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Tina Karolina Stauner
tkstauner [at] arcor.de
Tina Karolina Stauner
lebt in München und veröf-
fentlicht nach Ausbildung
beim Werkbund, im Theater
und in Kulturwissenschaften
als freie Autorin und Künstlerin.
Die Absolventin der Münchener
Journalistenakademie schreibt
journalistische und literarische
Texte und arbeitet als visuelle
Künstlerin in/mit mehreren
Medien. Im Bereich des
Kultur- und Musikjournalis-
mus liegen ihre Schwerpunkte
unter anderem bei Themen
wie Free Jazz, Improvisation,
experimentelle Musik, Neue
Musik, Neues Musiktheater,
Avantgarde und Songwriting.
Homepage
memoryvision.tumblr.com
Blog
tkstauner.blogspot.com

"After The Fair"
(Tish
Hinojosa)
CD, Colosseum, 2013.
ASIN:
B00ESNMY36
www.mundotish.com
Singt Hinojosa spanisch,
ist sie immer
dem Tradi -
tionsverbundenen recht
nah. Ihre
englischsprach-
igen Songs
hingegen
sind nicht selten
ent-
deckenswert
reizende
Perlen der Popmusik.

"Boulder Thicket"
(Luai)
CD,
Dime Records, 2013.
ASIN:
B00B4S0AXY
saaramaija.tumblr.com
Luai ist eine Ausnah -
meerscheinung. Es gibt
Momente, da möchte man
fast an Nick Drake denken.
Introspektiv versponnen
oder auch verhalten swin-
gend klingen ihre
Songs.
Hübsch und manchmal
leicht schräg. Und jeden
Moment wie kleine
Kostbarkeiten.

"How I Knew Her"
(Nataly Dawn)
CD, Nonesuch, 2013.
ASIN:
B00A80SHRU
natalydawn.tumblr.com
Der Sound
von Nataly
Dawns Band verweist auf
die grobkörnige Unmittel-
barkeit traditioneller Folk-
musik mit bluesigen Ein-
sprengseln. Dawn wirkt
sie wie 'college graduated'
und 'streetwise' zugleich.
Eine spannungsgeladene
Mischung.
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Die
Fähigkeit zum Schreiben wunderschöner Songs hatte
die Amerikanerin mexikanischer Herkunft Tish Hinojosa schon immer. Manchmal
bis zur Perfektion. Wie diesmal.
In ihre Mixtur aus mexikanischem Folk und Singer-Songwriter-Pop hat sie eine
ganze Menge gespielte Naivität mit eingebaut. Gleich die beiden ersten Songs
der neuen CD "After The Fair" sind ein Inbegriff an Hübschheit und lassen
trotzdem auch an Substanziellem nicht missen.
In this city
where I am
Every now and then
I have to bite my tongue
'Cause I'm feeling
That I don't belong.
(Cobblestones)
Hinojosa
lebte längere Zeit in Hamburg
und Berlin
und wurde nun "After The Fair" aufgenommen. Moe Jaksch hat
produziert und auch als einer der prägenden Musiker mitgewirkt. Die
annähernd 60-Jährige scheint
musikalisch irritierend jugendlich und unverbraucht und macht
Nachfolgegenerationen vor, wie erstklassiges Songwriting geht. Singt
Hinojosa spanisch, ist sie immer
dem Traditionsverbundenen recht
nah. Ihre englischsprachigen Songs hingegen sind nicht selten entdeckenswert
reizende Perlen der Popmusik.
Joan Baez und Kris Kristofferson, mit denen
sie unter anderem auch zusammenarbeitete, sind zwar verwandte Seelen im
Country, den Hinojosa durchaus auch verinnerlicht hat. Doch ist Hinojosa dem
Pop oft einen guten Touch näher. Und nie gerät sie dabei in zu seichte
Gewässer, bietet
sie doch souveränes Songwriting vom
Allerfeinsten. Zudem widmet sie sich politischen und sozialen Themen und
erhielt so schon eine Einladung von namhaften Politikern wie den Clintons.
Folksongs
wie Wachträume
–
Luai
Da
hält sich ein offensichtlich unbekleidetes weibliches (oder androgynes?)
Wesen tagträumend mit geschlossenen Augen über Wasser in einer merkwürdigen
Siedlung,
in der die ganzen Straßen überflutet sind und dürre Rauch-Zweige von Kaminen
aus in den Himmel emporstreben. Jedenfalls auf dem gezeichneten Coverdesign
von "Boulder Thicket", der aktuellen Veröffentlichung von Luai.
Luai ist die
Finnin Saara Markkanen,
zusammen mit Mitmusikern.
Auf "Boulder Thicket" hört
man fragile und spröde Folkmusik. Zwar
so, wie man sie immer wieder von allen möglichen,
mehr oder weniger interessanten Leuten angeboten bekommt. Doch: Luai ist
eine Ausnahmeerscheinung. Es gibt Momente, da möchte man fast an Nick Drake
denken. Introspektiv versponnen oder auch verhalten swingend klingen die
Songs von Luai. Hübsch und manchmal leicht schräg. Und jeden Moment wie
kleine Kostbarkeiten. Luais Lieder konnten mich vom ersten Kontakt an in den
Bann ziehen.
Saara
Markkanen lebt derzeit in Berlin und spielt erst seit einigen Jahren
akustische Gitarre, was sie sich einfach beim Songschreiben beigebracht hat.
Die Lyrics handeln von Befindlichkeiten. So etwas verarbeiten auch andere
Musiker zu Stücken, aber nicht immer so schwebend schön wie bei Luai.
Markkanen schreibt über nebensächliche Kleinigkeiten
oder große Gefühle gleichermaßen. Sie klingt
dabei altklug naiv, weiß
beispielsweise etwas über Einsamkeit:
I knew how to give
but not to receive
Lonely as alone can be
I am full of empty sounds laying
around
Lonely as alone can be.
(Lonely As
Alone Can Be)
Oder etwas, das
mit dem Coverbild korrespondiert:
Too
much of everything
enough of nothing
I stand still as the rivers flow by
In the middle of it all I forgot to ask why.
I travelled far to meet all my tomorrows
only one greeting me was my past
running away from all the sorrow
I travelled far and I travelled fast .
(Nobody Is An Island)
Und
sie weiß noch vieles mehr zu berichten.
Erzählt wird das zu
akustischer Gitarre, Bass, Perkussion, Piano, Cello und
Holzblasinstrumenten. Luai ist ganz sicher etwas Besonderes im Meer des
Songwriting.
Kokettes und
oldschoolmäßiges Songwriting
–
Nataly Dawn
Nataly
Dawn schreibt
ihre Songs ganz amerikanisch oldschoolhaft
und nimmt klassisch mit Band in einem Raum auf. Dawn ist aber
eine junge Frau. Aufgewachsen ist sie in
Frankreich, absolvierte dann in den USA ein Universitätsstudium
in Kunst und
Literatur. "How I Knew Her" ist ihr zweites Soloalbum. Der Sound
ihrer Band verweist auf die grobkörnige Unmittelbarkeit traditioneller
Folkmusik mit bluesigen Einsprengseln. Dawn wirkt sie wie
'college graduated'
und 'streetwise' zugleich. Eine spannungsgeladene Mischung. Dawns
Stimme ist kraftvoll bissig, mal hell,
mal dunkel, und sie gibt sich dabei teils auch kokett sophisticated und
spielerisch smart.
"How I
Knew Her" klingt oft ein bisschen
nach Aufnahmen von Sam Phillips, was keineswegs nachteilig ist. Vermutlich
hat Dawn auch einige Ahnung von der Songwriterszene in Los Angeles. In
Kalifornien lebt sie derzeit. In Dawns exzellenter Band fällt prägend der
Gitarrensound auf. E-Gitarrist ist Ryan Lerman. Man findet ihn auch an Banjo
und Mandoline. Dawn selber spielt auf der CD akustische Gitarre und einmal
Piano. Die Gitarrenarbeit von Lerman und Dawn wird immer wieder stark
rhythmisch und kantig. Das Backing von Louis Cole und Matt Chamberlain am
Schlagzeug ist sparsam, eckig und klar, der Standbass von David Pitch ruhig
und warm. Manche Songpassagen betonen Streicher und Bläser.
Die
Instrumentalisten der Band arbeiten außer mit Dawn mit namhaften Musikern
wie z.B. Bill Frisell, Bonnie Raitt oder K.D. Lang zusammen. Dawn und Band
sind sich ihrer musikalischen Präsenz spürbar sicher. Man höre sich nur mal
"Back To The Barracks", "Caroline" oder "Please Don't Scream" an. Nataly
Dawn entstammt dem Duo Pomplamoose, das sie vor ihren Soloveröffentlichungen
mit Jack Conte zusammen formierte. Beide begannen 2008 independent über das
Internet. Conte hat das vielversprechende "How I knew Her" produziert,
das in den Prairie Sun Studios
in Cotati in Kalifornien aufgenommen wurde, wo zuvor einige von Dawn's
Lieblingsalben von Tom Waits entstanden sind.
Und sehr eigenwilligen Charakter zeigt entsprechend auch Nataly Dawn. | |