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Bosselschrift
...

Gedichte

Dass man also/den Phänomenen trauen könne,/ohne Materialist zu werden,/
d
ie Seele glauben,/ohne dem Gnostizismus/huldigen zu müssen,/denn das Verhältnis
dessen,/ was strahlt,/zu dem, was durchstrahlt wird,/ist nichts Äußerliches./Mit
anderen Worten:/Die Hüllen/decken das Wesen/nicht zu, sondern auf.

Von Lothar Quinkenstein
(01. 05. 2007)

...




(c) Wojciech Gajtkowski

Lothar Quinkenstein
lquink@web.de

geboren 1967 in Bayreuth, Studium der Germanistik und Ethnologie in Freiburg im Breisgau. Arbeit als Deutschlehrer, u.a. in St. Petersburg. Lebt seit 1994 in Polen, zur Zeit tätig am Institut für Germanische Philologie der Adam Mickiewicz Universität in Poznań.

2005 und 2006 Stipendiat der Kulturstiftung der Länder, Berlin (Villa Decius, Krakau). Im Frühjahr 2007 Stipendiat im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf.


Veröffentlichungen

Beim Stimmen der
Saiten
. Gedichte.
Geistkirch Verlag, 2007.
ISBN: 978-3-938889-52-7

Nervenharfe.
Erzählungen.
Gollenstein Verlag,
Blieskastel 1998.
ISBN: 3930008661

Lyrik
In mehreren Nummern
der Zeitschrift "Krautgarten"
(seit 1998)

Hofkonzert.
Gedichte für Kinder.
Selbstverlag. Poznań 2005.

Schnaps.
Schöner Lesen Nr. 50.
Hg. v. Marc Degens.
SuKuLTuR, Berlin 2006.

Übersetzungen ins Polnische Kurzprosa und Lyrik - in der Zeitschrift AKANT (Bydgoszcz).

Zwei Romane – Tellurium
und Das Gipfelbuch
beschäftigen sich mit deutsch-
polnischen Erfahrungen
(beide bislang unveröffentlicht).

Krajobraz z ptakiem kurowatym (Lyrisches Beiheft der Gazeta Malarzy i Poetów, Poznań, 1/2007)

 

 

 

 

 

Ulica Jana Kochanowskiego

 

Als die Stadt umschlossen lag

vom Keuschheitsgürtel ihrer Festungswerke,

zierte sie sich beim Stelldichein

mit Dichtern oder Denkern.

Kleist allein

kaute in Jersitz einsam Gnadenbrot

auf einem Straßenstummel

bei den Infanteriekasernen.

 

Jeżyce, aufatmend vom

ostmarkigen Ton der 

Hanne-, Kenne-, Tiedemänner,

gab sich geselliger romantisch

und den Schwarmgeistern 

einen Weitgereisten an die Seite,

auf dass ihr Überschwang

sie nicht verzehre.

 

Zurückhaltend in Glaubensfragen,

ausdauernd im Sattel,

weiß er zu vermitteln zwischen

Eminenzen, Königen Ohneland,

Republikanern und dem launischen

Genius Utopie.

 

Doch als der Idealismus birst,

die Trommel drischt,

von Sedan kreischt,

Thorshammer, runengeimpft,

Obersalzberger Allee –

lässt er persuasio fahren,

füllt

Benzin der Tat in Flaschen.

  

Zurückgekehrt

auf eigenen Grund und Boden,

ist er umso verdutzter,

mehrfach verhört zu werden:

Gallo crocitanti, Odprawa posłów greckich,

von versi sciolti ganz zu schweigen,

Satyrn und Musen –

Kontakte mit dem Westen noch und nöcher!

 

Den Hall der Schüsse Ende Juni

nimmt er mit in die Wälder von Czarnolas.

Es werden neunzehn Treny.

 

Die Pappeln sind gefallen, heute

wächst Nadelgehölz vor den Fenstern empor,

und auf dem Heimweg höre ich 

manchmal die Polizisten lachen,                                           

die ihren Plastiknapf

Spaghetti Bolognese ins Präsidium balancieren,

zur duftenden Erinnerung

an einen Humanisten.

(Poznań, Juni 2006)

 

 

Coke Zero

 

Nur der absoluten Nullität

geben wir das zweideutige Lob

völliger Unschädlichkeit.

(Friedrich Schlegel)

 

(1)     Nigredo, einst der erste Schritt

in einem großen Werke,

Materia prima, Rabenkopf –

lichtwärts mit kühner Stärke.

 

(2)     Geheimnis aus dem Chaos steigt

in wunderlichen Sprossen,

und glänzt Rubedo glücklich erst –

der Schlüssel ist erschlossen!

 

(3)     Doch wisse die Gefahren auch,

die in den Tiegeln lauern.

So mancher, der der Acht vergaß,

war nur noch zu betrauern.

 

(4)      Siehst weiße Vögel flattern du,

die ihr Gefieder sträuben,

flieh, flieh den locus chymicus,

sie wollen dich betäuben!

 

(5)     Und nicht allein in der Substanz

verbirgt sich Arg und Tücke,

es schlägt des Menschen eigner Fehl

das Ovum leicht in Stücke.

 

(6)     Ein Herz als Zwerg und Ränkeschmied

wird nie das Gold erlangen,

sein Werk bleibt in der Finsternis

des Anbeginns gefangen.

 

(7)     So schlürf die süße Lehre nun,

du dürstender Adepte,

und labe deinen Spiritus

am nichtigen Rezepte.

 

 

Komplizierte Dinge

 

Und da ich`s gesehen hatte,

fiel ich auf mein Angesicht

und hörte einen reden.

(Ezechiel 1, 28)

 

In der Turmluke

des Merkava-Panzers

hat der Soldat sich

umgedreht, als ob er riefe

in den verschwimmenden

Hintergrund des Bildschirmbildes.

 

Spekulationen

über den Urstoff,

Spekulationen

über den Aufstieg in ein Paradies.

Thronwagen-Mystik,

von Blitzen gleißend, Augen,

Hoheit, Furcht und Zittern,

Kristallen und Türkis.

 

Befehl zur Weiterfahrt,

der Ketten Kreislauf schleudert

Staub himmelwärts,

das Alphabet der Mineralien,

Urstoff für Muschelschalen,

Schildkrötenpanzer.

 

Harnisch aus Kalk,

Harnisch aus Horn,

Gesellenstücke einer

langmütigen Natur,

Patiencen, unbenannt,

wär nicht der Lehrling Erdenkloß,

der Zungengnom,

der Metallurg der Silben.

 


Kirchol

 

Teppich aus Erdbeerlaub,

vom Regen glänzende Rosetten,

Cmentarz Wyznania Mojżeszowego w Lubaszu,

lackiertes Blech an mürben Maschen,

und Bretter einer Tischlerei

stapeln sich fort auf das ursprünglich

eingefriedete Gelände.

 

Kanten im Gras,

zu finden, wo du stolperst.

Am Kirschbaumast

ein Stock, zwei Stricke 

sind eine Kinderschaukel.

Im Holderbusch hat Vogelhunger

die Blätter schwarz gesprenkelt.

 

Unter der Föhre dort

steht noch der Stein,

Hier ruht in Gott,

unter der Hagerose dort,

geborene Abraham, ein zweiter,

im Jahre 5665 nach 

Erschaffung dieser Welt,

im Monat Kislev,

ein dritter dort

neigt sich dem Abhang zu.

 

Festhalten wie –

gegen den Himmel auf

Unendlich schlitterst du

in die Sandgrube, suchst

Standpunkte, findest Lumpen,

schimmliges Stroh und einen

Christbaum aus Plastik.

 


Mercatus

 

… das blöde herz des narren …

(Sir. 22, 22)

 

Vom Silbenstochern deppert,

machst du dich auf zu Ernten

unbestrittner Pflüge.

 

Sonnabend ists,

du hast Saturn zu Gast

und keinen Schimmer,

ihn zu bewirten.

 

Erdige Knollen,

tellurische Fäuste

lassen Gewichte aus Eisen tanzen.

Es applaudiert

der Münzen Tusch.

Helios,

schillernd in der Gurkenlake,

streichelt eine Wange.  

 

Gewürze und Pomaden,

Sälblein aus fernen Ländern,

Pulver, Olitäten.

Tuche, brokatbestickt,

Pailletten. Goldhäutige

Makrelen.

 

Üppige Früchte,

ein Herr

geht schwer am

Stock, stützt sich

mühsam und hebt

den Apfel auf.

 


Ein Brief

 

Parkbänke in der Morgensonne,

Geruch gemähter Wiesen,

Seedunst und Trauerweiden,

Anglergeduld.

 

Kehr noch nicht um,

vergrößere den Bogen,

nach Mittag erst

geh in die Stadt zurück,

wenn die pastellfarbene Sorgfalt

der Kuchenpäckchen in den Straßen knistert.

 

Jetzt bleib und male

Schrittmuster nach Belieben.

Du kannst den Abend nicht verfehlen.

Er kommt und bringt

das Schlendern der Verliebten.

 

Siehst du,

wie viel Vergnügen

die Welt an ihren Tagen hat,

leichthin verbracht,

die schlichte Zeit,

du kannst, mein Freund,

nichts ändern,

wohl aber dein Verhältnis

zu diesem Nichts: du solltest

öfters spazierengehn verkatert.

 

In diesem Sinne grüßt dich herzlich,

Dein alter Kumpel

Marc Aurel.

 

 

Bozzetto

 

für Gosia 

 

Landkarten aus Handlinien

lässt du im Ton, erfindest

Namen für die Flüsse, werkelst

mit dem Spatel, mit

Geduld und Spucke,

glättest, strichelst, kerbst,

verwirfst, verknetest

Lust am Druck, die

aus den Ritzen

quillt, stemmst dich ins Flache,

prägst deine Bosselschrift,

pulst ihren Sinn

als Trauerrand vom Nagel,

und gleich, ob Stern, ob Wind,

ob Nord, ob Süd, ob Regen,

morgens 

schwebt fugenlos

an jedem Blick und Giebel

das Lehmnest der Welt.

 


Rondo

für Michał Janiszewski

 

Rechts blüht der Rummelplatz,

Geisterbahn, grasende Ponys, September, es weht

von der Warta schon kühler, und Angler in Stiefeln

belächeln die mutigen Hühner, die sich

auf den Busbahnhof wagen. Geradeaus zum

Krematorium, links, hinter rostigen Kronen,

ein Zimmer mit Fenstern zu ebener Erde,

auch heute vielleicht der verstrubbelte Junge,

der Postkarten blättert am Tisch

neben Stapeln von Büchern, gelesenen,

Büchern, die noch auf uns warten, zu finden

an Ufern der Odra, Motława, der Wisła,

wir sprechen von Arlt, dessen Vater hier lebte,

(zwei Mal steht der Name noch im Telefonbuch,

Verwandtschaft, wer weiß), Buenos Aires,

die Damenstrumpfträume, und Mütter,

das Jüngste im Wagen, als schöben sie Pflüge,

verschnaufen vorm Fenster. Die Männer im Hoftor

sind Bären, sie kraulen einander

den Pelz ihrer Trunkenheit, naschen

den Honig aus Waben des Abends,

geschützt vor dem Licht, das die Domtürme pinselt.

Wir sprechen von Filmen, die lohnen

die Zeit, die sie dauern,

von Pavel, dem Tod seiner Rehe,

von Hrabal, Buczkowski, den Bädern von Lucca, 

der Brücke, die hier

Anno Preußen, der Brücke,

gesprengt neununddreißig, der Brücke,

nun müsste ihr Bau bald beginnen.

Es dunkelt, wir gehen zum Abschied nach draußen,

Mateusz soll rein, auf der Stelle,

sonst setzts was, ein Fenster knallt zu.

Ohne Laut fließt der Fluss,

der Verkehr rauscht, am Ufer

sind Schatten, ein Lachen, sind Stimmen.

Die Jahre zu zählen, kein Kassensturz, nur

die bestätigte Regel, um eins

wird es mehr unterm Strich.

Keine Sorge, die Rechnung geht auf, keine Stunde

verloren, veruntreut, vergangen ist jede

bis auf die Sekunde, geh weiter

getrost durch die Straßen und glaub mir,

sie dulden es, wenn du behauptest,

du gingest auf ihnen nach Hause.

 


Nach den Revolutionen

 

I świat jest stary jak świat.

(Leopold Staff)

 

Nach den

Revolutionen, zwei

Weltkriegen, Geschichte, Mathe,

Französisch freitags, birgt

Franz Carl von der Leyen,

die Nägel hagebuttenrot,

sein Pechsträhnenhaar

vor der Flamme des Feuerzeuges.

 

Lass blättern die Tünche

von Vasen und Festons,

F C (wie die Freunde ihn nennen)

stippt Asche, wallt

in klirrenden Schnabelschuhen

hinunter zum Schlangenbrunnen,

vorbei an Schiefergauben, Fachwerk,

Weinlaubpforten, Prellsteinmoos

und einer Wäscheleine voller Regenperlen.

 

Vive l`Empereur –

auf solchen Schmus

lässt sich F C jetzt nicht mehr ein,

ein Dosenbier, ein lebend Bild in Rabenschwarz,

dann wird es Zeit, nach Gräfinthal zu trampen,

zu Anna, der hübschen Polin,

die auch oft traurig ist, sie glaubt

an Reinkarnation und hat

panische Angst um ihren

Vater bei der Feuerwehr.

 


Nicht einfach,

sie zu trösten

mit der Farbe Morgengrauen,

wenn die ersten

LKWs zur Grenze rumpeln,

und die letzte Zigarette

träumt F C auch oft alleine,

bis der Tag die Glut verschüttet

mit Schwemmland, Kraut und Rüben,

Tross und Wagen, Thronen, Trümmern,

die sich heben, senken in die Zeit.

(Blieskastel, September 2006)

 

 

Phaethon lässt die Zügel locker

 

labor est inhibere volentes

(Ovid)

 

Man höre einmal genau hin, wie verwandelt

die Anfangsmelodie einem vorkommt …

(Thomas Kahlcke)

 

Burn a bridge and burn a boat.

(King Crimson)

 

Ein Rätsel ist Reinentsprungenes; Freunde, ich bitte zu Tisch.

Labt Eure Augen, belebt Euren Gaumen, es fehlt unsrer Zeit,

frei heraus sag ichs: es fehlt. Wir haben keine, aber,

setz ich hinzu, wir sind nahe daran, vielmehr, es wird Zeit,

ernsthaft zu wirken. Freunde, so hebet die Becher, balsamischen

Trunk, schäumend, wenn an geselligen Wolken gedeckt ist

Gästen gleich Göttern, denn einmal, nur einmal, und mehr bedarfs nicht.

 

Brausende Tiefe, rauschend von Herkunft, ein laubiges Sehnen,

Waldeströsteinsamkeit, raunender Quell, es rinnt uns Erquickung, der

Ursprache Tau von den Blättern, Freunde, wir fahren hinab.

Fürchtet euch nicht; versinkt nicht das herrliche Allrad im Dunkel, um

hell gegen Morgen zu steigen, wiederum leuchtend? Also

trauet dem luftigen Wagen, denn das Leben ist Mut.

 

Brausendes, Ewiges, sehet, es will uns begrüßen, es will,

Freunde, das Herz mir zerspringen, einiges, glühendes Leben

schmiedet uns fester den Kreis, nun tritt, Erwählter, hervor,

deute uns Sterne und Vogelflug, lies uns den Traum aus der Hand.

Zäume die Rosse der Sonne, hebe den Schleier des Bildes,

jenseits der Götter wird uns das Leben lebendige Tat. 

 

Fühlendes, weihrauchgesättigt, ist worden spät, und schöner noch

blüht es im Kampf, heilignüchtern, ein wilder Kristall. Reiten,

Reiten, Reiten gen Morgen, denn das erstandene Leben

ist nicht Bedürfnis nach Ruhe, nicht trottender Tage Mimikry,

Totenmarsch nicht und die Leere, ist Schicksal in jeder Gestalt.

Feurig und Lohe und Brand sind die Rosse der Sonne, denn das

Leben ist ist. Ist das gezielte Durchbrechen ethischer

Schranken, Freunde, bewusster zu machen Gewünschel, Gestammel,

Triebhaftes japsend, ein tiefes, begeistertes Ja – nächstens mehr.

 

Freunde, ihr geht, und mich schauert im Herzensgrunde, die Himmel

stürzen Geschirr, Reste des Schmauses, zu Ende der Braus.

Abendland, ruf ich und höre von magischen Bezoarsteinen, 

wiedergekäut. Abendland, ruf ich, ein Klempner bietet

rund um die Uhr seinen Dienst an, Verstopftes, Geplatztes zu richten.  

 

Ist aber ein Entsprungenes das Individuum, so

wacht keine Ordnung darüber, dass es nicht sanglos verschwände.

Freunde, ihr schlüpftet, ich hört es mit Freuden, unter jedennoch:

Wirkend wie einst, pflegt ihr Verschönerung innen und außen,

webt mit dem Skyhook erneut fühlende Fahrten ins All.

 

Deesis

 

… nirgends am Himmel

steht geschrieben,

dass der Stern ein Stern ist.

(Pawel Florenski, Homo faber)

 

Meer,

brandungsgrün,

bäumt sich,

stürzt

rauschend salzweiß,

wirbelt

Muscheln und Kies.

 

Sergijew Posad,

in der Stille am Schreibtisch

kehrt er zurück an den Strand,

zu den Mulden, gestochert mit Treibholz,

und immer noch staunend

sieht er das Wasser

steigen, zerreißen

das Schaumgespinst,

sieht

die Steine

schimmern im blanken

Morgen von Batum.

 

Gewaschene Farben,

geschliffen, gehöhlt,

zerrieben, zerstreut,

von neuem geschichtet –

Wellenspur,

kristallin.

Eben weil wir

nicht von flüchtigen

Träumen

umgeben sind, die sich,

kraftlos und blutleer,

nach unseren Launen richten,

sondern von einer

Wirklichkeit, die

ihr eigenes Leben lebt

und in Beziehung zu anderen

Wirklichkeiten steht,

wird von uns

Anstrengung verlangt,

immer aufs neue

Beziehungen

zu ihr zu knüpfen.

 

Dass man also

den Phänomenen trauen könne,

ohne Materialist zu werden,

die Seele glauben,

ohne dem Gnostizismus

huldigen zu müssen,

denn das Verhältnis dessen,

was strahlt,

zu dem, was durchstrahlt wird,

ist nichts Äußerliches.

Mit anderen Worten:

Die Hüllen

decken das Wesen

nicht zu, sondern auf.

 

Zu Fragen der Politik

habe ich so gut wie nichts zu sagen,

notierte er,

dem Missverständnis zu begegnen,

er breite über Machenschaften

den Deckmantel der Wissenschaft –

doch die ein für allemal entschlüsselte Geschichte

duldet keine

Diskontinuitäten,

imaginären Größen,

umgekehrten Perspektiven,

duldet nicht

die Anwendung der Relativitätstheorie

auf Dantes Göttliche Komödie.

 

In seinen letzten

Briefen schrieb er

Trost seiner Frau,

riet seiner Tochter

Geduld beim Lernen,

empfahl Lektüren für die Jüngste.

Schrieb

von zahmen Füchsen,

seltenen Vögeln,

sturmverirrt.

Schrieb, 

wie schwer das Schreiben fällt

in dieser Junimorgenstunde,

schrieb

vom Tosen des Windes,

den Schreien der Möwen,

der Nichtigkeit menschlicher

Werke im wirbelnden Schnee.

Ausdrucken?

....



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