiwillige" Selbstaufgabe der Frau in so mancher interkulturellen Beziehung ausstellt. Über gelungene Milieuschilderungen Ottakrings hinaus, für die das beherzt spielende Ensemble (Katharina Strasser, Raphael von Bargen, Michael Smulik, Claudia Sabitzer und Rainer Doppler) mitverantwortlich zeichnete, bewegt sich Hadzibeganovics Beitrag auf vom Fernsehen schon zu ausgetretenen Pfaden und ist in seinem oberflächlichen Realismus allzu leicht konsumierbar.

  Die den Abend beschließende Lesung (Sonja Romei, Heinz Weichselbraun) aus Dimitré Dinevs Deuticke-Bucherfolgen "Engelszungen" und "Ein Licht über dem Kopf" gipfelte in einem allgemeinen Gurkensuppefassen. Die kalte Suppe, die Dinev zu den heißen Klängen einer Balkanmusik-Combo servierte, verwandelte den schöpfkelleschwingenden Dichter vorübergehend in einen Hohepriester Bulgarischer Esskultur. Der Abendmahlgemeinde mundete es sichtlich. Dinevs wortstätten-Produkt "Haut und Himmel" hat am 5. Dezember im Theater Rabenhof Premiere. Im April 2007 folgt die Burgtheater-Auftragsarbeit "Das Haus des Richters".

Am folgenden Tag stellten sich die Autoren der Saison 2006/07 vor (unter anderem Michal Hvorecky, dessen Theaterfassung seines viel besprochenen Romans "City" im Jänner 2007 in Bratislava uraufgeführt wird). Außerdem las man die Farce "Austria goes to Ausland" des 1965 in Ex-Jugoslawien geborenen Laslo Vince: Durch einen interstellaren Zwischenfall ist Österreich für 24 Jahre in Dunkelheit getaucht. Eine kleine Gruppe österreichischer Flüchtlinge macht sich daraufhin auf den Weg auf die Sonnenseite des Planeten zurück ins Licht. Die Parabel, die in vielem an Nestroy erinnert, verhandelt Themen wie Migration, Terrorismus und Überwachung, aber auf so eigenständige, witzige und geglückte Weise, dass man nur hoffen kann, dass dieses Stück schleunigst das Licht der Bühnenwelt erblickt!

Eine aufregende, rundweg gelungene Veranstaltung. Das zweite Autorenwochenende im Jänner gilt Polen, im März folgt Frankreich.

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