Am 25. Januar 1882 wird Adeline Virginia Stephen als drittes von vier
Kindern des Schriftstellers und Kritikers Leslie Stephen und seiner Frau
Julia (geb. Jackson, geschiedene Ducksworth) in London geboren. Sie
wächst als zweitjüngstes von acht Geschwistern und Halbgeschwistern im
Londoner Stadtteil Kensington in der Hyde Park Gate 22 auf. In ihrer
Kindheit werden sie und ihre Schwester Vanessa von ihren
Halbbrüdern George und Gerald Duckworth
sexuell
mißbraucht.
Virginia besucht keine Schule, hat
aber Zugang zur großen Bibliothek ihres Vaters und äußert früh den
Wunsch, Schriftstellerin zu werden.
1891
erscheint die erste Ausgabe der Familienzeitschrift der Stephens-Kinder,
die »Hyde Park Gate News«. Am 5. Mai 1895 stirbt die Mutter an den
Folgen einer Influenza. Ihr Tod löst Virginias erste psychische Krise
aus. Am 19. Juli 1897 stirbt ihre Halbschwester Stella an den Folgen
einer Bauchfellentzündung. Am 22. Februar1904 stirbt Ihr Vater, der
inzwischen in den Adelsstand erhobene Sir Leslie Stephen, an Krebs. Im
Mai des Jahres erleidet Virginia einen Nervenzusammenbruch. Im Oktober
ziehen die Geschwister an den Gordon Square 46 in Bloomsbury.
Virginia Woolf schreibt ihre ersten Artikel für die Frauenbeilage des
»Guardian«. Bei einem Abendessen trifft sie zum erste Mal mit Leonard
Woolf zusammen. Sie ist Mitglied der »Bloomsbury Group«, eines bekannten
Zirkels von Literaten, Malern, Verlegern, Kritikern und
Wissenschaftlern. Virginia schreibt Buchrezensionen und für das
renommierte »Times Literary Supplement« und unterrichtet am Morley
College. Im Herbst 1906 erkrankt Virginia an Nausea. Am 20. November
stirbt ihr Bruder Thoby an Typhus.
Im Frühjahr 1912 gibt Leonard W. Woolf den Kolonialdienst auf; der
Schriftsteller und Journalist (1880-1969) macht Virginia einen
Heiratsantrag. Sie heiraten am 10. August auf dem Standesamt St. Pancras.
1913 beendet Virginia Woolf ihr Buch »The Voyage out«, an dem sie seit
1907 gearbeitet hat. Im Juli leidet sie unter schweren Depressionen und
weigert sich, Nahrung zu sich zu nehmen. Am 9. September versucht sie
sich, mit Schlaftabletten das Leben zu nehmen.
Im März 1915 zieht Leonard Woolf ins Hogarth House um. Virginia erholt
sich zu der Zeit in einer Privatklinik. Im März erscheint ihr Roman »The
Voyage Out« (Die Fahrt hinaus). 1917 kauft das Paar eine Druckerpresse
und gründen den Verlag, »The Hogarth Press«. Im Juli 1919 ersteigern sie
für 700 Pfund Monk's House in Rodmell (Sussex).
Virginia Woolfs Roman »Jacob's Room« (Jakobs Raum) erscheint 1922 in der
Hogarth Press. Sie lernt Vita Sackville-West kennen. Leonard scheitert
als Labour-Kandidat bei den Parlarmentswahlen. Im März 1923 wird Leonard
Woolf Feuilletonredakteur bei »The Nation«.
Im April 1925 erscheint Virginias Essay-Sammlung »The Common Reader«
(Der gewöhnliche Leser), im Mai ihr Roman »Mrs. Dalloway«. Im Mai 1927
erscheint »To the Lighthouse« (Die Fahrt zum Leuchtturm). Im Juli
verbringt Virginia zwei Wochen bei ihrer Freundin Vita Sackville-West in
Long Barn. Die Woolfs schaffen sich ein Auto (einen Stinger) an. Im
September 1928 unternehmen Virginia und Vita eine Reise nach Frankreich.
Im Oktober erscheint »Orlando.
A
Biography« (Orlando.
Geschichte eines
Lebens).
Im Januar 1929 reisen die Woolfs nach Berlin. »A Room Of One's Own« (Ein
Zimmer für sich allein), ein feministisches Essay, das zu einem
Schlüsseltext der Frauenbewegung wird, erscheint im Oktober.
Im Januar 1931 macht Virginia die Bekanntschaft von John Lehmann, der
erst Mitarbeiter und später Teilhaber der Hogarth Press wird. Der Roman
»The Waves« (Die Wellen) erscheint im Oktober. Am 21. Januar 1932 stirbt
ihr langjähriger Freund Lytton Strachey.
Am
5. Oktober 1933 erscheint ihr Buch »Flush«. Im Herbst 1936, nach der
Fertigstellung von »The Years« (Die Jahre), erkrankt Virginia Woolf
erneut. Im Juni 1938 erscheint die umstrittene feministische
Streitschrift »Three Guineas« (Drei Guineen).
Im Januar 1939 besucht das Ehepaar Woolf Sigmund Freud in Hampstead. Im
März lehnt Virginia die Ehrendoktorwürde der Universität Liverpool ab.
Im Juni unternehmen die Woolfs ihre letzte gemeinsame Urlaubsfahrt durch
die Bretagne und Normandie.
Nachdem Hitler-Deutschland am 1. September Polen überfallen hat, erklärt
England am 3. September dem Deutschen Reich den Krieg.
Nach dem Überfall auf Holland und Belgien im Mai 1940 beschließen die
Woolfs, gemeinsam aus dem Leben zu gehen, falls es zu einer
deutschen Invasion Englands kommen sollte, und besorgen sich Gift.
Leonard Woolf ist Jude. Die Luftschlacht um England
hat 1941 ihren Höhepunkt erreicht, und täglich fliegen deutsche Bomber
Angriffe auf London. Bei einem dieser Angriffe wird ihr Haus am Mecklenburgh Square schwer beschädigt.
Virginias gesundheitlicher Zustand verschlechtert sich immer mehr. Am
27. März bringt Leonard Woolf seine Frau zu einer Ärztin nach Brighton.
Einen Tag später beendet Virginia Woolf im Fluß Ouse bei Lewes in Sussex
ihr Leben. Sie ist eine gute Schwimmerin, deshalb wickelt sie einen
schweren Stein in ihren Mantel ein. Ihr Körper wird erst Tage später
gefunden. Sie wird am 21. April 1941 eingeäschert.
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Die Briefe & Tagebücher
»Eine
verwegenere & großzügigere Sicht der Dinge tut not.«
Von Herbert Debes
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Der
Name Virginia Woolf steht heute für formale
Innovation, poetische Redlichkeit und bahnbrechende Weltliteratur, deren Einfluß auf die emanzipatorische Bewegung der Frauen mit dem Beiwort
»feministisch« nur geschmälert wird. Sie selbst hat dieses Etikett bereits
in den 30er Jahren für »überholt, tot, verkommen« gehalten. Virginia
Woolf hatte eigentlich immer über die Seele schreiben wollen, doch wie sie in ihrem Tagebuch am
Montag, den 19. Februar 1923
ironisch bemerkt, kam ihr dabei immer das Leben dazwischen.
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