Mode ist eines der am meisten unterschaetzten Kommunikationsmittel. Eine neutrale Position zu Mode kann es schlichtweg nicht geben. Selbst wenn man sich keinen Kopf darueber macht, muss man sich irgendwie anziehen, um morgens das Haus verlassen zu koennen. Man grenzt sich so automatisch durch seinen Kleidungsstil von bestimmten gesellschaftlichen Gruppe ab, gleichzeitig bezeugt man zu anderen seine Zugehoerigkeit. Mode kann vieles ausdruecken, sei es ein bestimmtes Lebensgefuehl oder den sozialen Status. Sie gibt soziale Orientierung. weiterlesen »
Die Krise ist ueberall – erst Recht in einer ueberfuellten S-Bahn. Wir befinden uns ja, wie gesagt, in einer Krise, und da rueckt man schon einmal zusammen, auch wenn man es wegen der sommerlichen Temperaturen nicht unbedingt will. Zum Sitzen kein Platz und zu eng, um im Stehen zu lesen, und so beobachtet man gezwungenermassen seine Leidensgenossen. Das rhythmische Rattern der Bahn vermischt sich mit dem babylonischen Sprachgewirr der Touristen, die in den Sommermonaten die Stadt fest im Griff haben. Die Bahn haelt an, ein junger Mann, etwa Anfang Zwanzig, steigt ein. weiterlesen »
Es gab Zeiten, da waren die Parteitage der Gruenen noch so richtig witzig anzuschauen. Da sassen langhaarige Gestalten in Stadthallen. Vernunft und Oekologie gepachtet, tranken die maennlichen Wesen Mate-Tee, waehrend die weiblichen Pullies aus selbst gefaerbter Wolle strickten. Da die Kleinsten mit vielen anderen Kleinsten unter den Tischen spielen konnten, war der Familienausflug perfekt. Nur von Zeit zu Zeit wurde der Gewaltfreiheit abgeschworen und es flogen aus Gewissensfreiheit Farbbeutel gegen den Krieg. weiterlesen »
Theoretisch und politisch interessant fuer meine Beschaeftigung mit der Globalisierung ist vermutlich das Phaenomen, das Richard Falk und andere als Globalisierung von unten
beschreiben – also jene lokalen und qua informeller Vernetzungen auch globalen Formen des direkten politischen Handelns sowie der gewaltfreien (>zivilen<) und gegen soziale, oekonomische und politische Machtasymmetrien gerichteten Kooperation, die haeufig vergessen werden, wenn man ueber Globalisierung aus dem Blickwinkel des Staates spricht. weiterlesen »
Am Anfang schwebte der Geist ueber den Wassern
als pralle Regenwolke – so viel zum kosmischen Kreislauf. Wir Landlebewesen sind Effekt einer Klimakatastrophe, als Mischwesen
sind wir an Land, auf die Buehne gekrochen und als solche werden wir sie nach der Abschaffung der Arten
(Dath) wieder verlassen: Regression zum Lurch (according to Adorno & Horkheimer) oder Degeneration der Klassen in zwei verschiedene Arten (H. G. Wells) – es zieht uns zurueck in den Tuempel: die Verwandlung vom Prinzen in die Kroete. weiterlesen »
Alexander Kluge hat die bestimmte Lesart, von der im vorhergehenden Text die Rede war, frueh befeuert, schon 1981 schrieb er gemeinsam mit Oskar Negt ueber das kollaborativ vollendete >Geschichte und Eigensinn<:>Dies Buch hat uns erschoepft. Es ist ein Fragment. weiterlesen »
Ein von Sommerhitze geschwaengertes Klassenzimmer in der Naehe von Augsburg. Zusammen mit meinen Mitschuelern nehme ich im Deutschunterricht gerade einen Stapel Zeitungen unter die Lupe. Da liegen also die Sueddeutsche, die FAZ, die Lokalzeitung und die Bild auf den Tischen vor uns. Vier Zeitungen, vier verschiedene Herangehensweisen, vier verschiedene Aufmachungen, vier verschiedene Themen, die wir anschliessend vergleichen. Das ist mittlerweile ein paar Jahre her. Und schon damals habe ich nicht verstanden, warum die Bilder in der Bild so gross, die Texte so spaerlich gesaet und die Ueberschriften so reisserisch waren. weiterlesen »
Die ersten beiden Tage unseres Seminars “Tourismus-Komplexe” haben theoretische und praktische Fragen ins Blickfeld gerückt und dabei Globalisierung und ‘Travel Writing’ in einen Zusammenhang gestellt. Ein kurzer Foto-Essay. weiterlesen »
Vergiss bloss nicht, von unserem ersten Aufenthalt in New York zu erzaehlen
– schreit Gilbert, der ploetzlich ganz rot wird. George faengt sofort mit seinem Bericht an. Gilbert lacht, und das Publikum lacht mit. Beide Kuenstler haben beige Massanzuege an und sehen sich aehnlich – aber eben auf diese Art, auf die sich Leute aehneln, die lange miteinander leben, die immer zusammen fruehstuecken, und die sich nicht mehr daran erinnern koennen, wie es war, bevor sie sich kannten – die genau dieselbe Gestik und Mimik haben. weiterlesen »
Wir bewegen uns die ganze Zeit. Unsere Bewegungen werden Formen, sie gestalten Wege, hinterlassen Spuren von unserer Vergangenheit und unserer Zukunft, sowie von unserer Anwesenheit und Endlichkeit. Europa ist selbst die Darstellung dieser Menschenbewegungen, ein lebendiges Register von den Spuren unseres Daseins. Aber das ist eine Illusion. Es wird oft leicht daher gesagt, dass die verschiedensten Orte der Welt dank des Internets erreichbar sind. Die Welt wird immer kleiner und verstaendlicher, heisst es. Unsere Bewegung von einem Ort zum anderen werden immer mehr zur Bewegung von einem Punkt auf der Welt zu einem anderen. weiterlesen »
Allerorten schauen einen dieser Tage seltsam grinsende Menschen von Plakaten an. Bei soviel Freude und Grinserei kann es diesem Land nur gut gehen. Diese ganze Freude auf einem Haufen kann nur durch Kraft kommen. Die CDU macht mit dieser Kraft sogar Wahlwerbung. Wir haben die Kraft
, so lautet der wesentliche Slogan des schwarzen Kampfes. weiterlesen »
Manchmal nennt man es selektive Wahrnehmung, manchmal Zufall, manchmal Schicksal. Ich nenne es Verdichtung: In der letzten Woche begegneten mir Briefmarken an drei Orten. Zuerst las ich in der Zeitung von einem Eklat bei der PIN AG, dem ehemals von Springer und Holzbrinck gefoerderten und mit der Insolvenz kaempfenden Post-Konkurrenten. Man habe festgestellt, dass im grossen Stile 52Cent-Marken mit Froschmotiv gefaelscht worden sein und saehe sich gezwungen, aeltere Marken fuer ungueltig zu erklaeren und unter Vorlage der Originalquittung umzutauschen. Die 52Cent-Froschmotiv-Marke. Ein sommerliches Politikum. weiterlesen »