Hörbuch-Anthologie mit 9 Musikstücken
und 10 Prosastücken aus Büchern.
Wien: Redelsteiner Dahimène Edition (rde), 2017.
Audio-CD, Euro 20,76.
ASIN: B01LZ27WNH.
"Lauter Bücher" - das kann für alle Verlage gelten; gelesen als Komperativ von "laut" hingegen gehört der Titel "Lauter. Bücher" dem österreichischen Kleinverlag Redelsteiner Dahimène Edition (rde) gleichsam idealtypisch zu. Denn bevor Stefan Redelsteiner 2013 gemeinsam mit Ilias Dahimène diesen Verlag gründete, war er Betreiber des Labels Problembär Records, das unter anderem den Nino aus Wien oder die Erfolgsband Wanda über die österreichischen Grenzen hinaus bekannt machte.
Platz ist hier aber auch für das sympathische generationenübergreifende Projekt "Worried Man & Worried Boy" von Vater und Sohn Janata. Herbert Janata war in den 1960er Jahren Sänger der legendären "Worried Men Skiffle Group", u. a. Berühmt für die Vertonung von Texten der Wiener Gruppe. Sohn Sebastian ist Mitglied der Gruppe "Ja, Panik", von der mittlerweile sechs Alben und eine Band-Geschichte in Buchform vorliegen, erschienen 2016 im Berliner Verbrecher Verlag. Zu hören sind auf der vorliegenden CD auch Voodoo Jürgens oder "Krixi, Kraxi & die Kroxn".
Und "Lauter. Bücher" vereint als Hörbuch-Anthologie beide Interessens- und Produktionsfelder: von den 19 Tracks zeigen 9 die musikalische Bandbreite des Labels, dazwischen gestellt sind 10 Prosastücke aus Büchern des Verlags, gelesen von den AutorInnen. Auch die Text-Beiträge repräsentieren unterschiedliche literarische Zugänge und sind von unterschiedlicher literarischer Qualität. Dass dabei Stefanie Sargnagel als einzige dreimal zu Wort kommt, erklärt sich wohl aus der überraschenden Popularität ihrer saloppen Blogeinträge und wird ihre Fans erfreuen. Aus Sicht der rde ist ihre Überpräsenz auch eine nette Geste, denn Sargnagel hat sich mittlerweile verlagstechnisch für ein bundesdeutsches Zentrum des Literaturbetriebs entschieden – geht es um Geschäftsdinge, finden alternative Lebensentwürfe nicht selten rasch ihr Ende. Stefan Redelsteiner mag die Geste trotzdem leicht gefallen sein, teilen die beiden doch die Erfahrung als Mitarbeiter eines Callcenters.
Aufhorchen lassen freilich eher andere Texte. Etwa der 2014 erschienene Debütroman über einen Bruder- und Identitätskonflikt "Gui Gui oder Die Machbarkeit der Welt" des oberösterreichischen Autors Hubert Weinheimer (geboren 1983) oder die Ausschnitte aus dem Prosaband "Jauche" von Maria Hofer (geboren 1987). Um einiges älter als die beiden ist der Standard-Kolumnist Bogumil Balkansky, der aus seinem Band "Auf Neuseeland sind Briten die Tschuschen" liest. Nicht weniger originell und vor allem ordentlich selbstbewusst ist der Titel, den Todor Ovtcharov, Kolumnist des Multikulti-Magazins "Der Biber", für sein Debüt wählte: "Die Leiden des jungen Todor". Das knüpft direkt bei Goethe an und Ulrich Plenzdorf hat 1972 mit "Die neuen Leiden des jungen Werther" vorgeführt, dass es durchaus funktionieren kann, sich mit einem literarhistorisch aufgeladenen Titel, zumindest als Fußnote, in die Literaturgeschichte einzuschreiben.
"Lauter.Bücher" ist eine gelungene Parade des Verlags wie des Musiklabels. Dass auf der Homepage von der "Vermarktung/Entwicklung verlagseigener Autoren" zu lesen ist, meint zweifellos nur die im besten Sinn tätige Obsorge für alle dem Haus zugehörenden KünstlerInnen. Freilich sollte ein Label, das sich verstärkt und erfolgreich der Literatur zuwendet, bei seinen Werbetexten etwas stärker auf die Sprache achten, vielleicht könnte das in den Pool der "perspektivischen Ziele" der rde aufgenommen werden.
(RED)
07. März 2017