
Godehard Erichlandwehr
ge [at] godehard-erich
land wehr.de
geboren 1963 in Gütersloh.
1984 bis 1990 Studium der
Freien Kunst in Hannover
bei Prof. Heinrich Riebesehl.
Lebt und arbeitet in
Gütersloh.
Homepage
www.godehard-erich
landwehr.de

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Alle Bilder aus dem Buch:

Godehard Erichlandwehr.
Cruise America.
blurb.com, 2010.

Reinhard Winkler
winkler.hawelka [at] aon.at
geboren 1965, Studium der
Germanistik und Geschichte
in Salzburg. Lebt und arbeitet
als Pressefotograf in Linz.
Freier Mitarbeiter der Ober-
österreichischen Nachrichten
und des Spotz-Magazins. Redaktionsmitglied der
Aurora. |
Winkler: Die
amerikanische Fotografie hat eine lange Tradition. Amerika hat nicht nur
viele gute Fotografen hervorgebracht, auch das Land selbst ist ein
klassischer Topos. Was gibt’s Neues in Amerika?
Erichlandwehr: Jemand
hat mal auf die Frage "Was gibt’s Neues in der Kunst?" mit "Velazquez"
geantwortet. Schade, dass du nicht diese Frage gestellt hast, die Antwort
hätte ich geklaut. Ich finde, das Thema "Neues" spielt in der Fotografie
eine faszinierende Rolle. Würde Eugene Atget heute von den Toten auferstehen
und wieder Paris fotografieren, mit der gleichen Geisteshaltung und Technik
wie zu Lebzeiten, es wären trotzdem völlig andere Parisfotos als die, die
wir kennen. Fotografie wird sich also immer schon deshalb verändern, weil
sich die Welt, die abgebildet wird, verändert.
Winkler:
Welchen amerikanischen Fotografen fühlst du dich verbunden?
Erichlandwehr:
Da steht natürlich ganz weit oben Walker Evans und sein Buch "American
Photographs". Aber auch Fotografen wie William Eggleston, Stephen Shore und
Lewis Baltz.
Winkler:
Welches Konzept hattest Du im Kopf, bevor Du mit der Arbeit begonnen hast?
Erichlandwehr:
Eigentlich ein Amateur-Konzept: Sehen was mich anspricht und versuchen es zu
fotografieren. Als formalen Rahmen hatte ich von Anfang an die Buchform im
Hinterkopf. Das erste Foto im Band, dieser Pfeil auf seinen staksigen
Beinen, habe ich auch ganz bewusst schon als Foto für die erste Seite
aufgenommen. Ich wollte, dass das Buch einen Anfang und ein Ende hat. Nicht
im erzählerischen Sinne, eher wie manche Musikstücke einen deutlichen Anfang
und ein deutliches Ende haben.
Winkler: Nehmen wir mal
an, ich würde die Bilder von "Cruise America" noch nicht gesehen haben. Wie
würdest du sie mir beschreiben? Was erwartet mich da?
Erichlandwehr: Dich
erwarten Fotos aus Amerika, weit übers Land verteilt zwischen Chicago und
San Francisco. Bilder von unterwegs, meist Landschaft, meist am Highway oder
in Highway-Nähe aufgenommen.
Winkler: Wie hast du
Deine Motive gefunden? Hast du danach gesucht oder bist du auf der Reise
gewissermaßen darüber gestolpert?
Erichlandwehr: Gestolpert
klingt gut. Um das bekannte Picasso-Zitat mal abzuwandeln: "Ich suche nicht,
ich stolpere". Ich bin einfach ab und zu vom Highway abgefahren und dann in
diese oder jene Straße abgebogen, mal bin ich ausgestiegen und zu Fuß weiter,
mal habe ich direkt aus dem Auto fotografiert.
Winkler: Was sieht man
auf deinen Bildern nicht – oder: Aus welchem Gestrüpp musstest du deine
Motive herauslösen?
Erichlandwehr: Da
die Strecke, die ich gefahren bin, zum Teil die alte Route 66 ist, gab es
viel von dem nostalgischen "Route 66"-Kitsch. Da fühlt man sich zeitweise
wie in einem riesigen Freilichtmuseum, in dem alles für einen arrangiert
wurde. Nicht meine Fotowelt. Zu Beginn hatte ich noch vor, eine Serie über
die Rückwände der Schilder an den Highways zu machen. Die sind ja oft
ziemlich abenteuerlich zusammengehauen, das hat mich formal sehr
angesprochen. Mit dem Projekt bin ich in kürzester Zeit gescheitert, aber es
erklärt, weshalb doch viele Rückseiten von Schildern auf den Fotos zu sehen
sind. Allerdings immer nur als Bestandteil der Landschaft, nicht als
eigenständige Objekte.
Winkler: Was ich an
"Cruise America" so mag, ist die Ruhe in den Bildern. Als stünden die
Schilder immer schon da und würden auch in Zukunft so stehenbleiben.
Vielleicht liegt das am Grad der Verwahrlosung, des Stadiums des Verfalls
der Dinge. Bild 21 zum Beispiel: Kein Mensch kann sagen, ob diese Wand seit
10 oder schon seit 30 Jahren vor sich hinwittert. Wolltest du den einen, für
die Fotografie so wichtigen und viel zitierten
"entscheidenen Augenblick" relativieren?
Erichlandwehr: Ich
mag die Idee des "entscheidenen Augenblicks" nicht, das ist einfach nicht
die Art wie ich denke. Natürlich spielt der Aufnahmezeitpunkt trotzdem eine
große Rolle. Welche Uhrzeit, welches Licht. Warte ich, bis ein Auto auf dem
Highway zu sehen ist, oder warte ich, bis es aus dem Bild ist usw. Dieses
Gefühl, dass auf den Fotos die Zeit stehengeblieben ist, das erzeuge ich
nicht bewusst. Zum einen ist das eine Eigenschaft, die Fotografie schon fast
automatisch mit sich bringt, zum anderen steigert meine Art zu fotografieren
diesen Effekt wohl eher. Aber ich lege es nicht darauf an.
Winkler: Neben Schildern
finden sich auch immer wieder Menschen in den Bildern. Meine Formulierung
zeigt schon: die Art, wie sie in der Serie auftauchen, ist bemerkenswert,
also: Es "finden" sich auch Menschen in den Bildern.
Erichlandwehr: Der
Grund, weshalb Menschen nur recht klein auf den Bildern erscheinen, meist
jedoch gar nicht, ist einfach: Sie sind nicht das Thema der Fotos, es sind
ja in erster Linie Landschaftsfotos. Indirekt spielen Menschen natürlich
eine extrem große Rolle, das sind ja Landschaften, die von Menschen stark
geprägt sind. Menschen haben in Bildern die Eigenschaft, den Dingen die Show
zu stehlen, weshalb ich sehr vorsichtig damit umgehe.
Winkler: Wie
unterscheidet sich das Arbeiten mit dem digitalen Fotoapparat vom analogen?
Erichlandwehr: Die
ganzen Analog/Digital-Diskussionen finde ich ziemlich uninteressant. Das
wäre vielleicht anders, wenn ich die digitalen Möglichkeiten bildrelevanter
nutzen würde, ich begnüge mich aber meist mit Minimalretuschen, Farb- und
Kontraststeuerung, das war es schon.
Winkler: Du würdest also
nicht z.B. ein Haus wegretuschieren, weil es die Bildkomposition stört? Wäre
dir das zu "gelogen"?
Erichlandwehr:
Zu gelogen wäre mir das nicht, aber ich habe mich dazu entschieden, meine
Bilder nicht so extrem zu optimieren und zu bereinigen. Auch weil ich die
Erfahrung gemacht habe, dass eine Fotografie oft "schlauer" ist als ich, und
ich Angst hätte, diese "Intelligenz" durch solche Manipulationen zu
schwächen. Ich halte es mit dem Satz von Nam June Paik: "When too perfect,
lieber Gott böse".
Winkler: Du kommst von
der Malerei. Was hat dich dazu bewogen, zur Fotografie zu wechseln?
Erichlandwehr: Ich
habe sehr früh angefangen zu fotografieren, Fotolabor im Jugendzentrum,
Foto-AG in der Schule, diese Schiene. Aber ich habe die Fotografie
künstlerisch nie so richtig ernst genommen. Zu der Zeit haben mich am
meisten Fotografen wie Ralph Gibson, Ansel Adams usw. interessiert. Je
weniger Realitätsnähe die Fotos hatten, umso besser. Als ich das Buch
"Argarlandschaften" von Heinrich Riebesehl entdeckte, habe ich zum ersten
Mal gesehen, dass Fotografie auch ganz andere Wege gehen kann, als mit
hängender Zunge der Malerei hinterherzuhecheln. Trotzdem habe ich erst mal
in Hannover Malerei studiert, mit leichtem Blick auf Heinrich Riebesehl,
der dort eine Professur hatte. Nach dem Grundstudium wollte ich dann
eigentlich zweigleisig fahren, Malerei und Fotografie. Aber das hat sich
schnell als falscher Weg für mich herausgestellt, ich bin dann komplett in
die Riebesehl-Klasse gewechselt und habe das nie bereut.
Winkler: Was hast du von
Heinrich Riebesehl mitgenommen?
Erichlandwehr:
Ich habe ihm sehr viel zu verdanken, was sich naturgemäß schwer auf den
Punkt bringen lässt. Aber natürlich: Beharrlichkeit, Geduld, Disziplin,
Genauigkeit.
Winkler: Gibt es ein Bild
im Buch, das dir besonders am Herzen liegt?
Erichlandwehr:
Das Bild auf Seite 57 mag ich sehr. Wir kamen gerade von einer Tankstelle,
als ich diese Straßenlampe zwischen all den Palmen sah.
Winkler: Weißt Du schon
beim Fotografieren: Das wird ein gutes Foto?
Erichlandwehr:
Wissen nie, spüren manchmal. Es müssen ja immer sehr viele Dinge stimmen, um
ein gutes Foto zu bekommen, und es wäre gelogen, würde ich behaupten, dass
ich das alles beim Fotografieren immer im Blick habe. Im Gegenteil: Wenn ich
den Überblick habe, liege ich meist falsch. |
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