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Thomas Bernhard
Eine
kleine Materialsammlung
Man schaut und hört wie gebannt, und weiß doch nie, ob er einen
gerade auf den Arm nimmt, oder es ernst meint mit seinen grandiosen
Monologen über Gott und Welt. Ja, der Bernhard hatte schon einen
Humor, gelt?
Hörprobe

Die Fluchtbewegungen des Bob Dylan
»Oh
my name it is nothin'/ My age it means less/ The country I come from/
Is called the Midwest.«
Ulrich Breth über die
Metamorphosen des großen Rätselhaften
mit 7 Songs aus der Tube
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AM
NECKAR
Eine kurze Geschichte von Joe Bauer

Mit der Linie 2 fuhr ich am Morgen einige Stationen weiter als üblich durch
Stuttgart und stieg erst in der Mercedesstraße aus. Nicht weil ich verschlafen
hatte. Ich musste nach Bad Cannstatt, die Hochwasserlage prüfen. Hochwasserlage,
hatten sie im Fernsehen gesagt, Hochwasserlage, wie Hanglage. Bald würde es
wieder regnen. Das war gefährlich.

Als ich von der Brücke aus die Brühe unter mir sah, wurde mir schlecht. Die
Hochwasserlage hielt sich in Grenzen, aber der Neckar sah aus, als ob er kotzte
und kochte vor Wut. Drei Männer an der Schleuse stocherten mit Stahlstangen im
Wasser sie versuchten den angeschwemmten Haufen Unrat zu zerkleinern, damit das
Grobzeug weiter treibe.

Autoreifen, Bauschutt. Alles im Fluss.

Ich hätte einen Drink gebraucht und einen Hocker in der Bar zum Krokodil.

Als ich ungefähr einen Meter groß war, habe ich mir einen Fluss gewünscht.
Einen, auf dem man Floß fahren könnte wie Huckleberry Finn. Ich wohnte nicht wie
Huckleberry Finn am Mississippi. Ich wohnte an der Rems. Nichts Halbes, nichts
Ganzes. Die Rems hätte nur bei guter Hochwasserlage ein Floß getragen.

Die Rems, dieser Möchtegernfluss, aus dem kein Hund freiwillig saufen würde,
überflutete gerade die Keller von Waiblingen, als ich auf der Neckarbrücke
stand. Der Waiblinger ist ein Problem, ich weiß.

Die Rems ist ein Ausfluss an Schäbigkeit.

Als ich am Neckar aus der Straßenbahn stieg, sah ich auf der Brühe einen
Frachter, er lag steuerbord. Am Bug stand der Name Emma. Ich glaube nicht, dass
ich Lust hätte, auf einem Schiff namens Emma anzuheuern. Emma klingt nach
Strandgut. Ich hätte Emma gern gefragt, warum sie Emma heißt, aber es gibt
keinen richtigen Zugang zum Neckarufer in Cannstatt. Die Stadt hat ihren Fluss
vergessen.

Backbord entdeckte ich drei Schilder mit drei Hinweisen: È Assolutamente
Proibito Pescare, Ribanje Zabranjeno, Balik Avlamak Yoser Tir. Jetzt möchten Sie
wissen, was das auf Deutsch heißt. Ich sage es Ihnen: „Angeln verboten“.

Ich wollte nicht angeln. Ein guter Seemann fischt nicht im Trüben. Ich wollte
den Neckar fragen, warum er schäumte und kackbraun war im Gesicht. Er schäumte
nicht wegen Emma.

Dann ging mir ein Licht auf: Dies war seine letzte Warnung. Wenn nicht bald
etwas passiert, wollte der Neckar sagen, dann habt ihr Ahnungslosen da draußen
auf dem Trockenen ein Problem. Das Problem heißt Hochwasserlage. Ich mache
ernst. Ich bringe mehr Menschen um als die Rems. Eines Tages wird der Neckar aus
seiner Haut fahren. Er wird sich rächen. Weil er behandelt wird wie ein nasser
Hund. Missachtet, verletzt.

Der Neckar ist der Huckleberry Finn der Flüsse. Keiner kümmert sich um ihn. Bei
Hochwasser nicht und bei ruhiger See auch nicht.

Gut, da ist Emma, aber Emma schwankt im Wasser wie eine betrunkene Kellnerin in
der Bar zum Krokodil.
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Nächster Flaneursalon
mit Joe Bauer
am Sonntag, 19. April (20 Uhr), in der Rosenau.
Mit
Roland Baisch & The Countryboys, Dacia Bridges und Michael Gaedt.
Weitere Stories:
Männer im Zug
Eine kurze Geschichte von Joe Bauer
»Es war vor Fulda, als sie einstiegen. Ich saß im Zug auf dem Weg nach
Stuttgart. Ich kann mir immer nur Fulda merken. In Fulda gibt es den Slogan
»ideal zentral«. Damit meint Fulda sich selbst.«
Der Hochseilartist
Eine kurze Geschichte von Joe Bauer
»Ich habe mich gefreut damals, als ich gehört habe, der berühmte Artist Johann
Traber, ein gebürtiger Stuttgarter, wolle in einem Auto auf zwei Stahlseilen zur
Spitze des Fernsehturms hochfahren. Es hätte nach meinem Geschmack nicht
unbedingt in einem Smart sein müssen. Eine Frage der Würde, aber ich schluckte
die Kröte. Die Show stieg am Himmelfahrtstag, ich wünschte dem Kollegen Traber
noch viele Jahre auf Erden und tauchte ab in die Vergangenheit.«
Liebe in Tübingen
Eine kurze Geschichte von Joe Bauer
»Auf der Brücke über dem
Fluss warfen mich die Musiker aus dem Auto. Es war schon dunkel am frühen
Abend, die Musiker sagten, ich hätte genügend Zeit, bis die Show beginne.
Die frische Luft, sagten sie, täte mir gut, ich solle mir Hölderlins Geist
um die Nase wehen lassen. Dann fuhren sie davon. Ich stand
auf der Neckarbrücke in Tübingen und schaute aufs Wasser. Es schimmerte
schwarz. Ich mag kein Wasser bei Nacht.«
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