Müder Abklatsch
In Toby Litts Erstling ist trotz Anrufung aller Heroen von Rimbaud bis Ginsberg rein gar nichts mehr vom verzehrenden Feuer der Beats übriggeblieben.
1957 setzte Jack Kerouac mit seinem atemlos dahingehämmerten „On the road“ einen Mythos in die Welt, von dem noch viele Generationen nach ihm zehren sollten: Ein rauschhaft-literarisches „Beat“-Leben voller Tempo, Jazz, Drogen und Sex. Vier Jahrzehnte später führt Toby Litt diesen Mythos in seinem Erstling „Unterwegs mit Jack“ an ein klägliches Ende: Im englischen Bedford versuchen sich „Jack“, „Neal“ und das „Chick“ Meggie an einer „Wiedergeburt des Coolen“ und leben mit ihren schwarzen Sonnenbrillen und Rollkragenpullovern in einer ganz und gar „hippen““ Traumwelt. Sie kennen Kerouacs„ On the road“ auswendig, rauchen Pott und schreiben Gedichte, um zu „der Reinheit und der Energie unserer Quellen und Inspirationen“ zurückzukehren. Ihr verschworenes Dreierlei gerät aus den Fugen, als die Ich-Erzählerin Mary hinzustößt. Sie verführt erst Neal und dann Jack, um schließlich bei einem Trip nach Brighton im Hause eines reichen Bohemiens beim „yabyum“ – einer hemmungslosen menage a trois – zu landen.
In Toby Litts Erstling ist trotz Anrufung aller Heroen von Rimbaud bis Ginsberg rein gar nichts mehr vom verzehrenden Feuer der Beats übriggeblieben. Er plätschert von der ersten bis zur letzten Seite lauwarm vor sich hin und schwankt dabei unentschlossen zwischen ironischer Distanz und pathetischer Anteilnahme. Toby Litts Figuren bleiben ohne jede Tiefe und zu keinem Zeitpunkt gelingt es ihm, den Leser in ihre Träume, Ideale und Konflikte hineinzuziehen. So vermag auch das dramatisch inszenierte Verschwinden von Neal der Story keinen neuen Drive zu verleihen und Jacks und Marys hanebüchen motivierter Trip nach Amerika – mit obligatorischem Aufenthalt im Chelsea und einer Autofahrt quer durch Amerika – erscheint nur noch wie eine überflüssige Reminiszenz an einen völlig ausgelaugten Mythos.
Von Karsten Herrmann
Toby Litt: Unterwegs mit Jack. Rowohlt Paperback, 349 Seiten, DM 24,-. ISBN: 3-499-22408-9