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Volker Kaukoreit; Wendelin Schmidt-Dengler (Hrsg.): Otto Basil und die Literatur um 1945.

Tradition-Kontinuität-Neubeginn.
Wien: Zsolnay, 1998.
(Profile. Magazin des Österreichischen Literaturarchivs Bd. 2).
143 S., brosch.; ÖS 146.-.
ISBN 3-552-04894-4.

Die im Untertitel des zweiten Profile-Bandes verwendeten Begriffe "Tradition" und "Kontinuität" charakterisieren wohl am besten die politische und kulturelle Situation in Österreich nach 1945. Weit entfernt von einer "Trümmerliteratur", wie sie etwa in Deutschland schon bald nach dem Ende des "Dritten Reiches" entstand, besann man sich in der ehemaligen "Ostmark" auf die kulturellen Traditionen der Donaumonarchie und verschloß sich lange Zeit avantgardistischen Strömungen. Einer der wenigen, die für ein Anknüpfen an die literarische Moderne und damit für einen "Neubeginn" kämpften, war Otto Basil.

Dieser Einsatz für die "Neuen" ist ebenso bemerkenswert wie seine Biografie: Basil wurde 1901 geboren, absolvierte die "Neue Wiener Handelsakademie" in Wien und arbeitete bis 1946 in den unterschiedlichsten Berufen: als Sprachlehrer, Übersetzer, Barpianist und - fast zwei Jahrzehnte lang - als Fremdsprachenkorrespondent in der Stahlindustrie. Literarisch war er ein Autodidakt, der sich für die unterschiedlichsten künstlerischen Richtungen interessierte: Seine frühen Gedichte verraten Einflüsse von Rilke, Trakl, der modernen französischen Lyrik und dem deutschen Expressionismus. Wie so viele seiner Zeitgenossen fühlte er sich einem Schriftsteller in besonderem Maße verpflichtet: Karl Kraus. 1924 formulierte er sein "Bekenntnis" zum Herausgeber der Fackel: "Im Zwielicht unserer Tage scheint die Feststellung wertvoll, daß alle wahrhaft Großen dieser Zeit [...] Karl Kraus als das Gewissen dieser Zeit ansprechen [...]. Für mich gibt es hier überhaupt nur eine Entscheidung: entweder-oder!" (S. 15) Trotz Unterschiede in der Beurteilung des Ständestaates (Kraus bekannte sich - anders als Basil - ja zu Dollfuß und machte die Sozialdemokraten für das Aufkommen des Nationalsozialismus verantwortlich) blieb Basil zeitlebens seinem literarischen Vorbild treu.

Im Anschlußjahr 1938, zwei Jahre nach dem Erlöschen der "Fackel", begann Basil mit der Herausgabe der Zeitschrift "Der Plan", von der allerdings zunächst nur drei Nummern erscheinen konnten. Im Oktober 1945 greift er den "Plan" wieder auf und veröffentlicht die erste Nachkriegsnummer. Die Zeitschrift ist Kraus verpflichtet und versucht, die (kulturelle) Identität Österreichs in dessen Tradition wiederzubeleben (allerdings ohne Kraus' Haltung zum Austrofaschismus zu erwähnen). "Es lebe Karl Kraus! Es lebe die österreichische Solidarität!" (S. 19) schließt der damalige kommunistische Wiener Kulturstadtrat Viktor Matejka seinen Beitrag im zweiten Heft. Abseits dieser österreichspezifischen Ausrichtung hat der "Plan" vor allem eine Funktion: Er vermittelt dem österreichischen Leser die literarische Moderne. "Statt sich in das Haus Österreich zurückzuziehen und die Fenster zu verhängen, öffnete er sie, und so kamen Autoren zu Wort, die weder im Ständestaat noch während der Nazizeit verlegt werden konnten." (Wendelin Schmidt-Dengler, S. 22).
Beiträge gab es u. a. von Hermann Broch, Erich Fried (siehe Volker Kaukoreits Beitrag in dem vorliegenden Band), Franz Kafka (dessen Bedeutung Basil schon in den 20er Jahren erkannt hatte), Paul Celan, Ilse Aichinger, Hans Lebert, aber auch von Sartre und Camus, T. S. Eliot, Walt Whitman, Boris Pasternak und Wladimir Majakowski.
Basil setzte sich für den Kommunisten Bert Brecht ebenso ein wie für die ehemaligen "Nazis" Arnolt Bronnen oder Heimito von Doderer. Er hatte ein außerordentliches Gespür für künstlerische Qualität und glänzte auch als Übersetzer; er bot darüber hinaus nicht nur den verschiedensten literarischen Strömungen ein Forum, sondern war auch anderen Kunstrichtungen gegenüber aufgeschlossen. Beiträge von Alban Berg, Oskar Kokoschka und Pablo Picasso beweisen dies. Es ist wohl typisch für die österreichische Nachkriegszeit, daß der "Plan" nur wenige Jahre erscheinen konnte. Im Frühjahr 1948 war bereits Schluß. Wirtschaftliche und politische Gründe (der "Plan" war als kommunistische Zeitschrift verschrien) waren dafür ausschlaggebend.

Neben Basils Leistungen als Herausgeber und Förderer schenkt der vorliegende "Profile"-Band auch seinem literarischen Werk Aufmerksamkeit. Lange Zeit war Basil hauptsächlich als Lyriker tätig, ehe er 1966 seinen ersten (und einzigen) Bestseller veröffentlichte: "Wenn das der Führer wüßte", eine "Nazi-Utopie" (Marcel Atze, S. 118), die sich mit der Möglichkeit eines Sieges Hitlers auseinandersetzt und den Führermythos "und dessen aberwitzige kultische Auswüchse" (S. 119) thematisiert. Der Roman wurde von der Literaturkritik gewürdigt und bei der Frankfurter Buchmesse beachtet; wenige Jahre später war der Autor bereits nahezu vergessen. Der "Profile"-Band bietet Interessierten jetzt die Möglichkeit, sein Werk und dessen literarisches Umfeld kennenzulernen.

Peter Stuiber
20. Jänner 1999

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