Erstmal ein paar spontane Assoziationen zu Wasser: Aus dem Wasser kommt alles Leben (Koran). Alles ist Wasser. Man verdurstet, bevor man verhungert. Viele Krankheiten beruhen ganz allein auf der fehlenden Fluessigkeitsaufnahme. Meine spontane Reaktion darauf? Erstaunen – ich hatte lange nicht darueber nachgedacht – ist das nicht beaengstigend, dass wir so abhaengig von Wasser sind? Wir Menschen? Aus dem Wasser kommt alles Leben, aber wir sind nichts ohne Wasser. Eine schoene Abhaengigkeit – solange es genug Wasser gibt. weiterlesen »
Bei Alexander Kluges DVDs ist es nicht anders, als bei seinen Buechern: Eine Handvoll Filme sind auf jeder Einzelnen gespeichert, kurze und lange, bei den Buechern sind es kurze und lange Texte verpackt in dicken Baenden. Kluge, der sowohl das Buch als auch die DVD-Edition an seinem 75. Geburtstag im Rahmen der 57. Berlinale vorstellte, spricht sich leidenschaftlich fuer ein personalisiertes Zusammenstellen des Filmabspielprogramms aus. Jeder koenne aus dem Material-Pool eine individuelle Reihenfolge waehlen. weiterlesen »
Fortsetzung vom 25.08.09: Die Wellen waren recht hoch, die Felsen unter mir scharfkantig und spitz, also kontrollierte ich dann und wann mit offenen Augen tauchend den Grund. Der Brauetigam war ein grosser schlanker Kerl Mitte zwanzig, Typ Oberkellner und Hallodri, sie eher klein und etwas angedrungen. Nun, der Papst hatte das alles sicher so gewollt. Der Fotograf inszenierte eine Fototapetenszenerie vor sinkender, glutroter Sonne, denn Italiener kennen diesbezueglich keine Hemmungen. Die Braut stuerzte sich gluecklich und bereitwillig an den Rand der Brandung, um die perfekte Kitschfotoposition einnehmen zu koennen. Der Brauetigam war sehr um seinen Anzug und die Schuhe besorgt. weiterlesen »
Die Menschen stehen vornuebergebeugt ueber die Brueckenreeling und starren in die Tiefe. Von unten nehme ich sie als schwarze Masse wahr, deren Umrisse in der gleissenden Sonne verschwimmen. Sie zeigen auf etwas, das zwischen ihnen auf der Golden Gate Bridge und mir am Ufer liegt. In den Huegeln, die sich vor mir auftuermen und ueber die sich die Bruecke wie ein Salamander hinwegwindet, kaempft ein Mensch um sein Leben. Alle 13 Tage springt eine Person von der Golden Gate Bridge in den Tod. Das sind ueber 1300 bestaetigte Selbstmorde seit der Eroeffnung der Bruecke vor 72 Jahren, die Dunkelziffer liegt wohl bei 2000. weiterlesen »
Ich mache das sonst nie so, dass ich eine Rezension schreibe, bevor ich das Buch gelesen habe. Dieses Mal ist es okay, denke ich, denn es handelt sich um das neue Werk meines alten Freundes Joachim Lottmann >Der Geldkomplex<. Ich bin schon immer eine grosse Unterstuetzerin des Erfinders der Popliteratur
(Lottmann). weiterlesen »
Den Raum um mich herum hatte ich vollends vergessen. Ich wusste nicht, was vor oder hinter, links oder rechts, ueber oder unter mir war. Ich stellte fest, dass diese Begriffe zwar die Lagebeziehung zwischen zwei Objekten darstellen koennen, doch ist dies irrelevant in Anbetracht der Tatsache, dass es im Universum und im Bewusstsein der Alleinheit keine Grenzen gibt. Beide sind unendlich in ihrem Raum und ihrer Existenz. Im Universum kann man keine Lagebeziehungen zwischen zum Beispiel einem Stern und einem Planeten ausdruecken. weiterlesen »
Was bei Michel Foucault trotz seiner erstaunlichen Interpretation der Machtmechanismen fehlt, ist eine analoge Reflexion des Politischen in seiner gesamten Ausdehnung, also auch den Aspekt des Gemeinsamen umfassend. Was die Globalisierung angeht, so konnte er darin nicht die Dynamik wieder erkennen, welche zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 1984 noch teilweise verborgen war, auch wenn die Krise des Ostblocks schon absehbar war. Aus dieser Perspektive ist die fruehzeitige Eingebung von Marshall McLuhan – bekanntlich praegte er den Begriff Global Village – umso bemerkenswerter, speziell im Hinblick auf das von Jean-Luc Nancy und Maurice Blanchot initiierte Theoretisieren des gemeinsamen Existierens
sowie der Communitas
in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. weiterlesen »
Das von Alexander Kluge beschriebene Kino durchstroemt uns. Wissenschaftlerkongresse dienen als Rahmen, um solche Theorien auszufabulieren. Stille Nachmittage werden damit verbracht, Lichtspiele in Innenraeumen zu betrachten. Licht, die Materie des Kinos, immer wieder geht es im ersten Kapitel von >Geschichten vom Kino< darum. Darin finden sich uebrigens auch die schoensten und originellsten Gedanken zu einer Sache, der sich Kluge naehert, wie jenes Kind, das Adorno so gerne in uns allen gesehen haette: neugierig, assoziativ, Glueck vor Augen. Nicht zuletzt auch dann, wenn von einem Notkino erzaehlt wird, welches waehrend des Krieges den Menschen Zuflucht in eine bessere Welt gewaehrt. weiterlesen »
Dieses Gefuehl, nach drei Unterwasserpurzelbaeumen rueckwaerts die Orientierung zu verlieren und in einen Schwindelgrenzwertmodus zu geraten, in dem das Wasser die Doppelfunktion eines Traeger- und eines Haltentzugsmediums uebernimmt, ist mir bis heute vergegenwaertigbar. Kurz gesagt war es vor allem, dass der durch das Wasser erzeugte Tiefenraum, in dem das, was man seltsamerweise Unterwasser
nennt, seine Ausdehnung findet, was mich faszinierte. Sobald das altersmaessig moeglich war, habe ich mit dem Tauchen begonnen – zunaechst in trueben Teichen, dann im Atlantik und in Bergseen. weiterlesen »
Mit acht Jahren hatte ich ein klares Ziel vor Augen: Tieraerztin werden. Das war mein Traum. Bis zu dem Tag, an dem ich erfuhr, dass man als Tieraerztin auch mal samstags arbeiten muss. Der Traum war geplatzt. Bald hatte ich eine neue Idee: Kinderbuchautorin! Denn ich schrieb gerne Geschichten in ein rotes Notizbuch mit weissen Sternen drauf. Als ich begann, Tagebuch zu fuehren, wurden die Geschichten jedoch langweiliger: Es ging immer nur um Steffen oder Michael (Namen von der Autorin geaendert), die mich mal wieder nicht beachteten. Mit 18 Jahren wurde es ernst. Ich wollte als Au-pair-Maedchen in die franzoesische Schweiz gehen und nach einem Jahr perfekt Franzoesisch sprechen.
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Fortsetzung vom 19.08.09: Die Blockade loeste sich, die Buchstaben tropften mir aus der Hand in den Rechner, wie sonst nur der selbstgebraute italienische Kaffee des Morgens und der schmackhafte Rotwein des Abends. Die Tage glitten dahin, die Zeit verstrich fast ritualisiert im Fokus einer Zeitrafferkamera, die das sommerliche Geschehen werbewirksam ins Netz uebertraegt. Ich verliess das Haus nur zum Einkauf morgens, zum spaeteren ausgiebigen Sonnenuntergangsschwimmen und um einen Gang ueber den Corso am spaeten Abend zu machen, den das gehoert sich so in Italien. Sehen und gesehen werden. Ich sah gerne hin, denn ich hatte die meisten Italienerinnen ja schon mehrfach bei Tageslicht im Bikini gesehen, ob ich wollte oder nicht.
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