Er
wird als einer der Hauptvertreter des "absurden Theaters" gehandelt und
hätte am 26. November seinen hundertsten Geburtstag gefeiert. Diesem Anlass
widmete das kleine, aber stimmungsvolle Pygmalion Theater dem in Rumänien
geborenen französischen Dramatiker Eugène Ionesco ein doppeltes Fest. Am
gleichen Wiener Spielort wurde in zwei identischen Inszenierungen, jedoch in
unterschiedlichen Sprachen und mit wechselnden Besetzungen, eines der ersten
Stücke Ionescos, Die Unterrichtsstunde, inszeniert. So eine
Gelegenheit bietet sich nicht oft!
Zum einen wurde
Ionescos Werk vom Ensemble des Pygmalion Theaters vorgeführt, zum anderen
präsentierte sich auch das Dramatische Theater "Fani
Tardini" aus Galati mit dem gleichen Stück, diesmal in rumänischer Sprache
(mit
deutschen Übertiteln). Auf diese Weise kam es trotz des Streits um die
Aufführungsrechte mit Marie-France Ionesco (Tochter des Dramatikers) zu
einer internationalen Kooperation und einem erfolgreichen
Gastspielaustausch.
Regisseur
Geirun Tino (Gründer und Leiter des Pygmalion Theaters), der auch für Musik
und Ausstattung verantwortlich zeichnete, gelang es, die gerade heute sehr
aktuelle Thematik des Verlustes der Sprache nachvollziehbar und spannend
umzusetzen. In einem schlicht gestalteten, aber zweckmäßig-klar aufgebauten
Bühnenbild, entworfen von Alexandra Benold, versucht ein älterer Professor
eine dümmliche, aber ehrgeizige Privatschülerin zu unterrichten. Sie ist das
Kind reicher Eltern, deren Wunsch es ist, dass ihr Kind Erfolg hat, und wenn
nötig, ihr den Erfolg auch kauft. Mit einem immer absurder werdenden Frage-
und Antwortspiel beginnt ein Kampf um die Macht. Der Professor beherrscht
die sprachlichen Konventionen, die bei einer Lektion gebraucht werden, die
Schülerin aber nicht. Dies verleiht ihm die Herrschaft über das Mädchen.
Immer gewaltträchtiger gerät der Unterricht, bis am Ende ein Mord steht. Und
das einundvierzigste Opfer läutet schon an der Tür.
Regieeinfälle
wie jene, auf dem schwarzen Boden des Theaters mit Kreide wie auf einer
Schultafel zu zeichnen, werden effektvoll eingesetzt. Eindrucksvoll wirkt
das Grammofon im Vordergrund, dessen Plattenteller der "Professor" sogar
selbst in Bewegung setzt. Ebenso überzeugend präsentieren sich die beiden
gegenüberstehenden Sessel: sie sind unterschiedlich groß und unterstreichen
so das Machtspiel. Dazu kommt, dass das Papier, auf dem der Professor die
"neospanischen" Sprachen abgebildet hat, so gefaltet wird, dass es sich in
ein Papierschiff verwandelt. Dasselbe Papier wird später als Leichendecke
für die Schülerin verwendet werden.
Der
Professor, nuanciert gespielt von Dietmar Voigt, findet in der unschuldigen,
ignoranten, jedoch selbstbewussten und provokanten Schülerin (Alexandra
Benold) eine passende Gegenspielerin. Nicht umsonst hat sie für diese Rolle
den Preis für die beste Jungschauspielerin bei der einundzwanzigsten Ausgabe
des Komödienfestivals 2009 in Galati erhalten.
Eine
glaubwürdige Leistung gelingt Vlad Vasiliu (Direktor des Theaters aus
Galati) auch gleich zu Beginn: Der anfangs zerbrechlich wirkende Professor
gewinnt immer mehr an Kraft und gibt während des gesamten Verlaufs eine
durchwegs schlüssige Figur ab. Eine hervorragende Leistung zeigt auch die
Debütantin Petronela Buda als Pendant zur Schülerin in der rumänischen
Aufführung.
Mit
diesen Besetzungen
– ergänzt durch Liliana Lupan, eine
erfahrene rumänische Schauspielerin beziehungsweise Elena Tober als
hilfreiches Dienstmädchen –,
ist dem Regisseur die Darstellung der Komik absurder Situationen gelungen,
vor allem aber, die Grenzen von Kommunikation trefflich darzustellen.