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Leben
vor dem Sprung |
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Es gibt Bücher, da weiß
man schon nach den ersten Seiten, dass man ein besonderes Stück Literatur in den
Händen hält, und die Lektüre keine Zeitverschwendung sein wird.
In »Am Rand« beschreibt
Platzgumer zunächst eine Jugend, dann ein Erwachsenenleben, die beide von
Rohheit, Härte und dem Tod bestimmt sind. Er skizziert sehr eindrucksvoll und
vor allem ausdrucksstark, ohne dabei ins Geschwätzige abzugleiten. In Gerolds Umfeld gibt es Banden, lebensgefährliche Mutproben, Todessehnsucht, Gewalt, mitunter kleinere Foltereien, exzessives Karatetraining (Shōtōkan-Kampfkunst), und schließlich einen stumpfen rauen Großvater, der die Tochter - also Gerolds Mutter, ehemalige Prostituierte, später Nonne - terrorisiert, und der schließlich bettlägerig von Gerold in einer sehr plastisch beschriebenen Szene, grausam erstickt wird. Weitere drastische Szenen folgen; wie der Unfall seines letzten und besten Freundes Guido, der anstelle von Mineralwasser, versehentlich ätzende Industrielauge schluckt, zwar überlebt, aber sich von da an etlichen unerfreulichen Operationen (zunächst Dehnung, später dann Entfernung der Speiseröhre) zu unterziehen hat, bis er sich zu einem letzten radikalen Schritt entschließt. »Ich blicke über meine Schulter zu Guido ins Wohnzimmer. Wie der alte Gufler saß er unverändert vor dem Fernseher. Vielleicht war er bereits gestorben und im Begriff zu mumifizieren? Vielleicht sollte ich ihm einen Kopfhörer aufsetzen, die Wohnung verlassen und in einem Jahr wiederkommen.«
Und dann sind da noch
Gerolds Schriftstellerambitionen, und Elena, seine einzige Liebe, die über
sämtliche seiner Aufzeichnungen vernichtend urteilt, und ihn schließlich
auffordert, ihr erst wieder etwas zu lesen zu geben, wenn er etwas fertiges und
brauchbares fabriziert habe. Dies führt dazu, dass Gerold das Schreiben
schließlich ganz aufgibt. »Besser hätte ich Elena, die mir näher als alles in
der Welt stand, nicht so früh in den Schreibprozess miteinbezogen, denn ihre
Kritik verwirrte und demotivierte mich, spornte mich nicht an, sondern spülte
ein Gefühl des Versagens über alles, was ich schrieb.«
Bei all der
Schonungslosigkeit und Radikalität dieses Buches, das mich phasenweise an die
Romane von Jerzy Kosiński
erinnerte, blitzt gelegentlich ein Humor auf, den man als drastisch, absurd,
tiefschwarz oder morbide bezeichnen darf. Artikel online seit 23.04.16 |
Hans
Platzgumer |
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