Gib Sprach Altar
Björn Kuhligk schrieb im Oktober 2015 im Freitext der ZEIT über den Grenzzaun in der spanischen Exklave Melilla auf dem afrikanischen Kontinent:
„Ich bin erschöpft von den Eindrücken, unfähig, aufzustehen, zu müde, um etwas zu trinken. Ich hätte etwas über Singvögel schreiben können, ein Buch über irgendeine Fähigkeit, das Einmaleins der Lyrik, 100 tolle Schreibaufgaben, was Abstraktes, Zusammengeklatschtes. Zusammenklatschen geht immer, da muss man nur die bescheuerte Postmoderne anzapfen und fertig ist die Bude. Nein, ich wollte hierher. Ich hatte angefangen, über Melilla zu schreiben, nachdem ich vor ein paar Jahren in einer 80 Meter langen Schlange in einem Supermarkt stand und in der Zeitung darüber las.“
Jetzt ist sein neuer Gedichtband bei Hanser erschienen und Margarete Stokowski hat ihn gelesen und ins Zentrum ihrer Kolumne im Spiegel genommen:
„Jemand, der so dezidiert seinen Standpunkt sucht, sich aber keineswegs in der Suche danach verliert, sondern weiterläuft und versucht, zu verstehen, was zu verstehen ist, tut zwar weniger als einer, der mit einem Schiff aufs Meer fährt und Seenothilfe leistet - aber vielleicht dennoch mehr als die meisten. Björn Kuhligk ist nicht der Held dieser Gedichte - es gibt keinen Helden, nur einen Besucher und dazu noch einen, der nicht eingeladen war. Er hat einen Pass, ein Zimmer im Hotel, er hat Geld in zwei Währungen und eine Uhr, die er von mitteleuropäischer Zeit auf marokkanische Zeit umstellen kann: eine Stunde zurück.“
Björn Kuhligk: Die Sprache von Gibraltar. Gedichte. Hanser Berlin 2016.
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