Klassiker Special 2017 Category

Frank Göhre KLASSIKER SPECIAL 2017: Willkommen! Als Jungbuchhändler in den Siebzigern war ich in den Wochen und Tagen vor Weihnachten extrem gefordert. Von mir selbst. Es galt, die Verlagsneuerscheinungen an die Frau/den Mann zu bringen, vor allem die Titel, die nicht auf der „Spiegel Bestseller“-Liste standen. Diese apodiktische „Verkaufshilfe“ gab es schon damals, und die entsprechenden Romane und Sachbücher quasi vom Stapel weg zu verditschen, war und ist keine Kunst und eher frustrierend. Mein Anspruch und der etlicher Kollegen war, den „neuen Grass/Simmel/Lenz“ nicht kommentarlos über den Tresen zu schieben,Read More

Posted On Dezember 6, 2017By Tobias GohlisIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Tobias Gohlis: Till Eulenspiegel

Tobias Gohlis „Auf alle scheißt er, Ulenspiegel heißt er“ Jedes Kind kennt den absonderlichen Kerl mit der Schellenkappe, der beim Bergaufsteigen singt und weint, wenn er wieder ins Tal muss. Till Eulenspiegel war schon im 17. Jahrhundert so berühmt, dass er einem damals viel gelesenen Literaten im Traum erscheinen musste, um sich gegen üble Nachrede aller Art zu verwahren: „Was habt ihr immerdar mit mir zu schaffen / das ihr mich hin und wider also außschreyet und beschimpffet / als ob gar kein Narr je gewesen wäre / dan ich?“Read More

Posted On Dezember 6, 2017By Peter MuenderIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Peter Münder: Shakespeare

Peter Münder KLASSIKER Will S. Annäherung an einen gewaltigen Kontinent Für Brecht stellte Shakespeare (1564-1616) ein großes Faszinosum dar, weil der als spontaner Kollektivschreiber mit seinem „unschuldigen Surrealismus“ so komplex und verstörend auf alle Spießbürger wirkte: „Es gibt nichts Dümmeres, als Shakespeare so aufzuführen, daß er klar ist. Er ist von Natur unklar. Er ist absoluter Stoff“. Auch für den großen polnischen Shakespeare-Spezialisten Jan Kott (1914-2001) war der Barde aus Stratford immer der hochbrisante Superstoff und ein Zeitgenosse, der den „Großen Mechanismus“ von Aufstieg und Untergang, vom Intrigieren, Bespitzeln undRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Zoe BeckIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Zoe Beck: Agatha Christie

  Zoë Beck Agatha und ich Es gibt unterschiedliche Angaben über die Gesamtauflage von Agatha Christie, aber irgendeine schwer auf einem Haufen vorstellbare Büchermenge zwischen zwei und vier Milliarden wird es wohl sein. Die Bibel wurde öfter ausgeliefert, ansonsten kann mit ihr wohl nur Shakespeare konkurrieren. Übersetzt wurden ihre Werke in wenigstens 103 Sprachen. Ms. Christie, 1890 in Torquay, Grafschaft Devon geboren, erfand zwei der bekanntesten Detektive der Literaturgeschichte: Miss Marple und Hercule Poirot. Und anders als bei vielen literarischen Detektiven – sagen wir mal zum Beispiel Sherlock Holmes, oderRead More
  Alf Mayer Sagen des klassischen Altertums Ungeheurer als die Bibel Dieses Buch war wie eine verbotene Frucht, war ungeheuerlich. Bald schon war es mir lieber als jede Bibelstunde. „Christenlehre“ nannte sich die Andacht am Samstag- oder Sonntagnachmittag, in denen der Pfarrer uns katholischen Allgäuer Dorfkindern aus der Bibel erzählte. Viel zu wenig kamen mir dabei die Folterungen und Todesarten der Heiligen vor, das nämlich fand ich spannend – aber dann entdeckte ich in unserem Bücherschrank die drei Bände Sagen des klassischen Altertums von Gustav Schwab (in der, die wieRead More
  Anne Kuhlmeyer Meister und Margarita – eine Allgeschichte An den Bruchkanten der Geschichte wuchert die Groteske. Michail Bulgakows Meister und Margarita ist so ein fantastisches Stück Literatur. Das Werk ist nicht nur eine üppig ausgestattete Satire auf das Zeitgeschehen in der jungen Sowjetunion, deren Bürokraten längst die kommunistischen Ideale verraten hatten und im öffentlichen Leben wie in der Literatur hegemonial agierten, als sei der zaristischen Gesellschaft ein proletarisches Banner übergeworfen worden, nachdem Nikolai II. es nicht in die Moderne geschafft hatte, sondern es verflicht Geschichte, Religion, Ideologie und conditioRead More
Alf Mayer  Frisch wie am ersten Tag Film Posters of the Russian Avant-Garde Die Revolution ist tot. Lang lebe die Revolution! Dieser Slogan von Karl Liebknecht aus den  „Sozialistischen Monatsheften“ von 1898 könnte auch auf dem Umschlag dieses ziegelsteingroßen Buches stehen. Nichts in ihm ist tot. Die hier zusammengetragenen 250 „Film-Poster der russischen Avantgarde“ sind immer noch begeisternd modern. Zeitlos modern. Sie gehören zu den brillantesten und phantasievollsten Filmplakaten, die je gestaltet worden sind. Entstanden sind sie von Mitte der 1920er bis in die frühen 1930er, der Höhepunkt lag zwischenRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Max AnnasIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Howard Hawks: Hatari!

Max Annas Hatari! von Howard Hawks Klar habe ich darüber nachgedacht, wie oft ich diesen Film schon gesehen habe. Irgendwann einmal jährlich im Nachmittagsprogramm im Fernsehen. Zum ersten Mal mit 6? Mit 8? Howard Hawks Hatari! war ein Kulturprodukt, dem man als Fernsehkind nicht entkommen konnte – wie die Les Humphries Singers oder Percy Stuart. Irgendwann und irgendwo einmal die erste Originalversion. Mit 20? War das in der Kölner Cinemathek? Hernach seltener. Und dann habe ich mal eine DVD erworben, weil ich einen kleinen Vortrag gehalten habe über das Bild AfrikasRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Hannes SolbachIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Utopische und Eskapistische Literatur

Hannes Solbach Was wäre, wenn … Klassiker der utopischen Literatur Statt sich von negativen, gruseligen, düsteren und letztlich deprimierenden Zukunftsvisionen unterhalten zu lassen, könnte es ja doch auch mal besser werden. Heller, gerechter, sicherer, freier, das ist zumindest zu Weihnachten ein guter Gedanke und eine bessere Geschenkidee. Die Zukunft hat Vergangenheit. Von Platon bis Skinner haben Menschen mit offenen Augen geträumt, Staaten gegründet, Probleme gelöst, Konflikte befriedigt – auf dem Papier. Wer sich heute mit den alten Bauplänen für eine neue Gesellschaft beschäftigt, findet überraschend unterhaltsame Utopie-Klassiker in einer BandbreiteRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Markus PohlmeyerIn Klassiker Special 2017, Litmag, Specials

Thomas Mann: Joseph und seine Brüder

  Markus Pohlmeyer Die Huld(a) auf dem Felde oder: Ein arroganter Engel, ein irrender Held und ein impliziter Esel. Gedanken – weitab vom Wege – zu Thomas Manns „Joseph und seine Brüder“[1] 1. Summary Joseph wird von Israel zu seinen Brüdern geschickt. 2. Die Interlinearübersetzung „Da-fand-ihn (ein)Mann, und-siehe er-(war)-umherirrend im-Feld. Und-es-fragte-ihn der-Mann, sagend: Was-suchst-du? Da-sprach-er: Meine-Brüder ich (bin)-suchend! Sag-doch mir, wo sie (sind)weidend! Darauf-sagte der-Mann: Sie-sind-aufgebrochen von-hier, denn ich-hörte sie-sagend: Laßt-uns-gehen nach-Dotan! Da-ging Josef nach seinen-Brüdern, und-er-fand-sie in-Dotan.“[2] 3. Im Roman Und in der einbändigen Ausgabe Thomas Mann: Joseph undRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Frank GoehreIn Klassiker Special 2017, Litmag, Specials

Georg Büchner: Werke und Briefe

Frank Göhre Georg Büchner – radikal revolutionär Der Siebzehnjährige verteidigt in einer Rede auf der Schulfeier den Freitod Catos, der sich am Ende seines vergeblichen Kampfes gegen die Methoden Julius Cäsars das Leben nahm: „… als der Altar der Freiheit zerstört war, war Cato der einzige unter Millionen, der einzige unter den Bewohnern einer Welt, der sich das Schwert in die Brust stieß, um unter Sklaven nicht leben zu müssen; denn Sklaven waren die Römer, sie mochten in goldenen oder ehernen Fesseln liegen – sie waren gefesselt.“ Der Zwanzigjährige StudentRead More
 Dominik Graf Wenn die Gondeln Trauer tragen von Nicolas Roeg, 1973 Mit Teetrinken in einem netten englischen Landhaus an einem verregneten Herbstnachmittag, an dem die Kinder in Gummistiefeln und Regenmänteln im Garten spielen und die Eltern drinnen selbstvergessen vor sich hindösen, arbeiten oder lesen – genau mit solch einer Idylle beginnt Don’t Look Now (Wenn die Gondeln Trauer tragen). Und verwandelt sich in zwei Minuten in ein Inferno: Die Tochter ertrinkt im tiefen Bach, der durch das Grundstück führt. Ihre rote Regenjacke, mit der sie tot auf den Armen ihresRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Peter MuenderIn Klassiker Special 2017, Litmag, Specials

Lévi Strauss: Eine Biografie

Peter Münder REISEN, FORSCHEN, VERZWEIFELN, WEITER FORSCHEN Claude Levi-Strauss (1908-2009) hatte an der Sorbonne Philosophie und Jura studiert, wurde Lehrer in der französischen Provinz und akzeptierte 1935 das Angebot, in Sao Paulo eine Gastprofessor für Soziologie an der neugegründeten Uni zu übernehmen. Seine Feldforschungen bei Indianerstämmen am Mato Grosso verarbeitete der selbstkritische Skeptiker erst zwanzig Jahre später in dem Band , der zum Klassiker wurde und ihn als weltweit anerkannten Ethnologen etablierte: „Traurige Tropen“. Reise-Impressionen, ethnologische Beobachtungen, gesellschaftskritische Reflexionen über den Untergang der westlichen Zivilisation ergeben den faszinierenden Mix, derRead More
  Alf Mayer Erforscher der Schönheit Kunst und Wissenschaft Ernst Haeckels Es sind die vielleicht schönsten – weil naturtreuesten – Zeichnungen, Aquarelle und Lithografien der Welt, zwischen 1860 und 1899 entstanden: Nessel- und Pantoffeltierchen, Seesterne, Zackenrädchen, Flechten, Borstenwürmer, Blumenquallen, Kofferfische, Gurkensterne, Moostiere, Motten, Seeanemonen, Schwammpilze, Ammonshörner, Zapfenbäume, Laub- und Ledermoose, Venusblumen, Urnensterne, Geißelhütchen, Kammerlinge, Würfelquallen, Strahlentierchen, Venusblumen oder Ruderkrebse – der Künstler, Philosoph, Arzt, Zoologe und Meeresforscher Ernst Haeckel entdeckte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Schönheit der Natur selbst noch in den allerkleinsten Geschöpfen. Immer wieder muss man sich beim Betrachten sagen:Read More

Posted On Dezember 6, 2017By Brigitte HelblingIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Trina Robbins: Pretty in Ink

Brigitte Helbling Action & Glamour & die allerneuste Mode Ein Überblick über nordamerikanische Comic-Künstlerinnen ab 1896 1895, als Outcaults mit  seinem Yellow Kid („Down in Hogan’s Alley“) auf den Seiten des New York World den modernen, US-amerikanischen Massencomic einläutete, waren nicht nur eine Menge Herren, sondern auch junge Damen mit Portfolios unterwegs, um ihre Illustrationsdienste Zeitungen und Zeitschriften anzubieten. An dieser Stelle in der Geschichte setzt Trina Robbins’ Studie „Pretty in Ink“ an, um in Wort und vielen rauschenden Abbildungen dem weiblichen Kreativ-Anteil am nordamerikanischen Comic-Strip und Comic-Book-Business (bis 2013)Read More

Posted On Dezember 6, 2017By Thomas WoertcheIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Thomas Wörtche: Miles Davis

  Thomas Wörtche Miles Davis Sommer 1970. Es war heiß, sehr heiß. Irgendein Sender – vermutlich der damalige Südwestfunk – spielte eine Musik, die mich wie eine Dampframme traf. Ich wusste nicht, was das war oder wie man das nennen sollte, aber es war anders. Da liefen elegante lange Linien, die aus dem Nichts zu kommen schienen, mal langsam, dann wieder schneller werdend, fast aus dem off, da war nichts von Thema – Solo – Thema – Solo, da pulste ein Rock-Rhythmus und dann waren da die lakonischen, elektronisch moduliertenRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Sonja HartlIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

About… Chester Himes

Sonja Hartl Aufruhr, Gewalt und Komik – Über Chester Himes Ein weißer, halbnackter Man wird tot in einem Rotlichtbezirk gefunden. Ein afroamerikanischer Mann wurde gesehen, wie er vom Tatort rannte. In einem Schaufenster wird per Annonce eine ‚fruchtbare, gottesfürchtige Frau’ gesucht. Und ein blinder Mann sitzt mit einer Pistole in einer U-Bahn. Willkommen in Chester Himes’ Harlem. Diese Männer begegnen einem in „Blind Man with a Pistol“, dem letzten vollendeten Roman aus Chester Himes’ Harlem Cycle, eine Reihe, die weitaus mehr ist afroamerikanische Detektivromane. Sie ist ein Klassiker der amerikanischenRead More
 Alf Mayer Der Moby Dick des Weltraums Norman Mailer: Auf dem Mond ein Feuer. Das Buch über die legendäre Reise der Apollo 11 – und weit mehr. Ich weiß noch, wo ich am 20. Juli 1969 abends war, vor dem Fernseher nämlich, als Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat und die im Äther knisternden Worte sprach: „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit!“ Ich war siebzehneinhalb. „Houston – hier spricht Stützpunkt Meer der Stille. Der Adler ist gelandet.“ „Gäbe esRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Jan Philipp ReemtsmaIn Klassiker Special 2017, Litmag, News, Specials

Jan Philipp Reemtsma: Stephen King

 Jan Philipp Reemtsma Über den amerikanischen Schriftsteller Stephen King   Stephen King erzählt haarsträubende Geschichten auf gekonnt haarsträubende Weise. Nach der Lektüre von „Friedhof der Kuscheltiere“ habe ich tagelang die Bewegungen unseres Katers misstrauisch beobachtet – wer das Buch kennt, weiß, warum. Zum Beispiel beherrscht King einige im Grunde einfache Techniken virtuos. Etwa diese: Wie ein Boxer es ausnutzt, wenn sein Gegner nach einem gut placierten Treffer nach Luft schnappt, und ihn ausknockt, so setzt King, wenn man meint, schlimmer käme es nun nicht mehr, noch einen drauf. Wir müssenRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Minka BreloerIn Klassiker Special 2017, Litmag, Specials

Stephen King – Top Ten

Minka Breloer Meine Stephen King – Top Ten 1) Sie (Misery). Heyne Verlag, München 2011. 528 Seiten, 9,99 € Die Lektüre von Misery hat mir selbstverständlich Angst gemacht. Sie hat mir außerdem geholfen, mit dem Rauchen aufzuhören. Misery erzählt die Geschichte des Autors Paul Sheldon, der von einem Fan gefangen gehalten und mit Folter gezwungen wird, Fortsetzungen seiner erfolgreichen Trash Romanserie zu schreiben. Neben dem Schreiben der Trash Geschichte, mit der Sheldon sich selber tröstet, erfindet er einen manischen Sportreporter, der abwechselnd seine Schmerzen, seine Sucht nach Schmerzmitteln und seineRead More

Posted On Dezember 6, 2017By Wolfgang FranssenIn Klassiker Special 2017, Litmag, Specials

Ted Lewis – Working Class Hero

  Wolfgang Franßen Working-Class Hero Werden Schriftsteller gemacht? Müssen sie wie ein mainstreamtauglicher Serienkiller eine öde, beschädigte Kindheit vorweisen? Mit Filmhelden wie Robert Mitchum, Kirk Douglas, James Cagney aus dem Alltag entfliehen? Nachts den Stapel literarischer Vorbilder abarbeiten? Im Genre am besten noch in einer Absteige schreiben, um den eigenen Mythos zu begründen? Wie wird jemand zum Klassiker? Gemeinhin gilt als Bezugsgröße für die Bedeutung eines Werks der Ausdruck: Ein Klassiker ist der, auf den andere sich beziehen, dessen Werk so bahnbrechend war, dass die nachfolgenden Generationen ihre Bücher inRead More