Stasenhebeln
Neu bei Matthes & Seitz:
Anneke Brassingas Gedichte umkreisen ein zentrales Paradox unserer menschlichen Existenz : nichts weiter zu sein als ein Stück Materie – und doch mit dem Vermögen begabt, uns einen Gott zu erfinden, eine Seele. Unsere Sehnsucht, der Welt Bedeutung einzuhauchen, ihr Sinn zu verleihen – im Wissen um die Unzulänglichkeit dieser Daseinsillusion. Alles in Annek Brassingas Dichtung rührt von hier her : dem Impetus, dem unvergeudeten Reichtum unserer Sehnsüchte Raum zu verleihen. Die überbordende Fülle des Glücks, des Glanzes zu preisen – im Wissen um ihr Nichtvorhandensein. Und das unauflösbare Spannungsfeld zwischen den nackten Tatsachen und der Unendlichkeit im Kopf auszuhebeln, allein durch die lebendige Wirklichkeit und Kraft der Sprache. Dabei gelingt ihr eine Feier der Sprache in irisierender Fülle – vermittels Beschreibungen der Natur, der Liebe, der Erotik, der Musik. Anneke Brassingas Werk ist in Sprache verwandelte Ek-Stase. Und »das klopfende Herz des Textes« sein Tier.
Anneke Brassinga: Fata Morgana, dürste nach uns! Gedichte in der Übersetzung von Ira Wilhelm und Oswald Egger. Reihe: DAAD Spurensicherung. Matthes & Seitz, Berlin.
Nachdacht
Das ganze Sinngetue, keine Ahnung
von dem und dann, was im Docht doch brodelt, kocht, und sich verschmerzen
wird: das brennend Versengendere, die Hieb-gefitzteAngst, als würde jäh etwas in Stille fallen; während
auf Totholz-Stubben Moos wächst, in blühenderen Farren
auskeimen die beerdigten Gebeine.Können dann nicht, entsinnt davon und hautlos
dringlich vernarrt rohe Dinge, zu einem einzig-
sachten Feuerchen eingefacht flammen, mein Fort-
und Vorstolpern unorientiert rotierend verlieren
sich und dein
als Schnee mir sehr vor der Sonne stiemendes Fehlen?Deutsche Fassung von Oswald Egger auf lyrikline.de
Die Übersetzung ist ein Ergebnis des Übersetzungsworkshops VERSschmuggel im Rahmen des poesiefestival berlin 2015. Sprachmittler: Ira Wilhelm
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