Gedichte im Keller
Fritz Ascher: I Pagliacci (Der Clown) (1916), Mischtechnik auf Papier, Privatsammlung
Das Felix-Nussbaum-Haus präsentiert noch bis zum 15. Januar das Werk des Berliner Expressionisten Fritz Ascher (1893–1970). Die Ausstellung gibt mit einer repräsentativen Auswahl von rund 70 Gemälden und Grafiken einen umfassenden Einblick in das vielfältige Schaffen des Malers: von frühen spielerischen Studienzeichnungen über monumentale Figurenkompositionen der Weimarer Zeit bis zu kraftvollen Landschaftsbildern der Jahre nach 1945. Die Retrospektive lädt zur Wiederentdeckung des ehemals verfemten und fast vergessenen Berliner Künstlers ein, der von den Nationalsozialisten verfolgt und dessen frühes Werk durch den Zweiten Weltkrieg in Teilen zerstört wurde.
Fritz Ascher wurde 1893 in Berlin-Zehlendorf als erstes Kind einer assimilierten jüdischen Familie geboren, die ihre Kinder 1901 evangelisch taufen ließ. Im Alter von 17 Jahren besuchte er die Kunstakademie in Königsberg. Um 1913 zog Fritz Ascher zurück in die Kunstmetropole Berlin, wo er bei Lovis Corinth studierte und im Umfeld expressionistischer Künstler zu einer eigenen Bildsprache fand. Die Arbeiten der Jahre vor 1933 vermitteln einen Eindruck von der kraftvollen künstlerischen Sprache seines frühen Schaffens. Neben humoristischen, der Karikatur verwandten Bildern sind Gemälde und Grafiken zu sehen, die im Zeichen des Symbolismus und Expressionismus stehen. Die oft allegorisch geprägten Darstellungen spiegeln die innere Zerrissenheit des Malers wider. Sie belegen sein Interesse an religiösen Themen. Daneben zeigen sie die besondere Vorliebe Aschers für dramatische Stoffe aus der Welt der Musik, des Theaters und der Oper.
Als Fritz Ascher 1933 ins Visier der Nationalsozialisten geriet, tauchte er bei Freunden unter. Nach kurzer Gefangenschaft im Konzentrationslager Sachsenhausen und im Potsdamer Gefängnis überlebte er die Jahre bis 1945 in einem Kellerversteck im Berliner Grunewald. In dieser Zeit der Isolation und Angst vor der drohenden Deportation konnte er nicht mehr malen. Er schrieb in dieser Zeit zahlreiche Gedichte. Sie sind in Auszügen in der Ausstellung präsentiert und stellen ein thematisches wie künstlerisches Bindeglied zwischen dem visuellen Vor- und Nachkriegswerk dar.
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