Geschrieben am 4. Oktober 2007 von für Bücher, Litmag

Piroschka Dossi. HYPE! Kunst und Geld.

Picasso im Portfolio

Piroschka Dossi blickt hinter die Kulissen des Kunstmarkts und entdeckt: Das Image eines Kunstwerkes oder Künstlers zählt sich oft mehr aus als seine Qualität

Kunst kommt von Können, sagt eine allseits bekannte Redewendung. Seit einigen Jahren sollte man wohl lieber sagen: Die Kunst kommt vom Markt, wird von ihm gesponsert und gesteuert. So sieht es zumindest Piroschka Dossi, die selbst mit einem hochgehandelten Künstler verheiratet ist und jahrelang als Kunstberaterin tätig war. Sie kennt das geheimnisvolle Geflecht aus Sammlern, Händlern und Künstlern, die Mechanismen des boomenden Kunstmarkts und die künstlich produzierte Aura des Kunstwerks. Sie weiß, das im Kunstmarkt „eine ganz besondere Ökonomie herrscht“, in der „Gesetze wie das von Angebot und Nachfrage außer Kraft gesetzt“ sind und dass sich der Wert eines Kunstwerkes eigentlich gar nicht in Euros und Dollars bemessen lässt.

Und dennoch wird der Wert eines Kunstwerkes jeden Tag von neuem taxiert. Die Preise für einiger wenige zeitgenössische Arbeiten steigen dabei in schwindelerregende Höhen. Dossi erklärt diese Wertsteigerung vor allem mit dem Wunsch der Käufer und Händler auf geschmackvolle Weise ökonomische, symbolische oder gesellschaftliche Macht zu demonstrieren. Wird also das von Kant philosophisch postulierte „interesselose Wohlgefallen“ an der Kunst von den komplexen sozialen und wirtschaftlichen Marktmechanismen außer Kraft gesetzt? Bestimmt also nur noch die Eitelkeit, die Leidenschaft und der Kontostand des Sammlers, das Spekulationsgeschick der Händler oder das Selbstvermarktungspotenziell des Künstlers über den Wert und somit über die Qualität der Kunst, wie Dossi das an zahlreichen Beispielen zeigt.

Ja und Nein, heißt die wenig befriedigende Antwort nach der durchaus unterhaltsamen und informativen Lektion in Sachen „Kunst und Geld“. Denn Kunst behält trotz ihrer kontinuierlichen Vereinnahmung und Verfremdung durch das Kapital eine ganz eigene, ihr nicht zu nehmende Qualität. Und die besteht in der nicht messbaren Wirkung auf ihre Betrachter, die ihr einen ganz eigenen, emotionalen und intellektuellen Wert beimessen. Es ist dennoch gut zu wissen, wie der Markt funktioniert. Noch besser ist es aber, sein Urteil nicht von ihm abhängig zu machen. Das ist vielleicht die wertvollste Erkenntnis, die man aus Dossis gesammelten Marktbeobachtungen ziehen kann. Wer dem Markt jetzt noch vertraut, ist selber schuld.

Jörg von Bilavsky

Piroschka Dossi: HYPE! Kunst und Geld. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2007. 260 Seiten, 14,50 Euro.