Neben
unzähligen regionalen Spezialitäten, droht auch dem Rohmilchkäse
– die authentische Ausdrucksform kulinarischer Traditionen, Käserkunst,
bäuerlicher Kulturlandschaften und Lebensstil – der Garaus.
Gesundheitsbehörden, nicht unabhängige Ernährungsexperten und Milchrecycler
führen einseitige Diskussionen um Keime in Rohmilchprodukten, bescheinigen
ihre Gefährlichkeit und fordern ihr weltweites Verbot. Obwohl Untersuchungen
immer wieder belegen, dass Produkte aus pasteurisierter Milch fast doppelt
so oft von Listerien (Listerien sind stäbchenförmige Bakterien, von denen
nur die Art Listeria monocytogenes als Krankheitserreger von Mensch und Tier
eine Bedeutung hat. L. monocytogenes ist sehr widerstandsfähig und übersteht
Tiefgefrieren und Trocknen relativ gut.) befallen sind als Rohmilchprodukte,
konnten sich die Geschmacksvernichter bereits in Irland, Polen, Neuseeland
und in vielen US-Staaten durchsetzen.
Eine gezielte
Verdrängungstaktik der Pasteurisierer und Homogenisierer, die nicht nur die
Gemüter kleiner Hersteller großer Käse erhitzt. Auch bewusste Genießer
steigen auf Barrikaden! Allen voran die Mitglieder der weltweiten Slow
Food-Bewegung, die dieses heuchlerische Theater als Willkürakt zugunsten
Massenware bezeichnen.
Slow
Food fordert einen nachhaltigen Umgang mit der Natur, die artgerechte
Haltung und Fütterung von Tieren, den Erhalt traditioneller, handwerklicher
Käsermethoden und kämpft für das Recht auf Genuss!
Jedermann weiß,
dass übertriebene Hyper-Hygieneauflagen das Gegenteil dessen bewirken, wofür
sie eigentlich erlassen werden. Je mehr wir unser Immunsystem vor Bakterien
schützen, um so anfälliger wird es. Eine Tatsache, die sich die bakterien-
und geschmackstötende Milchindustrie längst zunutze macht. In den
Neunzigerjahren begann sie gesundheitsfördernde Bazillen – meist
Darmbakterien menschlichen Ursprungs – in den Joghurt unterzurühren. Dank
cleverer Marketingstrategien bescheren probiotische Milchprodukte und
anderes Functional Food den Konzernen Milliardengewinne. Udo Pollmer, Leiter
des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften,
brachte es auf den Punkt: "Keiner anderen Industrie ist es je gelungen, mit
Sch…. so viel Geld zu machen."
Um
problemlos Masse erzeugen zu können, die Produktion zu beschleunigen und die
Kosten zu senken, kommen bei der industriellen Käseerzeugung jede Menge
chemische Zusatzstoffe zum Einsatz. Etwa das Konservierungsmittel Natamycin
(E235) zur Unterbindung der Schimmelbildung. Ein wirksames Antibiotikum
gegen Geschlechtskrankheiten, Mundfäule und Fußpilz, das in der Apotheke nur
gegen ärztliche Verschreibung erhältlich ist. Für den Verbraucher besteht
die Gefahr einer Resistenzbildung. Antibiotika, die noch dazu allergisierend
wirken, haben in Lebensmitteln wirklich nichts verloren. Eine Tatsache, die
zum Nachdenken und zum bewussten Konsum anregen sollte! Werfen Sie doch
einmal einen Blick auf das Kleingedruckte – neben Euro und Cent!
Dass
die besten Käse der Welt – Parmigiano Reggiano, Emmentaler, Bregenzerwälder,
Tiroler und Salzburger Alm- & Bergkäse, Roquefort etc. – aus Rohmilch
hergestellt werden, ist kein Zufall.
Stellen wir einmal die
industrielle Käseproduktion der handwerklichen gegenüber: Wird bei einer
Großmolkerei ein Milchgemisch von Abertausenden Kühen und Betrieben durch
Homogenisieren und Sterilisieren verpantscht und danach, um Zeit und Kosten
zu minimieren, mit allen nur möglichen technischen Tricks, chemischen
Zusatzstoffen und Konservierungsmitteln zu Käse verarbeitet, so wahren dem
gegenüber Senn und bäuerlicher Käser die Gesetze von Natur und Ethik. Sie
achten schon darauf, was auf Feld und Wiese passiert und verarbeiten ihre
eigene silofreie Rohmilch, die stets regionstypische und saisonale
Geschmacksmerkmale aufweist, zu gesunden, einzigartig schmeckenden Käsen mit
Charakter.
Nur
solange Bauer und Senn altüberliefertes, traditionelles Wissen – aus
Rohmilch haltbare Nahrung zu formen – anwenden dürfen, bleiben uns die Käse-
und Geschmacksvielfalt erhalten.
Es kann nicht sein, dass
uns Brüsseler Bürokraten monströse HACCP-Gesetze unterjubeln, nach denen
z.B. Käsereien regelmäßig mit Chlorlauge gereinigt werden müssen, was zur
Folge hat, dass alle Bakterien und Schimmelkulturen, die den Geschmack des
Käses prägen, getötet werden. Slow Food wehrt sich gegen diese Barbarei und
prangert den zuständigen Behörden an, kleine Käsehandwerker zum Aufgeben zu
zwingen und Konsumenten im Namen der Gesundheit globalen Einheitsgeschmack
zu verordnen. Es
ist unsere Pflicht, für die Erhaltung und Förderung des
Lebensmittelhandwerks und der Esskultur auf die Barrikaden zu steigen. Slow
Food appelliert an mündige Konsumenten und bewusste Genießer, sich für den
Erhalt der Rohmilchkäse-Tradition einzusetzen
– und an alle kleinen Käseerzeuger,
sich zu vereinen, zusammenzuhalten!
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