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Tina Karolina Stauner
tkstauner [at] arcor.de
Tina Karolina Stauner
lebt in München und veröf-
fentlicht nach Ausbildung
beim Werkbund, im Theater
und in Kulturwissenschaften
als freie Autorin und Künstlerin.
Die Absolventin der Münchener
Journalistenakademie schreibt
journalistische und literarische
Texte und arbeitet als visuelle
Künstlerin in/mit mehreren
Medien. Im Bereich des
Kultur- und Musikjournalis-
mus liegen ihre Schwerpunkte
unter anderem bei Themen
wie Free Jazz, Improvisation,
experimentelle Musik, Neue
Musik, Neues Musiktheater,
Avantgarde und Songwriting.
Homepage
memoryvision.tumblr.com
Blog
tkstauner.blogspot.com

"Isabel Sörling Farvel"
(Isabel Sörling Farvel)
CD, Unit Records, 2013.
ASIN: B007TS6HE4
www.isabelsorling.com

"Big Black Dogs "
(Shoot The Moon)
CD, Wismart, 2013.
ASIN: B00CC3G7VO
www.shootthemoonberlin.de

"Song For Josia"
(Hanna Paulsberg Concept)
CD,
Øra Fonogram, 2013.
ASIN: B00HHJEVV6
www.hannapaulsberg.com
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Minimalismus
ist das Terrain von
Isabel Sörling Farvel, und das mit Auslotung über Genregrenzen in Free Jazz,
Improvisation, Art Rock, Folk bis zum Bereich der Neuen Musik. Vokale
Experimente und Atonales bilden Hauptmerkmale der Musik der Formation, die
aus Stimme, Saxofon, Trompete, Piano, Bass und Schlagzeug besteht. Von
fragilen, leisen Passagen, bei denen einzelne Instrumente und der Gesang von
Sörling sparsam eingesetzte Mittel sind, wird gewechselt in
vollinstrumentierte, überbordende Grooves. Vom Unterkühlten und Zerklüfteten
wird der Bogen gespannt in wild ekstatische Klangformen.
Betont ist allerdings
insgesamt das Minimalistische, Sachliche, Nüchterne, was den Gesamtcharakter
der 2013 herausgebrachten CD prägt und deren
Qualität und Eigenwilligkeit ausmacht, die sie vom Gros der
Veröffentlichungen im Jazzsektor abhebt. Etwas spröde und unnahbar wirkt das
Ganze , nimmt
einen aber doch immer wieder packend in manche Parts der
Stücke hinein.
Die schwedische Sängerin
Isabel Sörling kann ihre Stimme fein
solistisch wirken lassen oder ins
Musikalische einordnen, beinahe wie ein Musikinstrument klingend. Wem Carla
Bley oder Sidsel Endresen vertraut sind, wird auch Isabel Sörling Farvels
Sound nicht zu fremd sein. "... don't say that I've been away / cause you
don't know where I've been today ..." singt Sörling, und für weltoffene und
freigeistige Menschen ist Sörlings Experimentieren und
ihre Stimmspielerei auch
nichts zu Sperriges oder Abseitiges, sondern
zeitgemäßer Jazz. Die
fünf Mitmusiker Kim Aksnes, Otis Sandsjö, Henrik Magnusson, Alfred Lorinius
und Carl-Johan Groth verstehen es aufs Einfühlsamste, der außergewöhnlich
spannenden Jazzstimme Sörlings die richtige Ebene und den großzügigen
Spielraum zu schaffen.
Imaginative Improvisation,
Retro-Pop, Folkloristisches und Klassik
– Shoot The Moon
Shoot The Moon ist eine
Berliner Jazzformation, in der die beiden Musikerinnen Almut Schlichting
(Saxofon) und Winnie Brückner (Stimme) eine entscheidende Rolle spielen.
Zusammen mit Tobias Dettbarn (Klarinette), Sven Hinse (Bass) und Max
Andrzejewski (Schlagzeug) crossovern sie den Jazz. Bluesige und jazzige
Songs, die einen sowohl ganz alltäglichen als auch abgehoben literarischen
Lyrikkosmos kreieren, bringen in durchaus angenehme Laune und sind doch
nicht einfach nur Mainstreamware. Almut Schlichting spielt bei mehreren
Gruppierungen mit und ist auch Komponistin, die sich zudem zusätzlich an
Theaterprojekten beteiligt. Auch Winnie Brückner hat noch musikalische
Parallelkonzepte zu Shoot The Moon. "Big Black Dogs", die dritte CD der
Band, spielt sich in einem Bereich ab, der durchaus im eingängigen
Songwriting ist und doch auch zum zeitgenössischen Jazz gehört.
Ein gutes Maß an Retro-Pop, folkloristischen Elementen und einen Touch
Klassik weist das musikalisch ins
Verquere tendierende Jazzkonzept der Band
auf. Bestens geeignet für Sommersonntage in Berlin, meinen Shoot The Moon.
Doch auch an kalten Tagen und
eigentlich überall lässt sich mit "Big Black Dogs" eine
Brise Idylle in den Tag holen. Auch etwas für magische Fische und nicht nur
schwarze Hunde soll "Big Black Dogs" sein. Eine hohe Dosis Kaffee kann zur
Musik immerhin nicht schaden, sagen wir mal ganz besonders in nächtlichem
Ambiente von geheimnisvollem Grün. Dann kommen die warmen Grooves und die
imaginative Improvisation manch bizarr schillernder Songs jedenfalls zur
totalen Geltung. Musik für fantasievolle Seelen und unruhige Geister
immerhin.
Melodisches und
Traditionalistisches – Hanna Paulsberg Concept
Das
Hanna Paulsberg Concept bewegt sich musikalisch mehr im
Traditionalistischen als im Avantgardistischen. Interpretiert wird Jazz, wie
er schon seit einiger Zeit wohlbekannt ist, aber das auf eine durchaus
erfrischend klingende Weise. Melodisch swingend Improvisatorisches ist
Kennzeichen des Konzepts der Band und wird auch auf der aktuellen CD "Song
For Josia" umgesetzt. Eher sanft, pastös, zart und locker sind die
Saxofonmelodien,
und der gesamte Sound der Band passt sich dem entsprechend an. Hanna
Paulsberg, als studierte und tendenziell erstklassige Saxofonistin, kann
sich auf die kongeniale Mitwirkung verlassen von Trygve Fiske am Bass, Hans
Hulbækmo an den Drums und Oscar Grönberg am Piano. "Song For Josia" ist
Musik für entspanntes Hören, die bei Gesprächen, neben der Arbeit und auch
bei Ruhepausen keinesfalls irritiert, sondern mit fließend
Energetischem und minimalistischen Momenten immer Backing sein kann.
Anspieltip, um das Saxofon von Hanna Paulsberg mal kurz anzutesten, ist das
zweiminütige "A Coat Of Many Colors". Wer mehr will von Paulsberg, kann zwei
CDs des Hanna Paulsberg Concepts entdecken. Und Paulsberg ist noch aktiv mit
dem Frauentrio Gurls, mit Torstein Ekspress und mit Trondheim Jazz
Orchestra. Sie beginnt sich gerade als Instrumentalistin und Komponistin in
der Jazzszene zu behaupten.
Dieser
Beitrag ist zuerst erschienen in:
www.melodiva.de | |