Kein Spaß
Die PARTEI agiert professionell und den Regeln konform – und legt gerade deswegen den Politbetrieb in viel überzeugenderer Weise bloß als beispielsweise ein Horst Schlämmer. Eine Wahlempfehlung von Tina Manske
In wenigen Tagen ist Bundestagswahl. Nicht auf dem Wahlzettel wiederfinden aber wird sich eine Partei, deren Teilnahme vom Bundeswahlleiter abgekanzelt wurde, nämlich die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ (PARTEI). Begründung aus der Bundeswahlleitung: fehlende „Ernsthaftigkeit“ und „Organisationsstrukturen“. Die Wahlbeobachter der OSZE sind fleißig am Beobachten, ob dieser Ausschluss mit rechten Dingen zugeht. Schließlich ist die PARTEI „keine Spaß-Partei wie die FDP“ (O-Ton PARTEI). Und schließlich hat in einer Demokratie immer noch der Wähler selbst zu entscheiden, ob er eine Partei ernst nimmt oder nicht.
Die Ziele der PARTEI sind jedenfalls durchaus konkret: „Die endgültige Teilung Deutschlands – das ist unser Auftrag“ prangt seit Anfang der neunziger Jahre auf Ihrem Parteiorgen „Titanic“. Wahlplakate aus vergangenen Landtagswahlkämpfen sind betitelt mit Slogans wie „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen. Außer uns“ oder „Teilen lernen!“ Andere Forderungen betreffen plebiszitäre Elemente auf Bundesebene und die Reform des Gesundheitssystems.
Gegründet wurde die PARTEI von Ex-Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn, der sich mit diesem Buch „in eine Reihe mit anderen großen Machwerken (von Hitler, Kohl, Schröder)“ stellt. Es geht um die Geschichte der PARTEI bis heute, von den Anfängen als Helfershelfer eines unbekannten hessischen SPD-Kandidaten über die piratenmäßige Okkupierung von CDU-Plakaten bis hin zum bisher größten Erfolg: der Zulassung zur Bundestagswahl 2005. Zusammen mit anderen „sonstigen Parteien“ holte die PARTEI 4 Prozent der Stimmen. Die ihr zustehenden Wahlwerbespots veräußerte sie damals übrigens meistbietend als Schleichwerbung an den Billigfluganbieter hlx, der sich kurz darauf in TUIfly umbenannte.
Liebe OSZE – rettet die Wahlen!
Wer etwas darüber lernen will, wie in Deutschland Politik-Marketing richtig betrieben wird, der sollte sich schleunigst das Parteibuch kaufen, diese CD anhören oder den vor kurzem in den Kinos angelaufenen Parteifilm der PARTEI ansehen. Das ist nicht nur informativer als jeder Besuch im Reichstagsgebäude, sondern äußerst unterhaltsam. Bleiben wir bei der vorliegenden Doppel-CD, einer gekürzten Version des Buchs „Das Partei Buch. Wie man in Deutschland eine Partei gründet und die Macht übernimmt“ (erschienen bei Kiepenheuer & Witsch). Auf CD 1 finden sich interessante Feldstudien zu den Unbilden, denen sich eine kleine, neugegründete Partei gegenüber sieht. Die PARTEI agiert dabei professionell und den Regeln konform – und legt gerade deswegen den Politbetrieb in viel überzeugenderer Weise bloß als beispielsweise ein Horst Schlämmer.
Auf CD 2 geht es dann in die Außenpolitik: Sonneborn berichtet von der Reise einer Parteidelegation nach Georgien im Jahr 2007, wo man sich als „deutsche Arbeiterpartei“ mit der befreundeten Oppositionspartei trifft, sich für den Bruch des Hitler-Stalin-Paktes entschuldigt (große Begeisterung auf georgischer Seite) und den Kniefall à la Brandt medienwirksam wiederholt. Leider ist gerade dieser höchst amüsante geopolitische Ausflug – zumindest auf der CD – reichlich kurz geraten.
Man sollte sich also ruhig auch das Buch zur Hand nehmen, um mehr zu erfahren. Auf ihrer Homepage verkündet die PARTEI übrigens mittlerweile, dass sie die Bundestagswahl im Nachhinein anfechten wird – das steht ihr laut Bundesverfassungsgesetz zu. „Und da wir somit die Wahl wiederholen lassen werden, ist Ihre Teilnahme an der Bundestagswahl eigentlich überflüssig.
Nehmen Sie sich für den 27. September etwas Schönes vor: gehen Sie trinken oder mit Hund/Kindern ins Grüne!“ Oder nutzen Sie in der Wahlkabine die handlichen Wahlscheinergänzungsaufkleber, die die PARTEI ebenfalls auf der Homepage zum Download anbietet. Ansonsten bleibt nur der Hilferuf: Liebe OSZE – rettet die Wahlen!
Tina Manske
Martin Sonneborn: Das Partei-Hörbuch. Mit Serdar Somuncu, Franziska Pigulla und vielen O-Tönen. 2 CDs, Laufzeit ca. 110 Minuten. WortArt, 2009.
Das Buch ,,Das Partei Buch. Wie man in Deutschland eine Partei gründet und die Macht übernimmt“ ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.