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Die Wehrmachtsausstellung

Über Rassenideologie, Gewalt im Krieg und versuchte Verdrängung

Herbst 2000

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(c) Markus Murauer

 

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   Die 1995 eröffnete Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" des Hamburger Instituts für Sozialforschung hat sich zur wichtigsten und gleichzeitig umstrittensten historischen Ausstellung der Nachkriegszeit entwickelt. Sie hat eine breit angelegte Diskussion über das Selbstverständnis der Deutschen und Österreicher, eine Diskussion um die historische Wahrheit und, nicht zu vergessen, eine Diskussion über die Moral und Humanität ausgelöst. Wir denken, dass dieses Gespräch, vor allem auch im Hinblick auf die jüngsten Kritiken an der Ausstellung (z.B. von Bogdan Musial) und auf die damit zusammenhängende Überprüfung der Ausstellung durch eine Historikerkommission - deren Bericht wird im Oktober erwartet -, fortgeführt werden sollte.

Die so genannte "Wehrmachtsausstellung" räumt mit der Fama auf, die deutsche Wehrmacht hätte den Zweiten Weltkrieg überdauert, ohne sich schuldig zu machen. Anhand von drei Fallstudien, thematisiert werden die dreijährige Besetzung Weißrusslands, der Zug der 6. Armee nach Stalingrad und der Partisanenkrieg in Serbien, wird überdeutlich, in welchem gewaltigen Ausmaß Angehörige der Wehrmacht an den Nazi-Verbrechen beteiligt waren. Um die ehemaligen Wehrmachtssoldaten vom "Verbrecherruf" zu befreien, haben verschiedene Personen und Personengruppen die Wehrmachtsausstellung und deren Gestalter mit Invektiven und Verleumdungen überhäuft: Sie werfen der Ausstellung "Pauschalierung", "Einseitigkeit" und die bewusste Verbreitung von "Unwahrheiten" vor. Daneben wird von den Kritikern immer wieder auf die Brutalität jedes Krieges hingewiesen; damit sollen die nationalsozialistischen Untaten "relativiert" und verharmlost werden. Diese Urteile und Argumente, zum Teil berechtigt, zum Großteil unberechtigt, ändern nichts daran, dass die Botschaft der Ausstellung im Prinzip richtig ist: die historischen Tatsachen sprechen diesbezüglich eine eindeutige Sprache.

   Wir Nachkriegskinder haben die Pflicht zu differenzieren, in der Tat: Wir scheiden also die Wehrmachtssoldaten, die sich der "Macht der Dinge" (Sartre), dem Zwang beugen und dadurch Dinge tun mussten, die sie nicht tun wollten, von denen, die aktiv und überzeugt an den Verbrechen der Nationalsozialisten mitwirkten. Wir scheiden die Wehrmachtsangehörigen, die ein "Unrechtsbewusstsein" entwickelt haben, von denen, die die nationalsozialistischen Verbrechen zu rechtfertigen versuchen. Usf.

Wir möchten hier nicht verhehlen, dass unser Herz für die Ausstellungsgestalter und -verfechter schlägt. Nicht zuletzt deshalb, weil sie das Vorgehen der deutschen Wehrmacht gegen Zivilisten, Kriegsgefangene, und Partisanen als "verbrecherisch" auffassen, vor allem aber deshalb, weil sie den Spaß, den es den auf einer Bilderserie abgelichteten Soldaten macht, einem greisen Juden seinen Bart abzuschneiden, nicht verstehen.

Markus Murauer


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