AUSGABE 7
HELMUT DIETL: ROSSINI
Beiträge zum Münchner Kitsch
Für einen Verriß ist es nie zu spät. Rossini ist zehn Jahre alt, wir haben versucht, dieses Ereignis zu übergehen, nun können wir nicht länger schweigen. Dieser Film wurde hochgerödelt, als wäre Goldoni aus der Gruft geklommen und hätte sich mit Lubitsch gepaart und der Bastard hieße Dietl. Deutsche Filmkritiker, die sonst einen auf cool machen, brachen von ekstatischen Jodelkrämpfen geschüttelt reihenweise zusammen.
Was ist los? Sind diese Leute noch zu retten?
Haben die überhaupt irgendwelche Maßstäbe, und wenn ja: welche? Helge Schneider, die Mainzelmännchen? Wie weit nach unten kann man sich noch orientieren? Lumpentrost?
Was sonst? Mehr ist nicht.
Die Hürden hochlegen, noch höher, hechelte Urs Jenny im Spiegel.
Gut, legen wir sie hoch: Aristophanes, Shakespeare, Molière, Ernst Lubitsch, Billy Wilder. Haben deutsche Filmemacher je ein Buch gelesen, waren sie jemals im Kino, haben sie je eine Komödie von Michael Frayn gesehen? Es ist nicht zu fassen.
Nur Michael Althen von der Süddeutschen Zeitung, der sonst mit keinem Fehlurteil hinterm Berg hält, gab sich leicht zurückhaltend: kein wirklich großer Film.
Die Kunst der Komödie besteht darin, das Schwere leicht zu machen. Viele sind es, die diese Kunst nicht beherrschen. Helmut Dietl nimmt unter ihnen einen der ersten Ränge ein. Nach Schtonk-Stuß nun Rossini-Verschiß und so weiter.
Keine diebische Elster, nur spastisch Obstipierte, keine seidene Leiter, nur seidene Oberhemden, kein Barbier von Sevilla, nur ein abgenutzter Trauerkloß als Berufsitaliener, statt buffonesken Tutti schwiemelnder Geigensud. Statt Rampenlicht und Glamour Weihnachtskerzen. Die einen stehen im Licht, die anderen im Schatten. Ja, ist das gerecht, darf der denn das? BILD dir deine Meinung!
Das Leichte wird hier grabesschwer gemacht, wo bitte sind die Sahnetorten?
Und wo, Ernst Lubitsch, wo bist du? Grabschändung, Leichenfledderei wird mit deinem Namen getrieben. Geht es noch tiefer? Wir sind gespannt.
Hallux Valgus
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