ein bild

LICHTBILDAUSWEIS UND GEBURTSANZEIGE


maldix

Heute Nacht vom Wind entbunden.
Und er fliegt.
Wenn auch erst kleine Zimmerrunden
von Wiege zu Wiege.

(Maieutischsten Dank an Christian Droßmann.)

28.09.2006 09:26:37 

SPECHT-ES


Flackernde Lichtungen
Aus lauter Zwischenraum
Ab
Gezählt jetzt Stamm für
Stamm vom Klopfen des

SPECHT
ES

Sechs Milliarden


Schläge


In der Sekunde

30.10.2006 15:28:21 

A


Kein klebriger Ver-/band mehr um die Birn-/bäume Kein Hanf
mehr um den / Stamm um sie zu binden / Der grüne Film ist
fort in / dem sie hän- / gen blieben / deine A- / meisenbeine

17.11.2006 00:48:23 

SISSI


Franzl sagt, es sei alles in Ordnung.
Inzwischen sagt er das aber alle fünf Minuten.

So wird er zum Heiligen der Besorgten.

Vielleicht hätte ich ihm nicht sagen dürfen,
dass ich meine Goldreserven in die Schweiz geschafft habe.

Ich tröste ihn.

Aber mein Geld bleibt
w o e s i s t !

07.12.2006 11:04:43 

DON JUAN DE X


Niemand hatte den Admiral jemals gesehen. Und doch erkannten ihn alle, als er vor ihnen stand. Trotz seiner schmalen Schultern und dem ausgebleichten Hemd. Er war barfuss, deshalb zog auch die Stadt die Schuhe aus. Damit er sich ein Paar aussuchen konnte. Aber er verzichtete: Es waren keine Segeltuchschuhe dabei. Danach verstanden die Gastgeber sich selbst nicht mehr. Es war sein Blick. Kein Städter, der sich nicht schiffbrüchig fühlte vor diesen Augen. Obwohl sie alle so sehr Binnenländer waren, dass nicht einmal ein Fluss durch ihre Stadt führte.

Um das wettzumachen, bauten sie ihm ein Peer auf den Marktplatz hinaus, während er seine Hängematte im Rathaus aufspannte und ein Mittagsschläfchen hielt. Als er am Abend aufwachte, hatten Feuerwehr und technisches Hilfswerk den Marktplatz schon knietief unter Wasser gesetzt und ein Modellbauverein führte ihm zu Ehren seine berühmte Seeschlacht auf. Natürlich en miniature. Schade nur, dass der Admiral von seinem Sieg nichts mehr erfuhr. Er hatte sich schon beim ersten Strammstehen vor der Flotte einen Splitter in den Fuß getreten und


war bei dem Versuch

ihn hüpfend heraus


zu

ziehen

im merk

antilen

Golf

er

trunken.

18.12.2006 22:01:30 

LEUCHTPILZLANDSCHAFT


leuchtpilze

20.12.2006 11:07:14 

TAXI-CHARON


Drückend ist es im Taxi, so drückend, dass auch das Denken wie eingeschlossen ist. Einen Augenblick lang die Befürchtung, der Fahrer könne mich in ein Gespräch ziehen. Aber der bärtige Mann scheint auch in diese große Abwesenheit geraten, in dieses Warten auf Kühle. Alles wie angehalten. Nicht einmal das Bild seines massigen Körpers dringt noch zu mir durch:

Auch der Blick vage geworden.

Mein tiefes Aufatmen bei dem Windhauch, der mit dem Anfahren hereindringt. Durchzug. Er streicht mir um Gesicht und Nacken, findet auch zwischen den Knöpfen des Hemdes hindurch. So nehme ich für mich wieder Kontur an. Es ist, als hätte ich in der gestauten Luft hier einen Abdruck hinterlassen, der nun von mir abrücke und aus dem Fenster abziehe.

`Hauchseelen!´, denke ich. Ohne Zusammenhang. Nur das Wort: `Hauchseelen!“

13.01.2007 09:58:07 

IBIS


ibis

Noch immer jage ich auf meinem Flusspferd

Ohne Sattel Ohne Zaumzeug
Quer zu meiner Balance
Und doch falle ich nicht

Des roten Harzes wegen
Das mein Reittier schwitzt
Das klebt mich fest - - -

Höchstens werde ich mir selbst zum komischen Zwischenfall

31.01.2007 00:58:54 

COURBET IM KITTCHEN


I.
Zu deinen Äpfeln hat man dich gesperrt, gleich nach der Kastration des Obeliskes:
Ein Plebiszit der mineralisierten Erektion.
Zu Anfang durftest du die Früchte nicht mal malen.

II.
Du bist es also selbst: Dieser gelöschte Reiter deines durchgehenden Pferdes.
Ein falscher Galopp: So jedenfalls behaupten es die Röntgenologen.
War es dieser Schimmel, der dich streckte?

05.02.2007 20:28:34 

DANK AN DIE MÖRDER VON JACQUES ROCHE


Rubine
Jacques Roche lächelt den Tod an
Rubine im Rollsplit aus
Jacques Roches Kopf
44
wird er nicht mehr
seit dem Rollsplit
seit den gewünschten Zeilen
zwinkert er den Tod an
die blaue Hose
dreht ihn in seine Kette
dreht ihn nackter noch nackter
als die Rubine feuchter
feuchte Rubine
Jacques Roche lächelt den Tod an
Ein Flöz von Rubinen

Hat er im Leben jemals so gelächelt ?

http://www.alterpresse.org/IMG/arton2833.jpg

merci aux assassins de Jacques Roche

de ses dents couleur
rubis
Jacques Roche sourit à la mort
rubis sur gravier
perlant du dedans
de sa tête
ses
44 ans
jamais ne les fêtera
Jacques Roche
rutile sur gravier

désirant quelques lignes
faisant des oeillades
à la mort
le pantalon bleu
l’entortillant dedans sa chaîne
le tordant à en être encore plus nu
que les rubis plus humides
rubis humides
Jacques Roche
son sourire à la mort
une veine de rubis

a-t-il durant sa vie jamais souri ainsi ?

Französisch von Ulla Vigneron

11.02.2007 19:09:46 

EUROSCOPIE


Tiefgarage Ulla Vigneron

Fotos: Jean-Paul Goetz

20.02.2007 19:40:12 

BALSAMISCHE MORDE / ROM


tiefgarage
(Foto: Saarbrücken / Domicil Leidinger / Tiefgarage)

Seit ich die Frau im roten Trainingsanzug gemeuchelt hatte, war ich der berühmteste Mörder der Welt. Ihres beglückten Lächelns wegen, als ihr vor laufenden Kameras das Rot ins Rot sickerte. Kaum hatte sie ihren letzten Seufzer getan, als mein Handy auch schon vom Angebot des ersten Lebensmüden vibrierte, der ebenso sterben wollte.

Von da an stand es nicht mehr still von zahllosen Nachfragen ähnlicher Provenienz. Es war alles dabei: schwermütige Hausfrauen, aber auch abdankungskranke Präsidenten und Magnaten. Schließlich blieb mir nichts übrig, als mein parkinsonkrankes Handy im Badewasser zu versenken und meine Morde online zu versteigern.

Im letzten Augenblick bekam der Kardinal den Zuschlag, der an seiner Seligsprechung feilte. Ein fingiertes Attentat bei der Ostermesse. Sein Erstickungstod in Eurovision. Vom Hubschrauber aus fädelte ich seinen Kopf in meine Schlinge, pendelte ihn über den Petersplatz und machte ihn schließlich an der Rotunde der Engelsburg fest.

Die ganze Fernseh-Welt war hingerissen vom zarten Lächeln des Märtyrers. Die Konfession erhielt nun einen Zulauf, wie seit den Zeiten Konstantins nicht mehr. Gleich nach meiner Exkommunikation mailte die Kurie mich an. Der Papst ließ nachfragen, was eine Plünderung des Vatikans denn in etwa kosten würde.

Aber ich lehne es ab, mir meine Arbeit von der Geschichte vorschreiben zu lassen.


20.02.2007 19:45:48 

IN DEN FISCH GESCHRIEBEN III


Rote Rosen
rote Lippen
roter Wein

im Supermarkt

Vielleicht bebildert sie sich so die Welt hin
term
Geschnetzelten

die Wurstfrau

und teilt auf diese
Art meine Hoffnung
das da noch etwas ist

22.02.2007 09:19:53 

SELTSAMER GEDANKE


"Das Nicht-Atmen
ist das Eigentliche."

24.02.2007 14:04:25 

MEIN KLAMMES AKKORDEON / BRATISLAVA


kühlschrank leidinger
(Foto: Saarbrücken / Domicil Leidinger / Theatro)


Wie ich in dieser eisigen Küche mit meinen Akkordeonübungen zu Rande kommen soll, kann auch Mama mir nicht sagen. Wenn ich nach meinem x-ten missglückten Lauf zu ihr aufsehe, rauft sie sich auffällig nicht die Haare.

Im Gegenteil, sie dreht sich einfach um und wäscht den Kühlschrank aus.

Ich nutze also eine ihrer Pinkelpausen und rufe über ihr Handy meine Anwälte an, um Mütterlein auf einen Backofen zu verklagen. Als sie die Spülung drückt, haben sich die Juristen schon auf den Außensimsen aller Fenster postiert.

Trotz des sechsten Stockes reden sie schwindelfrei und murmelnd auf sie ein.

Pech für meine Anwälte, dass die Fenster hier alle nach außen zu kippen sind. Natürlich, auch Pech für mich. Vor allem Pech für mich. Weniger meiner klammen Finger wegen. Aber ich bin diese Woche mit dem Kehrdienst dran.


28.02.2007 15:34:58 

GRUBENSCHWEIZER


1919.
Schacht I.
Der Stall.
Urgroßvater Philipp,
der Grubenschweizer.

Zwei Jungen im Heu. Mit langen Schnüren voller Kandis in der Hand. Es ist nicht leicht, während des Kauens auch noch auf Philipps Schritte zu hören. Um den Kandis wieder rechtzeitig im Hafer verschwinden zu lassen, den er feucht halten soll. Auch das Schnauben der Pferde, das langsame Durchziehen der Ketten unterm Halfter macht das nicht leichter.

Seit Philipp zurück ist, erzählt er ihnen nicht mehr das Märchen von Fallada, wenn er sie so daliegen sieht, sondern gibt ihnen Kopfnüsse und nennt sie Faulpelze. Obwohl er kaum ein Jahr fort war, bevor das Bergamt ihn von seinem Infanterie-Regiment reklamierte, hat er sich verändert. Für seinen Sohn und seinen Neffen hat er kein gutes Wort mehr, nur noch für die Pferde, die sich fast aufzulösen scheinen in ihrem Ammoniakgeruch.

Für diese blinden Falladas, deren in Weiß schwimmender Blick die Jungen früher so erschreckt hat. Es half dem Grubenschweizer wenig, den beiden zu erklären, dass die Tiere sich unter Tage blind arbeiten. Weil sie jahreland die Sonne nicht mehr sehen. Es half nur die Geschichte dieses abgeschnittenen und noch immer sprechenden Pferdekopfes.

In ihr war zusammengefasst, dass es selbst, wenn man sich den Hals abgearbeitet hatte in den Gruben, noch etwas anderes gab als sich das Bein zu brechen beim Vorwärtskarren der Loren und zum Abdecker zu kommen. Dass es möglich ist, es hier herauf zu schaffen, zu Philipp, der sie päppelt und ihnen noch zu ein paar schönen Tagen verhilft.

Früher waren die beiden auf Tuchfühlung mit ihm, während er den Tieren Kräuter-Umschläge machte aus dem Brauchbuch. Früher waren es sie beide, die die Gäule in den Wassergraben führten, um ihre geschwollenen Knie zu kühlen. Die Grubenpferde hatten so dankbar die Köpfe an ihnen gerieben, dass sie aufpassen mussten, nicht im Wasser zu landen, zwischen den Pferdeäpfeln.

Inzwischen können die Klepper froh sein, dass die beiden es nicht wie die Pferdeführer machen, die vom Rand des Wassergrabens aus die Köpfe der Mähren anspringen, um deren Nüstern tief ins Wasser zu drücken und sich von den halb bockenden, halb taumelnden Tieren wieder aufs Trockene schleudern zu lassen. Lange dauert es ja nicht mehr, bis auch sie beide anfahren auf Schacht I.

Es wird nun Zeit, sich etwas von der Ruppigkeit abzusehen, mit der man die Viehcher dort unten durch die Stöße zerrt. Wer die Loren rangieren will, muss schließlich wissen, wo man hinschlägt, um die blinden Schindmähren zum Stehen zu bringen: die Stellen am Kopf, die sich die Tiere in den Stollen trotz der Lederkapuzen wund gestoßen haben. Warum soll es den Gäulen besser gehen als ihnen selber?



09.03.2007 11:41:36 

SARDINEN IM OBERHAUS / LONDON-NUNHEAD


fisch in badewanne
(Foto: Saarbrücken / Domicil Leidinger / Java-Zimmer)

Seit neun Generationen sind wir jetzt Totengräber. Und werden immer fröhlicher. Vom Urahn an, der damals die Vermauerung des Herzogs von Marlborough unternahm. Großvater nennt das unseren Erbfolgekrieg, seit er selbst den tomb-award für den Sarkophag von Churchill hat erringen können. Ein Sondermodell. XXL, wie sich versteht. Mit eingebauter Herz-Lungen-Maschine zum Weiterrauchen. Seit dem alten Sportsmann hat die herzögliche Familie allerdings der Sinn für unser sonniges Gemüt verlassen. Sie hat inzwischen schon den neunundneunzigsten Entwurf des neuen Ehrenbettes abgelehnt. Dabei hat meine Jacuzzi-Version sogar einen goldenen Hahn zum Einlassen des Rohöls.

04.04.2007 10:41:16 

GADDHAFI ÜBER DEN MALEDIVEN


Ein Jahr Zeit hatte er zwischen seinem Segelzeug verstaut, als er die Inseln erreichte. Und einen der einheimischen Einmaster gechartert, als Gaddhafis Flaute ausbrach. Erst drei Monate vorher nämlich hatte die Revolution sämtliche Winde aufgekauft. In den Segeln der Fischerboote waren sie unterwegs zurück nach Libyen. Er musste sein Boot also mit den eigenen Fürzen antreiben.

09.05.2007 17:33:44 

MIRABELLEN


Heute Nacht hat Großvater schon unter dem alten Mirabellenbaum gelegen, im Wurzelwerk. Und musste doch wieder hinaus. Denn oben schlug ich mit einem Suppenlöffel so hart gegen die Flasche mit Sirup, die dort gegen die Wespen hängt, dass ihm Angst wurde um mich. Nicht mehr lange, dann hätte ich sie kaputt gehabt und die Wespen wären über mich hergefallen.

Er kann nicht sagen, ob er es geschafft hat, rechtzeitig wieder heraufzukommen.

Schon vor Jahren hat ein Sturm den Mirabellenbaum entwurzelt. Halb jedenfalls. Er musste mit Flaschenzügen ran, um die Wurzeln auf der einen Seite wieder in den Boden zu bringen. Das ist immer schief geblieben. Er musste den Draht dranlassen, damit es hielt. Ich erinnere mich, wie ich dazukam, als er den Baum wieder aufrichtete. Das Sirren im Draht in meinen Ohren, als er mir diesen Traum erzählt.

31.05.2007 15:59:50 

LEERLAUF


Kein Durchkommen.
Dicht an dicht stand die Menge im Mittagsglast und rührte sich nicht mehr.
Auf ein geheimes Zeichen hin hatte sie sich versammelt und war geblieben.
Schien nichts anderes zu wollen als zu stehen.
Auf nichts reagierte sie.
Nicht auf meine Rempeleien, auf meine Entschuldigungen auch nicht.

Alle schienen zumindest um den Anschein von Unbeteiligtheit bemüht.

Schließlich hörte ich den flieg
enden Atem des kl
einen Mädchens
dass mit offenen Schnürs
enkeln über den Brunnenrand ba
lancierte.

13.06.2007 09:50:25 

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