Geschrieben am 7. Januar 2008 von für Bücher, Litmag

Dietmar Dath: Waffenwetter

Allegorie auf das Zeitalter der Überwachung

Während es um die Größen der jungen deutschen Popliteratur der 90er von Naters über Goetz und Meinecke bis zu Stuckrad-Barre ruhig geworden ist, läuft der lange im Hintergrund stehende Dietmar Dath zu höchster Produktivität auf und entwickelt seine avantgardistisch angehauchte Poetik in Waffenwetter mutig weiter. Von Karsten Herrmann

Im Mittelpunkt von Daths neuem Roman steht Claudia Starik – ein hochbegabtes und eigenwilliges Mädchen, dass in die dialektische Schule ihres Großvaters geht, eines Millionärs, überzeugten Kommunisten und unverbesserlichen Idealisten. Im typischen Mix von Dietmar Dath entfaltet sich unter der popkulturellen Oberfläche seiner Prosa ein tiefgründiges Meer aus intellektuellen Versatzstücken zu Marx, Revolution, Raum, Zeit und Quantenphysik. Doch natürlich spielt auch die (verbotene) Liebe eine gewichtige Rolle in Claudia Stariks Leben: „und ich, in einem zustand des nochnichtseins, der jugend, des übergangs, werde von allem zerdrückt, verbrannt.“

Nach dem Abitur bricht Claudia mit ihrem Großvater zu einem Trip nach Alaska auf, wo die größte Hochfrequenz-Antennenanlage der Welt steht: HAARP, um das sich die finstersten Verschwörungstheorien und „killeranwendungs-szenarien“ ranken. Und was sich zunächst wie die flott, frech und cool geschriebene Geschichte einer 19-jährigen Abiturientin mit ihren kleinen und großen alltäglichen Katastrophen anhört, kehrt sich im hohen Norden in eine finstere Science-Fiction-Allegorie auf unser Zeitalter der Überwachung und Gedankenkontrolle um.

Meister der gesprochenen Sprache

Dietmar Dath hat mit Waffenwetter, wie er auf der den Roman begleitenden Website www.claudiastarik.de verlauten lässt, eine Trilogie abgeschlossen, deren erste Bände Die salzweißen Augen und Dirac sind. Konsequent entwickelt er hier seine avantgardistisch angehauchte Poetik weiter und verwebt Leben, Dichtung und Theorie vielschichtig. Er zeigt sich als Meister der gesprochenen Sprache und des Gedankenflusses: wahrnehmend, reflektierend, assoziierend, abrupt abbrechend und wieder neu ansetzend: „Das Ganze ist“,

Monolog getarnter Dialog mit etwas, das denkt, aber kein Mensch ist.“

Karsten Herrmann

Dietmar Dath: Waffenwetter. Suhrkamp 2007. 290 Seiten. 17,80 Euro.