Böhmen und mehr
Rolf Löchel bespricht auf literaturkritik.de eine Publikation rund um einen bislang unbekannten Gedichtzyklus von Ingeborg Bachmann:
„Höller und Lacarti behandeln Bachmanns Gedichte philologisch mit bewundernswerter, heutzutage nur noch selten vorzufindender Gründlichkeit und Akkuratesse. Ihre Analysen der Werke sind scharfsinnig, überinterpretiert erscheinen allerdings Bachmanns Verschreibungen im Typoskript der zweiten Fassung des Gedichts Böhmen liegt am Meer. Dennoch: Ein triftigeres Plädoyer gegen „Absonderung und Abgrenzung der Kunst vom Leben“ lässt sich kaum vorstellen.
Nicht nur ihr Vorhaben, dem lesenden Publikum „eine möglichst konkrete und zugleich das ästhetische Denken erweiternde Vorstellung“ davon zu geben, „was das Schreiben und die Literatur im Leben eines der Welt und ihren Zumutungen ausgesetzten Menschen […] bedeutet haben“, ist den Autoren vollumfänglich gelungen. Auch ihre Hoffnung, dabei zugleich ein „lesbares Buch“ vorgelegt zu haben, „das manchmal […] eine gewisse Intensität erreicht, von todtraurigen Dingen handelt und vom Ausweg aus der Misere des Lebens, den jemand im Schreiben gesucht hat“, haben sie sich selbst und den Lesenden aufs Trefflichste erfüllt. Manchmal ist der Band, der alle wissenschaftlichen Standards erfüllt, geradezu herzzerreißend, etwa in den Passagen über Bachmanns erlittenen Liebesverrat und ihren Suizidversuch.“
Hans Höller / Arturo Larcati: Ingeborg Bachmanns Winterreise nach Prag . Die Geschichte von „Böhmen liegt am Meer“. Piper Verlag, München 2016.
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