In diesem Jahr feiert der Wiener Luftschacht Verlag sein 10-jähriges Jubiläum. Senta Wagner hat das Verlagshaus besucht und zwei Buchempfehlungen mitgebracht.
„Lilo im Park“, erzählt von Birgit Unterholzner, illustriert von Robert Göschl, ist ein sanftes, melancholisches Himmelsreisebuch für Kinder im erklärungsbedürftigen Vorlesealter. Die kleine Lilo verträumt ihre Zeit im Park, weil ihre getrennten Eltern, logisch, keine Zeit für sie haben. Astronautin will Lilo werden und liest, gut sichtbar (für die Vorlesenden) platziert, Roald Dahl „Sophiechen und der Riese“, wo es um eine ungewöhnliche Freundschaft geht.
Aber eine Bescheidwisserin ist Lilo trotzdem nicht. Ihre wunderlichen Fragen an das Leben stellt sie der alten Frau, die sich täglich zu ihr auf die Bank setzt und mit ihr lacht. Egal, wenn die stinkt, die beiden sind nicht mehr einsam. Tiere gibt es haufenweise drumherum als lebensfrohe Laune der Natur. Hinter den Herbstblätterfarben zieht der Winter heran. Jeder Tag bedeutet einen kleinen Abschied für die alte Frau, die krank ist. Im einzigen leicht aus der Linie hüpfenden Satz findet die alte Frau einen supersimplen Vergleich für den Tod – hinreißend reduziert wie die ganze Geschichte erzählt ist.
Ein Buch vom Glück, nicht allein zu sein, und vielleicht sogar von Lilo mit einem Raumschiff in den Himmel begleitet zu werden. Glänzend gewählt wurde eine klare, unverspielte Typografie für die luftig gesetzten Textteile, die gut lesbar vom starken, leicht düsteren und schattierungsreich gestrichelten Bildteil abgesetzt sind.
Retrocharme pur: Im Debütroman „Ein Garten auf dem Mond“ des aus Duisburg gebürtigen Bernd Breitbach werden Kassetten gehört, wird Mau-Mau gespielt und zu jeder sich bietenden Gelegenheit an Hosenladen herumgenestelt. Es geht viel um Sex, den man hat oder nicht. Mit der Liebe ist das wesentlich komplizierter und will kaum gelingen. Der männliche Ich-Erzähler ist wie ein Luftgeist in seiner eigenen Lebensgeschichte, durch die er achselzuckend taumelt. Seine Entourage aus Familie und Verwandtschaft, Frauen und Freunden sowie sonstigen schrägen Bekanntschaften hat beträchtliche Ausmaße. Alle Personen sind, bis auf wenige Ausnahmen, namenlos, eigentlich austauschbar. Beträchtlich bleibt auch die gelebte Distanz zu allen.
Das Inkonsistente im Leben der Hauptfigur spiegelt sich trefflich in der Struktur des Romans wider. In achtzehn etwa zwölfseitigen Episoden werden in weitestgehend dialogischer Form einzelne Stationen evoziert, darunter Familienfeiern, Urlaube, notorisch: Liebschaften, ein Autokauf. Nichts, was umhaut. Die knappen, lapidaren Dialoge sind ebenso unverblümt und mitunter komisch wie nuanciert. Der unmittelbare Einstieg in die Episoden ist wunderbar pointiert, und ihr Reiz liegt gerade darin, dass sie für den Roman konstituierend sind und ihm gleichzeitig das große Erzählerische nehmen.
Dem Wortsinn nach ist eine Episode eine unbedeutende, belanglose Begebenheit. Es werden Oberflächen verhandelt, keine Tiefen, keine Lebensmaximen. „Du lebst ja auch noch!“ begrüßte mich meine Mutter. Unser Mann wird schnell älter, irgendwann gibt es Internet, Implantate, und in Episode 18, mit geschätzten fünfzig, wird er sogar Vater. Breitbach debütiert mit einem nonchalanten Roman über allerhand Belanglosigkeiten, die das Leben auch sind.
Senta Wagner
Birgit Unterholzner/Robert Göschl: Lilo im Park. Wien: Luftschacht Verlag 2013. 24 Seiten, farbig. 17,40 Euro.
Bernd Breitbach: Ein Garten auf dem Mond. Wien: Luftschacht Verlag 2013. 223 Seiten. 21,90 Euro.