Kaffeehausliterat
Neu in der Reihe „Jüdische Miniaturen“:
Im Zuge des anekdotischen Erzählens über den 1890 in Wien geborenen Bohemien und Kaffeehausliteraten Anton Kuh wird häufig vergessen, dass er auch ein äußerst fleißiger Schriftsteller und Journalist war, der zu Lebzeiten sechs Bücher und über 1500 journalistische Arbeiten veröffentlichte. Sein publizistisches Wirken stellte Kuh über Jahre in den Dienst des Kampfes gegen Nationalismus, Militarismus und den Aufstieg der Nationalsozialisten. Als hellsichtiger, unabhängiger Beobachter und scharfzüngiger Kommentator seiner Zeit war er, den Alfred Kerr als „Hirnzigeuner von lukianischem Geblüt“ bezeichnete, einer der hervorstechenden Chronisten des politischen und kulturellen Lebens in Wien und Berlin in den ersten vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Von den Nazis ins Exil getrieben, starb Anton Kuh 1941 in New York.
Oliver Bentz: Anton Kuh. Kaffeehausliterat zwischen Prag, Wien und Berlin. Hentrich & Hentrich
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Wer sofort und gleich mehr über Anton Kuh wissen will, greife zum Essay von Klaus Podak in der Süddeutschen aus einer Serie über große Journalisten:
„Einen Artikel eröffnete er so: "Es onkelt in den Schachtelhalmen." Der Satz hat ihm gefallen. Er steht für sich allein. Dann kommt ein Absatz. Und weiter geht es mit fein gepfefferten Sätzen, die nicht etwa vom Onkel erzählen, sondern etwas umspielen, das man Onkelhaftigkeit nennen könnte. Es ist die Befindlichkeit schlau-gutmütiger Spießer, ekelhaft nett, verlogen tolerant. Von den Schachtelhalmen kein Wort mehr. Die spröden Pflanzen verdanken ihr Dasein im Text allein der Lust am Klang des ersten Satzes. Im letzten Absatz lässt er es noch einmal onkeln. Ganz knapp.“
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