AUSGABE 6
SCHREIBERHACK IM SECHSERPACK
Die im folgenden besprochenen Bücher, allesamt sogenannte ’Debütromane‘, sind etwa drei Jahren alt. Damit haben sie die durchschnittliche Halbwertszeit neudeutschen Schrifttums von maximal vier Wochen deutlich überschritten. Sind die Texte trotzdem noch genießbar? Lesen Sie selbst.
[CHRISTOPH BAUER – RALF BÖNT - MARTIN BRINKMANN - KAREN DUVE - JULIA FRANCK - INGO NIERMANN]
PARODIE zu Christoph Bauer: JETZT STILLEN WIR UNSEREN HUNGER
Kaum ein Autor wurde in den letzten Jahren so enthemmt parodiert wie Thomas Bernhard. Das Original ist tot und kann sich nicht mehr wehren. Seine wüsten Schimpfattacken, jene Verzweiflungsorgien, die eine seltsame Art von Komik erzeugen, das spricht wohl so manchem Zeitgenossen tief aus der gequälten Seele. Nicht wenige möchten das dann furchtbar gerne auch so können, denn es scheint so leicht. Schon nach zwei, drei Bernhard-Büchern hat man mühelos des Meisters Sprachgebaren adoptiert. Die Parodie war ja immer das Original des kleinen Mannes, und so nimmt es wenig wunder, wenn durch deutsche Schreiberlande weit mehr Wiedergänger Thomas Bernhards geistern, als Saddam Husseins Doppelgänger zwischen Euphrat und Tigris.
Muß es aber gleich so knüppeldicke kommen wie bei Christoph Bauer? Sein Buch JETZT STILLEN WIR UNSEREN HUNGER bietet Thomas Bernhard satt zum Dauertiefpreis, aber es ist ein Bernhard zum Kuscheln für die ganze Familie, domestiziert, entgiftet und entschärft, narratives Sofakissen, frei ab sechs. Wo Thomas Bernhard mit seinen Satzspiralen von einer Existenznot in die nächste driftet, konfabuliert Christoph Bauers Protagonist auf seinem täglichen Spaziergang in Berlin unverbindlich-läppisch vor sich ihn. Wo Bernhards Gestalten mit sich und Welt rettungslos zerfallen sind, präsentiert Bauer einen albernden Loser in der sozialen Badewanne, den selbstverliebten Philosophen und Taxifahrer Weinreich, der sich, in jeder Hinsicht angeheitert, durch eine geschönte Phantasiewelt gaukelt.
Nicht nur Stil und Sprachduktus sind geklaut, auch seine Themen hat Bauer bei Thomas Bernhard abgekupfert. Schon das Zentralmotiv des Buches, das vom Denken begleitete Gehen und umgekehrt, stammt aus Bernhards Erzählung ’Gehen‘, manches wurde aus ’Holzfällen‘ und anderswo geborgt, und selbst vor den Goldberg-Variationen und der Glenn-Gould-Hommage aus ’Der Untergeher‘ schreckt Bauer nicht zurück.
Das fanden wir dann einen Schlag zu epigonal, und irgendwie auch reichlich unbedeutend, man hat die Chose nach 30 Seiten spätestens kapiert. Epigonal ist auch das seitenweise, schöngeistig verschwiemelte Labern über Kunst, Literatur und Theater, lauter angelesenes und ausgedachtes Zeug, madiger Gedankenmuff mit dem intellektuellen Anspruch einer Rheumadecke. Am Ende, um das Fiktive ohne Not künstlich zu verdoppeln, wird eine Herausgebergestalt auf den Plan gezwungen, das Sahnehäubchen für den Bildungsbürger.
Wieder einmal mußten wir uns fragen, was hier der Anlaß des Schreibens wohl gewesen sei, außer daß ein Möchtegernschriftsteller sich was beweisen wollte, wie in einem Interview zu lesen war. Aber ist das schon ein Grund, dieses Buch auf den Leser loszulassen?
Hiermit geben wir bekannt, daß wir genau solche Bücher nicht wollen, denn wir sind die Leser, und wir wollen andere Bücher, Bücher, die uns bewegen, wie auch immer. Lachen, Weinen, Liebe, Haß, Verzweiflung, Glück, das Böse, abartige Ideen, schwierige Gedanken, fauler Zauber, Sauereien, wir machen alles mit, aber nur, wenn wir spüren, daß die Welt ärmer wäre ohne so ein Buch. Bei Christoph Bauer haben wir in jeder Zeile nur das Gegenteil bemerkt.
Hallux Valgus
Manchmal reicht es, dann hat man einfach genug von Nabelvisionären, miesepeterndern Monologisten, Jammerlappen aus dem Lager des akademischen Proletariats. Z. B. Bönt-ICKS: sitzt im Flugzeug nach New York, quengelt hilflosen Sitznachbarn mit Daseinsleere voll, 33, geistig senil, seelisch retardiert. Stänkernde Jeremiade, Lebensüberdrußstimmung ohne Anlaß, gepampertes Einzelkind aus deutscher Provinz, für immer adoleszent, ach Bielefeld, unsel‘ges Bielefeld.
Man ist promoviert, man lebt vom Sozialamt, man will im Betrieb nicht mitmachen. Gut so, aber warum dann memmenhaftes Gemecker, warum nicht: Kampf, die Tat? Weil kraftlos, weil ungenau, weil belanglos. Diese Typen rechnen immer nur ab. Jetzt red i. Alle müssen dran glauben, alle: Weltganzes als solches, Verhältnisse, Gesellschaft, Universität, Schule, Eltern, und immer wieder: das arme, hilflose Bielefeld. Aber auch: Auschwitz, Auschwitz muß dabei sein, einfach so, warum is egal, muß.
Larmoyant-amorphes Parlando, waschweibermäßig hingesudelte Suada im Rhythmus einer Eternitplattensiedlung, randvoll gespickt mit Füllwörtern: ’und so weiter darüber hinaus jedenfalls und überhaupt sozuagen irgendwie nämlich wohl genau vermutlich schon wahrscheinlich immer eigentlich einfach fortwährend und zuviel ungefähr ein bißchen wenigstens je desto auch komplett vollkommen also abgesehen davon vielmehr sowieso na klar natürlich klarerweise pausenlos und so weiter‘.
Torfköpfiger als der schwabblige Text arscht das rammdösige Rezensentengerödel an, diese strunzdumme Litanei vom Generationenstuß: Generation 68, 78, 89: passe, wer bietet mehr? Generation Golf, Berlin, Generation X, Y?
Alles vorsortiert im Filter der Reflektion, kein erzählerisches Moment, literarisch: Madendasein. Aber aus Bielefeld sein und nicht schreiben können, ist vielleicht nicht das allerschlimmste, denn Bielefeld ist überall, vor allem im Kopf von Ralf Bönt, und da geht es nie wieder weg. Hundert pro.
Rita Rundschlag
ETIKETTENSCHWINDEL
zu Martin Brinkmann: HEUTE GEHEN WIR ALLE SPAZIEREN
Vorne auf dem Buch steht ’Roman‘ drauf, aber ist, wo ’Roman‘ draufsteht, auch immer Roman drin? In diesem Buch jedenfalls nicht. Auf schlappen 150 Seiten (à 26 Zeilen) im Oktavheftformat wurden 20 karge Einzelgeschichtchen hingepappt, die nicht mehr verbindet als pueriles Gemaule und sprachliche Impotenz, mit anderen Worten ein selten frecher Etikettenschwindel. Wer Roman will, läßt sich ungern mit weinerlicher Selbstbeömmelung und lausigen Stimmungsbildern aus der ereignisarmen Lebenswelt eines Zivi abspeisen, auch wenn der Autor – man merkt die Absicht allzu deutlich – seine penetrante Tristesse kokett mit fader Ironie zu puffern sucht.
Schlichtes unprätentiöses Schreiben ohne höhere literarische Ambition bescheinigen einige Rezensenten dem Schreiber, der auch als Trash-Poet und Mitarbeiter eines Organs namens ’Krachkultur‘ bisher nicht gerade EU-weit von sich reden machte. Warum dann aber, so fragen wir erst recht verdattert, dieser alberne Romanverschnitt? War’s Eitelkeit und schiere Geltungssucht, oder einfach deshalb, weil Erzählbände beim Publikum weit weniger beliebt sind als Romane? Letzteres wäre als Begründung gerade noch zu akzeptieren, denn irgendwie muß schließlich jeder trommeln, um seine Sachen auf den Markt zu hebeln, da heiligt der Zweck so manches unlautere Mittel, wäre da nicht diese zwischen Plattheit und Verluderung schlabbernde Sprache, die leider unverzeihlich ist.
Einige Beispiele müssen genügen, wir können nicht das ganze Buch zitieren: ’die Sonne neigt ihr Haupt im Westen, und ihre lichten Haare kräuseln sich dahinten im Wasser . . . ich suche den Horizont ab, wo ein Containerschiff übers Wasser fährt wie die Wolken über den Himmel . . . weiter weg ergraut die Umgebung schon zu dunklen Umrissen, so wie das Toilettenhäuschen, das ich am anderen Ende des Parkplatzes ausmache, was mir gerade recht kommt . . . hinter den Fenstern wird es jetzt ganz dunkel dadurch, daß das Licht brennt . . . ich bin am Gürtel am Herummachen . . . Vera ist verdammt schön‘.
Ein Rezensent (Christian Schuldt) versteigt sich zu der Behauptung, Brinkmanns Texte seien tiefenwirksam. Da möchten wir doch fragen: hat der Mann noch alle Tassen im Schrank? Solche Rezensenten hat nicht einmal Martin Brinkmann verdient, dagegen nehmen wir ihn ausdrücklich und gern in Schutz. Er sollte den Herren unverzüglich zum Duell fordern, als Sekundanten stehen wir jederzeit zur Verfügung.
Vertigo Vomex M.A.
ABGESACKT
zu Karen Duve: REGENROMAN
Sprachlich gibt es am REGENROMAN nicht viel zu mäkeln, keine stilistischen Mätzchen, kein Geraune. Die Duve schreibt eine flotte Feder, ehrlich, direkt, ohne Schnörkel. Erzählerisch fühlt man sich bei ihr vom ersten Satz an in guten Händen, eine gewisse epische Stimmung entfaltet sich fast spielerisch, und das versteht sich keineswegs von selbst in der neudeutschen Literatur, ganz im Gegenteil. Doch dann, schon nach 30, 40 Seiten beginnt die Geschichte abzusacken. Es regnet pausenlos, alles ist voller Schnecken.
Schlimmer ist, die Sache wird zu schnell durchschaubar. Dösiger als die Polizei erlaubt stellt sich der Held des Buches an, Leon, ein schwach begabter Schriftsteller, der als Mietschreiber gegen fette Löhnung die Biographie eines Hamburger Zuhälters verfassen soll. Dabei tut er alles, um seinen Auftraggeber zu vergrämen, und Martina, seine Gattin, agiert nicht wesentlich gescheiter, während es immer weiter regnet und regnet und das Wasser steigt.
Hat sich der noch geneigte Leser, zunehmend ratloser um den Sinn des Ganzen, bis dahin durchgefrettet, schlägt das Buch um. Leon erledigt seine Aufgabe nicht in der gewünschten Weise, versucht trotzdem linkisch, seine Schäfchen noch ins Trockene zu bringen, da sieht Harry, der Zuhälter, rot. Brutal nimmt er Rache nach alter Zuhälterart durch eine Vergewaltigung an Martina, ’comme il faut‘, und leider beschreibt es die Duve so, ’comme il faut‘, will heißen überflüssig genau, kein Detail bleibt dem Leser erspart.
Das hat einen merkwürdigen Effekt. Die sinnlos präzise Darstellung des Gewaltaktes vergewaltigt auch den Roman, er zerbricht. Die wütende Schonungslosigkeit, ja Besessenheit der Beschreibung will durchaus nicht zum gemütlich-netten, harmlos-ironischen Plauderton des restlichen Buches passen. Unverhofft wie ein Flaschengeist erscheint die real existierende Autorin Duve erinnyenartig im Text und fuscht der fiktiven Erzählerin ins Handwerk.
Wir konstatieren groben Stilbruch. Warum bricht die Autorin retrograd ihr episches Versprechen? Sie hätte andere Lösungen finden können. Will sie uns etwas mitteilen, das sie persönlich beschäftigt, das sie gar verarbeiten, schlimmer: bewältigen will?
Wir wissen es nicht, und so genau wollen wir es auch gar nicht wissen, private Mitteilungen von Autoren schätzen wir nicht, aber wir vermuten etwas. Durch die Vergewaltigungsszene, genauer deren Beschreibungsweise fiel uns die extrem klischeehafte Darstellung der Geschlechter in diesem Buch plötzlich stark ins Auge. Die Männer, die hier auftreten, sind sämtlich eitel, egoistisch, dumm und größenwahnsinnig, sie sind pervers und fetischistisch, sie sind Zuhälter und Vergewaltiger. Die Frauen dagegen sind Opfer, manchmal etwas hysterisch-neurotisch, aber ansonsten intelligent, geheimnisvoll, melusinenhaft, sinnlich und kommunikativ.
Offensichtlich ist das Buch sexistisch, männerfeindlich, aber das allein würde uns nicht weiter stören. Uns stört, daß wir gelinkt wurden. Die Autorin weckt Erwartungen, die sie nicht befriedigen kann, um am Ende ein billiges Ressentiment zu verkünden.
Wir nennen so etwas Mißbrauch, und vermutlich war das Vorsatz, verkrustete Lesererwartungen sollten wieder einmal aufgebrochen werden, man wollte uns belehren. Eigentlich hatten wir gedacht, diese Masche wäre längst vorbei.
Mit anderen Worten: Dieses Buch ist eine besonders faule Nummer, man könnte sogar sagen, Bücher wie diese sind doppelt schlecht, weil ihre Autoren die Fertigkeit besitzen, ein gutes Buch zu simulieren, und von Simulation läßt sich die deutsche Rezensentenschaft jederzeit gerne einlullen. (Merke: einfach schlechte Bücher erkennt gelegentlich auch Volker Hage).
Und das ist dann schade, doppelt und dreifach.
Elsbeth v. Joolen und Schwallbach
BAUCHLANDUNG
(Zu Julia Franck: LIEBEDIENER)
Julia Franck turnt in der Riege des Fräuleinwunders der neuen deutschen Literatur. Eine ganz neue Generation von Autoren sei hier am Werk, lasen wir in einer Rezension, eine Generation, die völlig unbelastet von Vergangenheit, über Sinnlichkeit, Erotik und Körperlichkeit schreibe. Leider schreibt diese Generation, falls Julia Franck sie repräsentiert, auch völlig unbelastet von jeglichem sprachlichen Anspruch.
Die Heldin des Romans LIEBEDIENER heißt Beyla. Angeblich arbeitet sie als Clown in einem Zirkus und wird Zeugin eines Unfalls, bei dem eine Mitbewohnerin ihres Hauses zu Tode kommt. Beyla zieht in die frei gewordene Wohnung und verliebt sich, man weiß nicht, warum, in Albert, der nun unter ihr wohnt und schlecht Klavier spielt. Albert ist angeblich Call-boy, angeblich hat er auch mit dem Unfall zu tun. Beylas Verliebtheit enwickelt sich zu einer Art von Obsession. Am Ende hat Albert sich möglicherweise umgebracht, stellt Beyla sich vor, vielleicht auch nicht. Angeblich spielt das Buch in Berlin, angeblich handelt es von Liebe und Tod, aber man merkt nichts davon.
Man merkt überhaupt wenig in dem Buch, denn hier wird nicht erzählt, hier wird nur behauptet. Julia Franck ist nicht in der Lage, ihr Romanpersonal mit auch nur annähernd überzeugenden Merkmalen, geschweige denn mit Leben auszustatten. Besonders unglaubwürdig ist die Gestalt Alberts, der wie die Mutante eines überdimensionalen Steifftiers durch die Backfischphantasiewelt der Erzählerin geschoben wird. Am Ende muß eine unglückliche Klischeekindheit (Mutter Prostituierte, Vater Trinker) herhalten, möglicherweise als küchenpsychologischer Zaunpfahl für Beylas in keiner Weise nachvollziehbare erotische Hingabe an die Nullperson Albert (’Albert sah aus wie ein Schwitzer‘).
Die Lektüre des Buches wird rasch zur Quälerei, denn Julia Franck besitzt nicht die Gabe, ihren dürftigen Plot wenigstens so zu strukturieren, daß eine Art von Spannungsbogen entstünde. Stattdessen müssen wir uns durch ein wirres Durcheinander angeblicher Geschichten Alberts, den seitenlangen Beobachtungen und Erwägungen der Erzählerin und einigen unkoordinierten Handlungselementen regelrecht hindurchnagen. Der Wunsch, das Buch beiseitezulegen und möglichst schnell zu vergessen, wird schon nach den ersten Seiten dringlich.
Dem krausen Inhalt kongruent präsentiert sich ein ungekämmtes Gestrüpp von Sätzen: ’um in meine Wohnung zu gelangen, mußte ich vom Hausflur noch einmal auf die Straße treten . . .im Schatten des Hauses, den die Morgensonne warf . . . mit einem Hops sprang er aus der Parklücke . . . die Frau war teilweise vom Bug einer Straßenbahn verdeckt, wie er sah, daß die Räder seiner Straßenbahn ihre Brust unter sich gezogen hatten . . . er stieg in sein Fahrerkabäuschen . . ein Kind hing an seiner Hand . . . ihr Blick ging die Straße hinunter . . . er habe sich für die Kinderärzterei entschieden . . . mir roch es nach Blut . . . der Regen machte auch meine Schuhe naß . . . die Frauen hockten vor mir und formten aus wulstigen Mündern Beschwörungen.‘
Da kommt jede Hilfe zu spät. Dem Buch wurde mehrmals das Etikett ’vielbeachtet‘ angeklebt. ’Vielbeachtet‘ ist etwa so bedeutungsschwer wie ’wichtig‘, man könnte auch ’überflüssig‘ sagen. Kürzlich hat Julia Franck ein neues Buch vorgelegt. Auch dieses Buch wurde viel beachtet. Es heißt BAUCHLANDUNG.
Treffender können wir es auch nicht sagen.
Pater Ralf de Frikassee
Sehr erschwerter Herr Niermann, leider müssen wir Ihrem Gesuch um einen Verriß in unserem Magazin einen abschlägigen Bescheid erteilen. Liebend gerne hätten wir Ihr Werk nach Strich und Faden vermöbelt, das dürfen Sie uns glauben, jedoch war nicht ein einziger unserer Redakteure bereit, mehr als maximal zwei Seiten Ihres o. g. Buches zu lesen. Bereits nach wenigen Sätzen klagten unsere Mitarbeiter über gravierende formale Denkstörungen, assoziert mit apoplektiformer Bulimie und initialer Hodentorsion.
Bei dem Versuch weiterzulesen, so wird übereinstimmend berichtet, hätten sich sehr rasch erste Merkmale einer galoppierenden Hirnverkäsung angekündigt. Die Persistenz Ihrer grammatikalisch falschen Sätze ohne semantischen Gehalt, der Verzicht auf anregende Handlungselemente wie auch das modisch-angepaßte Gequatsche Ihrer Protagonisten hat bei vielen unserer Rezensenten akute depressive Verstimmungen und suizidale Tendenzen induziert.
Popliteratur im Stadium fortgeschrittener Autolyse, wurde konstatiert, manisch-pseudosophische Selbstdekomposition. Man sei hier mit einem Autor konfrontiert - darüber waren alle einig -, der seine innere Leere hinter der schleimigen Aura des Unverständlich-Numinosen verberge, um als schwierig und geheimnisvoll zu gelten und damit bei unbedarften Lesern Eindruck zu schinden. Ihr Buch haben wir bereits entsorgt, wir bitten um Ihr Verständnis.
Im übrigen machen wir Sie darauf aufmerksam, daß nach Aussage unserer Rechtsabteilung die Erwähnung des Romanciers Henry James im Klappentext Ihres Buches den Tatbestand einer Störung der Totenruhe in einem besonders schweren Fall erfüllt. Wir sehen uns daher genötigt, lebenslanges Schreibverbot bei der zuständigen Kultusbehörde für sie zu beantragen.
i. A. Dr. phil. Isolde Nöle-Nörgelmann
AUSGABE 6 INHALT
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