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Graphic Novels.

Hg. v. Hermann Korte / Andreas C. Knigge
Sonderband Text + Kritik.
München: edition text + kritik 2017.
330 Seiten; Euro 39.
ISBN 978-3-86916-615-5.

Es ist vor allem der Etablierung des Begriffs der Graphic Novel zuzuschreiben, dass der Comic in den letzten Jahren einen Siegeszug aus der Kinder-, Schmuddel- und Trashecke direkt ins Feuilleton und die Hochkultur angetreten hat. Und das sehr erfolgreich; steigende Rezensionszahlen und wissenschaftliche Arbeiten zum Thema können als Beleg dienen und auch, dass die Edition Text + Kritik, kein unbedeutender Seismograf für die Bedeutung von AutorInnen, Gattungen und Themen, nach Comics, Mangas, Graphic Novels von 2009 dem Comic nun schon zum zweiten Mal die Ehre eines Sonderbands zuteilwerden lässt. Weshalb der Titel nur auf Graphic Novels referiert, bleibt unklar, zumal einige Beiträge sich mit Comics im Allgemeinen auseinandersetzen. Das erklärt sich zumindest zum Teil aus der Unschärfe und Künstlichkeit des Begriffs, der bildungsbürgerliche Ressentiments gegen Comics ebenso bedient wie er ein verkaufsförderndes Label darstellt. So wie es beim Roman mittlerweile auch Usus ist, Roman ist, wo Roman drauf steht. Und Graphic Novels sind manchmal tatsächlich romanhafte Erzählungen in Bildform, manchmal aber auch aneinandergereihte Comicstrips, die in Zeitungen als Fortsetzungen erschienen sind. Mit der Problematik des Begriffes beschäftig sich Herausgeber Andreas C. Knigge in seinem Beitrag. Er liefert eine Genealogie des Begriffs Graphic Novel inklusive schlaglichtartigem Abriss der wichtigsten Stationen von Art Spiegelman bis zu Charlie Hebdo. Augenzwinkernd schließt er mit dem auf Spiegelman umgemünzten Walt-Disney-Zitat: "Ich hoffe, dass wir nie vergessen werden, dass alles mit einer Maus begann." (S. 67).

Die Konzeption des Bandes ist, wie es die meisten Sammelbände nun mal so an sich haben, recht weitläufig und flexibel in ihrer Verbindung zum Thema: Es gibt Überblicksbeiträge zum Genre, Werkschauen zu bekannten Comickünstlern wie Will Eisner, Hugo Pratt und Robert Crumb und sehr spezielle Beiträge, zum Beispiel von Herbert Heinzelmann über "die prekäre Geschichte von Comics und Religionen" oder Ryan Holmbergers Aufsatz "Rausch der Geschwindigkeit. Die Inszenierung des Unsichtbaren" über Techniken der Visualisierung von Geschwindigkeit im Manga. Solche hochspezifischen, tief in der Materie verankerten Beiträge stören zwar den Überblickscharakter des Bandes und sind wohl eher für einen kleinen Teil der Leserschaft interessant, sie zeigen aber, wie weit die Comicforschung inzwischen gediehen ist.

Wie immer wunderbar liest sich Georg Seeßlens einführender Aufsatz "Rückkehr und Erinnerung. Zehn Variationen der Neunten Kunst", in der er mal eben auf wenigen Seiten gewohnt leichtfüßig und doch nicht oberflächlich das Wesentliche zur Entwicklung der Comic-Kunst zusammenfasst. Als Filmexperte ist er prädestiniert dafür, einen kenntnisreichen, aber unvoreingenommenen Blick auf die Gattung zu werfen. Er liefert zwar nichts wesentlich Neues, gibt aber einen interessanten Ausblick in der doch überraschenden Feststellung, die Graphic Novel sei "eine Kunst […], die im Zeitalter von Facebook und Fakenews auf eine wohltuend altmodische, handwerkliche und bedächtige Weise erzählen und erklären kann, ein Medium der Entschleunigung und Authentisierung." (S. 35) Vom schlechten Image, Comics seien Literatur für Faule, ist wenig übriggeblieben, auch wenn Seeßlen festhält, dass den Entwicklungsmöglichkeiten der Graphic Novel Grenzen gesetzt sind.

Mit nur zwei wissenschaftlichen Beiträgerinnen von insgesamt 13 und keiner einzigen Comickünstlerin, die eingehend behandelt wird, erscheint die Gattung noch immer eine überwiegend männliche Domäne zu sein. Insofern ist Silke Mertens Auftakt: "Der Comic hat viele Väter und einige von ihnen stammen aus dem deutschsprachigen Raum" (S. 206) sehr treffend, wird aber leider so hingenommen, auch wenn Mertens in ihrem sehr lesenswerten Beitrag über "Entwicklung und Genres der deutschsprachigen Graphic Novel" einige Beispiele von weiblichen Autorinnen anführt.

Insgesamt ist den Herausgebern ein sehr lesenswerter Sonderband gelungen, der sowohl für Comiclaien als auch für SpezialistInnen etwas zu bieten hat. Gelungen ist die liebevolle Gestaltung mit sehr vielen Bildbeispielen, die Lust auf Graphic Novels machen, und einer schönen Reihe von Illustrationen von der deutschen Künstlerin Ute Helmbold.

Veronika Schuchter
31. Jänner 2018

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