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»Wir
liegen alle in der Gosse,
von Jürgen Seul Oscar Wilde war einer der geistvollsten Schriftsteller seiner Epoche und ein unerreichter Sprachvirtuose, dazu ungewöhnlich witzig und schlagfertig. Er war auch ein Riese von Gestalt mit langer Haarpracht, stets extravagant gekleidet und fast immer mit einer großen Blume im Knopfloch. Als er in den achtziger Jahren die USA besuchte, versuchten ihn während seines Vortrags in Boston die Harvard-Studenten lächerlich zu machen. 60 von ihnen erschienen jeder mit einer Sonnenblume im Rockaufschlag und auch sonst entsprechend ausstaffiert. Oscar Wilde aber nahm ihnen den Wind aus den Segeln. Er trat im korrekten Abendanzug auf und bemerkte trocken in Bezug auf die Provokation: »Die Karikatur ist der Tribut der Mittelmäßigkeit an das Genie.« Das Publikum applaudierte amüsiert und begeistert, während sich die selbstgefällige Studentenschaft kräftig blamiert sah. –
Fast erwartungsgemäß studierte er klassische Philologie in Oxford und gewann dort die ersten Preise und sammelte Auszeichnungen für seine erste Kurzprosa und Lyrik. Er lernte mit Walter Pater und John Ruskin zwei andere Schriftsteller und Anhänger des Ästhetizismus kennen, die ihn inspirierten und von denen er sich den Lebensstil als Dandy der Bohème abguckte. Oscar Wilde fiel rasch als Exzentriker auf und wurde in Magazinen und Opern verspottet. Auf der anderen Seite brachte man dem sprachbrillanten Konversationsgenie Bewunderung entgegen.
Als er 1878 sein Studium
mit «Sehr Gut« abgeschlossen hatte, zog es ihn nach London. Er unternahm längere
Reisen, u. a. in die USA und Paris und machte die Bekanntschaft von
Dichterkollegen wie Walt Whitmann und Paul Verlaine. Zurückgekehrt nach London
heiratete Wilde 1884 Constance Lloyd, mit der er zwei Söhne – Cyril und Vyvyan –
hatte.
Hauptberuflich war Wilde
als Journalist und Schriftsteller tätig; er schrieb Essays, Märchen und im
Auftrag des «Lippincot’'s Monthly Magazine« den Roman «Das Bildnis des Dorian
Gray« (1890). Das Meisterwerk wurde zwar von der zeitgenössischen
Literaturkritik abgelehnt, avancierte aber in den Salons von London und Paris
zur Sensation. Während sein Theaterstück «Frau ohne Bedeutung« (1893) im Haymarket Theatre gefeiert wurde, hinterbrachte der Theaterdirektor dem Dichter eines Abends die Abschrift eines solchen an Bosie geschriebenen Briefes. Der Theaterdirektor hatte vorsorglich die Kopie – die ihm angeboten worden war – gekauft, um den seiner Meinung nach bedenklichen Inhalt nicht in die Öffentlichkeit geraten zu lassen. Wilde zerstreute seine Befürchtungen. Einige Wochen darauf trat der arbeitslose Alfred Wood auf den Plan und erpresste den Dichter mit weiteren seiner Original-Briefe an den jungen Geliebten. Wood erhielt gegen Aushändigung dieser kompromittierenden Briefe eine größere Summe, um damit ein neues Leben in Amerika anfangen zu können. Das Original des Schreibens fehlte jedoch. Kurze Zeit später tauchte mit William Allen der nächste Erpresser in Wildes Haus auf und forderte 60 £ für jenen noch nicht ausgehändigten Originalbrief. Wilde ging nicht auf die Erpressung ein, schenkte dem in arger Geldnot steckende Allen zehn Shilling und bemerkte, der Brief würde demnächst ohnehin als Prosagedicht in der Form eines Sonetts veröffentlicht werde. Wieder einige Tage später erschien mit Robert Cliburn ein Spießgeselle Allens, und brachte Wildes Originalbrief, für den er seinerseits zehn Shilling kassierte.
Wilde war froh darüber,
die Briefe in seiner Hand zu haben, und erzählte recht unvorsichtig die
Geschichte in London herum. Was er nicht wusste war, dass eine weitere Kopie des
von den Erpressern Allen und Cliburn zurückgegebenen Briefes inzwischen in die
Hände des Marquis von Queensberry gelangt war. Der Marquis war mit einem
arroganten und boshaften Wesen gesegnet. Als er von der Freundschaft seines
Sohnes mit dem Dichter erfuhr, versuchte er auf jede erdenkliche Weise, die
beiden voneinander zu trennen. Es kam zu unerfreulichen, vulgären Briefen. Im
Frühsommer 1894 erschien er eines Tages auch unangemeldet in Wildes Haus in
Chelsea. Dort beschuldigte er den Hausherrn, mit Lord Douglas wegen abstoßenden
Betragens aus dem Savoy Hotel gewiesen worden zu sein und mit ihm eine Wohnung
am Piccadilly genommen zu haben. Wilde bestritt jedes unschickliche Verhalten.
Der Marquis drohte daraufhin: «Wenn ich Sie und meinen Sohn zusammen in einem
öffentlichen Lokal erwische, werde ich Sie verprügeln.«
Die persönliche Fehde
setzte sich erbittert fort, wobei sich Bosie wenig um die Wünsche seines Vaters
kümmerte. Vielmehr ließ er sich ostentativ überall mit Oscar Wilde sehen und
unternahm Reisen mit ihm.
Die Rache des Marquis folgte:
An einem nebligen
Nachmittag des 18. Februar 1895 wurde im Londoner Albemarle Club, zu dessen
Mitglieder Oscar Wilde gehörte, beim Portier eine offene Visitenkarte für Mr.
Wilde abgegeben. Die Visitenkarte wurde in dem späteren Gerichtsverfahren als
‚Beweisstück A’ gekennzeichnet, ist gerade einmal handflächengroß und trägt
exakt fünf Wörter: «To Oscar Wilde posing sodomite« (dt.: Für Oscar Wilde,
posierender Sodomit). Als Absender führt die Visitenkarte den eleganten
Aufdruck: «Marquis of Queensberry«. Im viktorianischen England war der Begriff Homosexualität bis zum Ende des 19. Jahrunderts noch nicht gebräuchlich. Stattdessen wurde von Unzucht, Päderastie und Sodomie gesprochen. Der «Criminal Law Amendment Act« von 1885 – eine Ergänzung zum britischen Strafgesetzbuch – sah in seinem Artikel 2 vor, dass jede männliche Person bestraft wurde, die sowohl im öffentlichen als auch privaten Bereich unsittliche Handlungen mit anderen männlichen Personen beging, an ihnen teilnahm, Gelegenheit hierzu verschaffte oder zu verschaffen versuchte. Die Höchststrafe lag bei zwei Jahren Gefängnis, die mit oder ohne Zwangsarbeit angeordnet werden konnten. Der Absender der Visitenkarte bezichtigte demnach Oscar Wilde der als Verbrechen zu ahnenden Homosexualität. Ungeachtet der prozessualen Gefahr für ihn selber erstattete Oscar Wilde am 1. März 1895 Anzeige gegen den Marquis. Gleichzeitig wurde ein Haftbefehl beantragt, aufgrund dessen Queensberry am folgenden Tag festgenommen und zum Polizeigericht gebracht wurde. –
Für den Angeklagten trat
Edward Henry Carson in den juristischen Ring. Der Marquis engagierte außerdem
den ehemaligen Polizeidetektiv Littlechild, der die Intimsphäre Wildes
ausspionieren sollte. Littlechild gelang es, einen auf Wilde eifersüchtigen
Schauspieler und Bühnenautor ausfindig zu machen, der sehr bereitwillig die
Adresse eines Mannes namens Alfred Taylor in Nr. 3 Chapel Street weitergab. Der
Detektiv verschaffte sich Zutritt zu dessen Wohnung und fand zahlreiche Adressen
von homosexuellen jungen Männern – Kutscher, Diener, Köche zwischen 17 und 21
Jahren alt – und außerdem Unterlagen, die ihre eindeutig sexuell motivierten
Kontakte zu Wilde erkennen ließen. –
Oscar Wilde hätte nun ins
Ausland gehen können. Aber er ließ die Dinge treiben. Und so kam es zu einem
ersten Strafverfahren gegen ihn wegen Unzucht. Nur weil sich die Geschworenen
nicht einigen konnten, kam es zu keiner Verurteilung. Es waren grausame Jahre im Zuchthaus, wobei erstaunlicherweise die Mitgefangenen die einzigen waren, die zu Wilde hielten. In der Welt außerhalb der Zuchthausmauern war er verfemt. Seine Frau Constance hatte sich inzwischen von ihm getrennt, seine Wohnungseinrichtung wie auch andere Vermögensgegenstände – auch wertvolle Manuskripte – waren versteigert worden, er selbst für bankrott erklärt worden. Seine Bühnenstücke waren von den Spielplänen gestrichen worden, so dass er auch als Bühnenautor am Ende war.
Nur wenige Freunde blieben
ihm treu. Wirtschaftlich war Wilde durch die ungeheuren Prozesskosten ruiniert,
obwohl sein Verteidiger Sir Edward Clarke kein Honorar nahm. Durch die
Zuchthauszeit zog sich Wilde ein böses Ohrenleiden zu, von dem er sich nie mehr
erholte. Straferlass wurde dem berühmten Dichter verwehrt. Bei Strafende gelang
es seinen Freunden, ihn heimlich abzuholen, um der Presse zuvorzukommen.
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