Glanz & Elend Magazin für Literatur und Zeitkritik |
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Gegen die Mechanismen der
Selbsttäuschung Es ist merkwürdig und wunderbar, in einem Buchtitel des Jahres 2009 (Original 2006) das Wort „Infotopia“ zu hören. Das klingt jedoch zu schnell noch einmal nach schöner neuer wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Aufklärung im digitalen Zeitalter. Natürlich gibt es da noch den viel wichtigeren Untertitel, der von den Methoden der kollektiven Wissensproduktion erzählt. Der eigentlich recht trockene, pragmatische Gestus des Buches, der Versuch, eine nüchterne Bestandsaufnahme der gleichwohl überschwänglichen Möglichkeiten heutiger kollektiver Strategien zur Informationsgewinnung wird aber durch den Haupttitel verwischt. Besser bekäme dem Werk vielleicht: „The Really Useful Basics of Being Informed“ und dann eben: „How Many Minds Produce Real Knowledge“.
Der große Vorbehalt: die
aktuelle marktförmige Verflachung aller Medien
Viele Symptome sprechen
dafür, dass die Freiheit der Information und Aufklärung im Netz einer
zunehmenden Kanalisierung, Vermarktung und Vermachtung unterworfen wird, durch
politische und ökonomische Interessen der Politik und der Medien- und
Technologie-Konzerne. Praktiziert wird konzernförmiges Denken auch da, wo es
nicht nötig wäre: etwa bei Meinungskontrollen und Strategien der Desinformation
in einem Medium, das die gedruckte oder virtuelle Diskussion in Leserbriefen und
Foren zusätzlich zu den professionellen Artikeln befördern sollte; oder in
Missachtung von Autoren- und Verlagsrechten im Printsektor durch die
Netzallmacht von Suchmaschinen, die Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, aber auch
Fotografien, Bilder, Filme, Agentur-, Presse-Nachrichten sowie PR-Erklärungen
und Werbung als indifferentes Material in ihre Datenstaubsauger schlucken und
wieder ausspucken. Andererseits ahmen die Print-Hersteller derzeit in der
Neuauflage ihrer Produkte viele Missstände der neuen digitalen Medien nach,
indem sie bei Megakompilationen die alte Qualität nivellieren. Vielleicht ist
die Klage über den Verfall so alt, wie die Hoffnung auf unumschränkte Freiheit,
nicht nur im Netz.
Sunsteins nüchterner
Opti-Minimalismus selbstaufklärender Gruppen im Methodenmix Sunstein reagiert gelassen auf diese Selbsttäuschungsmechanismen. Ihre Feststellung ist für ihn bereits der Beginn der selbsttherapeutischen Informationserweiterung. Und er stellt in allen seinen Lösungswegen immer auch die fortwährende Irrtumsanfälligkeit fest: Sowohl in der freien, argumentativen Diskussion (Diskurs), im wirtschaftlichen Informationswettbewerb (durch Märkte und Börsen) oder in horizontaler Gruppenkommunikation wie vertikaler Unternehmensverständigung können sich jederzeit wieder Verzerrungen und Verwirrungen ausprägen. Sunstein geht in seiner Methode der Untersuchung von Formen der kollektiven Informationsgewinnung in der alten Tradition empiristisch-angelsächsischer Induktion vor. Vom einzelnen Wissensinhaber zur gruppenförmigen oder systemischen Verallgemeinerung. Er betrachtet dabei sowohl die rein statistischen Wahrscheinlichkeiten der Wissensausbreitung in Gruppen auf der Basis von wahren oder falschen Ansichten, wie auch der begrifflich-argumentativen Deliberation (Meinungs- und Willensbildung), die er als konzeptuelles Korrektiv der statistischen Verbreitung von Wissen und Ansichten ansieht. Im Rekurs auf Friedrich A. von Hayek behandelt er Märkte, Preissysteme und Prognosemärkte als wertvolle Anreizsysteme, um an komplexe Informationen über kommerzielle Waren, Dienstleistungen und politisch-soziale Sachzusammenhänge zu gelangen. Dabei geht es nicht nur um die Benutzung vorhandener Märkte, sondern auch um die Schaffung neuer Wettbewerbssituationen, die weitere Optionen anfachen. Das Internet wird schließlich als Wissensquelle in seiner bereits oben geschilderten Spannbreite zwischen kollektiv benutzbaren und im Team zu bearbeitenden Wikis, Open-Source-Software und eher individuell oder gruppenförmig gehaltenen Blogs diskutiert, in gewisser Weise in Analogie zur Alternative der statistischen versus der deliberativen Meinungsbildung in den vorhergehenden Kapiteln.
Sunsteins plädiert für die Kombinationen der dargestellten Strategien, jeweils
passend für unterschiedliche Individuen oder kollektive Subjekte in
verschiedensten Situationen der Informiertheit oder der Desinformation, um aus
der misslichen Lage von Selbstbezogenheit, Egoismus, Saturierheit, Selbst- und
Fremdtäuschung, Informationskaskaden, Fehlerverstärkung, Extremismus,
Polarisierung oder faulem Kompromiss, verdeckten Profilen, sozialem Druck,
Ineffizienz und schrecklicher Vereinfachung herauszukommen. Solange dabei
nüchterner Optimismus statt Triumphalismus vorherrsche, läge der
voraussichtliche Erfolg gar nicht so fern, Stück für Stück mehr zu wissen. |
Cass R. Sunstein |
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