Duo-Kreationen
Aus dem Grußwort von Dagmar Fretter & Dr. Hans Joachim Wagner von der Kunststiftung NRW zu einer interessanten Neuerscheinung in der edition virgines:
„Thomas Kling, der Dichter, der gleichermaßen als Klangkünstler zu verstehen ist und das gesprochene Wort ins Performative hin weitete. Ein Grenzgänger also, ein Sprachwandler zwischen den künstlerischen Welten. Frank Köllges, Komponist und Perkussionist, der sich mit seinem Tun und in jeder Faser als Performance-Künstler verstand und dabei die engen Grenzen des Jazzclubs wie des Konzertsaals sprengte – als Kapellmeister im Zirkus, im Kontext der visuellen Künste als »act« zur Eröffnung der documenta 8 oder der Art Basel, als Initiator des gigantischen Planetenfahrer-Projektes, bei dem er mit 100 Kolleginnen und Kollegen auf eine dreijährige Weltreise zur See gehen wollte.
Um das Vermächtnis beider Künstler kümmert sich die Kunststiftung NRW seit geraumer Zeit. Sie hat Mittel bereitgestellt, um den Nachlass Frank Köllges zu sichten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit Thomas Kling stand die Kunststiftung in enger Verbindung, seit er seinen Wohnsitz auf der Raketenstation Hombroich nahm. Nach seinem Tod wurden immer wieder Projekte unterstützt, die sich mit seinem Werk und seinem Nachlass beschäftigen. Die Einrichtung der Thomas-Kling-Poetikdozentur an der Universität Bonn im Jahr 2011 ehrt den Dichter in besonderer Weise. In den letzten Jahren hat sich Norbert Wehr mit Unterstützung der Kunststiftung NRW um das akustische Erbe Thomas Klings gekümmert. Er hat die verstreuten Tonaufnahmen zusammengetragen und archiviert. Mit dem Hörbuch »Die gebrannte Performance« hat er mehr als vier Stunden Originalton Thomas Kling, darunter gemeinsame Auftritte mit Frank Köllges, wieder hörbar gemacht. Das Hörbuch, das im Auftrag und in der Schriftenreihe der Kunststiftung NRW erschienen ist, ist in der Öffentlichkeit begeistert aufgenommen und mehrfach ausgezeichnet worden. Die starke Resonanz hat überrascht und zeugt von der ungebrochenen Aktualität dieses Künstlers. Über Kling wird wieder gesprochen und geschrieben, und – was besonders wichtig ist: eine junge Generation von Lyrikbegeisterten findet mit dieser Edition einen neuen Zugang zu seinem Werk.
Thomas Kling und Frank Köllges waren gleichen Geistes. Sie waren Experimentatoren, Spieler mit und in der Kunst, und sie scherten sich beide einen Kehricht um den etablierten Kunstbetrieb. Kling starb 2005, Köllges starb 2012. Es ist an der Zeit, ihr gemeines künstlerisches Wirken zu beleuchten, ihre Schaffenszusammenhänge und engen Kollaborationen mit anderen Künstlerinnen und Künstlerinnen zu untersuchen, und schließlich – so steht zu hoffen – etwas von ihrer Widerständigkeit in die Gegenwart zu transportieren. U.a. mit den nun hier von Enno Stahl versammelten Tagungsbeiträgen.“
Duo-Kreationen. Thomas Kling & Frank Köllges, gemeinsam und mit anderen. Dokumentation einer Tagung im Heinrich-Heine-Institut, gefördert von der Kunststiftung NRW, herausgegeben von Enno Stahl.
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