Die Massenproteste, die im Februar 2014 in Bosnien und Herzegowina stattfanden, sind in vielerlei Hinsicht ein Lehrstück des Widerstands gegen Privatisierungen. Basisdemokratische Prinzipien kamen zum Einsatz, Gemeinschaften entstanden über die künstlichen Grenzen der ethnischen Identität hinweg und – last but not least – Arbeiter*innenorganisationen sowie unabhängige Gewerkschaften avancierten zu den treibenden Kräften. Doch wie genau kamen die Proteste zustande und wie ging es danach weiter? Die Historikerin Anna Calori hat mit Beteiligten und Zeitzeugen gesprochen. Ein Streifzug. weiterlesen »
Die unabhängige Gewerkschaft MPRA wurde im Jahr 2018 aus fadenscheinigen Gründen durch ein Gericht in St. Petersburg verboten. Während der Kampf um die Fortsetzung ihrer Aktivitäten andauert – u.a. versuchte die MPRA kürzlich eine Demonstration durchzuführen, was aber an den Covid-19-Auflagen scheiterte – ist es an der Zeit, einen Blick auf die Geshichte dieser alternativen Arbeiter*innenorganisation zu werfen. Denn sie ist, wie Sarah Hinz und Jeremy Morris zeigen, insbesondere in Zeiten von Neo-Autoritarismus und neo-liberaler Kooptierung ein Lehrstück für Arbeiter*innenkämpfe. weiterlesen »
Während das internationale Geflecht aus neoliberalen Verstrickungen, Abhängigkeiten und Ungleichheiten immer schwerer zu handhaben ist, beschwören wiedererstarkende Nationalismen die “Souveränität” als Allheilmittel. Im “Osten”, etwa in Ungarn und Polen, wird diese rechte Utopie durch eine antikoloniale Rhetorik gegen “fremde Mächte” unterstützt, die jedwede kritische Auseinandersetzung mit Rassismus und Kolonialität blockiert. Die Soziologin Kasia Narkowicz und der Geograph Zoltán Ginelli legen die Strategien der rechten Regierungen und das Versagen der linken Oppositionen offen. weiterlesen »
Seitdem der Westen den ehemaligen Ostblock zu Demokratie erziehen will, sind mit westlichen Geldern geförderte Medien- und Journalismus-NGOs zu einem Job-Generator für weiße Männer aus dem Globalen Norden avanciert. Derweil sind die prekären oder unbezahlten Jobs stets für die Osteuropäer*innen reserviert. Stefan Candea, investigativer Reporter aus Rumänien, war lange Zeit selbst Teil dieser Maschine – bis er es wagte, die Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zu kritisieren. weiterlesen »
Während die EU ihre Außengrenzen mit roher Gewalt markiert, sollen Im Innern Freizügigkeit und Arbeitsverhältnisse gesichert sein – selbstverständlich nur für Leute mit einem EU-Pass. In diesem Geiste steht auch die “europäische Integration”, die Ost und West zusammenwachsen lassen soll. Nichtsdestotrotz entstand in den letzten Dekaden ein Heer von EU-Bürger*innen, die zwar auf dem Papier der Europäischen Union angehören aber de facto entrechtete Arbeitsmigrant*innen sind – und in dieser prekären Eigenschaft den Westen am Laufen halten. Die Anthropologin Tanja Petrović und die Journalistin Maja Ava Žiberna zeigen am Beispiel einer Kleinstadt in Slowenien, wie dieses Europa funktioniert. weiterlesen »
Der Glaube, dass Nationalismus für “uns” die Erfüllung aller Sehnsüchte und für “die anderen” Tod und Verderben bedeuten kann, ist in westlichen Diskursen verbreitet. Entsprechend werden die Bilder jubelnder Menschen angesichts der “deutschen Einheit” und Bilder des Krieges vom im Zerfall begriffenen Jugoslawien gegenübergestellt. Dabei wird der gemeinsame Nenner dieser Bilder unterschlagen: nach der Auflösung des Ostblocks war die Expansion des Neoliberalismus – ob in Berlin oder Belgrad – nur durch die Vereinnahmung des Gedenkens durch völkische Narrative möglich. Der politische Theoretiker Gal Kirn zeigt, dass “der Feind” emanzipativer Politiken keine Grenzen kennt, obwohl er fortwährend damit beschäftigt ist, (identitäre) Grenzen zu markieren. weiterlesen »
In der Pandemie, deren dritte Welle Anfang 2021 Polen besonders hart getroffen hat, spitzt sich die Lage zu: Kontroverse Aussagen und Beschlüsse der national-konservativen Regierung in Bezug auf Frauen- und LGBTQ-Rechte führten in den letzten Monaten zu noch stärkerer Spaltung der Gesellschaft. Immer mehr Menschen gehen auf die Straße und demonstrieren. Die Übersetzerin, Literaturwissenschaftlerin und Berliner Gazette-Autorin Karolina Golimowska berichtet von den Kämpfen vor Ort. weiterlesen »
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem offiziellen Ende des Kalten Krieges leiteten westliche Mächte eine neue Phase des “ethischen Imperialismus” ein: die “Probleme” der “kommunistischen” Gesellschaften sollten durch den Kapitalismus gelöst werden. Im Zuge dessen wurde auch das Bild Rumäniens (und Osteuropas im Allgemeinen) mit Stereotypen des Rückständigen und Vormodernen neu modelliert, wie der Fotograf Petrut Calinescu in diesem Interview zeigt. weiterlesen »
Die Ereignisse im Herbst 1989, in Berlin und in ganz Europa, haben sich ins mediale Gedächtnis des Westens als Freudentaumel und Shoppingglück eingeschrieben. Für Dissonanzen und Widersprüche war und ist kein Platz. Der Brexit, gut dreißig Jahre später, wurde nirgends wirklich gefeiert. Dennoch weisen Katerstimmung nach dem UK-Austritt aus der EU und der Taumel der “wiedervereinigten” Deutschen aufschlussreiche Parallelen auf. Der Medienanalyst Greg McLaughlin kommentiert. weiterlesen »
In den letzten Jahren haben viele EU-Länder nationale KI-Strategien entwickelt. Während langfristiges strategisches Denken zu begrüßen ist – insbesondere im Kontext der Entwicklung von komplexen digitalen Technologien –, ist es auch wichtig den Fokus dieser Strategien zu erforschen und zu hinterfragen. Die Medienwissenschaftlerin Miglė Bareikytė untersucht die Ansätze im post-sowjetischen Baltikum und unterzieht die KI-Strategien Estlands, Litauens und Lettlands einer kritischen Lektüre. weiterlesen »
Die durch Deutschlands rot-grüne Koalition forcierte NATO-Bombardierung Jugoslawiens im Jahr 1999 hat nicht zuletzt den Aufbau des Kosovo als Nationalstaat auf den Weg gebracht. Als gälte es den Interventionsbedarf immer wieder vom Neuen zu legitimieren, wird das Land in den westlichen Medien als “Pulverfass”, “rückständig” und “nationalistisch” beschrieben – quasi stellvertretend für die angeblich noch heute virulenten “Probleme des sozialistischen Staatenbunds” von damals. Die Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin Marlen Schachinger, die in Prishtinë als Stadtschreiberin arbeitete, versucht diese verkrusteten Vorstellungen beiseite zu räumen und Platz zu machen für eine Annäherung auf Augenhöhe. weiterlesen »
Auf dem Papier gelten Bulgar*innen als EU-Bürger*innen. In der Realität werden sie systematisch degradiert. In einem perfiden Zusammenspiel von Behörden, Arbeitgeber*innen und Vermittlungsagenturen kommt es zu einem “bürokratischen Bordering”, das ein menschenwürdiges Leben schier unmöglich macht. Gleichzeitig sind die degradierten Migrant*innen unverzichtbar für den Arbeitsmarkt, insbesondere in Deutschland. Die Forscherin und Aktivistin Polina Manolova berichtet aus einer vermeintlich freizügigen EU, in der vor allem die Ungerechtigkeit grenzenlos ist. weiterlesen »