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Magazin für Verrisse aller Art    Archiv

Herausgegeben von Hans Dieter Eberhard

   



AUSGABE 6


SCHUBIAK’s CORNER NEU!

Völlig unerwartet ist vor kurzem unser alter Mitstreiter Karl-Heinz Schubiak aus langjährigem Koma erwacht, putzmunter und gallebitter wie in alten Zeiten. Die medizinische Fachwelt steht vor einem Rätsel. Hier seine ersten postkomatösen Beiträge zum Stand der Leitkultur:

I KULTURWISSENSCHAFT

Seit mehreren Jahren infiltiert ein neuer Terminus unaufhaltsam die humanwissenschaftlichen Fakultäten unserer Hohen Schulen: Kulturwissenschaft. Was verbirgt sich hinter diesem schillernden Begriff: ein sensationeller Paradigmenwechsel, eine szientifische Revolution oder ein geschickt getarnter Etikettenschwindel? Cristina von Braun, die uns schon früher durch die hochelaborierte logische Inkonsistenz ihres Werks verwirrt hat, lehrt an der traditionsreichen Humboldt-Universität zu Berlin diese neue Entität.
K.-H. Schubiak hat in das Programm ihres Lehrstuhls hineingeschnuppert. Hier sein erster Eindruck:

Schwer belehrte Frau Professor von Braun,

seit Jahren bewundern wir den stetig wachsenden Verquasungsgrad ihrer Schriften. Unnachahmlich, wie Sie es geschafft haben, aus einem einzigen falsch verstandenen Gedanken (Dichotomie von Geist und Natur) per analogiam ein Œuvre von derart konziser Substanzlosigkeit zu schaffen. Wasser in Wein, Speisung der 5000? Kleinkinderkack gegen Ihre Leistung.

Sei's die Verschaltung von Stimme und Schrift und binäre Opposition, sei's olfaktorische Einverleibung anhand abendländischer Geruchskonstruktionen samt geschlechternormen-inkonformen Körperinszenierungen über psychosomatische Konfigurationen bis zur Materialisierung im humangenetischen Diskurs - gender studies machen's möglich. Vor allem Ihr phallosophischer Kannibalismus hat's uns ganz schwer animiert.

Kürzlich haben Sie nun, sehr verkehrte Frau Professor von Braun, bei einer Diskussion in München über Fragen der Genetik einen ultimativen Brüller gezündet: unerschrocken verglichen Sie das Gen mit der Hostie; ebenso wie die Hostie verheiße das Gen Unsterblichkeit, durften wir vernehmen. Wir sind ergriffen.

Sollten Sie jemals wieder mit einer derart brillant beknackten Idee schwanger gehen, melden Sie sich bitte unverzüglich bei uns zur geistlichen Akutbetreuung. Unser Ideeninterruptionsservice steht Ihnen jederzeit zur Verfügung. Wir machen auch Hausbesuche. Besser aber, Sie griffen prophylaktisch lieber gleich zu unseren bewährten Ideenantikonzeptiva.

Mit phallosophischen Grüßen

Ihr
Karl-Heinz Schubiak
(Ideendegenerator)

(Beachten Sie bitte zu diesem Thema auch unser in Kürze erscheinendes Interview mit Herr Prof. Dr. Alex Böhler, Nuntius für Kult-Wissenschaften an der Deutschen Akademie für szientifische Aporien.)

II DEUTSCHLAND ERWACHE

In der letzten Ausgabe (Nr. 12) des Münchner Intelligenzblattes TORSO sorgte sich kürzlich ein Herr Eike Kornhass, Mitherausgeber der besagten Zeitschrift, um den Fortbestand des Deutschen Volkes.
K.-H. Schubiak sorgt sich mit:

Sehr verzehrter Herr Kornhass

Im Auftrag des Präsidenten der Gesellschaft zur Vernichtung der Deutschen Sprache möchte ich Ihnen unsere gefühlteste Anerkennung aussprechen. In Ihrem Elaborat HALB GELEBT in der letzten Nummer der Bildungspostille TORSO haben Sie eine Höchstform bürokratischer Sprachverödung erreicht. In nahezu vollendeter Form praktizieren Sie überflüssige Substantivierungen bis hin zur maximalen Eliminierung des konugierten Verbs, in Tateinheit mit enthemmter Adjektivschwemme und gespreiztem Kanzleistil.

Besonders beeindruckt sind wir von der hochgradig geschwollenen Inhaltsleere ihrer Formulierungen. Tief ins Herz gewachsen ist uns z. B. der von Ihnen behauptete Zustand einer Unzufriedenheit, die sich als ’Kondensat einer unbekannten Flüssigkeit auf die Synapsen gelegt und das Denken gelähmt‘ habe. Wir geben zu: dieser Satz hat sich augenblicklich als Kondensat einer unbekannten Flüssigkeit auch auf unsere Synapsen gelegt.

Ähnliches widerfuhr uns bei Ihren ’allumfassenden Bedenklichkeiten‘ ebenso wie bei der ’notwendigen Selbstbeschränkung als Vorausetzung für funktionierende Gemeinschaft‘. Auch von Ihrer ’sinndefinierten Lebensgestaltung‘ und den ’Befindlichkeitsbetrachtungen‘ waren wir sturzbetroffen. Derartiges ’Verblödungsgetöse‘ ist offenkundig Ausdruck ’eines massivsten Sprachverfalls‘, da gehen wir ganzheitlich mit Ihnen kondom.

Auch Ihrem kulturpessimistischen Gewinnsel, betreffend die Arterhaltungsunwilligkeit des Deutschen Volkes, treten wir voll in die Seite. Ganz wie Sie sehen auch wir die Hauptgefahr hier in einer progredienten Überfremdung unserer Rasse durch ’einwandernde Gastvölker‘, die - frei von lähmenden Befindlichkeitsskrupeln - nicht nur ein vollkommen naturwüchsig-spontanes und in keiner Weise virtuelles Sexualverhalten an den Tag legen, sondern darüber hinaus auch eine ebenso opferbereite wie effiziente Brutbetreuung betreiben, mit der Folge einer unaufhaltsamen Schrumpfung unseres arischen Volkskörpers. Dereinst Volk ohne Raum sind wir nun zum Raum ohne Volk degeneriert.

Dem muß dringend Einhalt geboten werden. Wir erlauben uns, Ihre weitschweifigen Ausführungen zu folgendem Sofortmaßnahmenbündel zu kondensieren:

1. Deportieren wir artfremde Gastvölker samt ihren religiösen und kulturellen Traditionen zurück in ihre ostanatolischen Lehmhütten!

2. Streichen wir kinderlosen Gesellschafts-Parasiten die Rente!

3. Entledigen wir uns mit einem endgültigen Befreiungsschlag von der faltigen Haut nutzloser Greise, ’die sich über Felder, Wälder, Seen und Berge legt und menschliches Leben erstickt’!

4. Beenden wir ’Partymühle‘, ’Befindlichkeitspalaver‘ und ’schrankenlose Selbstbestimmung‘ durch strengste obrigkeitliche Überwachung!

5. Vertreiben wir die Wohlhabenden aus ihren ’luxuriösen Reservaten‘!

6. Verwirklichen wir uns ganzheitlich und pflanzen wir uns massenhaft wieder selber fort!

Für Ihren beherzten Vorstoß in dieser Richtung, lieber Herr Kornhass, verleihen wir Ihnen hiermit im Namen der kürzlich gegründeten Aktion Lebensborn II das Mutterkreuz 1. Klasse an der goldenen Nabelschnur.

Mit völkischem Gruß

Ihr
Karl-Heinz Schubiak
(Vorstand Aktion Lebensborn II)





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