Schon lange, oder vielleicht sogar noch nie, hatte ein Live- Erlebnis und dessen Einmaligkeit eine so grosse Bedeutung wie jetzt, sagte Christoph Gurk in seiner Einfuehrung. Er war einer der drei Kuratoren der zweitaegigen Veranstaltungsreihe “Life is Live” im Berliner HAU. Den Boom auf Konzerte kann man in Berlin, der sich schnell und liberal entwickelnden Party-Hauptstadt, sehr gut beobachten. In der Aera der digitalisierten Kopien sind Konzerte das einzige Wahre, das einzige Echte, und die Moeglichkeit das symbolische “I was here” auf der Toilettenwand zu schreiben ist viel wertvoller als Besitz einer CD. Das fuehrt hingegen zu Massen von Easy-Jet-Touristen, die die Berliner Konzert-Szene in einen Elektro-Ballermann veraendern. weiterlesen »
Wann immer ich an eine Kreuzung komme, hoffe ich, dass die Ampel auf gruen steht. Rote Ampeln bereiten mir echte Probleme. Ich missachte sie meistens. Hier geht es nicht um die Angst vor Stillstand, auch nicht um Stress, sondern um meine innere Gangschaltung. Es ist offenbar ausgeschlossen, dass ich aus dem vollen Lauf ploetzlich komplett zum Stehen komme. In gleichmaessiger Bewegung kann ich am besten denken: beim Gehen, beim Lesen, beim Bahnfahren und Fliegen. In Bewegung spuere ich meine Verbindungen zu der Welt, in der ich lebe, am staerksten. Ausserdem glaube ich, dass grundsaetzlich alles in Bewegung ist. Alles und alle. weiterlesen »
Wenn ich mir Gedanken mache zum Thema Lernen, dann faellt mir als erstes ein Halbsatz ein, dessen Herkunft ich gar nicht zuordnen kann: You better learn
. Die zweite Haelfte, die Fortsetzung, das, was man doch besser mal lernen moege, fehlt dabei. Das, was ich lernen moechte, wird nicht von konkreter Anwendbarkeit bestimmt und bezieht sich damit wohl genau auf diesen Halbsatz.
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Wenn ich auf das Jahr 2009 zurueckblicke, stelle ich fest, dass ich vieles erreicht habe, doch vieles auch auf der Strecke geblieben ist. Fuer Deutschland war es ein bedeutendes Jahr, denn, wie wir bereits alle wissen, ist die Mauer vor bereits 20 Jahren gefallen. Das habe ich persoenlich damals nicht miterlebt und ehrlich gesagt ging mir dieses ganze Drumherum schon etwas auf die Nerven. Meine eigenen Mauern habe ich erst dieses Jahr erkannt, und zwar durch das Buch Wege zum Selbst von Ken Wilber. weiterlesen »
… it’s better when it’s free. Diese Worte von Linus Torvalds, Gruender des freien Linux-Projektes, werden gern zitiert. So eingaengig das Zitat ist, so kompliziert ist dessen Hintergrund: free
, das meint hier nicht einfach kostenlos
. Es bezieht sich ganz angelsaechsisch auf free speech
statt free beer
. Die Frage also bleibt: Wann ist Software eigentlich frei? Richard Stallmann, Gruender der Free Software Foundation, hat hierfuer vier Kriterien festgelegt: Software ist frei, wenn sie erstens unabhaengig vom Zweck genutzt, zweitens untersucht und veraendert werden, drittens weitergegeben und viertens jede Veraenderung veroeffentlicht werden darf. weiterlesen »
Auf der Suche nach dem Glueck, nach Liebe, nach Freiheit oder nach dem wahren Land begegnet der Mensch immer anderen Menschen. Manche sind ebenfalls auf der Suche, manche sind schon verzweifelt, weil sie die Wahrheit um den Verstand gebracht hat und manche brauchen Luegen um den naechsten Schritt zu wagen. In Maxim Gorkis Stueck Nachtasyl
treffen diese Menschen in einem Keller, wie einer Hoehle
aufeinander. Sie stehen am Rande der Gesellschaft, trinken oder beschaeftigen sich mit niederen Arbeiten. Ueber 100 Jahre nach der Urauffuehrung in Moskau unter der Regie von Konstantin Stanislawski, verlor das Stueck bis heute nicht an Bedeutung. Noch immer funktioniert es als ein Spiegelbild unserer Zeit, das sich in den immer gleichen Wuenschen, Hoffnungen und Schicksalen der menschlichen Seele aeussert. weiterlesen »
Fred Fröhlich, ein in Berlin lebender Künstler, beschäftigt das Spannungsfeld zwischen stehenden und bewegten Bildern. Unseren Aufruf “Wo brauchen wir Fiktionen des Fluiden?” hat er mit seiner Arbeit “Formation A” beantwortet. Wir zeigen an dieser Stelle ein Bildschirmfoto der Produktionsumgebung mit Animationskurven.
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Denk ich an 2009, so wird mir dieses Jahr, ganz gleich was noch folgt, in Erinnerung bleiben, als das Jahr, welches mit Musik und Freundschaft zu tun hat. 2009 ist das Jahr, in dem ich Matthias, den gefluechteten Ossi, der in Sueddeutschland mit seiner Familie lebt und dort jetzt als Altenpfleger arbeitet, kennen und schaetzen gelernt habe. Es ist das Jahr, in dem Renate die Saengerin und ihr blinder Partner Feri, ein begnadeter ungarischer Jazzmusiker, meine Frau und mich mit ihrer Freundschaft beschenkt haben. Matthias, wie auch Renate und Feri gehoeren zu einer selten gewordenen Gattung Mensch, naemlich eben jener, die verschwenderisch mit dem groessten Geschenk, das ich mir vorstellen und wuenschen kann, umgehen, ihrer menschlichen Waerme und ihrer Freundschaft. weiterlesen »
Alltag, was ist das eigentlich? Ich frage, weil ich versuche, meine Gedanken aus dem Alltag heraus zu entwickeln und weil ich merke, dass ich ins Stocken komme, wenn ich diesen Begriff ernst nehme. Alltag
suggeriert das Gewoehnliche, das vermeintlich Unbemerkenswerte, das, was sich wiederholt; das, was Routine ist, aber keinen besonderen Namen verdient, ausser man koppelt es, zum Beispiel in einem Begriff wie Arbeitsalltag, oder in Wendungen wie mein Alltag als…
, der Alltag in…
, etc. weiterlesen »
Der Unterschied zwischen lernen und sich bilden besteht fuer mich im Tempo der Aufnahme neuer Informationen. Lernen ist schnell, ploetzlich. Sich bilden bedeutet ueber lange Zeit etwas reifen zu lassen, es dringt durch andere Kanaele ein und schafft eine gewisse Selbstgewissheit und Gelassenheit mit sich in der Welt. Als ich in San Francisco in unserem Tanzstudio auf dem Boden lag und eine Gast-Professorin uns durch unsere Anatomie sprach und ich mein Steissbein lokalisieren konnte, wurde mir der Unterschied zwischen lernen und sich bilden bewusst. Wir versuchten das schon eine ganze Weile und endlich gelang es, das Ende meiner Wirbelsaeule zu orten. Seitdem tanze und bewege ich mich anders und weiss um die wirkliche Mitte meines Koerpers. weiterlesen »
Der Wintermorgen in Tokio ist sonnig, die Luft verspricht eher Herbst oder Fruehling. Ich schlendere durch die Strassen von Hiroo in Tokio, noch bevor das Tagesgewusel anfaengt, ploetzlich bleibe ich stehen. Ein Hinweis auf dem Buergersteig: No Smoking. Die Buchstaben sind in die Laenge gezogen, wie sonst Tempolimits, damit man sie im Vorbeigehen besser lesen kann. Ein paar Meter weiter erinnert ein Schild nochmals daran, dass man auf der Strasse nicht rauchen darf – unter Androhung einer Geldstrafe. Rauchen ist in Cafes und Restaurants kein Problem. In der Oeffentlichkeit muessen sich Raucher jedoch in die Smoking Areas
zurueckziehen.
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Alles haengt mit allem zusammen. Wie oft haben Sie diesen Satz schon vernommen und unhinterfragt stehen lassen? Unhinterfragt, weil der Satz zugleich wahr und nichtssagend klingt. So wahr und nichtssagend wie: Die Welt wird immer kleiner. Ich sitze jetzt an meinem Schreibtisch und moechte der Sache nachgehen. Ich moechte den Satz woertlich nehmen und ueber den grossen Zusammenhang nachdenken, sprich: ueber die Gesamtheit aller irdischen Beziehungen. Das mag vermessen klingen. Aber offenbar ist heutzutage Vermessenheit notwendig, um dieser unhinterfragten Rede etwas Sinn abzugewinnen. weiterlesen »