Geschrieben am 4. September 2013 von für Kolumnen und Themen, Litmag

Zum Tod des TV-Interviewers David Frost

David_FrostDeath of a Showman

– David Frost, legendärer britischer TV- Moderator und Interviewer, ist tot. Er wurde 1962 mit seinem satirischen TV-Wochenrückblick „That was the week that was“ berühmt, moderierte später seine eigene „David Frost Show“ und war ab 2009 bei Al Jazeera als Moderator tätig. Ein Nachruf von Peter Münder.

„Warum zur Hölle hast Du das nun wieder gesagt?!“ wurde Premier Tony Blair von seinem Pressesprecher und Spin-Doctor Alaistair Campbell meistens angeblafft, wenn er mal wieder von David Frost interviewt worden war und unabsichtlich irgendwelche unangenehmen oder parteipolitisch unerquicklichen Details ausgeplaudert hatte, die eigentlich unter der Decke bleiben sollten.

„David Frost war bei weitem der beste TV-Interviewer“, schrieb Tony Blair in seiner Autobiographie „A Journey“ – „viel besser als all diejenigen, die ihn kritisierten oder sich über ihn mokierten, weil er angeblich zu harmlos oder unkritisch war. Er war weder ungehobelt-rücksichtslos noch einschüchternd, er hatte einfach ein großes Talent dafür, seine Interview-Partner einzulullen. Er verleitete er sie mit seinem Charme zur Enthüllung von Indiskretionen, so dass sie beim Reden in die Falle tappten und für Schlagzeilen sorgten“.

Ähnliche Erfahrungen machte auch Richard Nixon, der im wohl berühmtesten Frost-Interview drei Jahre nach seinem Rücktritt doch noch zugab, das amerikanische Volk betrogen und im Stich gelassen zu haben. Die mehrstündige Interview-Serie, die David Frost 1977 nach langwierigen Diskussionen und Verhandlungen mit dem Nixon-Team auf eigene Faust finanzierte (Nixon bekam damals 600.000 Dollar) und als medienwirksames TV-Ereignis mit zahlreichen TV-Sendern vereinbart hatte, wurde weltweit ein sensationeller Erfolg, weil Frost keine peinliche Frage zu Watergate, den heimlich installierten Abhöranlagen oder zu den kriminellen Methoden ausließ, die sich auf den während des Vietnamkriegs berühmtesten Whistleblowers Daniel Ellsberg, den Enthüller der „Pentagon Papers“, bezogen.

Den Nixon Knockout samt Geständnis hatte Frost mit dem Hinweis auf das moralisch fragwürdige Verhalten des Ex-Präsidenten und der fast alttestamentarischen Drohung herausgekitzelt, „wenn Sie jetzt nicht gestehen, werden Sie bis an Ihr Lebensende gequält und verfolgt werden“. Das Interview-Duell hatte Peter Morgan dann 2006 zum „Frost/Nixon“-Drama verarbeitet; es wurde mit Michael Sheen und Frank Langella in den Hauptrollen ein riesiger Westend-Theatererfolg. Morgan schrieb auch das Drehbuch für die ebenso erfolgreiche Verfilmung.

David Frost war Sohn eines Pfarrers, studierte in Cambridge, wo er auch Schauspieler bei einer Studententruppe war und mit einigen Comedy-Freaks in Kontakt kam, die später als „Monty Python´s Flying Circus“ berühmt wurden: John Cleese gehörte ebenso dazu wie auch Michael Palin. Frost hatte eine ausgesprochen bissige, satirische Ader und heuerte als TW3-Moderator sofort einige der brillanten Satire-Talente als Texter und Gagschreiber an.

Terry Jones, Michael Chapman, Eric Idle, Michael Palin, John Cleese, Terry Gilliam – die Monty Python-Mimen schwärmten alle noch viele Jahre später von den irren, anarchisch-kreativen Brainstorming Sessions mit David Frost zu einem für die Frost-Sendung vorgegebenem Thema wie etwa „Authority“. Nach seinen erfolgreichen BBC-Jahren wechselte Frost zum neuen TV-Format TV-am, das ihm weiterhin die Möglichkeit gab, Promis aus Kunst, Sport, Wirtschaft und Politik zu interviewen.

2006 wechselte David Frost dann zum Sender Al Jazeera, was in den USA für großen Wirbel sorgte. Unter seinen Gästen waren George Clooney, Martina Navratilova, aber auch der türkische Premier Erdogan und der Astronaut Buzz Aldrin. Frost besaß immer noch eine unvergleichliche Aura; kein anderer politischer Interviewer hat weltweit je derart hohe Einschaltquoten erreicht. In dieser Woche sollte der britische Premier David Cameron Gast in David Frosts Sendung sein.

Cameron lobte in einer ersten Würdigung Frosts Charme, Intelligenz und Witz und hob hervor: „Er war ein sympathischer, umgänglicher Mensch und hat einen enormen Einfluss im Fernsehen und in der Politik gehabt“.

Sir David Frost starb am letzten Samstag im Alter von 74 Jahren nach einer Herzattacke während einer Kreuzfahrt auf der „Queen Mary“.

Peter Münder

Foto: Public Domain, Autor: Robert D. Ward, Quelle.

Tags : ,