Die
1995 eröffnete Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht
1941-1944" des Hamburger Instituts für Sozialforschung hat sich zur wichtigsten und
gleichzeitig umstrittensten historischen Ausstellung der Nachkriegszeit entwickelt. Sie
hat eine breit angelegte Diskussion über das Selbstverständnis der Deutschen und
Österreicher, eine Diskussion um die historische Wahrheit und, nicht zu vergessen, eine
Diskussion über die Moral und Humanität ausgelöst. Wir denken, dass dieses Gespräch,
vor allem auch im Hinblick auf die jüngsten Kritiken an der Ausstellung (z.B. von Bogdan
Musial) und auf die damit zusammenhängende Überprüfung der Ausstellung durch eine
Historikerkommission - deren Bericht wird im Oktober erwartet -, fortgeführt werden
sollte.
Die so genannte "Wehrmachtsausstellung"
räumt mit der Fama auf, die deutsche Wehrmacht hätte den Zweiten Weltkrieg überdauert,
ohne sich schuldig zu machen. Anhand von drei Fallstudien, thematisiert werden die
dreijährige Besetzung Weißrusslands, der Zug der 6. Armee nach Stalingrad und der
Partisanenkrieg in Serbien, wird überdeutlich, in welchem gewaltigen Ausmaß Angehörige
der Wehrmacht an den Nazi-Verbrechen beteiligt waren. Um die ehemaligen Wehrmachtssoldaten
vom "Verbrecherruf" zu befreien, haben verschiedene Personen und Personengruppen
die Wehrmachtsausstellung und deren Gestalter mit Invektiven und Verleumdungen
überhäuft: Sie werfen der Ausstellung "Pauschalierung",
"Einseitigkeit" und die bewusste Verbreitung von "Unwahrheiten" vor.
Daneben wird von den Kritikern immer wieder auf die Brutalität jedes Krieges hingewiesen;
damit sollen die nationalsozialistischen Untaten "relativiert" und verharmlost
werden. Diese Urteile und Argumente, zum Teil berechtigt, zum Großteil unberechtigt,
ändern nichts daran, dass die Botschaft der Ausstellung im Prinzip richtig ist: die
historischen Tatsachen sprechen diesbezüglich eine eindeutige Sprache.
Wir
Nachkriegskinder haben die Pflicht zu differenzieren, in der Tat: Wir scheiden also die
Wehrmachtssoldaten, die sich der "Macht der Dinge" (Sartre), dem Zwang beugen
und dadurch Dinge tun mussten, die sie nicht tun wollten, von denen, die aktiv und
überzeugt an den Verbrechen der Nationalsozialisten mitwirkten. Wir scheiden die
Wehrmachtsangehörigen, die ein "Unrechtsbewusstsein" entwickelt haben, von
denen, die die nationalsozialistischen Verbrechen zu rechtfertigen versuchen. Usf.
Wir möchten hier nicht verhehlen, dass unser Herz für
die Ausstellungsgestalter und -verfechter schlägt. Nicht zuletzt deshalb, weil sie das
Vorgehen der deutschen Wehrmacht gegen Zivilisten, Kriegsgefangene, und Partisanen als
"verbrecherisch" auffassen, vor allem aber deshalb, weil sie den Spaß, den es
den auf einer Bilderserie abgelichteten Soldaten macht, einem greisen Juden seinen Bart
abzuschneiden, nicht verstehen.
Markus Murauer
Hier geht's zu den
Textbeiträgen!
... |