Die Vokabulatur des Knospenspaziergangs
04.08.2012 | Die Macht des Staunens: wenn sie einen auch angesichts des anbrechenden Stillstands in der Raserei am Fabulieren hält, könnte sie mittlerweile die eigentliche Avantgarde sein. Anders als die vielen sich totlaufenden Konstrukte der konkreten Poeten und die sich wegduckenden Œuvr’lein der mit dem Strich gebürsteten Generationen ist das Werk von Friederike Mayröcker, weiland die Grand Dame der österreichischen Literatur, selbst dann ...
Brücken über den Sprachfluss
11.07.2012 | Was ist Schreiben anderes als Brücken zu schlagen; von der bloßen Rede zum Gesang, von der Benennung der Tatsachen zur Formulierung des Dennoch? „In meinen Träumen bin ich orpheisch naiv und unsterblich. Daß Orpheus scheitern mußte, es ist mir egal. Wir rennen den falschen Heilanden nach. Aber vielleicht bin ich deshalb unter die Schreiber gegangen: um diese unvorstellbare Weite zwischen dem Bleiben und dem sicheren Ende eine Zeitlang zu überbrücken“, schreibt André Schinkel ...
EXKLUSIVBEITRAG: Von der Freundschaft Literaturzeitschrift „Am Erker“ widmet sich einem großen Thema
22.03.2012 | Ganz frisch ist die Themenwahl nicht. Der zarte Hautgout der Freundschaft ist allerdings in Zeiten, da Lady Gagas zugegebenermaßen aufregender Hintern von Abermyriaden ‚Friends‘ in einem ominösen digitalen Gesichtsbuch beäugt und besuckelt werden kann, beinahe schon wieder ein anarchischer Anachronismus und geht somit in Ordnung. Es soll sie ja geben, die Freundschaft unter Schreibern, nicht nur als Relikt in den zunehmend ...
EXKLUSIVBEITRAG: Lyrik - Kritik. Die Zukunft, in Kürze. Dritte Lieferung der Schock Edition versammelt wiederum 5 x 12 Gedichte
03.03.2012 | Die Welt des Lyrikers ist eine überbordende, unüberschaubare mit Bergen fliegender Zettel und geradezu vorschriftlich anmutenden Kritzeleien, die, wenn es gut ausgeht (nur dass man dann meist nix mehr davon hat), in einer der berühmten Marburger Kisten landen … Oder aber sie ist eine vor lauter Zagheit, Zweifel, Krise und Einfallsferne wohl sortierte, mit nur wenigen Blättern auskommende. Beiden Typen gemein ist der Wunsch, ...
EXKLUSIV AUF FIXPOETRY: Lyrik - Kritik. Barbecue bei den haarlosen Primaten. Judith Zander gibt in „oder tau“ dem lyrischen Äffchen Zucker
13.02.2012 | Durch den Erdkreis der an einigen Dutzend Händen abzählbaren Lyrikleser geht seit langem ein Riss: er beschäftigt sich mit der Frage, was denn Lyrik heute eigentlich sei. Wenn sie sich nicht in einem so abgezirkelten, gewissermaßen geheimbündlerischen Öffentlichkeitsbereich bewegte, könnte das eine überaus grundbrechende Frage sein; wie jene, sich für Schwarz oder Weiß zu entscheiden, das Licht oder die Dunkelheit, zwischen Askese oder einem durch sein Erfülltsein paradoxerweise verkürztem Leben. ...
EXKLUSIV AUF FIXPOETRY: Lyrik - Jede Woche Kritik. In den kühlen Ganglien des Jetzt. Gedichte von Stephan Turowski.
Im goldenen Zeitalter der Ambivalenz ist es beinahe Usus, der fadenscheinigen Simplizität des Alltags nicht mehr zu trauen. Manche dieser Gedichte, die von lauernder Stille sind, kommen, wenn auch nicht mit der Wucht, so doch mit der Zwiespältigkeit eines frühen The-Sisters-of-Mercy-Songs auf einen zu. Stephan Turowski ist ein steter Konstatierer dessen, was sich kaum mehr auf seinen fassbaren Gehalt abklopfen lässt: das Verlässliche....
Unterwegs mit Glufke - Stefan Petermann legt mit Erzählungen nach
Das Debüt dieses Autors war bereits ein Versprechen. Mit seinem Roman „Der Schlaf und das Flüstern“ hätte Stefan Petermann, von den ‚fliegenden Augen‘ des Literaturbetriebs in einen der Großverlage gelenkt, leicht beim Anspruch auf den Roman des Jahres mitbieten können. Mit großer Verve und Figurenliebe wurde hier eine ungeheuerliche Geschichte erzählt. Das Buch, in einem tapferen wie feinen jungen Hamburger Verlag erschienen, hat es so zum heißen Geheimtipp gebracht und sein Erzähler für einiges Staunen ...
EXKLUSIV auf FIXPOETRY: Lyrik - jede Woche eine Kritik. Das Gewicht der Tiefdruckgebiete - Thomas Spaniels neue Gedichte
In diesem Buch ist von den Mühen der Ebene die Rede, dem Immer-wieder-Aufnehmen der Denkrituale. Der Literaturbetrieb, dem es nach Lautheit und den Träumen einer vorschnellen Erfüllung ist, überhört gern und schnell die stillen und bedächtigen Arbeiter im jeweiligen Bergwerk ihrer Gedichte, letzt sich am Schildern dürftig gewaschener Stellen im weiblichen Unternabelgebiet, ergeht sich, wenn er nichts anderes zur Hand hat, am Denis-Scheck’schen Ohrengewackel. So einfach könnte es sein, hört man, so einfach, wenn es nur nicht immer um Literatur...
Blinde Flecken, oder: Die Summe der Wirklichkeit - Einflüsterung, Stefan Petermann zu lesen
Ein Buch ist zu feiern, auch wenn es nach literaturbetrieblichen Maßstäben mit knapp zwei Sommern nicht mehr ganz neu ist; ein Sommerbuch, eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, vielmehr die Geschichte einer nicht zustande kommenden Liebe zweier (eigentlich dreier) verlorener Seelen. Es geht den blinden Flecken, dem Abyss einer Tragödie nach, schwingt sich zu einem narrativen Sog auf, der kapitelweise atemberaubend ist und, das vor allem: in der jüngeren deutschsprachigen Erzähllandschaft eine Rarität. „Stefan Petermann...
Wo die Minotauren weiden - der dritte Band der „Werke“ von Wolfgang Hilbig markiert das Zentrum
Vom Rang dieses Autors spricht in deutlicher Weise die große Zahl der Nachrufe, die man ihm nach seinem Tod im Juni 2007 widmete. Um Wolfgang Hilbig selbst war es etwa nach der Dreifachpreisung mit Huchel-, Büchner- und Walter-Bauer-Preis im Jahr 2002 stiller geworden, der Dichter kollaborierte in der zwiespältigen Dissonanz von Ruhm und Scheidung wieder mit dem Alkohol, war bereits wenig später in den Kampf mit dem Krebs verwickelt. Bereits zu Lebzeiten begann, wovor sich Wolfgang Hilbig...
Die Haut der Geliebten ist Marzipan, hier wie da - Gedichte zwischen Euphrat und Elbe von Wahid Nader
Der Glanz und die Sehnsucht sind immer an der Stelle zu Hause, wo man sich tatsächlich und bei gleichzeitiger Imagination all dessen, was man mit sich als Wurzel herumträgt, befindet. „Zwischen Euphrat und Elbe“ – gleich das erste Gedicht in Wahid Naders Debüt in deutscher Sprache nimmt das Hauptmotiv seiner lyrischen Erkundung auf. Schön ist es, im unseligen Gerangel der Kulturen und im medialen Ausschlachten jeder Nische, die die Unterschiede betont, dieses Gedichtbuch zu lesen. Wahid Nader...
Die Fantasie erblüht nach Schmerzenslust - Samuel Becketts vermischte Schriften „Disjecta“
Vom späten Glanz des Ruhms von Samuel Beckett, der den langen, über zwei Jahrzehnte währenden Weg dorthin vom wiederum langwierigen Verlöschen der Dichtergestalt Beckett abteilt, geht noch heute, da die Texte des Iren immer weniger ernsthaft zur Kenntnis genommen werden, eine erhebliche Faszination aus. Das Werk Becketts kann als eine Antwort auf die menschliche Tragödie im 20.Jahrhundert gelesen werden; einem so ambitionierten wie affektierten Beginn folgen nach dem kreativen Hochplateau der 40er-Jahre zunächst Schrecken...
Der Saum des Erreichbaren -
„Weiße Pünktchen“ heißt das Nachwort, das A.S. schrieb. Ellipse also. Das, was nicht gesagt werden muss, was die Gedichte in schwarzen Buchstaben sagen. Es ist eine kleine Poetologie. Darin sagt er nicht nur, dass er die Gedichte diesmal nicht ordnete. Keine Zyklen, sondern magische Verse sind es. Ein Gedicht ordnet sich nicht unter, keinem Prinzip, auch nicht einem anderen Gedicht...
Nachrichten aus der Wolfs- und Knochenzeit - Holger Benkel legt einen neuen Gedichtband vor
Zuweilen erzeugt das Gerücht des Nichtvorhandenseins womöglich den eigentümlichen Ruch der Präsenz. Über einen Autor gilt es zu sprechen, der laut Ulrich Bergmann,...
Das Ansichtskartenafrika – die Leipzigerin Katharina Bendixen debütiert mit Erzählungen
Es beginnt mit einem Paukenschlag: „Als mein Bruder fünf Jahre alt war, wurde er von einem Traktor überfahren, und obwohl mein Vater den Traktor lenkte...
Die Rotweinfahne im Wind - Simone Trieder entdeckt die Scheinheiligkeit des Stadtbewohners
Mit dem Einerlei der immer wiederkehrenden Tage ist nicht gut Kirschen essen. Was lange als schöne Alternative erscheint, entpuppt sich mit zunehmendem...
Weil er sich erlaubt und auch das Graben nach – Gedächtnisschutt von André Schinkel
Seit 1999 veranstaltet der Ascherslebener Kunstverein im Grauen Hof die Lesereihe „Zeitzeichen“. Jayne-Ann Igel, Elke Erb, Kerstin Hensel waren da, Adolf Endler, Franz Hodjak und...
Saturnische Ellipsen – der S. Fischer Verlag eröffnet die Werkausgabe von Wolfgang Hilbig
Die Nachwirkung dieses Mannes dürfte von einiger Vehemenz sein, und sie sollte längst nicht nur bei denen angekommen sein, die Bedenkliches hinter sich haben, denen Vages b...
ZUM LAUNCH VON NÄHEKURS - Schreibende Paare. Das Jüngste Gericht wird abgesagt. Über Sarah und Rainer Kirschs gemeinsames Debüt von 1965.
Die Literaturgeschichte ist nicht völlig arm an Künstlerpaaren – oft beflügelt den einen Geist die andere Gepoltheit des Gegenübers … durch den Umstand, dass das ungestüme Aggregat der Liebe (sei es, weil sie frisch ist oder eben aus dem Abyss der Obsession kommt) bereits als eine Art Geisteskrankheit gesehn werden darf, ist die Summierung zweier Obsessionen nicht selten ein gewagtes Spiel. Außergewöhnlich erscheint es, dass sich in einem gemeinsamen Projekt diese Obsession ...
Die Verfertigung der Welt im Kinderauge. Eine Vorlesung in drei Kapitellen
So, wie ich in den neunziger Jahren ein Seiteneinsteiger in der Archäologie war, bin ich kein Verfasser von Kinderliteratur von Anfang an, vielmehr habe ich mich auf den recht verschlungenen und wieder nicht verschlungenen Wegen diesem lohnenden und weithin verkannten Metier genähert, mit Zweifeln und Schreibtischflucht, mit der Einsicht in die Notwendigkeit, dass das Kommunizieren zur rechten Zeit am günstigen Ort mir zudem, wenn man so will, als Nebenweg, die Kinderliteratur eröffnet hat, wofür ich heute dankbar bin...
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